Protocol of the Session on December 12, 2008

Darüber haben wir im Moment noch nicht gesprochen. Wenn es konkrete Konzepte gibt, dann werde ich natürlich auch mit meinen Kollegen aus Sachsen und Thüringen darüber reden. Wenn Interesse besteht, dann kann man so etwas natürlich auch gemeinsam machen. Das hängt immer konkret davon ab, wo das angebunden wird.

(Herr Stahlknecht, CDU: Das stimmt!)

Wir versuchen auch jetzt schon, sowohl im Jugendstrafvollzug als auch in zwei Projekten der freien Straffälligenhilfe auch Aspekte der Resozialisierung in dem Sinne praktisch umzusetzen, dass man auch mit einer fremdenfeindlichen, mit einer rechtsextremistischen Motivation arbeitet. Insoweit stellt sich generell die Frage, ob das eher Projekte sein müssen, die konkret vor Ort angebunden werden müssen, um mit den betroffenen Personen zu arbeiten, oder ob man länderübergreifend erst einmal Konzepte entwickeln muss, um bestimmte Ressourcen gemeinsam zu nutzen.

Aber ich denke, es gibt eine Reihe von guten Ansätzen. Wir arbeiten auch intensiv mit dem „Violence Prevention Network“ in Berlin zusammen. Dort wurde für den geschlossenen Vollzug ein sehr erfolgreiches Konzept entwickelt. Wir erhoffen uns, dass wir bestimmte Module dieses Konzeptes auf die Bewährungszeit mit anwenden können bzw. auch im Rahmen eines Aussteigerprogramms.

Vielen Dank. - Dann erteile ich jetzt Frau Tiedge das Wort. Bitte schön.

Frau Ministerin, Sie stimmen sicherlich mit mir überein, dass der Täter-Opfer-Ausgleich eine Möglichkeit ist, um die Opfer in den Mittelpunkt zu rücken und ihnen auch eine Art Genugtuung insofern zu verschaffen, als sie unmittelbar mit dem Täter in Kontakt treten können. Können Sie uns kurz schildern, wie die Entwicklung in die

sem Bereich aussieht, sowohl von der Inanspruchnahme des Täter-Opfer-Ausgleichs als auch von den finanziellen Zuwendungen her?

Der Täter-Opfer-Ausgleich wird in Sachsen-Anhalt mittlerweile im überwiegenden Maße durch die freien Träger der Straffälligenhilfe wahrgenommen. Ich glaube, im Jahr 2007 wurden ungefähr 900 Täter-Opfer-Ausgleiche durchgeführt.

Wir haben es bisher geschafft, dass wir die zur Verfügung stehenden Gelder immer ein Stück weit erhöhen konnten. Wir hatten im Jahr 2007 330 000 € dafür im Haushalt veranschlagt. Im laufenden Haushaltsjahr 2008 stehen 339 000 € zur Verfügung. Das entspricht dem Bedarf. Wenn man sich die Abflüsse anschaut, so stellt man fest, dass wir eine Punktlandung gemacht haben.

In den Gesprächen, die wir insbesondere mit dem Landesverband geführt haben, ist mir bisher nicht zu Ohren gekommen, dass das Geld nicht ausreicht oder dass weitere finanzielle Mittel benötigt werden. Wir werden natürlich im Vorfeld der Aufstellung des nächsten Doppelhaushaltes noch einmal Gespräche führen und werden ausgehend davon den Ansatz entsprechend vornehmen.

Ich glaube, wir sind bezüglich des Täter-Opfer-Ausgleiches im bundesweiten Vergleich an einer ganz guten Stelle, sodass wir in diesem Bereich durchaus auf eine erfolgreiche Entwicklung blicken können.

Etwas kritischer sieht es im Bereich des JugendlichenTOA aus, weil der Jugendlichen-TOA nicht durch die Justiz finanziert wird, sondern durch die Jugendhilfe, also durch die Kommunen. Wir haben derzeit das Problem, dass sich ein Landkreis in Sachsen-Anhalt mittlerweile weigert, diese Maßnahmen, die vom Richter im Rahmen eines Urteils entschieden werden, praktisch umzusetzen, sprich: zu finanzieren. Es ist Frau Kuppe zu danken, dass wir für das laufende Jahr hierfür eine provisorische Lösung gefunden haben, um das wieder zu ändern.

In der Tat gestaltet sich die Situation etwas problematischer. Wir sind in Sachsen-Anhalt im Moment mit nur einem Landkreis, der das nicht mehr finanziert, noch relativ gut dran. In anderen Bundesländern sieht die Situation wesentlich kritischer aus.

Der Hintergrund ist, dass § 36a SGB VIII neu geregelt worden ist und einige Kommunen aus dieser Neuregelung herauslesen, dass sie diese Maßnahmen nicht bezahlen müssen. Die Justiz sieht das anders. Auch das Justizministerium, das auf Bundesebene maßgeblich an dieser Norm mitgewirkt hat, sagt, das wollten wir mit dieser Formulierung nicht erreichen.

Es gibt mittlerweile eine Arbeitsgruppe, die an einer Heilung und Rückführung auf den Zustand vor dieser Gesetzesänderung arbeitet. Das gestaltet sich allerdings praktisch sehr schwierig. Die Gespräche, die in den letzten Monaten dazu geführt worden sind, zeigen, dass sich die Kommunen vehement gegen eine Änderung dieser Regelung wehren, sodass es fraglich ist, ob der Bund tatsächlich die Mehrheit erreicht, um noch einmal eine Gesetzesänderung herbeizuführen.

Frau Tiedge hat eine kurze Nachfrage.

Frau Ministerin, seit Jahren steht gerade die unterschiedliche Kompetenzverteilung bezüglich des TOA für Erwachsene und für Jugendliche in der Kritik. Es wird auch seit Langem die Forderung erhoben, das unter ein Dach zu bekommen. Können Sie uns sagen, ob es vielleicht irgendwann einmal Bewegung in die Richtung gibt, dass auch der Täter-Opfer-Ausgleich für Jugendliche unter dem Dach des Justizministeriums finanziert wird? Vielleicht könnten Sie uns den Landkreis nennen, der im Moment nicht finanziert.

Ich glaube, das ist kein Geheimnis. Das ist der Landkreis Wittenberg, der sich im Moment dazu nicht in der Lage sieht.

(Unruhe - Herr Stahlknecht, CDU: Das war Ihr Landrat! - Herr Gallert, DIE LINKE: Wer be- schließt den Haushalt?)

Nun lasst einmal die Frau Ministerin das Wort nehmen.

Bezüglich des Daches geht es hauptsächlich um die Frage, wer diese Maßnahmen finanziert. Die Justiz ist bisher der Meinung, dass das tatsächlich Dinge sind, die im Rahmen des KJHG zu finanzieren sind und dort auch gut aufgehoben sind. Die Frage, wer das praktisch durchführt, ist eine ganz andere. Wir haben zum Teil festgestellt, dass der Jugend-TOA durchaus auch von unseren freien Trägern vor Ort mit gemacht wird.

Wie die Diskussion zwischen Bund, Ländern und Kommunen bezüglich der Zukunft der Finanzierung des Jugend-TOA ausgeht, ist schwer zu sagen. Wir müssen uns - diesbezüglich ist sicherlich auch das Parlament gefordert - irgendwann einmal fragen, wie wichtig uns der Jugend-TOA ist. Für den Fall, dass es noch mehr Kommunen gibt, die das nicht finanzieren, stellt sich die Frage, ob das nicht auch im Justizhaushalt entsprechend verankert werden muss.

Vielen Dank. - Weitere Fragen liegen mir nicht vor. Dann schließen wir die zweite Runde und können den Tagesordnungspunkt 28 als beendet betrachten. Ich darf mich für die kompetenten Fragen und für deren Beantwortung ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung

Auswirkungen der Finanzkrise in Sachsen-Anhalt auf die reale Wirtschaft

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/1629

Alternativantrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/1652

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/1653

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Dr. Thiel. Herr Dr. Thiel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu diesem Thema werden wir täglich mit neuen Botschaften konfrontiert. Die Botschaft des gestrigen Tages lautete: „Finanzkrise“ ist das Wort des Jahres 2008. Die zweite Botschaft lautete: Das Ifo-Institut sagt ein Minuswachstum von 4 % voraus; Professor Sinn sieht schwarz, hieß es.

(Herr Dr. Schrader, FDP: 2,2 %!)

Wobei man sagen muss, Professor Sinn hat immer schon schwarzgesehen - unter welchem Blickwinkel man das auch immer sehen mag.

(Herr Wolpert, FDP: Rotsehen hilft diesbezüglich auch nicht!)

Die Frage ist: Wie sieht es unser Wirtschaftsminister? - „Haseloff sieht keine Probleme“, titelt ein Magdeburger Sonntagsblatt. Nun kann man diesen Satz unterschiedlich betonen. Je nachdem, wie man ihn betont, kommt man entweder zu der Erkenntnis, dass er Probleme nicht sieht, oder zu der, dass er sieht, dass es keine Probleme gibt. Welche Betrachtungsweise die richtige ist, wird er uns sicherlich in seiner Rede mitteilen, um uns dann seine Sichtweise auf die Dinge darzulegen.

Das Zitat, um das es hier geht, war ein Beispiel dafür, wie sich die Maschinenbaubranche in unserem Land entwickelt. Diesbezüglich kann es tatsächlich sein, dass es derzeit keine Probleme gibt, wobei die Maschinenbaubranche eine Branche ist, in der etwa 1 % der Beschäftigten in Sachsen-Anhalt arbeitet und die einen Anteil von ungefähr 4,4 % des BIP ausmacht.

Rechtzeitig zur heutigen Debatte ist in der „Volksstimme“ ein Zitat von Herrn Minister Haseloff zu lesen:

„Es gibt kaum Signale, die auf eine außergewöhnliche Krisensituation schließen lassen.“

Da stellt sich der geneigte Leser die Frage: Kann man noch auf die Informationen, auf das, was da geschrieben ist, vertrauen? Ist das mit der Realität im Lande noch vereinbar?

Sie haben gesagt: Wir haben keine Monostrukturen wie andere Länder mit der Chipindustrie, mit den Werften oder mit den großen Autofirmen. Nein, wir haben die wachstumsstarke Solarbranche. - Diese verschiebt gerade ihren Börsengang und reduziert ihre Gewinnerwartungen.

Wir haben eine stabile Automobilzulieferer-Industrie, die breit aufgestellt ist. - Diese denkt momentan darüber nach, wie man durch Kurzarbeit und Qualifizierung die Auftragslücken überwinden kann.

Wir haben international agierende Konzerne wie Dow am Standort Schkopau. - Dieser Konzern vermeldet, dass mit einem Auftragsrückgang von 30 % bis 40 % am Standort zu rechnen sei; zudem plane er, weltweit 5 000 Arbeitsplätze abzubauen.

Wir haben die Kali+Salz AG in Sachsen-Anhalt. Das Kaliwerk Zielitz gibt die Prognose aus, 400 000 t weniger bis zum Jahresende, und plant schon einmal Kurzarbeit im Jahr 2009. Wobei man zu dem Beispiel Kaliwerk Zielitz sagen muss, dass es ein Konzern ist, der in diesem Jahr plant, bei einem Ebit in Höhe von 1,4 Milliarden €

anzukommen; das ist der Gewinn vor Steuern und ist bereits heruntergerechnet. Bei einem Umsatz von 3,3 Milliarden € beschäftigen sie 12 000 Mitarbeiter.

Das Unternehmen hat eine sehr erfolgreiche Entwicklung genommen: Im vorigen Jahr betrug der Gewinn vor Steuern noch 285 Millionen € und in diesem Jahr bereits 1,4 Milliarden € - tolle Zahl. Nun kann man fragen: Was haben die Mitarbeiter davon? - Das möchte ich euch nicht vorenthalten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Für das erfolgreiche Agieren dieses Konzerns bekam jeder Mitarbeiter im September dieses Jahres eine Büchse Sonnenblumenkerne mit der Aufschrift „Wachstum erleben“. Das heißt, man soll das im Garten aussähen und dann sieht man, wie Wachstum erlebbar wird. Die Dose hat - ich weiß es nicht - vielleicht einen Wert von 5 €.

(Frau Penndorf, DIE LINKE: 2,99 €!)

Das multipliziert mit der Anzahl der Mitarbeiter ergibt einen Betrag in Höhe von 60 000 €. Hätte man jedem Mitarbeiter 500 € in die Hand gegeben, gerade in dieser Zeit, dann wären das 6 Millionen € gewesen, die bei einem Konzerngewinn von 1,4 Milliarden € eine marginale Größe sind. - So viel zu diesem Thema.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben es momentan mit der Kündigung von Zeitarbeitern zu tun, auch in Sachsen-Anhalt, habe ich gelesen. Es gibt verstärkte Anmeldungen zur Information zu Kurzarbeit bei den Arbeitsagenturen. Der Landtag hat Folgendes - -