Protocol of the Session on December 11, 2008

Wir kommen nun zu den Debattenbeiträgen. Zu dem ersten Debattenbeitrag erteile ich der Fraktion DIE LINKE das Wort. Frau Dr. Paschke, bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe einige kurze Anmerkungen zum Gesetz. Wie wir bereits bei der Diskussion im Rahmen der Einbringung gesagt haben, halten wir es angesichts der geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen, die bereits erwähnt wurden, für sinnvoll, das Kirchensteuergesetz zu ändern. - Das war die erste Bemerkung.

Die zweite Bemerkung lautet, dass sich durchaus gezeigt hat, dass es sehr wichtig ist, in solche Gesetzgebungsverfahren den Datenschutzbeauftragten einzubeziehen. Das war die Hauptdiskussion, die sich im Ausschuss für Finanzen abspielte. Wir bitten die Landesregierung nachdrücklich darum, dass sie die Geschäftsordnung und auch das Gesetz über den Datenschutz künftig einhält.

Nicht alle Wünsche des Datenschutzbeauftragten konnten erfüllt werden. Das ist auch zu einem dominanten Teil der Grund dafür, warum sich eine Mehrheit unserer Fraktion bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der Stimme enthalten wird.

Wir betonen noch einmal ausdrücklich, dass wir es sehr wichtig finden, dass auch über das Jahr 2010 hinaus die Freiwilligkeit, diese Information an den Finanzdienstleister weiterzugeben, erhalten bleibt, also über die Evaluation hinaus. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Paschke. - Nun kommen wir zu dem Beitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Herr Tullner hat das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nutze die Gelegenheit, um zu sagen, dass auch wir die Bedenken der Vizepräsidentin Frau Dr. Paschke, die sie soeben vorgetragen hat, geteilt haben und intensiv über die Fragen im Hinblick auf den Datenschutz im Ausschuss diskutiert haben. Letztlich sind wir zu der Überzeugung gelangt, die sich auch in der Beschlussfassung widerspiegelt, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Den Rest hat der Minister in Vertretung des Finanzministers allumfassend dargelegt. Ansonsten ist es ein so sprödes Thema, dass wir darüber lieber abstimmen sollten, als uns weiter darüber auszutauschen. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Tullner. - Für die SPD erteile ich jetzt dem Abgeordneten Herrn Graner das Wort. Bitte schön, Herr Graner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Inhaltlich ist bereits vieles gesagt worden. Deshalb erlauben Sie mir, dass ich jetzt nicht auf das Thema Kirchensteuer eingehe, sondern einmal ein paar Worte zum Thema Föderalismus sage; denn das ist für mich ein Lehrstück zum Thema Föderalismus.

Die Länder sind ja im Allgemeinen nicht an der Steuergesetzgebung des Bundes beteiligt. Bei der Mehrwertsteuer hatten wir nicht mitzureden, aber bei der Kirchensteuer gibt es eine Sonderregelung. Welche Auswirkungen hat diese Sonderregelung in den Ländern?

Ich habe hier den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kirchensteuergesetzes in der Drucksache 14/2895 vom Landtag von Baden-Württemberg, den Gesetzentwurf zur Änderung des Kirchensteuergesetzes in der Drs. 16/32 vom Bayerischen Landtag, den Gesetzentwurf zur Änderung des Kirchensteuergesetzes in der Drs. 16/1933 vom Abgeordnetenhaus Berlin usw., usw.

Insgesamt gibt es 16 Gesetzentwürfe in den Bundesländern, die sich mit der gleichen Materie beschäftigen. Was heißt das im Einzelnen? - Bei uns hat sich der Finanzausschuss, dem ich angehöre, eine - ich schätze das einmal - Viertelstunde mit diesem Thema beschäftigt. Es waren ungefähr 30 Personen anwesend, Abgeordnete, die Verwaltung, Vertreter der Ministerien, der Datenschutzbeauftragte, der GBD.

Das Ganze passiert in 16 Landesparlamenten. Ich schätze konservativ, dass damit 500 Personen allein in der Diskussion beschäftigt waren. Wenn ich dann noch annehme, dass in jedem Parlament vielleicht 20 Seiten zu dieser Materie ausgedruckt und jeweils etwa 100-mal vervielfältigt worden sind, dann komme ich auf rund 32 000 Seiten Papier, die damit vollgeschrieben worden sind. Das sind, glaube ich, mehrere Bäume, die dran glauben mussten.

Und das Verblüffende daran ist: Es gab weitgehenden Konsens, genauso wie hier in diesem Hohen Haus. Die Thematik ist ja überhaupt nicht umstritten, darin sind sich alle einig. Deswegen die Frage: Wem nützt dieses ganze Verfahren eigentlich? - Ich glaube, es nützt vor allem denjenigen, die immer wieder behaupten, dass das deutsche Steuerrecht das komplizierteste der Welt sei und dass das deutsche Steuerrecht die meisten Druckseiten umfasse.

(Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

Warum machen wir das Ganze? - Das geht zurück auf den Artikel 140 des Grundgesetzes, der sich auf die Weimarer Reichsverfassung bezieht. Dort steht in Artikel 137 - diese Artikel sind Bestandteil des Grundgesetzes, meine Damen und Herren -: Die Religionsgemeinschaften sind berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

Meine Damen und Herren! Das ist kein Plädoyer für die Abschaffung der Kirchensteuer. Sie können im Handbuch nachlesen: Ich bin katholisch. Ich halte die Kirchensteuer für sinnvoll und richtig. Es ist auch kein Plädoyer für die ständige Änderung des Grundgesetzes.

Aber, meine Damen und Herren, wir reden über die Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, wir reden über Föderalismusreformen. Hierbei besteht ganz dringender Handlungsbedarf. Diese Gesetzgebung muss dringend geändert werden und wir, meine Damen und Herren, zusammen mit den anderen Bundesländern und dem Bund können hierbei etwas verbessern. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Herr Borgwardt, CDU: Wie?)

Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Graner. - Dann erteile ich der FDP das Wort. Frau Dr. Hüskens ist die letzte Debattenrednerin. Zumindest liegt mir bisher keine weitere Wortmeldung vor. Bitte schön, Frau Dr. Hüskens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte eigentlich auf meinen Redebeitrag verzichten, weil das, was Herr Hövelmann gesagt hat, und auch das, was meine Vorredner gesagt haben, zum großen Teil Konsens ist. Aber, Herr Graner, mit dieser Logik können wir eine ganze Reihe von anderen Sachen auch abschaffen, bis hin zum Parlament. Eine Landesregierung ohne Parlament ist viel effizienter.

(Heiterkeit)

Aber ich glaube - ich hoffe es zumindest -, das ist nicht das, was Sie sagen wollen.

Der andere Punkt ist: Ich empfehle Ihnen einfach eine intensive Diskussion mit Ihren Kollegen, die sich um Kultusangelegenheiten kümmern. Ich glaube, die werden sich dieser Auffassung nicht anschließen.

Kultusangelegenheiten sind in Deutschland nun einmal Länderangelegenheiten, genauso wie die Bildung und wie viele andere Dinge auch. Darüber können Sie gern einmal in der SPD diskutieren. Ich kenne eine Reihe von Ihren Kollegen, die Ihnen etwas ganz anderes erzählen würden als das, was Sie hier vorgetragen haben.

Ich glaube, der Landtag von Sachsen-Anhalt hat sich mit der gebotenen Effizienz einerseits, aber eben auch - Frau Paschke hat auf den datenschutzrechtlichen Aspekt hingewiesen - durchaus sensibel mit dem Thema auseinandergesetzt.

Ich fand es wichtig, dass der datenschutzrechtliche Aspekt noch einmal genannt worden ist, weil wir in der letzten Zeit auch haben lernen müssen, dass es - o Wunder! - in der Privatwirtschaft, aber auch auf staatlicher Ebene durchaus hin und wieder einen Umgang mit personenbezogenen Daten gibt, wie wir alle ihn uns nicht wünschen.

Auch wenn ich keine Christenverfolgung befürchte - ich bin ebenso wie Herr Graner katholisch - und keine Sorge habe, dass mir die Bank das Konto entzieht, wenn ich mitteilen würde, dass ich dieser Konfession angehöre, so denke ich doch, sollten wir uns als Landtag über dieses Thema immer wieder unterhalten und uns immer wieder bewusst machen: Wie viele Daten braucht der Staat und mit welcher Begründung bekommt er sie? Wir sollten uns auch immer wieder bewusst machen: Wie viele Daten bekommt eine Bank oder die Telekom oder Lidl oder, oder....

(Herr Tullner, CDU: Die Presse!)

Vor allen Dingen muss gefragt werden, was mit den Daten passiert. Wir alle haben gelernt: Je mehr Daten ich an einer Stelle zusammenziehe, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass mit diesen Daten Handel getrieben wird.

(Herr Tullner, CDU: Sehr richtig!)

Daher war das, glaube ich, ein angemessener Umgang mit der Materie. Mit dem heutigen Stimmverhalten - bei

de Oppositionsparteien werden sich wohl der Stimme enthalten; zumindest wir werden das tun; Sie werden zustimmen - wird sicherlich nicht gerade auf ein sehr kontroverses Gesetz hingewiesen. Trotzdem ist die Diskussion, glaube ich, erforderlich gewesen. Und wir sollten auch zukünftig daran festhalten. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung von Herrn Franke, FDP, von Herrn Stahlknecht, CDU, und von Herrn Tullner, CDU)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. Es gibt eine Nachfrage von Herrn Graner. Wollen Sie sie noch beantworten? - Sie nicken freundlich. Bitte schön.

Keine Nachfrage, sondern eine Kurzintervention.

Also eine Intervention. Intervenieren Sie bitte.

Ich will nur darauf hinweisen, dass ich mitnichten der Abschaffung des Föderalismus das Wort geredet habe. Ich bin auch überzeugt davon, dass engagierte Diskussionen zum Thema Bildung notwendig sind. Aber bei einem Thema, bei dem Konsens herrscht über die Parteigrenzen hinweg, wo im Vorhinein klar ist, dass dem 16 Landtage innerhalb eines halben Jahres zustimmen werden?

Auch der Datenschutz ist wichtig. Aber, Frau Hüskens, wir müssen auch einmal ein bisschen hinterfragen, was wir hier eigentlich treiben. Ein etwas effizienteres Handeln in diesem Bereich - nicht die Abschaffung des Föderalismus - halte ich für dringend geboten. - Danke.

Vielen Dank.

Ich darf, glaube ich, darauf antworten, Herr Präsident.

Sie dürfen. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte.

Danke. - Auch wenn Sie natürlich als Mitglied einer Koalitionsfraktion immer eine relativ optimistische Einschätzung gegenüber Gesetzesvorhaben haben, haben wir, glaube ich, alle zusammen - auch Sie - in dieser Legislaturperiode gelernt, dass ein Konsens am Anfang nicht unbedingt bedeutet, dass man nach entsprechenden Beratungen ebenso konsensual ist. Daher ist es, denke ich, überhaupt unstrittig und unproblematisch, dass man auch über Gesetze intensiv berät, zu denen bereits bei der Einbringung hier im Parlament eine entsprechende Zustimmung oder ein entsprechendes Stimmverhalten signalisiert wird.

Es beruhigt mich, dass Sie sagen, dass Sie den Föderalismus nicht abschaffen wollen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann ist die Debatte abgeschlossen und wir kommen zum Abstimmungsverfahren.

Bevor ich abstimmen lasse, möchte ich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Haldensleben auf der Tribüne begrüßen. Herzlich willkommen! Wir freuen uns, dass Sie da sind.

(Beifall im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/1609. Ich frage Sie, ob wir über die selbständigen Bestimmungen gesondert abstimmen sollen oder ob wir auch hier in Anwendung des § 32 unserer Geschäftsordnung über den Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit abstimmen können. Wenn es keinen Widerspruch gibt, würde ich das so machen.