Protocol of the Session on July 7, 2006

Mit dem aktuellen Tarifvertrag sind den Beamtinnen und Beamten, den Angestellten, den Arbeiterinnen und Arbeitern des öffentlichen Dienstes Perspektiven eröffnet, auch den Ärztinnen und Ärzten an den Kliniken. Wir erwarten im Herbst die Haushaltsberatungen für das Jahr 2007, die die konsequente Konsolidierung unserer Landesfinanzen einleiten werden.

Eben hat der Finanzminister ausgeführt, dass mit einer sofortigen Angleichung der Gehälter im öffentlichen Dienst jährliche Mehrkosten in Höhe von ca. 180 Millionen € entstehen würden. Ich finde, das ist keine Kleinigkeit, für die mal eben auf die Schnelle an anderer Stelle gekürzt werden kann. Dort wären Sie auch etwas schuldig.

Nun sagen Sie, eigentlich geht es Ihnen nur um die Ärztinnen und Ärzte an den Universitätsklinika. Aber, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich habe bereits ausgeführt, weshalb dann auch alle anderen Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu Recht einen Anspruch anmelden könnten und sicherlich auch würden.

Wir lehnen den Antrag aus den eben genannten Gründen ab.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Fischer. - Jetzt hat noch einmal die FDP Gelegenheit zu sprechen. Herr Kley, bitte schön, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Offenkundig ist es notwendig, das eine oder andere klarzustellen. Ich bedauere es auch, dass Herr Bullerjahn sich hier nicht der Diskussion stellt. Vielleicht ist es günstiger, mal zu reden und nach außen zu schauen, als nur die Akten im Hause zu wälzen und dort zu sehen, was der Vorgänger gesagt hat.

Denn zum einen hat der Kollege Paqué zu jeder Zeit dazu gestanden, dass es notwendig ist, auf einen Markt, wo Angebot und Nachfrage herrschen, auch dementsprechend zu reagieren. Es ist, glaube ich, vermessen zu sagen, dass junge, hoch qualifizierte Mediziner, die an Universitätsklinika arbeiten, einem Verwaltungsangestellten gleichzusetzen und ebenso zu behandeln sind. Es wird schon einiges mehr verlangt in diesem Beruf.

Wir hatten auch hier in diesem Hohen Hause wiederholt Diskussionen über den Ärztemangel, über die Notwendigkeit der Vergütungsangleichung im niedergelassenen Bereich. Dabei hat niemand widersprochen. Offensichtlich ist der niedergelassene Bereich im Bereich der Ärzteschaft etwas anderes als der in den Klinika. Aber es ist eine Illusion zu glauben, dass bei diesem Markt, auf dem Angebotsknappheit herrscht, auf dem Ärzte in Deutschland und international gesucht werden, man hier nicht binnen kurzem Auswirkungen spüren wird, da sich niemand mehr finden wird, der qualifiziert an den Hochschulklinika hier zur Verfügung steht.

(Beifall bei der FDP)

Die Frage der Tarifautonomie und Tarifhoheit ist, glaube ich, ausreichend diskutiert worden. Wenn das Land Ta

rifpartner ist, dann hatte zumindest ich das Gefühl, dass auch der Landtag für dieses Land steht. Das ist abgelehnt worden.

Die Frage der Möglichkeit der tariflichen Entlohnung in einem höheren Maße entsprechend der Notwendigkeit, Ärzte zu gewinnen - - Sehr geehrter Kollege Bullerjahn, sprechen Sie hierüber mal mit der Salus gGmbH. Dort gibt es seit langem einen Haustarifvertrag, der dieser Situation Rechnung trägt, wo man sich dementsprechend darum kümmert, dass Ärzte, die Mangelware sind, ins Land gezogen werden. Dort können Sie einiges lernen, was notwendig ist, um ein Unternehmen aufrechtzuerhalten. Dabei geht es nicht um kleinkrämerisches Aufrechnen, was öffentlicher Dienst ist, sondern darum, dass hoch qualifizierte Kliniken ihre Leistung erbringen können.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kley, es gibt noch eine Nachfrage von Frau Dr. Klein. Wollen Sie die beantworten?

Na gut, kurz.

Bitte, Frau Dr. Klein.

Ich frage mich jetzt wirklich, warum Sie in der vergangenen Legislaturperiode ein Hochschulmedizingesetz so vehement vorangetrieben haben, das ja genau eine Trennung von Wissenschaft und Pflege herausgestellt hat. Wenn ich richtig informiert bin, sind in Magdeburg am Universitätsklinikum ganze drei Ärzte. Alle anderen gehören zur Medizinischen Fakultät. Die haben im Augenblick schon einen Tarifvertrag mit dem Marburger Bund geschlossen.

In Halle ist das geteilt. Dort sind 250 Ärzte, glaube ich, an der Klinik und der Rest, neben den Professoren - die sind sowieso alle verbeamtet -, sind dort, glaube ich, noch die Oberärzte und Fachärzte an der Fakultät. Der Rest ist dort am Klinikum, also nicht an einem Forschungsstandort. Meines Erachtens müssten sie in der Betreuung tätig sein und nicht am Forschungsstandort, während in Magdeburg alle dort sind.

Frau Dr. Klein, formulieren Sie doch einmal kurz und knapp Ihre Frage, sonst - -

Das ist so kompliziert. Entschuldigen Sie, wir haben jetzt Stunden darüber diskutiert, um überhaupt zu verstehen, was die FDP will. - Das hieße also, es wurden Haustarifverträge zum Teil für Universitätsklinika geschlossen, an denen es überhaupt keine Ärzte gibt.

Sehr geehrte Frau Dr. Klein, das, was wir hier besprechen, war gerade mit der Grund dafür, das Hochschulmedizingesetz zu verabschieden, dass nämlich die Uni

versitätsklinika einen anderen Tarifvertrag aushandeln sollen als der öffentliche Dienst, weil der im Krankenhausbereich nicht passt. Das ist einfach das Thema. Das Recht des öffentlichen Dienstes hat hierbei schon lange seine Wirksamkeit verloren. Deswegen sollte es auch darum gehen, hierzu spezielle Vereinbarungen treffen zu können.

Wie die Kliniken das aufgeteilt haben und wie sie kurzfristige Änderungen im Gesetz durch die Intervention des Wissenschaftsrates mit der Aufteilung auf Fakultäten und Klinika wahrgenommen haben, war nicht die Grundintention, soll uns aber nicht hindern, hierfür langfristig eine vernünftige Lösung zu finden.

Aber ich glaube, wir sollten die Gelegenheit nutzen, außerhalb dieses großen Gremiums noch einmal intensiv die Diskussion an den Kliniken zu behandeln und dann dementsprechend Schlussfolgerungen zu finden. Deswegen auch die Evaluierung nach drei Jahren, um dann die Wirksamkeit festzustellen und eventuelle Änderungen vornehmen zu können. Wir haben mit diesem Hochschulmedizingesetz Neuland beschritten und natürlich klappt am Anfang nicht alles so 100-prozentig.

Vielleicht noch kurz eine Anmerkung zur Frage der Konsistenz in der Meinung. Sehr geehrter Herr Kollege Bullerjahn, ich habe bereits, als wir noch in der Regierung waren, auf den Tagungen der Ärzteschaft und auf den Ärztedemonstrationen für eine Ost-West-Angleichung gesprochen,

(Minister Herr Bullerjahn: Das glaube ich unbe- sehen!)

habe dort auch ganz klar dargestellt, dass das notwendig ist. Es gab zu jeder Zeit hier die Meinung - auch in diesem Hohen Hause -, dass das, was im niedergelassenen Bereich notwendig ist, natürlich auch auf das Krankenhaus zutrifft. So gesehen brauchen wir uns nichts vorwerfen zu lassen, außer vielleicht, dass der eine oder andere Minister dieser Regierung vielleicht schon früher einmal mit den Menschen hätte reden müssen, statt nur den Kopf im Haushaltsbuch zu vergraben. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. - Ich sehe keine weiteren Fragen. Damit ist die Debatte abgeschlossen und wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Es ist keine Überweisung beantragt worden. Also lasse ich über den Antrag direkt abstimmen.

Abstimmung über den Antrag in der Drs. 5/90. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei der FDP. Gegenstimmen? - Bei Koalition und Linkspartei.PDS. Stimmenthaltungen? - Sehe ich nicht. Damit ist der Antrag abgelehnt worden und wir können den Tagesordnungspunkt verlassen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf:

a) Beratung

Analyse der Erfahrungen aus dem Modellprojekt „AGnES“

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drs. 5/109

b) Erste Beratung

Prüfung des Einsatzes von Gemeindeschwestern

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/114

Wir haben uns auf eine verbundene Debatte verständigt. Einbringerin zu Tagesordnungspunkt 20 a ist Frau Penndorf von der Linkspartei.PDS. Sie haben das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den Diskussionen um Probleme der gesundheitlichen Versorgung, insbesondere im ländlichen Raum, tauchte in den letzten Wochen auch in Sachsen-Anhalt immer wieder ein Schlagwort auf: die Gemeindeschwester. Und manchmal dazu sogar noch der Name Agnes. Mit einer Wiederbelebung der Institution Gemeindeschwester im Gesundheitswesen verbinden viele von uns die Hoffnung, die Probleme des drohenden Ärztemangels lösen zu können.

Im Jahr 1989 gab es in der DDR etwa 5 500 Gemeindeschwesternstationen. Wer erinnert sich nicht an die Gemeindeschwester Agnes, eine liebenswerte, kauzige, tüchtige Gemeindeschwester in einer beliebten Fernsehserie, die auf ihrer „Schwalbe“ durch die Dörfer fuhr. Die Popularität dieser Figur führte offensichtlich auch dazu, dass ein Modellprojekt der Uni Greifswald, das auf der Insel Rügen zur Erprobung des Einsatzes einer Telemetrieschwester durchgeführt wird, seine Bezeichnung so abkürzte, dass sich der Name „AGnES“ ergab. „AGnES“ heißt „Arztentlastende, gemeindenahe, E-Health-gestützte systemische Intervention“.

Dieses Projekt wurde auf Initiative eines Netzwerkes auf Rügen ins Leben gerufen und wird von der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern auf Initiative der PDSFraktion im dortigen Landtag finanziell unterstützt. Es befindet sich allerdings noch in der Anfangsphase, sodass von den Akteuren im Landkreis Rügen und auch vom Wissenschaftlerteam der Uni Greifswald gegenwärtig noch keine Aussagen zum Nutzen und zur Machbarkeit getroffen werden können.

Betrachtet man die Projektbeschreibung etwas genauer, so wird deutlich, dass es sich dort nicht um eine Gemeindeschwester wie die Fernseh-Agnes handelt. Wir halten es für legitim, im Interesse der Entlastung der Hausärzte solche Modelle zu erproben. Ob eine solche Erprobung auch bei uns in Sachsen-Anhalt erfolgen sollte oder ob die Erfahrungen aus Mecklenburg-Vorpommern ausreichen, wäre zu prüfen.

Die Mitglieder des Gesundheits- und Sozialausschusses der letzten Legislaturperiode lernten auf ihrer Studienreise nach Stockholm im vergangenen Jahr ein anderes System der Arztentlastung durch Schwestern kennen: Gut qualifizierte Krankenschwestern mit Hochschulausbildung sind für Patienten in Ärztehäusern bzw. Polikliniken die ersten Anlaufstationen. Sie erledigen je nach konkreter Situation die Erstversorgung, verordnen therapeutische Maßnahmen oder leiten die Patienten an einen Arzt weiter. Eine solche Konstellation würde in Deutschland allerdings erhebliche rechtliche Veränderungen und natürlich eine andere Ausbildung für diese Schwestern bzw. Pfleger erfordern.

Meine Kollegen in der Fraktion im Bereich der Sozial- und Gesundheitspolitik beschäftigten sich bereits seit

geraumer Zeit mit dem drohenden Ärztemangel. Im Jahr 2005 war insgesamt ein Anstieg der Anzahl der Ärzte und der Zulassungen zu verzeichnen, doch nahm in Sachsen-Anhalt und auch in einigen anderen Bundesländern die Zahl der niedergelassenen Mediziner ab. Besonders problematisch ist die Lage in den ländlichen Gebieten der neuen Bundesländer, wo vor allem die Hausärzte kaum noch Nachfolger für ihre Niederlassungen finden.

An dieser Stelle macht sich die äußerst ungünstige Altersstruktur der Ärzte negativ bemerkbar, gibt es doch in den neuen Bundesländern überproportional viele Ärzte, die demnächst in den Ruhestand gehen werden, und dies sehr häufig ohne einen Praxisnachfolger zu haben. Junge Ärzte sind häufig nicht bereit, als Hausärzte in ländliche Gegenden zu gehen, ist doch damit oft ein Berufseinstieg mit Verschuldung und unsicheren Einkünften verbunden.

In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Schaffung eines gemeinsamen Lehrstuhls für Allgemeinmedizin an den Unikliniken in Magdeburg und Halle und die damit verbundene Berufung einer Stiftungsprofessur für diesen Bereich in Forschung und Lehre zur Praxis der hausärztlichen Tätigkeit, wird doch dadurch nicht nur die allgemeinmedizinische Ausbildung qualifiziert, sondern auch das Image dieser Fachrichtung aufgewertet.

Hilferufe aus verschiedenen Landkreisen veranlassten meine Kollegen der vierten Legislaturperiode am Anfang des Jahres 2005, eine Anhörung mit Krankenkassenvertretern, der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt sowie der Ärztekammer durchzuführen, um mögliche Wege zu einer besseren ärztlichen Versorgung besonders im ländlichen Raum zu erörtern.

Zweigpraxen, medizinische Versorgungszentren und die integrierte Versorgung gehören zu einem ganzen Maßnahmenbündel. Dazu wurden auch jüngst durch gesetzliche Veränderungen im SGB V bessere Voraussetzungen geschaffen. Die Möglichkeiten der Anstellung von Ärzten sowie die Lockerung der Präsenzpflicht und damit die Möglichkeit, Zweig- oder Zweitpraxen zu betreiben, bieten besonders für junge Ärzte günstigere Bedingungen für einen risikoarmen Berufseinstieg.

Aus unserer Sicht kann auch eine niedrigschwellige Versorgungsform wie eine Gemeindeschwester als Ergänzung zum niedergelassenen Arzt zu einer Entspannung im Gesundheitswesen beitragen. Dazu bedarf es sicher gründlicher fachlicher und politischer Überlegungen. Deshalb haben wir in unserem Antrag eine Anhörung zu den folgenden Problemkreisen vorgeschlagen: