Protocol of the Session on September 11, 2008

Deswegen ist uns der Ansatz der mittelfristigen Finanzplanung zu kurz gegriffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Gleichwohl erkennen wir die engeren Spielräume natürlich an. Wir sind nicht in einer Situation, in der wir die Steuereinnahmen beliebig - - Hat er die Karte gehoben oder nicht?

Herr Gallert, ihn drängt es so.

Er muss es aushalten.

Herr Gürth, halten Sie es aus.

Diesbezüglich ist es ausdrücklich so, dass uns die politische Großwetterlage bei den Steuereinnahmen keine Besserung erwarten lässt. Ich habe eher den Eindruck, wenn die Kollegen Sozialdemokraten so weitermachen, dann haben wir im Jahr 2009 eine schwarz-gelbe Mehrheit. Dann haben wir eine Situation, in der die Ausgangslage deutlich schlechter wird.

(Frau Weiß, CDU: Na, na, na!)

Wir sind Optimisten; wir hoffen das ausdrücklich nicht, aber wir glauben, auch damit muss man kalkulieren.

Ich will zu den einzelnen Dingen etwas sagen. Erstens zu den Finanzzuweisungen an die Kommunen. In diesem Bereich sehen wir durchaus, dass in dieser mittelfristigen Finanzplanung eine Position, die wir vor einem Jahr auf unserem Parteitag beschlossen haben, hierbei letztlich weitgehend Einfluss genommen hat oder dass

sich die Landesregierung - das würde sie natürlich immer bestreiten - in ähnlicher Weise positioniert hat.

Unsere Position lautet wie folgt: Wir kennen die komplizierte finanzielle Situation des Landes; wir kennen die komplizierte finanzielle Situation der Kommunen. Wir wissen, das, was sie eigentlich von uns kriegen müssten, hat das Land nicht. Beschlusslage von uns ist deswegen, die Zuweisungen an die Kommunen im Bereich des FAG auf der Höhe einzufrieren, die wir im Jahr 2009 mit dem Haushalt erreicht haben.

Guckt man sich jetzt die mittelfristige Finanzplanung bis zum Jahr 2012 an, ist dies aufgrund der Neuauflage des kommunalen Entschuldungsfonds faktisch erreicht. Das heißt, die Kommunen bekommen nach dieser mittelfristigen Finanzplanung - wenn sie denn so umgesetzt wird - nach 2009 in etwa dieselbe Summe, die sie im Jahr 2009 bekommen. Dazu sagen wir ausdrücklich: Das ist ein vernünftiger Weg.

Dann steht zweitens etwas darin, das wir auch für eine vernünftige Richtungsweisung halten. Es steht darin: Wir müssen dann einmal gucken, ob wir auf diese 18 % Verbundquote in der Überweisung an die Kommunen unter der Vorraussetzung kommen, dass die Kommunen eine Entwicklung der eigenen Steuereinnahmen wie im Westen bekommen. Auch das ist eine völlig vernünftige Herangehensweise an dieser Stelle.

Ich sage nur einmal etwas zu den Dimensionen, die das betrifft. Das heißt, dass die Kommunen in SachsenAnhalt in diesem Zeitraum ihre eigenen Steuereinnahmen verdoppeln müssten. Sie liegen jetzt bei 51,4 % der durchschnittlichen Einnahmen in den westdeutschen Bundesländern. Wenn sie diese jetzt verdoppeln - dabei geht es übrigens um 1 Milliarde € -, dann wäre man durchaus in der Lage, die Steuerverbundquote auf 18 % abzusenken.

Das passiert bis Ende der Legislaturperiode auch in der mittelfristigen Finanzplanung ausdrücklich nicht. Da wird über Stufen im Wesentlichen das Niveau von 2009 gehalten. Dazu muss man ausdrücklich sagen: Das ist aus unserer Sicht ein vernünftiger Ansatz.

Dazu wird es dann noch eine andere Diskussion geben, nämlich dass die Kommunen sagen - damit haben sie völlig Recht -: Aber das Geld für diesen kommunalen Entschuldungsfonds habt ihr vorher aus dem FAG herausgenommen. - Völlig richtig. Aber auch an dieser Stelle müssen wir uns einmal mit folgender Situation auseinandersetzen:

Im Jahr 2007 sind zum Beispiel die Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen - die Steuern insgesamt - deutlich gestiegen. Aber - jetzt wird es paradox - 2007 hat die Mehrzahl der Kommunen weniger Steuern eingenommen als im Jahr 2006, und das obwohl in der Summe im Jahr 2007 deutlich mehr eingenommen worden ist. Das heißt, die Disparitäten zwischen den Kommunen werden permanent größer: einige, die richtig nach vorne gehen, und eine große Masse von Kommunen, die mit einem negativen Saldo richtig zu kämpfen haben.

Deshalb ist die Idee des Entschuldungsfonds durchaus zu unterstützen. Wir wissen, er hat Probleme. Das wird nachher der Innenminister zu erledigen haben. Wir kennen ja so etwas; es gibt so etwas ja schon. Das ist der Ausgleichsstock. Deshalb wissen wir auch: Die Kriterien, nach denen das Geld verteilt wird, sind nicht immer transparent, und wenn wir die Kriterien erfahren haben,

waren sie nicht immer akzeptabel. Man wird einen Haufen Auseinandersetzungen mit den Kommunen haben. Aber die Idee an sich ist ausdrücklich diskussionswürdig und sie müsste weitergeführt werden.

Zweitens. Schülerbeförderung. Das alte Problem Schülerbeförderung in der Sekundarstufe II, in der gymnasialen Oberstufe bzw. Berufsbildung. Jetzt haben wir tatsächlich die Situation, dass in dieser mittelfristigen Finanzplanung nun steht: 10 Millionen €. Es steht einmal darin als geplantes Vorhaben und es steht einmal darin als offene Diskussion. Man sollte sich in dieser Debatte einmal darauf orientieren, was jetzt ausdiskutiert wird. Ich hoffe, „geplantes Vorhaben“ ist richtig und nicht „offener Diskussionspunkt“, sodass die Dinge wirklich kommen.

Wir sagen auch: Richtig, aber zu spät. Das hätten wir alles haben können. Das hätten wir spätestens schon für das Jahr 2009 einplanen müssen. Nach den Vorstellungen der Landesregierung kommt es jetzt im Jahr 2010. Es geht uns wieder ein Jahrgang verloren. Das ist eigentlich nicht zu akzeptieren, aber in der Perspektive möglicherweise doch eine Öffnung.

Ich will an dieser Stelle aber auch einmal etwas zu den 10 Millionen € sagen. Kollege Daehre hat mir einmal erklärt, wie man darauf gekommen ist; zwischenzeitlich war man ja bei 14 Millionen €.

Das ist übrigens pro Jahrgang das 2,5-Fache von dem, was wir als Land für die Jahrgänge 1 bis 10 bezuschussen. Das heißt, wir haben für diese Ausgaben eine relativ hohe Summe angesetzt. Wenn es denn vielleicht einmal eine Möglichkeit gibt, mit einem Teil dieser Summe früher zu starten, sollte man darüber noch einmal nachdenken; denn, wie gesagt, für die Jahrgänge 1 bis 10 geben wir pro Jahrgang 2 Millionen € aus. Hier geben wir pro Jahrgang 5 Millionen € aus. Insofern ist die Situation etwas schwierig.

Ein Nächstes. Es gibt tatsächlich dieses interessante Kapitel in der mittelfristigen Finanzplanung, in dem etwas über Bildung vor allen Dingen im Kindertagesstättenbereich gesagt wird und Forderungen in diesem Kontext erhoben werden. Das ist eine interessante Darstellung. Wir sagen ausdrücklich: Ganztagsbetreuung im Bereich der Kindertagesstätten ist nach dem, was wir darin lesen, finanzierbar. Wir sind ausdrücklich der Auffassung, dass diese Mittel auch innerhalb des Finanzvolumens, das hierin prognostiziert wird, bereitgestellt werden können.

Wir haben in dieser mittelfristigen Finanzplanung die typische Gegenüberstellung: Das, was die Ganztagsbetreuung in der Kindertagesstätte für alle Kinder kosten würde, als Investition in die soziale Perspektive dieses Landes, in die Bildung dieses Landes, kostet exakt so viel wie die Mehranmeldung des Bauministers für die Landesstraßen. Das ist exakt dieselbe Summe.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Da gibt es eine klare politische Prioritätenentscheidung: Will man das eine oder will man das andere? - Das ist die Frage, nicht, ob das Geld da ist. Ob man das Projekt will, das ist die Frage.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will zu dieser Tabelle noch eines sagen. Es ist auch beziffert worden, was die völlig richtige Forderung nach Beitragsfreiheit für die Kindertagesstätte kosten würde.

Das kann man aus der inhaltlichen Diskussion hervorragend begründen. Man kann das in diesem Kontext auch jedem nur wünschen.

Aber wir sagen ausdrücklich: Das ist nicht bezahlbar. Das ist unter den gegebenen Voraussetzungen dieses Landeshaushalts, wenn sich die Dinge nicht substanziell ändern, nicht bezahlbar. Ohne Vermögensteuer, ohne Erbschaftsteuer, ohne entsprechende Überarbeitung der Unternehmenssteuern werden wir uns das in diesem Land nicht leisten können.

Deshalb sage ich noch einmal ausdrücklich: Jawohl, die Forderung ist richtig. Aber ohne eine wirkliche Veränderung in unseren Handlungsspielräumen, ohne eine wirkliche Veränderung der Einnahmensituation wird man das in Sachsen-Anhalt nicht umsetzen können. Auch das zeigt uns übrigens diese Tabelle.

Nunmehr komme ich zum Bereich Hochschullandschaft. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die Hochschulbudgets bei uns um etwa 10 % unterfinanziert werden. Dazu kam ja gestern wirklich eine interessante Meldung über den Ticker - heute steht es auch groß in der „Volksstimme“ -: Bei dem Anteil derjenigen, die bei uns ein Studium abschließen, und bei dem Anteil derjenigen, die bei uns promovieren, sind wir auf dem viertletzten bzw. vorletzten Platz. Wenn dann in der mittelfristigen Finanzplanung davon ausgegangen wird, dass wir ein Bildungsland sind, ist das, zumindest was den Istzustand betrifft, nicht richtig. Wir werden es hoffentlich vielleicht in der Zukunft werden; aber zurzeit sind wir es noch nicht.

Interessant an dieser Darstellung ist übrigens auch, wer Letzter, Vorletzter und Vorvorletzter bei dem Anteil derjenigen eines Jahrgangs ist, die einen Hochschulabschluss erwerben. Letzter ist Schleswig-Holstein, Vorletzter ist Brandenburg, Vorvorletzter ist das Saarland.

Ich will nur einmal darauf hinweisen: Schleswig-Holstein und das Saarland sind zwei von vier finanzschwachen Flächenländern im Westen, die uns als Vorbild für unsere Ausgabenstruktur dienen. Dazu sage ich: Ja, sie kommen mit weniger Personal aus, aber sie kommen schlecht mit weniger Personal aus,

(Beifall bei der LINKEN)

und wir wollen nicht so schlecht werden wie die.

Übrigens trifft das auch für denjenigen zu, den ich jetzt nicht aufgezählt habe. Brandenburg ist das Land mit dem aus der Sicht des Finanzministers besten - sprich: geringsten - Landespersonalbestand im Osten Deutschlands. Die wollen jetzt wirklich 18 pro 1 000 anvisieren. Es ist zweifellos so. Sie bezahlen das unter anderem mit der schlechtesten Hochschulabsolventenquote in ihrem Land. Dazu sage ich: Das ist falsch gespart.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von Herrn Scharf, CDU, und von der SPD)

Ich sage aber auch ausdrücklich: Die Vereinbarung, die hier in der mittelfristigen Finanzplanung zu den Hochschulen ansonsten festgehalten wird, ist eine hochinteressante Perspektive, nämlich zu sagen: Liebe Hochschulen, wenn ihr die 51 000 Studenten haltet, dann halten wir den Stellenbestand.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Dazu sage ich ausdrücklich: Das ist insgesamt ein völlig vernünftiges Herangehen. Es hat mehrere Vorteile. Den einen großen Vorteil will ich doch einmal beziffern.

Er heißt nämlich, dass die Hochschulen - vor allen Dingen die Universitäten -, die bisher schwerpunktmäßig immer darauf aus sein mussten, möglichst viele Drittmittelforschungsgelder zu akquirieren, die das zu ihrem Schwerpunkt gemacht haben und eben oftmals nicht so sonderlich intensiv auf die Lehre geguckt haben, jetzt einmal umkehren und gucken müssen: Wo ist der Schwerpunkt der Hochschule? Wo ist der Schwerpunkt der Universität?

Das bedeutet, Lehre in Quantität und Qualität nicht nebenbei zu machen, nicht permanent Zugangsbeschränkungen zu realisieren und das ein bisschen nebenbei laufen zu lassen, nein, sondern die Studienanfänger heranzukriegen, offensiv um die Studienanfänger aus dem Westen zu werben, weil der demografische Knick natürlich für uns bedeutet, dass wir die massenhaft importieren müssen, wenn wir die Studentenzahl halten wollen, und dann eben zu gucken, dass die Lehre auch in der Qualität so sein muss, dass die auch wirklich freiwillig herkommen und nicht sagen: Na, bloß nicht, da passiert ja nichts. - Also halten wir dieses Herangehen sehr wohl für ein sehr vernünftiges Herangehen.

Nun sagen natürlich meine Hochschulpolitiker: Ja, aber: Erstens die alte Unterfinanzierung. Wir werden die Attraktivität der Hochschulen so nicht hinbekommen. Zweitens. Wenn innerhalb eines Zielvereinbarungszeitraumes die Studentenzahl nicht erreicht wird, gleich das Budget zu kürzen, ist für die Universitäten und Hochschulen praktisch unmöglich. Da sage ich: Gut, darüber muss man diskutieren. Aber diese Idee, zu sagen: „Haltet ihr die Studentenzahlen, dann halten wir die Stellenzahlen auch“, ist völlig vernünftig und völlig richtig; insofern verdient das durchaus Unterstützung.

Der zentrale Dissenspunkt unserer Seite zu dieser vorgelegten Planung ist das Personalkonzept. Ich will am Anfang einmal sagen, wo wir in etwa gemeinsame Positionen haben und wo nicht:

Erstens. Es gibt im Land Sachsen-Anhalt in einigen Bereichen Personalüberhänge, die eine Reduzierung des Landespersonals insgesamt zulassen; das heißt also: Personalabbau ist sehr wohl möglich. Einen Dissens gibt es darüber, auf welchem Weg sich diese Überhänge feststellen lassen, und mit einiger Wahrscheinlichkeit auch über das Quantum, wobei ich dazu noch keine abschließende Aussage treffen kann. Ich werde nachher auch noch erklären, warum.

Zweitens. Die Entwicklung der Bevölkerungszahl muss auch Auswirkungen auf den Umfang des Landesdienstes haben, obwohl wir wissen, dass eine sinkende Bevölkerungszahl nicht gleichzeitig immer das Aufgabenvolumen absenkt. Das weiß übrigens auch der Finanzminister. An einer Stelle plant er genau diesen Zusammenhang immer hervorragend ein, und zwar bei den Ministerien. Da sagt er: Natürlich, weniger Personal bedeutet nicht weniger Arbeit für die Ministerien. – Nur ist dieser Zusammenhang nicht nur bei den Ministerien so, er ist natürlich auch in allen anderen Bereichen so. Er ist bei den Schulen so, bei den Polizisten so, er ist in den medizinischen Fakultäten der Hochschulen so usw. usf. Das heißt: Dieser Zusammenhang existiert, aber er existiert eben nicht linear.

Drittens. Bei der Entwicklung des öffentlichen Dienstes müssen wir die finanziellen Grenzen unseres Landes berücksichtigen - auch dann, wenn dies in der Konsequenz zu falschen Entscheidungen führt. Da liegt der Dissens

vielmehr darin, wo man die eigenen Schranken noch enger zieht, als die äußeren Faktoren es ohnehin tun. Das heißt: Natürlich wissen wir, dass an verschiedenen Stellen mehr Personal besser wäre. Aber wir wissen auch, dass wir es nicht bezahlen können. Auch darin liegt wahrscheinlich ein gemeinsamer Ausgangspunkt - allerdings eben nicht im Ergebnis.