Protocol of the Session on October 10, 2008

(Zustimmung bei der LINKEN)

und die offenkundig in den letzten zweieinhalb Jahren keine Verantwortung hatten, etwas zu bewirken.

(Frau Bull, DIE LINKE: Er sitzt auf der leeren Re- gierungsbank!)

- Sehr geehrte Frau Bull, danke für den Hinweis. Auch die Regierungsbank ist leer; das haben wir sehr wohl festgestellt.

Der Finanzminister setzte sich schnell in seine Fraktion, um etwas Beistand zu erhalten. Ansonsten scheint das Interesse der Regierung an dem Thema Qualifizierung und Berufsausbildung relativ gering zu sein. - Verzeihung, Herr Minister Haseloff, der in der FDP Platz genommen hat, um sich Rat zu holen, sollte von der allgemeinen Kritik ausgenommen werden.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Nichtsdestotrotz, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das Thema, so glaube ich, in Sachsen-Anhalt ein sehr akutes. Wir sollten auch nicht unter dem Hinweis auf den großen Bundesbildungsgipfel unsere eigene Verantwortung herausnehmen.

Schaut man sich einmal die Zahlen der letzten Zeit an, dann sind einige alarmierende Positionen festzustellen, die nicht sofort, aber relativ kurzfristig durch eigenes Handeln im Lande geändert werden könnten.

In einer Beratung des Wirtschaftsausschusses Anfang September 2008 wurde unter anderem darauf hingewie

sen, dass unter den jungen Menschen, die ohne Abschluss und Beruf sind, mittlerweile doppelt so viele junge Männer wie junge Frauen sind. Auf die Frage, wie die Landesregierung diesbezüglich agiert, antwortete dort der zuständige Minister: mit Ratlosigkeit.

Die beiden Ursachenanalysen liefen am Ende darauf hinaus, dass die Einstellungspolitik in den Schulen ungünstig gewesen sei. Das ist die klassische Ausrede: Sind zu viele Frauen in der Schule, sind die Jungen schlecht. - Ich weiß nicht, wer von Ihnen das Glück hatte, nur von Männern unterrichtet zu werden. Aber ich glaube, daran wird es letztlich nicht liegen.

Die andere Feststellung, dass Familien mit nur einem Elternteil für die Jungen besonders ungünstig wären, zieht, glaube ich, ebenfalls zu wenig. Hier müssen wir die Möglichkeiten unseres Schulsystems deutlicher ausnutzen. Wir müssen für Jungen endlich attraktive Perspektiven schaffen. Wir müssen unser Augenmerk auch darauf legen, was die klassischen Berufe sind, was die klassischen Entscheidungen für junge Männer sind. Das können wir - dessen bin ich sicher - relativ schnell umstellen.

(Beifall bei der FDP)

Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind wir wieder bei dem Thema, auf das wir als FDP immer wieder aufmerksam machen wollen, nämlich bei der Thematik der naturwissenschaftlichen und technischen Ausbildung. Dort hat sich nichts geändert. Nein, im Gegenteil: Das Land Sachsen-Anhalt verschärft zunehmend die Situation.

Wenn wir uns anschauen, wie es an den Gymnasien mit dem Fach Technik abwärts gegangen ist, stellen wir fest, dass es im Schuljahr 1991/92 noch zwei Pflichtstunden gab. Die Situation hat sich so entwickelt, dass wir heute im gymnasialen Bereich im Fach Technik überhaupt keine Pflichtstunden mehr haben. Dort kam man in einen Wahlbereich hinein. Das ist - dessen bin ich mir sicher - eindeutig zu wenig.

Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, Technik ist mehr als das, was andere Wissenschaften uns bieten. Naturwissenschaften erforschen, Geisteswissenschaften erklären, aber Technikwissenschaften vollenden. Das ist eben die Fähigkeit, die wir unseren jungen Menschen auch mitgeben müssen: die Chance, an einem Projekt zu arbeiten, das abgeschlossen werden kann,

(Beifall bei der FDP - Zuruf von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

zu sehen, dass sich aus ihrer Tätigkeit auch etwas ergibt, dass es ein Ziel gibt, dass diese Welt gestaltbar ist. Dieses Gestalten, das ist etwas, das bei uns in der Schule zunehmend verloren gegangen ist, was dann bei den jungen Menschen letztlich zu dieser Abbruchquote führt. Es wird heute nicht mehr vermittelt, dass es um das Ziel, den Abschluss geht, sondern es geht nur noch um den Weg dahin, um das allgemeine Dahinentwickeln. Hier können wir, glaube ich, deutlich besser agieren.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb, sehr geehrter Herr Minister Olbertz, möchte ich an dieser Stelle noch einmal nachhaltig dafür werben, dass die Zielvereinbarung - wir haben ja jetzt die Zielvereinbarungen wieder auf der Agenda - mit der Universität Halle, die im Jahr 2005 keine Ausbildung mehr für

den Bereich Wirtschaft und Technik vorsah, dahin gehend geändert wird, dass - -

(Herr Lange, DIE LINKE: Da waren Sie doch mit dabei! Das haben Sie doch mit beschlossen! - Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Nein, das ist in Magdeburg!)

- Für die Universität Halle gibt es in der Zielvereinbarung keine Verpflichtung zur Ausbildung von Fachlehrern für den Bereich Wirtschaft und Technik.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Aber künftig in der Fachhochschule Magdeburg!)

Deshalb ist es dringend notwendig, hier wieder einen Ausgleich zu schaffen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Hier muss über die Zusammenarbeit wieder einiges erreicht werden, damit in unseren Schulen diese Fächer wieder einen Platz finden. In diesem Zusammenhang müssen auch die Stellen der Fachberater im Wisa aufgefüllt werden, damit dort wieder ein Feedback erfolgen kann; denn die Zahlen, die sich mittlerweile von ehemals 3 %, die an den Fächern Wirtschaft und Technik teilgenommen haben, auf 0,6 % entwickelt haben, lassen uns einfach aufschrecken.

Deshalb sollte man bei aller Diskussion über Etatansätze und Ähnliches nicht die kleinen Dingen des Lebens vergessen. Man sollte, wie gesagt, wieder lebensbezogener agieren; denn die Realschule hat etwas mit Realität zu tun und nicht mit Visionen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP - Herr Lange, DIE LINKE: Mit Realien, nicht mit Realität!)

Herr Kley, möchten Sie eine Frage von Herrn Bönisch beantworten?

Von Herrn Bönisch?

(Herr Lange, DIE LINKE: Das ist aber mutig!)

Bitte schön.

Herr Kley, ich habe Ihr Plädoyer für die zusätzliche Einführung des Technikunterrichts gehört. Dazu eine Nachfrage von mir: Was würden Sie denn dann streichen wollen, oder wollen Sie es anbauen? Das wäre für mich interessant.

Es gibt eine ganze Reihe von Fächern, über deren Sinnhaftigkeit man streiten kann.

(Zuruf von der SPD: Welche?)

- Medienkunde zum Beispiel und Ähnliches.

(Unruhe bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich glaube, es sollte durchaus etwas mehr Realität in den Unterrichtsalltag einziehen.

(Herr Miesterfeldt, SPD: Ab ins Mittelalter mit der FDP!)

Vielen Dank, Herr Kley. - Gibt es noch eine Frage? Möchten Sie diese Frage beantworten, Herr Kley? Herr Lange möchte Sie etwas fragen. - Herr Lange, bitte.

Herr Kley, ich kann Ihr flammendes Plädoyer für den Technikunterricht und auch für die Ausbildung der Techniklehrer sehr gut nachvollziehen und ich unterstütze das natürlich auch. Aber wenn ich mich recht erinnere, haben auch wir uns damals mit Ihrer Fraktion und unter Ihrer Regierungsbeteiligung sehr stark damit auseinandergesetzt, dass Sie damals in den Zielvereinbarungen eben nicht vereinbart haben, dass dieser Technikunterricht weiter ausgebaut wird. Sie waren also bei der letzten Hochschulstrukturplanung selbst daran beteiligt, dass die Wirtschaft-Technik-Ausbildung an der MartinLuther-Universität reduziert bzw. abgeschafft wurde.

Können Sie dazu bitte noch etwas ausführen? Ist das jetzt ein Sinneswandel und Sie sagen nun, da müssen wir jetzt wieder ran? Oder liegt das einfach daran, dass Sie jetzt in der Opposition sind?

Sehr geehrter Herr Lange, die Sünden der Vergangenheit holen einen manchmal ein. Ich gestehe sie hiermit ein.

(Heiterkeit)

Frau Dr. Hüskens, bitte.

Herr Präsident, da auch 15 Minuten nach meiner Einlassung nicht so sehr viele Minister anwesend sind, obgleich inzwischen, glaube ich, ein weiterer aufgetaucht ist, würde ich darum bitten, dass die Minister, die für heute keine Entschuldigung haben, ins Plenum zitiert werden.

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN)

Es ergeht also der Appell an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der entsprechenden Minister und Ministerinnen zu veranlassen, dass diese herkommen.

(Herr Wolpert, FDP: Das ist kein Appell, sondern ein abstimmungswürdiger Vorgang!)

Ich beantrage jetzt ganz offiziell, dass wir gemäß § 69 Abs. 1 der Geschäftsordnung darüber abstimmen, ob die Minister, die keine Entschuldigung für heute haben, jetzt vom Parlament in den Plenarsaal zitiert werden.

Gut, das können wir tun. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Wer stimmt dagegen? - Ganz wenige. Dann ist das so beschlossen und die Ministerinnen und Minister werden gebeten, jetzt hierher zu kommen. Wünscht der Landtag, dass wir die Sitzung solange unterbrechen?

(Beifall bei der FDP - Unruhe)