Protocol of the Session on July 7, 2006

Die interessante Frage, ob rechtsradikale Tendenzen durch eine starke nationale Identität eher gestärkt oder geschwächt werden, ist also, zumindest für mich, bis heute nicht entschieden. Zum einen gibt es die These, dass die fehlende Besetzung des Themas Nation - das ist ein wenig das, was Herr Stahlknecht heute gesagt hat - durch die Zivilgesellschaft ein Vakuum aufmacht, das es Nationalisten leicht macht, hier zu punkten.

(Frau Feußner, CDU: So ein Schwachsinn!)

- Nun ja, das hat Herr Stahlknecht aber eben erklärt.

(Frau Feußner, CDU: Nein! Da haben Sie ihn wahrscheinlich nicht verstanden! - Frau Budde, SPD: Oh!)

Vielleicht sollten Sie mit solchen Bemerkungen vorsichtig sein, Frau Feußner.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Frau Feußner, CDU: Was Sie hier ausführen, dessen müssen Sie sich schämen!)

Zum anderen gibt es die These, dass in unserer heutigen Zeit die nationale Identität durch eine europäische und regionale Identität zwar nicht aufgelöst, aber doch relativiert wird. Dann wäre die stärkere Rückbesinnung auf die Nation eigentlich ein Anachronismus. Der wiederum könnte durchaus zum Erstarken auch rechtsextremer Kräfte führen.

Solche und viele Ansätze zur nationalen Identität der Deutschen führen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen, Haltungen und Konsequenzen. Wie gehen wir Deutschen, die immer alles geklärt und geordnet haben wollen, nun damit um?

Lassen Sie uns an dieser Stelle von den Nationen lernen, die eine längere liberale Traditionslinie haben. Wir brauchen eine Akzeptanz für diese völlig unterschiedlichen Sichtweisen auf unsere Nation. Lassen Sie uns versuchen, diese Akzeptanz zu einem Stück nationaler Identität werden zu lassen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wichtig wäre es aus unserer Sicht, folgende Punkte zu beachten:

Erstens sollte der Kampf gegen eine nationalistische und rassistische Prägung der deutschen Identität gemeinsam geführt werden.

Zweitens. Wir brauchen in Deutschland keinen allseits verpflichtenden Patriotismus, der den Versuch unternimmt, die unterschiedlichen Bezüge der Menschen zur nationalen Identität politisch zu vereinheitlichen und zu instrumentalisieren. Wir brauchen auch keinen Antinationalismus, der wiederum von sich aus jede nationale Identität mit Nationalismus gleichsetzt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wenn es uns gelingt, all diese Klippen zu umschiffen, dann muss uns nicht bang sein und dann können wir das positive Signal, das von der Bevölkerung ausgeht, als Politiker aufnehmen und müssen nicht krampfhaft versuchen, es umzudefinieren. - Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Damit ist über das erste Thema im Rahmen der Aktuellen Debatte beraten worden. Beschlüsse in der Sache werden nicht gefasst.

Ich rufe das zweite Thema der Aktuellen Debatte auf:

Missmanagement in der Liegenschaftsverwaltung Sachsen-Anhalts

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drs. 5/136

Für die Debatte ist folgende Reihenfolge der Redner vorgesehen: Linkspartei.PDS, SPD, FDP, CDU. Nach der Antragstellerin hat für die Landesregierung der Finanzminister Herr Bullerjahn ums Wort gebeten. Zunächst erteile ich für die antragstellende Fraktion Frau Dr. Klein das Wort. Bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Manchmal bewirken Anträge doch kleine Wunder. Wir beantragen eine Aktuelle Debatte und wenige Stunden später ist in der unendlichen Geschichte der Limsa ein neues Kapitel aufgeschlagen worden.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich weiß, die Geschichte ist schwieriger, aber die Landesregierung hat in Sachen Limsa die „Reißleine“ gezogen und den Geschäftsführer von seiner Funktion entbunden. Die Limsa soll personell und inhaltlich neu aufgestellt werden. Da das Ministerium auch neu aufgestellt worden ist, ist diese Aussage zu begrüßen. Es ist zu hoffen, dass die Neuaufstellung im Interesse des Landes Sachsen-Anhalt auch so schnell wie möglich beginnt.

Eine wirklich effiziente und wirtschaftliche Immobilienverwaltung wird durch die Baustelle Limsa - um mit den Worten des früheren Finanzministers zu sprechen - nun schon seit mindestens eineinhalb Jahren blockiert. Eine Aufbauphase von einem Jahr gesteht man dem Landesbetrieb ja zu, zumal sie auch intensiv beraten wurde. Ich möchte die Ergebnisse des Neunten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses nicht wieder aufrollen; aber

wenn schon Beraterverträge abgeschlossen werden, dann sollte dabei wenigstens etwas herauskommen.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Der Landesbetrieb sollte - so lauteten die Aussagen im November 2003 - ab dem 1. Januar 2005 das gesamte operative Geschäft der zentralen Liegenschaftsverwaltung übernehmen. Dieses Anliegen war von meiner Fraktion begrüßt worden.

Der Boden- und Gebäudewert im Eigentum des Landes Sachsen-Anhalt betrug Ende 2003 ca. 3 Milliarden €. Diese Ressource wirtschaftlich zu nutzen und zu verwerten, hätte ein wirklicher Beitrag zur Haushaltskonsolidierung sein können. Aber die Realität sieht anders aus.

In der Debatte zu der Großen Anfrage der Linkspartei.PDS-Fraktion zu den Landesbetrieben in SachsenAnhalt im November 2004 unterstrich Herr Paqué seine Grundphilosophie, dass sich durch eine zentrale Verwaltung und ein umfassendes Gebäudemanagement Größenvorteile im Auftragswesen realisieren ließen und eine Verschwendung in der Liegenschaftsverwaltung eingedämmt werde. Aber, wie das so ist, das eine ist die Philosophie und das andere ist das reale alltägliche Leben, und das kann manchmal verdammt hart sein.

So war die Limsa immer wieder ein Thema im Finanzausschuss und auch im Plenum. Erinnert sei nur an die Querelen um den Umzug des Landesverwaltungsamtes im Februar dieses Jahres. Allerdings wurden die jüngsten Debatten wie auch diese heute erst nach entsprechenden Informationen durch den Landesrechnungshof oder durch die Presse angestoßen.

Der von allen Fraktionen getragene und von der Landesregierung in der vierten Legislaturperiode geteilte Beschluss aus dem Jahr 2002 hinsichtlich der Gründung von Landesbetrieben ist leider in Vergessenheit geraten. Deshalb möchte ich noch einmal auf die vier Grundaussagen des Beschlusses verweisen.

Erstens geht es um die Schaffung von Flexibilität für ein betriebswirtschaftliches Handeln, insbesondere wenn in absehbarer Zeit Privatisierungsentscheidungen getroffen werden sollen. Dies war zumindest bei der Limsa einmal geplant.

Zweitens sollen vor der Einrichtung eines Landesbetriebes die verfolgten Ziele schriftlich fixiert werden.

Drittens sind die mit den persönlichen Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang stehenden Fragen zu klären.

Viertens sind keine Transparenzverluste zuzulassen. Bei diesem Punkt hapert es mehr, als es gut ist. Gerade bei solchen Themen, zu denen es auch einen Untersuchungsausschuss gab, war und ist Transparenz gegenüber dem Parlament mehr als notwendig.

Die Wirtschaftlichkeit der Limsa war und ist bis jetzt nicht gegeben. Der Landesrechnungshof hat dies in seinem jüngsten internen Prüfbericht erneut aufgezeigt. So fehlen nach wie vor solch elementare Dinge wie ein vollständiges und aktuelles Verzeichnis der Liegenschaften.

Auf der Internetseite der Limsa wird ein Immobilienbestand von 3 400 Gebäuden und von 3 300 Liegenschaften genannt und - so wie es dort steht, muss man das annehmen - auch von der Limsa verwaltet. In der „Mitteldeutschen Zeitung“ wird von 2 650 Landesgebäuden und von 810 Liegenschaften insgesamt gesprochen. Wie viel Liegenschaften und Gebäude hat denn das

Land nun eigentlich und werden diese Immobilien und Liegenschaften auch von der Limsa verwaltet und bewirtschaftet?

Nach meinem Erkenntnisstand, der inzwischen historisch überholt sein könnte, hat die Limsa bis zum Februar 2006 lediglich die Immobilien des Justizministeriums, der Staatskanzlei und des Finanzministeriums übernommen. Was ist mit dem Rest?

Die Begründung dafür, warum das so ist, haben wir jüngst wiederum der Presse entnehmen können. So meinte Herr Paqué, mehr Befugnisse der Limsa seien am Widerstand der Ressorts gescheitert. Der Herr Ministerpräsident wird in diesem Artikel mit der Meinung zitiert, dass die Limsa erst einmal die Aufgabe, die sie habe, ordentlich erledigen müsse. Er sagte weiter - ich zitiere aus der „Mitteldeutschen Zeitung“ -:

„Aber alles machen zu wollen und nicht einmal die einfachsten Sachen zu schaffen, hat auf mich noch nie einen guten Eindruck gemacht.“

Ich muss ganz ehrlich sagen: Als ich das gelesen habe, dachte ich, ich bin im falschen Film. Es gab eine Landesregierung, die nicht in der Lage war, relativ kleine Probleme wie den Aufbau einer funktionierenden Landesimmobilienverwaltung zu lösen. Wir haben wirklich ganz andere Probleme im Land, die wesentlich schwieriger zu lösen sind. Es gab einen Finanzminister und einen Staatssekretär, die die Haushaltswahrheit und die Haushaltsklarheit für sich gepachtet hatten, aber es doch nicht schafften, Ordnung im eigenen Laden zu schaffen.

Der Herr Ministerpräsident ist leider nicht da. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass er für manches kein Verständnis hat. Doch die Aufgaben der Limsa waren und sind klar umrissen. Sie können sie auf der Internetseite nachlesen. Man kann doch wohl erwarten, dass diese Aufgaben erfüllt werden.

Herr Bullerjahn, ich kann Ihnen nur den heißen Tipp geben: Schauen Sie sich die Liegenschaftsverwaltung in Berlin an. Dort scheint es auf jeden Fall zu klappen und auf deren Internetseite ist auch nicht das Logo das Größte.

Erkenntnisse über die Arbeit der Limsa liegen nicht erst seit Juni 2006 vor. Seit 2004 spielte jedes Mal, wenn es um Liegenschaften in diesem Land ging, die Limsa eine Rolle. Leider beschränkt sich diese Rolle aber immer nur darauf zu sagen, dass es keine entsprechenden Landesliegenschaften gebe, die von den Landesbehörden genutzt werden können.

Ich möchte als Beispiele nur den Sitz des Landesamtes für Vermessung und Geo-Information und den Sitz des Landesverwaltungsamtes nennen. In beiden Fällen wurden Landesliegenschaften freigezogen, weil die Limsa kein geeignetes Landesobjekt finden konnte oder wollte. Aber sie fand immer entsprechende Mietobjekte. Auch für das Justizzentrum in Magdeburg fand sich nur durch Anmietung ein entsprechendes Objekt.

Gebäude im Landesbesitz stehen leer und es ist zu vermuten, dass es nicht weniger, sondern mehr werden. Da es noch kein Verzeichnis der Landesliegenschaften gibt, sind also auch die 200 leer stehenden Immobilien, die der Rechnungshof nannte, vermutlich nur eine vorläufige Zahl.

Die Verwertung dieser Immobilien ist das nächste Problem. Hier scheint fast nichts zu passieren. Jedenfalls

wurde uns in den vielen Debatten nichts darüber mitgeteilt. Einiges weiß man auch wieder nur aus der Zeitung, beispielsweise dass die Limsa das Grundstück des DDR-Rundfunks in der Berliner Nalepastraße im vergangenen Herbst für den Preis von 350 000 € verkauft hat.

Andere Gebäude verfallen, wie die Scheibe C in Halle. Auf das Sanierungs- und Nutzungskonzept warten nicht nur wir, sondern auch die Finanzbeamten der Stadt Halle. Es reicht nicht aus, darauf zu hinzuweisen, dass die Situation bei leer stehenden Immobilien in Magdeburg eine andere ist als in Halle.