Protocol of the Session on November 14, 2008

(Unruhe)

Meine Damen und Herren! Ich würde herzlich darum bitten, der Rednerin zuzuhören.

Des Weiteren bitten wir die Landesregierung darzustellen, in welcher Form beabsichtigt ist, geeignete Dokumente und Werke unserer Kultureinrichtungen für die deutsche digitale Bibliothek zu identifizieren und zu digitalisieren. Also einfach formuliert: Wer kümmert sich um die notwendige Bestandsaufnahme und wie soll die Digitalisierung erfolgen?

Wir möchten von der Landesregierung wissen, welche Schritte sie für notwendig erachtet, um ein eigenes Landesportal zu errichten und auch zu pflegen. In diesem Zusammenhang soll das Konzept auch über die entsprechende Haushaltsplanung des Landes informieren.

Hierbei zielen wir nicht nur auf die bereits erwähnte Verpflichtung aus dem Verwaltungsabkommen zum Betrieb des Kompetenznetzwerkes, also die erwähnten 40 000 €. Nein, wir meinen auch jene Kosten, die für die Errichtung eines Landesportals notwendig wären, bzw. die Kosten, die für die Bestandsaufnahme und die Digitalisierung aufzuwenden sind.

Es wäre sicherlich nicht vermittelbar, wenn schließlich allein die Kommunen und Verbände die entstehenden Kosten schultern müssten. Nach unseren Informationen werden in Thüringen zur Errichtung eines solchen Landesportals bereits ab dem Jahr 2009 Mittel in Höhe von 300 000 € bereitgestellt. Auch in Sachsen wird gegen

wärtig darüber beraten, welche Mittel allein für die Digitalisierung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden bereitgestellt werden müssen.

Ich möchte an dieser Stelle nicht falsch verstanden werden. Die genannte Summe ist kein Gradmesser - für Sachsen-Anhalt ganz sicher nicht. Ich möchte aber einfach darauf aufmerksam machen, dass sie zeigt, dass andere Länder in der Planung und Konzeption eines eigenen Landesportals bzw. einer Digitalisierung ihrer kulturellen Dokumente und Werke bereits weit fortgeschritten sind. Bis zum Jahr 2010 haben wir nicht mehr viel Zeit, um die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wissen im Land um die wesentliche Zukunftsaufgabe, die uns dauerhaft begleiten wird, ist gegenwärtig eher gering. Durch die Vorlage des geforderten Konzeptes erhoffe ich mir gewissermaßen eine Vision der Landesregierung für den Umgang mit diesem Thema: Wie bündelt man die Digitalseite für Sachsen-Anhalt und wie werden wir es verstehen, in Zeiten der europäischen Wissensgesellschaft diese Möglichkeit für unser Land so zu nutzen, dass die kulturelle Vielfalt auch im ländlichen Bereich der Welt präsentiert werden kann? Beispielhaft möchte ich die gotischen Kulturgüter in Stendal und in Salzwedel nennen.

Sobald das Konzept vorliegt, müssen wir darüber natürlich in den Ausschüssen beraten, damit das Ergebnis bei der Aufstellung des Haushaltsplans Berücksichtigung finden kann.

Dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, der auf eine Überweisung an den Ausschuss für Finanzen zielt, können wir deshalb zustimmen. Die Haushaltsrelevanz wurde von mir mehrmals angesprochen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank für die Einbringung, Frau Reinecke. - Wir kommen jetzt zum Beitrag der Landesregierung. Herr Professor Dr. Olbertz hat das Wort. Bitte schön.

Verehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Digitalisierung von Kulturgut ist zurzeit in der Europäischen Union ein hochaktuelles Thema. Über die entsprechende Einrichtung einer Deutschen Digitalen Bibliothek wird in der Kultus- wie auch in der Finanzministerkonferenz diskutiert.

Im Jahr 2005 hat die Europäische Union eine Initiative zur Digitalisierung des kulturellen Erbes beschlossen, die digitale Bibliothek. Das Ziel ist die Errichtung einer Europäischen Digitalen Bibliothek, die in Form eines Netzwerkes aus nationalen Portalen entstehen soll, europaweit natürlich. Am 1. Februar 2008 wurde die Website der Europäischen Digitalen Bibliothek „Europeana“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Sie soll den direkten Zugang zu digitalen Objekten aus Europas Bibliotheken, Museen, Archiven und audiovisuellen Sammlungen ermöglichen.

Da jedes EU-Mitglied für die Einbindung seines kulturellen und wissenschaftlichen Erbes in die Europäische Digitale Bibliothek selbst verantwortlich ist, muss nun jedes Land zum Ersten nationale Strategien und Zielsetzungen

ausarbeiten, zum Zweiten nationale Koordinierungsmechanismen entwickeln und zum Dritten Ziele für die Beiträge zur Europäischen Digitalen Bibliothek formulieren.

Die im Jahr 2006 beim Kulturausschuss der Kultusministerkonferenz eingesetzte Ad-hoc-Arbeitsgruppe „Digitalisierung von Kulturgut“ hat eine solche nationale Strategie erarbeitet, die nun in Form von „gemeinsamen Eckpunkten von Bund, Ländern und Kommunen zur Errichtung einer Deutschen Digitalen Bibliothek als Beitrag zur Europäischen Digitalen Bibliothek“ vorliegt.

Diese Eckpunkte sehen vor, ein Kompetenznetzwerk „Deutsche Digitale Bibliothek“ als Träger dieser Bibliothek zu errichten. Die Grundlage soll ein Verwaltungs- und Finanzabkommen zwischen dem Bund und den Ländern sein. Das heißt, der Bund und die Länder würden die Errichtung und den Betrieb des nationalen Landesportals - ich betone: des nationalen Landesportals - für die Bundesrepublik gemeinsam finanzieren.

Die jährlichen Kosten betragen für die Länder ab dem Jahr 2010 ungefähr 1,3 Millionen €. Nach dem Königsteiner Schlüssel ergäbe sich für Sachsen-Anhalt ein Anteil in Höhe von 40 000 € jährlich.

Die Finanzministerkonferenz hat die Länder aufgefordert, die Finanzierung der Deutschen Digitalen Bibliothek ohne Aufwuchs in den Landeshaushalten zu sichern. Sachsen-Anhalt wird sich daran halten. Zwei Drittel - so das Kabinett in einem entsprechenden Beschluss von Dienstag dieser Woche - werden aus dem Haushalt des Kultusministeriums aufgebracht, ein Drittel aus dem Haushalt des Innenministeriums, das für die Archive zuständig ist.

Nach den vorliegenden Empfehlungen sind bislang keine eigenen Portale der einzelnen Bundesländer für digitales Kulturgut geplant, sondern ein zentrales nationales Portal, nämlich die Deutsche Digitale Bibliothek. Ich erwähne das auch deshalb, weil unter dieser Voraussetzung der unter den Punkten 4 und 5 des Antrags erbetenen Unterrichtung so nicht zu entsprechen wäre.

Der Aufbau des nationalen Portals soll vom Bund und von den Ländern im Rahmen des Kompetenznetzwerkes finanziert werden. Eine Bemerkung am Rande: Ich finde es auch wirklich gut, nicht 16 einzelne Landesportale zu schaffen, sondern ein nationales Portal und dieses von den Ländern gemeinsam zu betreiben, die Datenbasis anzugleichen und auch die Informationskanäle so zu organisieren, dass die Daten gemeinsam verwaltet werden können.

Denn kleinere Einrichtungen - das darf man nicht vergessen - werden gar keine eigenen Datenbasen pflegen können. Sie werden sie über das Portal abwickeln lassen müssen. Das halte ich auch für vernünftig.

Bisher wurden nur zwei mögliche Varianten zur Umsetzung vorgebracht: Entweder liegen die digitalen Daten bei den Einrichtungen und werden dort gepflegt, beispielsweise durch einen Link zu den Einrichtungen über das Portal, oder die Datenhaltung erfolgt bei kleineren Museen und Bibliotheken über den zentralen Portalrechner.

Gern wird die Landesregierung dem Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie auch dem Ausschuss für Inneres im ersten Quartal 2009 wie verlangt ein Konzept zur Digitalisierung bzw. eine Unterrichtung

über den Stand des Geschehens bei der Digitalisierung von Kulturgut in Sachsen-Anhalt vorlegen.

Das Kultusministerium bereitet derzeit gemeinsam mit den betroffenen Einrichtungen im Land eine umfassende Bestandsaufnahme des zu digitalisierenden Kulturgutes vor, die auch den derzeitigen Stand der Digitalisierung in den jeweiligen Einrichtungen erfassen wird.

Ich bin gern bereit, diesem Antrag Folge zu leisten. Ich unterstütze ihn. Wir werden im Ausschuss über den Stand der Dinge detailliert berichten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Minister. - Wir kommen zu den Debattenbeiträgen. Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Herr Gebhardt das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es wirklich ganz kurz machen, weil meine Vorrednerin und der Herr Minister inhaltlich schon alles gesagt haben.

Wir unterstützen ausdrücklich den Aufbau dieser digitalen Bibliothek. Wir unterstützen natürlich auch die Forderung nach einer entsprechenden Berichterstattung der Landesregierung im Ausschuss.

Frau Reinecke hat schon erläutert, warum wir die Finanzrelevanz sehen. Sie hat auch gesagt, dass sie dem zustimmt. Hier geht es um Wirtschaftspläne und um Haushaltsplanungen, denen jetzt in gewissem Maße vorgegriffen und vorgeplant werden soll. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

Wir stimmen dem Antrag insgesamt zu. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Gebhardt. Das war kurz und knapp. Das war gut so. - Frau Reinecke verzichtet auf einen Beitrag für die SPD. Dann kommt die FDP an die Reihe. Der Abgeordnete Herr Kley hat das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird auch überzeugten Föderalismusfreunden nicht immer leicht gemacht, wie wir gerade bei dem eben gehörten Thema vernommen haben. Die Aufspaltung der Zuständigkeiten und die Schwierigkeit der Koordinierung scheint ein deutschlandweites Problem zu sein. Gerade die KMK mit ihren doch ausreichend vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat ab und zu einmal ein wenig Anlaufschwierigkeiten beim Zusammenbringen der verschiedensten Institutionen.

Aber ich möchte hier ganz kurz ein anderes Thema ansprechen. Wir sagen jetzt alle: Das Internet ist die Zukunft; wir müssen die Kulturgüter digitalisieren. Doch ist das wirklich so? Möchte wirklich jeder von Ihnen zukünftig die Mona Lisa auf seinem 14-Zoll-Netbook-Display wiederfinden?

(Zuruf von Frau Weiß, CDU)

Möchte man wertvolle Vasen dort wiedersehen? Oder möchte man sich das Ischtar-Tor dann vielleicht auf seinem Palm betrachten? Wir kennen die schöne Werbung

im Kino, bei der die Kinder, gefragt nach der Größe von King Kong, eine Spanne zwischen Daumen und Zeigefinger zeigen, weil sie ihn nur vom Handy her kennen.

Man muss auch immer daran denken, dass bei allem Verständnis für das Interesse an einem schnellen Auffinden von wertvollen Kunst- und Kulturwerken doch der eigentliche Anblick, das eigentliche Erlebnis das Wichtige ist. Wir sollten uns auch davor hüten, über digitale Museen und Ähnliches die Leute daran zu hindern, die Museen selbst aufzusuchen.

Wenn man die Begründung der Europäischen Union liest, stellt man fest, dass es im Wesentlichen darum geht, dass man sich nicht mehr zum eigentlichen Ort des Vorkommens begeben müsse, sondern dass man dies alles von zu Hause aus besuchen könne. Es gibt doch schon Leute, die sich die Weltreise sparen, weil sie das alles auch bei Google Earth sehen.

Hier noch einmal als Warnung für dieses Portal der Hinweis: Nur das Original ist das Echte, alles andere kann nur Appetit machen. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Kley. - Wir kommen zum letzten Debattenbeitrag. Für die CDU hat der Abgeordnete Herr Weigelt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden: Frau Reinecke hat den Antrag sehr ausführlich und umfänglich eingebracht. Inhaltlich ist nur noch wenig hinzuzufügen; aber das will ich natürlich auch ausführlich tun.

(Heiterkeit)

Ich möchte voranstellen, dass mir die zeitliche Abfolge mit der ausstehenden Entscheidung der Kultusministerkonferenz und den auf Landesebene zu treffenden Entscheidungen durchaus bewusst ist. Gleichwohl bin ich davon überzeugt, dass die noch zu fällenden Entscheidungen ganz im Sinne unserer gemeinsamen Antragstellung getroffen werden. Wir tun gut daran, uns möglichst zeitig auch von parlamentarischer Seite in diesen Prozess einzulinken. Vor einigen Jahren hätten wir noch gesagt, wir klinken uns ein - jetzt linken wir uns ein.

Als ich vor fast 30 Jahren in den Museumsdienst eintrat, beschrieb ein Museum seine Aufgaben nach einer international gültigen Definition mit den Begriffen „Sammeln, Forschen, Bewahren und Ausstellen“. Das galt unumstößlich, lieber Herr Kollege Kley, bis das Internet die Bühne betreten hat. Damit sind neue Dimensionen eröffnet worden. Ich gehöre auch zu denjenigen, die meinen, vielleicht ist das Internet sogar die künftige fünfte Dimension. Wir werden das mit Sicherheit noch so erleben.