Protocol of the Session on October 10, 2008

Bund und Ländern und zu dieser gemeinsamen Verantwortung im Rahmen eines aufgeklärten und modernen Föderalismus nicht durchgängig unverständlich waren, wenn ich es einmal so ausdrücken darf.

Wenn man sich klar macht, dass der moderne Föderalismus die Aufgabe hat, Maßstäbe zu vereinheitlichen, dann kann er durchaus Wege vervielfältigen und sich in eine kompetitive Situation hinein entwickeln. Aber wir müssen einfach sagen, dass wir davon noch ein Stück weit entfernt sind. Ich kann dem einfach nicht widersprechen. Es ist so und darüber mache ich mir auch selbst einige Sorgen.

Das BMBF und die KMK haben daraufhin einen Lenkungsausschuss mit dem Auftrag eingesetzt, unter Einbeziehung der betroffenen Fachressorts die Qualifizierungsinitiative vorzubereiten und ein Arbeitsergebnis vorzulegen, und zwar so rechtzeitig, dass die Beschlussfassung zur Bildungsinitiative durch die Regierungschefs von Bund und Ländern noch im Herbst 2008 erfolgen kann. Das soll ja nun auch passieren.

Hierzu möchte ich eine zweite Zwischenbemerkung machen. Das Bildungspapier des CDU-Präsidiums, das ich sehr genau kenne, weil ich daran in einer Arbeitsgruppe mitgearbeitet habe, ist wirklich etwas anderes als ein Bildungskonvent. Das ist ein Parteipapier. Ich finde es nicht in Ordnung - es sei denn, meine Kritik von gestern wäre umso gerechtfertigter -,

(Frau Feußner, CDU: Genau!)

ein Parteipräsidium mit dem Bildungskonvent gleichzustellen. Wenn das der Fall wäre, dann würde ich mich noch zusätzlich bestärkt fühlen; denn auf jedem Parteitag jeder Partei werden Forderungen aufgemacht, über deren Konsequenzen anschließend programmatisch diskutiert wird.

(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

Nur, hier sitzen wir teilweise als Regierungsmitglieder in einem Bildungskonvent in einer so großen Nähe zum Geschehen der eigenen Regierung und darum bleibe ich bei meiner kritischen Reflexion von gestern.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Frau Bull, es sei denn, Sie sagen, ein Parteipräsidium sei weitgehend identisch mit einem Bildungskonvent.

(Frau Bull, DIE LINKE: Nein, das haben wir nicht gesagt! - Weitere Zurufe von der LINKEN)

- Entschuldigung, wer hat denn die Parallele aufgemacht? Das war ich doch gar nicht.

(Zuruf von der LINKEN: Das waren Sie!)

- Nein, das war nun wirklich Herr Höhn.

(Zurufe von der LINKEN)

- Es sei denn, ich hätte mich völlig - - Dann muss ich mich völlig verhört haben. Er hat das ja auch geschickt und heiter gemacht und mir imponiert das ja auch. Aber gemacht hat er es trotzdem.

(Zurufe von der LINKEN - Minister Herr Buller- jahn: Die Kanzlerin macht das jetzt in einem sehr starken Maße! Also, Vorsicht! - Herr Gürth, CDU: Sie hat Recht!)

- Also, die Kanzlerin. Gestern war die Kanzlerin in einem tollen Projekt, zu dem ich sowieso reden wollte, nämlich

zum Stichwort Weiterbildung. Einmal ehrlich, ich finde das eigentlich - -

(Unruhe - Zuruf von Frau Weiß, CDU)

- Führen Sie das ruhig erst zu Ende!

(Heiterkeit)

Ich wollte das eigentlich gegen Ende noch einmal erwähnen: Was ist eigentlich dagegen einzuwenden, dass die Kanzlerin als oberste Repräsentantin des Bundes, der Bundesregierung eine Initiative in einem Land besucht, die sich expressis verbis mit dem Fachkräftebedarf beschäftigt, und zwar im Hinblick auf die Erwerber ausländischer Hochschulabschlüsse, die hier Adaptionsprobleme haben, die weiter- und fortgebildet werden in der Sprache, manchmal auch in CAD/CAMVerfahren, also etwa Hochtechnologien im Maschinenbau usw., um anschließend ihre Arbeitsmarktchancen zu erhöhen? Und was ist eigentlich dagegen zu sagen, wenn dies zu beträchtlichen Anteilen über Aqua und eine Stiftung auch mit Bundesmitteln erfolgt?

Wenn die Bundeskanzlerin sich dort sehen lässt, empfinde ich das nicht als den geringsten Eingriff in meine föderale Autonomie im Bildungsbereich. Das muss ich einfach einmal sagen. Das ist nämlich gestern ausgesprochen spannend gewesen und wir sind als Land gut weggekommen mit den Initiativen, die beachtlich sind. Wenn der Bund diese anerkennt und fördert, weiß ich nicht, was ich dagegen vortragen sollte.

Ganz anders wären theoretische Debatten darüber, ob man zum Beispiel die BLK hätte auflösen sollen oder nicht. Dazu sage ich ganz ehrlich, dem Ergebnis stehe ich wahrscheinlich genauso kritisch gegenüber wie Sie, weil man nämlich durchaus in Betracht ziehen kann, dass auch im allgemeinbildenden Bildungsbereich gemeinsame Programme aufgelegt werden können und sollten, wenn sich die Länder und der Bund in vernünftiger und fairer Weise verständigen.

Dass dies nur noch in Grenzen möglich ist, kritisiere ich ganz genau so. Ich habe auch gar keine Scheu, das zu sagen. Das ist überhaupt kein Nein zum Föderalismus. Im Gegenteil: Das ist ein Plädoyer für die Idee von Föderalismus, die mir im Kopf schwebt, für einen Föderalismus, der intelligent und kooperativ und noch imstande ist, Gemeinschaftsaufgaben und gesamtstaatliche Verantwortung zu formulieren. Das ist für mich intelligenter Föderalismus.

(Zustimmung bei der CDU - Beifall bei der LIN- KEN)

Ich nehme mir einmal heraus, das so zu sagen.

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz hat am 3. September 2008 dem Konzeptentwurf zur „Qualifizierungsinitiative in Deutschland - Aufstieg durch Bildung“ an den Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, Herrn Koch, gesandt. Ein gemeinsamer Bildungsgipfel - Sie wissen das alle - ist dann am 22. Oktober geplant.

Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE ist vor diesem Hintergrund zunächst eine allgemeine Einschätzung des zu erwartenden Fachkräftebedarfs in Sachsen-Anhalt und auf ausgewählte Beiträge des Landes zu den in der Qualifizierungsoffensive der Bundesregierung genannten Schwerpunkte gerichtet. Ich kann auch nicht verhehlen, dass die Fragestellungen mit beträchtlicher Sachkunde vorgetragen wor

den sind, und ich teile in weiten Bereichen auch das Problembewusstsein, das dahinter steht - aber nicht in allen.

Zunächst einmal teile ich die Sorge um die Schulabschlüsse, um das Ringen um höhere Abschlüsse insgesamt, um die Quote der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss oder mit niedrigem Abschluss. Viele Initiativen und Programme der Landesregierung zielen ganz genau auf diese teilweise prekären Zielgruppen. Wir sind auch nicht durchgehend erfolglos, Herr Höhn. Das zu sagen wäre auch unfair.

(Herr Höhn, DIE LINKE: Habe ich nicht gesagt!)

- Nein, haben Sie nicht gesagt. Ich wollte das nur mal sagen. - Ich gebe zu, dass sich der Erfolg zu langsam einstellt. Aber ich würde widersprechen, wenn unter der Hand gesagt werden würde, alles sei für die Katz gewesen. Das stimmt nämlich nicht.

Dann muss man eines sagen: Es gibt auch junge Leute, und zwar gebildete junge Leute, die nicht studieren wollen. Ich finde das legitim. Das muss man auch mal sagen. Denn irgendwie lastet auf denen und auf ihrer pädagogischen Umgebung, Familie und Schule, immer der Vorwurf: Jeder, der das Abitur nicht erwirbt und nicht studiert, ist ein Beispiel für das Versagen der Landesregierung.

Dass die jungen Leute teilweise nicht studieren, hängt auch damit zusammen, dass eine Konkurrenzsituation in der Nachfrageebene eingetreten ist. Es ist nämlich aufgrund der allgemeinen Fachkräftenachfrage, die sich keineswegs nur auf akademische Abschlüsse bezieht, ein enormer Druck in den anderen, nichtakademischen Bereichen entstanden, hochqualifiziertes, praxiserfahrenes, technisch versiertes, engagiertes, sprachfähiges, medienkundiges Personal unterhalb der akademischen Schwelle zu finden. Da ist die Nachfrage nämlich genauso hoch.

Deswegen ist es keine sinnvolle Formel zu sagen: Je mehr Leute studieren, desto besser ist es. - Wir haben einen riesigen Mangel auch in vielen handwerklichen Berufen, im kaufmännischen Bereich oder in Verwaltung und Organisation und in vielen anderen Bereichen. Deswegen finde ich diese Kontrastierung nicht sehr glücklich, dass wir dann zufrieden sein können, wenn wir am Ende eine Abiturquote von 100 % haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Alle studieren, aber am Ende werden sie mit einer Ausbildung bedacht, die gar nicht adäquat ist; sie werden ihre Arbeit weit unter dem, wofür sie ausgebildet worden sind, suchen und finden müssen. Umgekehrt heißt das übrigens, dass sie für die Dinge, die ihnen dann abverlangt werden, gerade nicht gut ausgebildet sind. Also, ich wäre da ein bisschen vorsichtiger.

(Zustimmung von Herrn Gürth, CDU, und von Herrn Miesterfeldt, SPD)

Entstanden ist bei der Beantwortung insgesamt natürlich eine kompendienhafte Antwort, die so umfassend ist wie die gestellten Fragen. Sie ist, glaube ich, als Antwort - wir haben uns dabei ehrliche Mühe gegeben - zum Nachlesen und Informieren gut, aber es ist für mich unheimlich schwierig, jetzt einzelne Aspekte in der Parlamentsdebatte, im Plenum herauszuholen. Deswegen hoffe ich und rate auch dazu, sich einzelne Aspekte aus dieser Anfrage in den zuständigen Ausschüssen vorzu

nehmen. Denn - da bitte ich um Verständnis - ich weiß gar nicht, wo genau ich anfangen soll und wo ich aufhören soll. Das ist fast ein Zufallsspiel.

Auf jeden Fall haben die beteiligten Ministerien, MS, MWA und mein Haus, versucht, diese Fragen, soweit es ging, mit großer Sorgfalt zu beantworten. Es sind Fragen, die etwa den Altersdurchschnitt im Fachkräftebereich betreffen - diesen empfinde ich selbst als beunruhigend; er spiegelt natürlich auch ein Stück weit die demografische Situation wider -, die Hochschulabsolventenzahlen, die Strategien der Landesregierung, um die aufgezeigten Probleme in den Griff zu bekommen, auch zum Beispiel das produktive Lernen oder Praxisklassen, was ausgesprochen erfolgreich ist und was wir deswegen intensiv ausbauen, das Thema Schulsozialarbeit, Hochschulzugang im dritten Bildungsweg, Weiterbildung und duale Studienangebote und auch den Hochschulzugang mit nichtakademischer Ausbildung und schließlich das KAT, also die Kompetenznetzwerke der Fachhochschulen für anwendungsorientierte Forschung und Transfer.

Es geht in der Anfrage bzw. in der Antwort darauf auch um unsere Vorhaben - Herr Kurze weiß, wovon ich spreche -, was die Sprachstandsfeststellung bei Kindern betrifft, die künftig flächendeckend eingeführt werden soll. Da gibt es einen Gesetzentwurf zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und zur Förderung der frühkindlichen Bildung. Ich glaube, dass wir da eine Menge ausrichten können, wenn wir das zügig in Angriff nehmen. Vieles mehr wird nötig sein, um die bisher erreichten Ergebnisse angesichts einer - das sollten wir uns alle eingestehen - auch qualitativ ungünstigen demografischen Entwicklung wenigstens zu halten und positive Trends fortzuschreiben.

Wir werden dabei keinen 100-prozentigen Erfolg garantieren können. Mich interessiert die Erfolgs- oder Misserfolgsstatistik unserer Schulen übrigens inzwischen auch schulkonkret. Wenn ich mir nämlich anschaue, dass wir nach wie vor eine hohe Quote von Abgängern ohne Schulabschluss haben, dann vermute ich gleichwohl, dass die Streuung dieser Quote über die Einzelschulen höchst breit angelegt ist. Wir wollen im Kontext der Qualitätsagentur, die genau solche Befunde unmittelbar in Handeln übersetzen will, versuchen, bis zur Einzelschule Probleme zu identifizieren, um dann gezielt und schulbezogen - nicht einmal schulformbezogen, sondern einzelschulbezogen - zu analysieren, wo die Hintergründe liegen, damit Probleme aufzuzeigen und zu helfen oder um zu intervenieren, wenn das nötig ist.

Fest steht jedenfalls, dass wir alle Register ziehen müssen, wenn wir jedem jungen Menschen Chancen für einen höchst- und bestmöglichen Bildungsabschluss eröffnen wollen, den Fachkräftebedarf der Zukunft in allen Branchen und Bereichen decken wollen und außerdem auch mehr Bildungsgerechtigkeit erreichen wollen. Aber wie auch immer, die, wie ich finde, insgesamt gewissenhaft erarbeitete Antwort der Regierung kann in einer solchen Debatte nur in wenigen Punkten angerissen werden.

Was die Qualifizierungsinitiative selbst betrifft, so werden wir den Bildungsgipfel in knapp zwei Wochen abwarten müssen. Es sind, glaube ich, genügend interessante Anregungen zum gegenwärtigen Stand platziert worden, übrigens auch von der Kultusministerkonferenz, also nicht nur über die Parteien. Ich kann also letztlich

mit Blick auch auf die Finanzpolitik nur sagen, dass die meisten der zu erwartenden Anregungen im Land auf bereits begonnene Initiativen und Programme treffen. Wenn das Ganze dazu führt, dass im Bund wie in den Ländern eine Prioritätenverschiebung zugunsten von Bildung stattfindet - das meine ich durchaus auch finanzpolitisch -, warum sollte ich mich dann nicht darüber freuen? - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU - Frau Bull, DIE LIN- KE: Wir freuen uns auch!)

Danke, Herr Minister. Möchten Sie noch eine Frage beantworten? Frau Dr. Hüskens hat eine Frage an Sie.

Von Frau Hüskens sowieso.