Dann ist es auch Betrug. Dann soll es auch verfolgt werden, wenn festgestellt worden ist, dass wissentlich und willentlich falsche Angaben gemacht worden sind. Dann ist der Betrugstatbestand tatsächlich verwirklicht. Aber wir sehen es dann nicht mehr als erforderlich an, das von vornherein mit einer eidesstattlichen Erklärung zu belegen und Straftatbestände anzudrohen. - Danke.
Noch einmal vielen Dank, Frau Hampel. - Für die Linkspartei.PDS erteile ich nun Frau Dirlich das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Tatsache, dass wir über den Bericht des Ombudsrates im Ausschuss diskutieren wollen, scheint es in diesem Haus einen ziemlich breiten Konsens zu geben. Aber ganz offensichtlich haben wir doch gewisse Unterschiede bezüglich der Frage, wie wir diese Diskussion inhaltlich untersetzen wollen.
Ich will da noch eins draufsetzen und sage: Ich denke schon, dass es ein Unterschied ist, ob wir über die rein organisatorischen Probleme diskutieren, also die Personalprobleme und die Probleme in der Verwaltung, oder ob wir uns mit den sozialen Problemen, die daraus entstehen, beschäftigen.
Ich frage auch, ob wir uns nicht besser mit den Arbeitsmarktproblemen beschäftigen sollten, die bestehen und auch neu entstanden sind.
Natürlich müssen wir uns mit der Umsetzung der Empfehlungen beschäftigen, auch deshalb, weil noch Empfehlungen aus dem Zwischenbericht des Ombudsrates zu Hartz IV offen sind, wie beispielsweise die Anpassung des Bafög an das SGB II. Man sollte aber auch den Menschen, denen man Pflichten für nicht leibliche Kinder auferlegt, auch Rechte für diese nicht leiblichen Kinder mitgeben, beispielsweise beim Steuerrecht oder bei der Familienversicherung. Man sollte sich des Weiteren auch mit der Frage der verständlicheren Bescheide befassen.
Ich will ein paar Punkte bezeichnen, die für uns in dieser Debatte wichtig sein werden. Da ist beispielsweise die Forderung, dass die Arbeitsgemeinschaften über jährlich abzuschließende Zielvereinbarungen zwischen dem Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales und der Bundesagentur für Arbeit gesteuert werden sollten. Jährlich 102 Arbeitsgemeinschaften beteiligen sich laut Bericht des Ombudsrates an dieser Zielplanung und auch an dem Controllingprozess.
Wir müssen über die Schlussfolgerungen des Ombudsrates zur Arbeitsvermittlung diskutieren, vor allem über die Arbeitsvermittlung von Leistungsempfängerinnen nach dem SGB II. Ich will dazu den Bericht auf Seite 24 zitieren, in dem es heißt:
„Andererseits bleiben viele Aufgaben insbesondere im sozialen und ökologischen Bereich unerledigt, weil die notwendige Finanzierung fehlt.“
Die Frage, wie wir die Beschäftigung langzeitarbeitsloser Menschen und die Umsetzung gesellschaftlicher Aufgaben zusammenbringen, muss uns alle weiter bewegen. Dazu kommen wir heute noch.
Wir sollten auch darüber diskutieren, ob wir die Spaltung des Arbeitsmarktes, die der Ombudsrat unterstellt, ebenso sehen, nämlich die Spaltung des Arbeitsmarktes in flexible Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf der einen Seite, die man noch dem ersten Arbeitsmarkt zumuten kann, und zu betreuende Langzeitarbeitslose auf der anderen Seite, die man irgendwo in den zweiten oder in den dritten Arbeitsmarkt abschieben darf. Wir müssen darüber diskutieren, ob wir diese Einschätzung des Ombudsrates tatsächlich teilen und ob wir sie hinnehmen wollen.
Wir müssen darüber diskutieren, ob die Instrumente des SGB III, wie vom Ombudsrat gefordert, tatsächlich nur den so genannten arbeitsmarktnahen Hilfsbedürftigen angeboten werden sollen, also sozusagen den „Weltmeisterinnen“ unter den ALG-II-Empfängerinnen.
An der Missbrauchsdebatte, meine Damen und Herren, beteiligt sich der Ombudsrat nicht. Frau Hampel hat gerade den entsprechenden Satz zitiert, nämlich dass der Ombudsrat die Auffassung vertritt, dass von Missbrauch nicht geredet werden kann, wenn die Betroffenen die Möglichkeiten nutzen, die das Gesetz bietet. Neuere Zahlen besagen eindeutig, dass nur weniger als 2 % der Betroffenen tatsächlich Missbrauch vorgeworfen werden kann. In diesem Zusammenhang möchte ich dann doch einmal die Zahl derer wissen, denen man Steuermissbrauch vorwirft. Ich wäre gespannt auf die Zahl.
Diesen Teil des Antrages finden wir deshalb etwas problematisch; aber es kann ja im Ausschuss auch ein klareres Bild entstehen. Es kann ja auch ein Bild darüber entstehen, worin der Missbrauch tatsächlich besteht und
in welcher Höhe er besteht. Dann kann man mit diesem klaren Bild auch in der Öffentlichkeit arbeiten. Das sollte man nach dieser Debatte, die in den Medien geführt wurde, dann auch wirklich tun.
Der Ombudsrat teilt die Auffassung bezüglich einer massiven Kürzung der Leistungen nicht und setzt sich auch für ein Gleichgewicht zwischen Fordern und Fördern ein. Das finden wir positiv, weil der Ombudsrat auch Ermessensspielräume einfordert, die individuelle Notlagen berücksichtigen können und die diese individuelle Notlagen nicht in gesetzlich starre Regelungen zwängen.
Aus unserer Sicht muss neben dem Bericht - das hat der Minister bereits erwähnt - auch der Bericht des Bundesrechnungshofes zu Rate gezogen werden. Aber auch die Stellungnahme des Deutschen Caritas-Verbandes zum SGB II sollten wir uns anschauen und im Ausschuss zur Diskussion stellen.
Auch deshalb, weil es noch sehr viele offene Fragen gibt, die ich jetzt nicht weiter erwähnen will, bitte ich darum, dass wir diesen Antrag in den Ausschuss überweisen und ihn dort in aller Ruhe beraten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als die Hartz-IV-Gesetze eingeführt wurden, haben alle geglaubt - jedenfalls ich -, dass damit der Durchbruch in der Arbeitsmarktpolitik erreicht werden könnte, dass die Arbeitslosigkeit signifikant gesenkt werden könnte. Diese Hoffnung ist leider wie eine Seifenblase geplatzt.
Beschwerden, Unmut und Verunsicherung der Bevölkerung haben dazu geführt, dass der Ombudsrat gegründet worden ist. Er nahm im Jahr 2005 seine Tätigkeit auf und sollte die Rechte der Bürger gegenüber Behörden und Institutionen wahrnehmen. Entsprechend seiner Aufgabe hat der Ombudsrat die Umsetzung der umstrittenen Arbeitsmarktreform begleitet und war bis zuletzt Anlaufstelle für die Bürger. In mehreren Bereichen hat das unabhängige und ehrenamtliche Gremium dabei Probleme ausgemacht, die in dem jüngsten Abschlussbericht aufgelistet wurden.
Herrn Biedenkopf, Frau Bergmann und Herrn Rappe möchte ich hier ebenfalls meinen Dank für ihre gute Arbeit aussprechen. Sie haben nicht nur die Probleme der Betroffenen bearbeitet, sondern auch der Politik wichtige Anregungen für eine Veränderung der Arbeitsmarktreform aufgezeigt.
Eine dieser Anregungen bezog sich auf die Angleichung des Arbeitslosengeldes II - das hatte Frau Hampel schon erwähnt - von bisher 331 € monatlich an das Westniveau auf 345 € monatlich. Die Angleichung erfolgte zum 1. Juli 2006. Sie ist in Kraft getreten. Dennoch gibt es eine Reihe von Empfehlungen, die es noch abzuarbeiten gilt. Ich denke, wir tun gut daran, in dieser Richtung mitzuwirken.
In dem Bericht werden vor allem die Arbeitsgemeinschaften kritisiert, die sich um die Langzeitarbeitslosen kümmern. Diese Konstruktion hat sich laut dem Ombudsrat als untauglich erwiesen. Ob das überall so ist, möchte ich nicht pauschal sagen, aber in einigen Arbeitsgemeinschaften besteht sicherlich noch weiterer Handlungsbedarf und gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten.
Als grundlegendes Problem bei der Verwirklichung der Hartz-IV-Reform sieht der Ombudsrat ferner die aus einem Kompromiss des Vermittlungsausschusses entstandene Organisation der Arbeitsvermittlung. Nach wie vor kosten unklare Zuständigkeiten und Abstimmungsschwierigkeiten zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Sozialämtern viel Zeit. Der Rat fordert eine deutlich flexibler ausgerichtete Neuorganisation der bestehenden Strukturen und zieht dafür ebenfalls die Einrichtung einer neuen Behörde in Betracht. Dabei setzt er sich für eine stärkere Übertragung der Verantwortung von der Arbeitsagentur auf kommunale Arbeitsgemeinschaften ein.
Der Ombudsrat moniert in seinem Bericht ferner, dass die Bürgerfreundlichkeit mehr als eineinhalb Jahre nach der Einführung des Arbeitslosengeldes II noch nicht verbessert worden sei. Die Bescheide sind weiterhin in einer Sprache abgefasst, die für die Mehrheit der Betroffenen schwer verständlich ist. An diesem Punkt sollten wir auf jeden Fall ansetzen. Sich ein 16-seitiges Papier zu erarbeiten, ist für geübte Menschen schon sehr schwierig. Schwieriger ist es noch für Leute, die mit Behörden nicht so sehr viel zu tun haben. Deshalb sollten wir auch in diesem Bereich mitwirken.
Ein zentraler Punkt des Berichtes sind die aus dem Ruder laufenden Kosten der sozialen Grundsicherung. Den Hauptgrund sieht der Ombudsrat in noch bestehenden Lücken bei der Gesetzgebung, die den Menschen mehr Zugang zu Leistungen ermöglicht haben. Auch hierbei halte ich von einer Missbrauchsdebatte nicht so sehr viel; denn wenn Leute das nutzen, was ihnen vom Gesetzgeber ermöglicht worden ist, wenn Schlupflöcher in den Gesetzen genutzt werden, dann ist das noch kein Missbrauch.
Missbrauch ist es dann, wenn es vorsätzlich geschieht. Ich stimme meinen Kollegen zu, die sagen, wenn jemand wissentlich und willentlich eine falsche Erklärung abgibt, dann ist das strafbar.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Minister Haseloff hat in seinen Ausführungen bereits deutlich gemacht, dass die Landesregierung in einzelnen Punkten der Arbeitsmarktreform sehr wohl einen Korrekturbedarf sieht. Daher wird sie auch über die entsprechenden Möglichkeiten des Bundesrates auf das Gesetzgebungsverfahren Einfluss nehmen.
Herr Minister Haseloff sitzt persönlich in einer Arbeitsgruppe, die Vorschläge zum SGB II erarbeitet. Ich denke, dass unser Land in dieser Beziehung gut aufgestellt ist, wenn es um Veränderungen der aktuellen Arbeitsmarktreformen geht.
Insofern freue ich mich auf die Berichte der Landesregierung in den Ausschüssen zu den Ergebnissen der Prüfung und deren Umsetzbarkeit in Sachsen-Anhalt und bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. - Vielen Dank.
Viel Dank, Frau Take. Auch Sie gehören zu jenen, deren erste Landtagsrede zu hören wir heute gemeinsam die Freude hatten. Alles Gute für Ihre weitere Tätigkeit hier!
Zum Abschluss der Debatte kann noch einmal Herr Professor Paqué das Wort ergreifen, wenn er es denn wünscht.
Sie verzichten. - Dann kommen wir zur Abstimmung. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist der Antrag auf Ausschussüberweisung gestellt worden. Dann würde die Landesregierung allerdings erst im Herbst aufgefordert werden können. Habe ich das richtig verstanden?
Das Problem ist nur, dass die Landesregierung erst im Herbst aufgefordert werden könnte, diesbezüglich etwas zu tun, während ansonsten die Aufforderung jetzt schon erfolgt.
Dann stimmen wir zunächst über den Änderungsantrag der CDU- und der SPD-Fraktion ab. Wer stimmt zu? - Das sind die antragstellende Fraktion und die FDPFraktion. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Enthaltungen? - Die Linkspartei.PDS-Fraktion.
Dann stimmen wir über den Antrag der FDP-Fraktion in der so geänderten Fassung ab. Wer stimmt zu? - Das sind offensichtlich alle Fraktionen. Keine Gegenstimmen. Dann ist das in dieser Fassung beschlossen worden. Der Tagesordnungspunkt 24 ist erledigt.