Ich möchte an dieser Stelle einen Appell an alle Fraktionen richten, das Land nicht ständig zu skandalisieren. Mit Schlechtreden lösen wir keine Probleme,
weder politisch noch im Sinne der Menschen, für die wir schließlich Politik machen und für die wir Verantwortung tragen.
Als ich mir die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage unseres Koalitionspartners SPD angesehen habe, konnte ich nicht viel Neues finden. Der Minister hat ausführlich dazu Stellung genommen. Ich möchte das nicht alles noch einmal aufgreifen. Daher kann ich auch Ihre Kritik kaum nachvollziehen, mit der Sie die Entwicklung bei der Leiharbeit, auf dem Niedriglohnsektor oder bei den Minijobs bedenken.
Sachsen-Anhalt befindet sich im Kontext der Entwicklung in anderen Bundesländern. Bei dieser Entwicklung ist zumindest feststellbar, dass es in den zurückliegenden zwei Jahren einen soliden Aufschwung gegeben hat, der zu mehr Beschäftigung geführt hat und der auch - das wollen wir nicht vergessen - zu einem Mehr an Leiharbeit, Teilzeitarbeit und Minijobs geführt hat.
Es wundert mich aber, dass Sie den Anstieg in diesen Beschäftigungsbereichen so umdeuten, dass er ausschließlich darauf zurückzuführen sei, dass feste sozial
Dies mag in einigen Fällen so sein. Wir haben im Landtag diesbezüglich bereits eine Debatte geführt, bei der die CDU-Landtagsfraktion die Bedeutung der Leih- und Zeitarbeit für die Unternehmen unterstrichen hat. Grundsätzlich aber hat der Anstieg, den Sie in anderen Bundesländern analog beobachten können, in erster Linie damit zu tun, dass die Unternehmen Auftragsspitzen abfangen mussten. Frau Hampel hat darauf schon hingewiesen.
das viele Unternehmen in Unkenntnis ihrer künftigen Auftragslage mit diesem flexiblen Beschäftigungsinstrument abpuffern. All dies gehört bei einem Klassenkampf, den wir in der Öffentlichkeit um Entlohnung und Mindestlöhne führen, ebenfalls zur Wahrheit. Wir sollten uns davor hüten, derartige Beschäftigungsformen zu verdammen, da sie für die Betroffenen inzwischen zu einer wichtigen Chance für den Wechsel in den ersten Arbeitsmarkt geworden sind.
Bei erfolgreicher Vermittlung in zeitlich befristete Tätigkeiten erhöhen sich die Chancen auf eine Festanstellung. Das gilt für Geringqualifizierte, aber auch für Langzeitarbeitslose sowie für Spezialisten. Ich teile Ihre Auffassung nicht, dass der Anstieg der Leiharbeit zwangsläufig für Verdrängung auf dem ersten Arbeitsmarkt sorgt; denn 60 % der in Leiharbeit Beschäftigten waren vorher arbeitslos. 30 % von ihnen sind unter 30 Jahre alt und fangen erst eine Berufsausbildung an. Auch für diese ist die Zeitarbeit bzw. die Leiharbeit eine Chance für den Einstieg in einen Beruf.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie nutzen dieses Thema, um zu einem arbeitsmarktpolitischen Rundumschlag auszuholen.
Ich spreche jetzt über diejenigen, die die Große Anfrage gestellt haben. Das entbindet aber auch DIE LINKE nicht davon, sich den Schuh vielleicht doch anzuziehen.
(Herr Miesterfeldt, SPD: Ist es nicht so, dass die Antworten das Problem sind und nicht die Fra- gen?)
- Nein. Diese Große Anfrage enthält alle Themen, die wir hier im Plenum schon abgearbeitet haben, Leiharbeit, Zeitarbeit usw.
In der Forderung nach gesetzlichen Mindestlöhnen gipfelt nun diese Anfrage. Sie kennen unsere Meinung dazu; Sie kennen die Meinung der CDU-Fraktion. Vorgestern wurde der Armutsbericht des DIW vorgestellt, der erstmals eine deutlich rückläufige Verarmung in Deutschland feststellt. Herr Franke hat darauf hingewiesen; deswegen brauche ich das nicht zu wiederholen.
Für das Jahr 2007 wird ebenfalls ein deutlicher Rückgang prognostiziert. Die Wissenschaftler nennen als Hauptursache für den Rückgang der Verarmung in Deutschland die Zunahme von Beschäftigung. Das sozialste Programm ist also jenes, das für Arbeit sorgt.
Das Mittel der Wahl kann auch aus diesem Grund schon kein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn sein. Das ist für die CDU im Übrigen eine Grundsatzfrage. Würden all die Theorien der Gewerkschaften und der LINKEN stimmen, müssten wir eine deutliche Zunahme der Armut zu beklagen haben. Das Gegenteil ist jedoch offensichtlich der Fall.
Dies ist auch ein Erfolg der Agenda 2010 - darauf ist schon verwiesen worden -, die die SPD-geführte Bundesregierung eingeleitet hat. Es war das Ziel dieser Agenda, Leute im Niedriglohnsektor zusätzlich zu beschäftigen. Dies ist offensichtlich gelungen, und zwar nicht zulasten, sondern zum Nutzen der Menschen.
Was die geringen Löhne angeht - bleiben wir einmal bei den Friseuren; wir haben das vorhin schon gesagt -, so kann ich dem Minister nicht ganz zustimmen, wenn er sagt, wir brauchten höhere Löhne. Kalkulieren Sie das einmal. Bis jetzt zahlt man, wenn man zum Friseur geht - die Damen wissen das - zwischen 60 und 90 €, manchmal sogar mehr.
Gehen wir einmal - in Anbetracht des geforderten gesetzlichen Mindestlohnes - von einer Erhöhung der Löhne um 4 € aus, dann schlagen die Unternehmen nicht einfach 4 € auf die 60 oder 90 € auf, sondern sie müssen das kalkulieren. Jeder, der schon einmal in einem Betrieb gearbeitet hat und kalkuliert hat, weiß ganz genau, dass dabei Urlaub, Krankheit, Weiterbildung usw. berücksichtigt werden müssen.
Es bleibt also nicht bei 4 €, sondern der Friseurbesuch kostet dann mindestens 16 € mehr, wenn das denn überhaupt reicht. Die Kosten für den Friseurbesuch verdoppeln sich zwar nicht, erhöhen sich aber erheblich. Deswegen sollten wir es in Sachsen-Anhalt den Gewerkschaften und den Arbeitgebern überlassen, die Löhne für diesen Bereich festzulegen.
Ich sehe, das Ende meiner Redezeit ist gekommen. Abschließend möchte ich alle aufrufen, zu mehr Sensibilität im Bereich des Arbeitsmarktes beizutragen. Helfen Sie uns, am Arbeitsmarkt neue kreative Bereiche wie die Bürgerarbeit zu etablieren.
Deutschland steht im nächsten Jahr vor einer schwierigen Situation, da sich die konjunkturelle Entwicklung, glaubt man den Wissenschaftlern, zum Jahresende voll auf die heimische Wirtschaft auswirken wird. Wenn wir den Arbeitsmarkt in dieser Situation mit phantasievollen Forderungen überborden, dann verlieren wir die neu geschaffenen Arbeitsplätze schneller, als wir sie dazugewonnen haben. Dies kann nicht im Sinne der Menschen sein und ist auch nicht CDU-Politik. - Ich danke Ihnen.
Frau Take, herzlichen Dank. Es gibt zwei Nachfragen. Die erste kommt von Frau Rogée. Anschließend möchte Herr Kosmehl eine Frage stellen. Wollen Sie sie beantworten?
Frau Take, ich finde es nicht gut, wenn wir uns bei Themen wie dem, das Gegenstand der Großen Anfrage ist, die mehr als 40 Fragen umfasst und ein Riesenumfeld betrifft, gegenseitig vorwerfen, wir holten zum großen Rundumschlag aus. Das ist überhaupt nicht unsere Absicht.
Wir sind beide Mitglied des Wirtschaftsausschusses. Ich finde schon, dass wir uns das aufgrund unserer großen Verantwortung regelmäßig ansehen sollten und Schlussfolgerungen daraus ziehen müssen. Es geht nicht darum, den Feind im Hause zu suchen, sondern es geht darum, nach den Ursachen zu suchen. Ich denke, dafür sollten wir uns die entsprechende Zeit nehmen.
Das will ich auch. - Das will ich jetzt nicht wiederholen. Meine Frage. Sie haben gesagt, das habe keine Auswirkungen auf die Unternehmen, die Leiharbeitnehmer beschäftigen. Ich würde doch gern wissen, wie Sie es bewerten, dass es Unternehmen gibt - auch das habe ich schon gesagt -, bei denen die Belegschaft zu 60 % aus Leiharbeitern besteht und bei denen dies nicht nur ein Mittel zum Abfangen von Spitzen ist.
bei denen angeblich 60 % der Belegschaft Leiharbeiter sind. Das Unternehmen würde ich gern einmal sehen.
Ich habe neulich Kritik an einem Unternehmen in Leipzig, nämlich BMW; geübt, die sich ausgesprochen viele Leiharbeiter geleistet haben. Ich muss allerdings heute konstatieren, dass dieses Unternehmen die Leiharbeit sukzessive abbaut und diejenigen fest einstellt, die sie in Leiharbeit beschäftigt hatten.
Bevor die Entscheidung des Unternehmens fiel, in Leipzig den neuen 1er zu bauen - das ist wohl derzeit in Vorbereitung - und die Produktion des 3ers auszuweiten, hat man erst einmal den Standort Leipzig sichern müssen. Ich finde es ganz, ganz wichtig, einen Standort, den wir hier in Mitteldeutschland haben, zu halten, zu festigen und zu sichern. Das Unternehmen wird einen Teufel tun und irgendwelche Experimente machen; denn daran hängen viel zu viele andere Arbeitsplätze - auch in den alten Bundesländern.
Wenn sie merken, der Absatz der Fahrzeuge boomt, der Absatz der Fahrzeuge rentiert sich, dann werden sie die Arbeitsplätze in Vollzeitbeschäftigungen umwandeln.
Das wird allerdings immer nur sukzessive erfolgen und immer nur im Bereich dessen, was sich ein Unternehmen wirklich leisten kann.
Wir haben nichts davon, wenn wir beispielsweise ein Unternehmen subventionieren wie Nokia, welches die Zeit einhält, die es zum Erhalt von Subventionen anwesend sein muss, und dann die Werkstore schließt und nach Rumänien oder sonst wohin verschwindet. Das kann nicht die erste Wahl für uns sein.
Viel wichtiger ist es doch, über solche Mittel wie die Leiharbeit erst einmal zu probieren, wie sicher ist dieser Standort, können wir diesen Standort halten, und dann nachher sukzessive die Vollbeschäftigung auszuweiten.
Diese Große Anfrage war sehr aufschlussreich. Ich sage das ganz unvoreingenommen und mit voller Überzeugung. Gleichwohl haben wir uns mit dem Thema Arbeit in diesem Hohen Haus schon vielfältig beschäftigt. Alle diese Themen, die in der Großen Anfrage behandelt werden, sind schon erläutert worden. Wir haben nunmehr ein Kompendium, in dem alles zusammengefasst ist, aber letzten Endes haben wir über all diese Probleme schon gesprochen.