„Die Bedingungen für die Ausführung eines Auftrages können insbesondere soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen.“
Das heißt, die öffentliche Hand kann nach EU-Recht mit gutem Beispiel vorangehen, wenn es darum geht, entsprechende Standards in der Auftragsvergabe zu setzen.
Die Bundesregierung hat es leider auch mit diesem Gesetzentwurf versäumt, dies in verbindliches nationales Recht umzusetzen und über die Kann-Formulierung hierzu entsprechende Vorschläge zu unterbreiten.
Zur Fachkunde, der Leistungsfähigkeit und der generellen Zuverlässigkeit eines Unternehmens können inhaltlich darüber hinausgehende Anforderungen nach dem geltenden § 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen an Unternehmen nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz ausdrücklich geregelt ist. Das ist sozusagen die Lücke, die wir momentan in der aktuellen Bundesgesetzgebung sehen. Denn es wird den Vergabestellen überlassen sein, ob sie den Anbietern Vorgaben hinsichtlich der Qualifizierung des Personals oder einer angemessenen Mindestbezahlung machen.
Deswegen stellen wir erneut die Frage: Wie sieht dann unsere künftige gesetzliche Regelung dazu aus?
Meine Damen und Herren! Sie wissen, dass wir im Landtag im vergangenen Jahr über das Thema RüffertUrteil, Mindestlohn und Vergabegesetz ausführlich diskutiert haben. Ich weiß, dass das bekannte Themen sind, die dem einen oder anderen aus der Koalition das Blut etwas schneller in Wallung geraten lassen, vor allem dann, wenn es um die Durchsetzbarkeit von Forderungen geht, die hierzu im Landtag existieren.
Ich bin durchaus der Meinung, dass die Durchsetzbarkeit der Forderungen vom ständigen Wiederholen im Landtag nicht besser wird. Gleichwohl werden wir als Fraktion DIE LINKE diese Dinge immer wieder dann auf die Tagesordnung bringen, wenn wir der Meinung sind, dass es Zeit ist, diese verlorene Zeit wieder aufzuholen.
Ein dritter Punkt, den ich im Hinblick auf unseren Forderungskatalog ansprechen möchte, betrifft die Berichterstattung in den Ausschüssen. Ich hatte bereits eingangs gesagt, dass das Verfahren im Bundesrat am 13. Februar 2009 seinen Abschluss findet. Der Bundesrat hat im Juli 2008 übrigens eine Stellungnahme dazu abgegeben. Es ist interessant, wie unsere Landesregierung zu diesen Forderungen des Bundesrates steht, die im Juli verabschiedet worden sind.
Es gab im Wirtschaftsausschuss des Bundestages im Vorfeld der Befassung mit diesem Gesetz im Dezember 2008 eine entsprechende Änderung. Es sind maßgebliche Forderungen, die der Bundesrat aufgestellt hat, nicht in das Gesetz übernommen worden, zum Beispiel die Forderung im Hinblick auf die Rechtssicherheit bei der interkommunalen Zusammenarbeit, die so genannten Inhouse-Vergaben. Diesbezüglich hat der Bundesrat klar gefordert, dass der Bundestag eine gesetzliche Regelung verabschiedet. Dies ist aus dem Gesetzentwurf herausgenommen worden.
Des Weiteren ging es um das Register für schwere Verfehlungen von Bietern. Dies ist damals unter der Überschrift „Korruptionsregister“ diskutiert worden. Für die Schaffung eines solchen Registers gab es viel Zustimmung im Land. Jetzt ist gesagt worden: Das können wir momentan nicht tun, aber nach dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens werden wir prüfen, ob ein solches Register zu schaffen ist. Der Bundesrat hat sich dafür ausgesprochen. Der Bundestag hat es abgelehnt.
Außerdem stellte sich die Frage, wie es mit der länderübergreifenden Zusammenarbeit und der Abstimmung aussieht. Wie reagieren unsere Nachbarländer auf das, was wir an neuen Vergaberegelungen treffen wollen?
Als viertes Thema möchte ich die eigenständigen gesetzlichen Grundlagen ansprechen. Egal, ob Bundestag oder Bundesrat, die Gesetzgebung ist in dieser Frage eindeutig: All das, was im Hinblick auf das Vergabegesetz noch zu regeln ist, soll in entsprechenden Landesgesetzen festgeschrieben werden.
Nun wissen wir alle, dass es hier ein solches Vergabegesetz nicht gibt. Alle Bemühungen in den letzten Jahren, diesbezüglich voranzukommen, sind mehr oder weniger gescheitert. Über die Gründe dafür kann man hier im Haus noch einmal reden; allerdings will ich mir das aus Zeitgründen ersparen. Das haben wir hinlänglich diskutiert.
Allerdings stellt sich die Frage: Wann kommen wir davon weg, dass man nur von Erlassen oder regierungsinternen Verwaltungsvereinbarungen spricht, wenn es um wesentliche Dinge geht, die wir eigentlich im Landesrecht regeln müssten? Dazu gehören nach unserer Auffassung nach wie vor das Vergabegesetz und die Vergabeordnung. Das muss gesetzlich geregelt werden;
denn wir sind der Auffassung, dass sowohl die Rolle des Parlaments als auch die Rechtssicherheit beim Auftraggeber und beim Auftragnehmer gestärkt werden sollten. Darüber sollte unsere jetzige Regierung sehr intensiv nachdenken.
Wir haben eine ganze Menge von Beispielen, die man anführen kann. Ich denke diesbezüglich an das leidige Thema Landesentwicklungsplan. Ich denke dabei an das, was wir gerade gestern zum Thema Laufbahnverordnung der Polizei und zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Landesbeamtenrechts diskutiert haben. Das alles sind Dinge im Wechselspiel zwischen Parlament und Regierung, die eigentlich nicht sein sollten. Diesbezüglich sollte es zu einer klaren Regelung kommen.
Wir sind durchaus bereit zu sagen: Bürokratieabbau ist notwendig. Gleichwohl sagen wir zu den Damen und Herren Ministern: Stopp!, wenn wesentliche Entscheidungen nur über Verordnungen geregelt werden.
Nun möchte ich nicht kalten Kaffee aufwärmen - Herr Gürth wird in seinem Beitrag sicherlich noch einmal darauf eingehen -, aber ich möchte noch einmal klar und deutlich sagen, warum wir immer diese Position vertre
ten haben: Es kam uns als LINKER immer darauf an, tatsächlich faire Wettbewerbsbedingungen am Markt zu schaffen. Das war immer der Ansatz für unsere Überlegungen.
Derjenige, der untertariflich oder Niedriglöhne zahlt, sollte eben keine Wettbewerbsvorteile in der öffentlichen Vergabe haben. Daran führt - das ist unsere Position - kein Weg vorbei. Das Fehlen einer Tariftreueerklärung führt nach unserer Auffassung dazu, dass nicht tarifgebundene Unternehmen strukturell bevorteilt werden
In diesem Sinne werbe ich um Zustimmung zu unserem Antrag, auch um eine effektive Debatte in den Ausschüssen zu ermöglichen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter, von mir sehr geschätzter Kollege Herr Dr. Thiel, Sie wissen selbst, dass der Antrag an und für sich überflüssig ist. Am Ende Ihrer Rede haben Sie die Katze aus dem Sack gelassen, nämlich im Hinblick auf das Vergabegesetz.
Nun habe ich folgende Frage: Zu Beginn Ihrer Rede meinten Sie, man müsse es vereinfachen, damit Aufträge schnell umgesetzt und an die Firmen vergeben werden können. Unter Punkt 2 Ihres Antrages - darauf kamen Sie zum Schluss zurück - steht jedoch Folgendes:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, für Auftragsvergaben der öffentlichen Hand die Vergaberichtlinien zu modifizieren.“
„insbesondere die Regelungen für Losgrößen sowie soziale, umweltbezogene und innovative Forderungen gegenüber dem Auftragnehmer und die Erhöhung der Obergrenzen für die freihändige Vergabe bzw. Ausschreibung mit beschränktem Teilnahmewettbewerb.“
Sie lassen aber in diesem Antrag offen, in welche Richtung das modifiziert werden soll. Soll es sich eher um eine Vereinfachung handeln oder sollen mehr Kriterien - im Sinne Ihrer Forderung zum Vergabegesetz - aufgenommen werden?
Lieber, hochgeschätzter Kollege Gürth! Ich habe gesagt - das steht auch in unserem Antrag -, dass die Vergabe
richtlinien des Landes modifiziert werden sollen, und zwar die Regelung zu den Losgrößen. Wir halten die Regelung, die der Bundestag getroffen hat, für wesentlich mittelstandsfreundlicher als das, was momentan bei uns in der Vergabeordnung steht. - Erstens.
- Wie bitte? Die Losverteilung ist gemeint. Wir halten dies für besser. Sie können gern sagen, dass Sie dazu eine andere Auffassung haben. Genau darum geht es in unserem Antrag.
Zweitens. Im Hinblick auf die sozialen, umweltbezogenen und innovativen Forderungen gegenüber dem Auftragnehmer ist das, was im Leitfaden zum Vergabehandbuch beschrieben ist, mehr als schwammig. Das Problem besteht darin - ich habe versucht, das zu erläutern -, dass eine entsprechende gesetzliche Grundlage fehlt, auf der man das einfordern kann. Auf dem Wege einer Verordnung lässt sich so etwas nicht definieren.
- Es muss gar nicht mit mehr Forderungen und mehr Bürokratie verbunden sein. Etwa die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen kann ganz schnell und unbürokratisch geregelt werden. Wenn man das entsprechend vereinbart hat, lieber Herr Gürth, dann kann das auch unbürokratisch abgearbeitet werden.
Drittens. Hinsichtlich der Erhöhung der Obergrenzen haben Sie eine entsprechende Regelung gefasst. Aus unserer Sicht ist gewissermaßen entscheidend, dass die Gemeinde- und Stadträte, die Bauaufträge zu vergeben haben, die Prioritäten setzen und dass die Verwaltung beauftragt wird, das umzusetzen.
Dann erwarten wir bei einer Anhebung der Freigrenzen, dass tatsächlich transparente Arbeit geleistet wird. Das heißt, dass auch die Gemeinderäte bzw. die Bürger der Stadt öffentlich darüber informiert werden, wann welche Aufträge in welchen Größenordnungen erteilt worden sind. Dadurch wird mehr Transparenz erreicht.