- Eine Intervention, eine Zwischenbemerkung. Darauf dürfen Sie aber antworten, Herr Kley, wenn Sie Lust haben.
Ich weiß, dass ich mir um diese Zeit nicht viele Freunde mache, aber ich möchte doch noch einmal klarstellen, dass wir nicht so nebenbei plötzlich das Kostennormwertverfahren als das einzig Richtige und Beste finden. Wir haben vielmehr sehr deutlich gesagt, dass wir mit dem Wissenschaftsrat diesen Ansatz überprüfen werden. Vielleicht stellt sich heraus, dass es das richtige
Verfahren ist. Das wissen wir aber heute noch nicht. - Das möchte ich doch geklärt haben, damit Sie uns nicht etwas unterschieben, was nicht stimmt.
Vielen Dank. - Nun hat noch einmal Minister Olbertz um das Wort gebeten. Ich verzichte jetzt darauf, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass Sie dann alle noch einmal reden dürfen.
Ich vertraue darauf, dass alle ein großes Interesse daran haben, dann noch einmal zu reden. Ich wollte nur eine Sache präzisieren, weil sie sehr wichtig ist.
Der Wissenschaftsrat hat primär den Auftrag, diese Fakultäten und die Klinika aus dem Fokus des neuen Hochschulmedizingesetzes heraus zu überprüfen. Er wird natürlich auch die wissenschaftliche Tauglichkeit der Strukturen und der Arbeitsweisen der Fakultäten überprüfen. Er wird die Departmentstrukturen anschauen.
Ich möchte nur richtig stellen, dass er kein Rechtsgutachten über die Tauglichkeit oder Untauglichkeit eines Gesetzes macht. Er wird mit wissenschaftlichen Maßstäben die Qualität der Arbeit der Fakultäten prüfen, aber unter dem Fokus der durch das Gesetz neu eingeführten Organisationsformen und Arbeitsweisen. Das möchte ich richtig stellen, damit das nicht eine Polarisierung wird. Das macht der Wissenschaftsrat mit Sicherheit nicht, sondern er schaut sich das Ganze an, aber unter diesem Gesichtspunkt. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Deswegen stimmen wir jetzt ab, und zwar zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/1359. Mit diesem Änderungsantrag soll der FDPAntrag geändert werden. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? - Die Antragsteller und die FDP. Wer stimmt dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden.
Jetzt stimmen wir über den Antrag der FDP-Fraktion in der Drs. 5/1332 ab. Wer stimmt zu? - Die Antragsteller stimmen zu. Wer stimmt dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - DIE LINKE. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden.
Wir stimmen jetzt über den Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 5/1367 ab. Wer stimmt diesem zu? - Die Antragsteller und die Fraktion der FDP. Wer stimmt dagegen? - Die LINKE. Enthält sich jemand der Stimme? - Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Alternativantrag mit großer Mehrheit angenommen worden und der Tagesordnungspunkt 20 ist erledigt.
Vorratsdatenspeicherung und Praxis der Auskunftserteilung über Telekommunikationsverbindungsdaten in Sachsen-Anhalt
Sehr geehrter Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Seit Beginn des Jahres haben die Telekommunikationsunternehmen viel zu tun. Für ein halbes Jahr müssen sie sämtliche Verkehrsdaten bzw. Telekommunikationsverbindungsdaten speichern. Das Schlagwort heißt ganz harmlos „Vorratsdatenspeicherung“.
Was bedeutet „Vorratsdatenspeicherung“ in der Praxis? Warum die ganze Aufregung, mehrere beim Verfassungsgericht anhängige Klagen etc.?
Telekommunikationsanbieter sind nun verpflichtet zu speichern, wann, wie lange, wie oft und wo Bürger miteinander kommunizieren. Bisher wurden Bürger ermittlungstechnischen Maßnahmen nur ausgesetzt, wenn es einen begründeten Verdacht gegen sie gab. Jetzt haben wir einen Paradigmenwechsel. Jetzt werden die Bürger unter Generalverdacht gestellt.
Dieser Paradigmenwechsel hat konkrete Auswirkungen auf viele Berufsgruppen. Zum Beispiel: Was bedeutet das für den investigativen Journalismus? - Man wird sich wieder häufiger persönlich mit Informanten treffen müssen; denn anonym bleibt ein solcher Informant bei einem Telefonanruf nicht mehr.
Nun werden Sie sagen: Die Vorratsdatenspeicherung war keine Erfindung der Bundesregierung; denn es wurde nur eine EU-Richtlinie umgesetzt. In die Richtung des Sich-aus-der-Verantwortung-Stehlens ging auch die Erklärung von 26 Abgeordneten der SPD-Bundestagsfraktion. Die gaben zu Protokoll, dass sie - Zitat -:
„trotz schwerwiegender politischer und verfassungsrechtlicher Bedenken im Ergebnis dem Gesetzentwurf aus folgender Erwägung zustimmen:“
Weder gibt unsere Verfassung ein Grundrecht auf Sicherheit her, noch ist vorstellbar, dass es ohne Abschaffung der Freiheit eine absolute Sicherheit gegen jedwede Gefährdung durch kriminelles Handeln geben kann.“
Meine Damen und Herren! Besser hätte ich die Bedenken hinsichtlich der Eingriffe in die Bürgerrechte auch nicht formulieren können. Aber dann geht es weiter - noch einmal ein Zitat -:
Bleibt die Frage, wann die SPD wieder den Mut hat, nach ihren Überzeugungen zu handeln. Wie man mit einer solchen Argumentation einem solchen Gesetzentwurf zustimmen kann, ist uns Liberalen unverständlich. Das Aufmucken in allen Ehren - man hätte aber konsequent sein und ihn ablehnen müssen, anstatt sich sehenden Auges des Bundesverfassungsgerichts als Garant der Freiheitsrechte zu bedienen.
Auf das Bundesverfassungsgericht als Hüter der Bürgerrechte ist bisher wenigstens noch Verlass. Ich möchte Ihnen das an einer kurzen Aufzählung plastisch machen:
3. März 2004 großer Lauschangriff, 15. Februar 2006 Luftsicherheitsgesetz, 27. Juni 2006 vorbeugende Telefonüberwachung, 4. April 2006 Rasterfahndung, 27. Februar 2008 Online-Durchsuchungen und 11. März 2008 KfzScanning. All diese Gesetze wurden zumindest teilweise kassiert, weil sie verfassungswidrig waren.
Als Gipfel von allem - ich zitiere jetzt noch einmal den Herrn Innenminister; er hat es heute so schön formuliert - sagte Herr Hövelmann heute:
„Geradezu erschreckend ist, mit welcher Leichtfertigkeit und wie ungeniert Verantwortliche bei der Telekom Ausspähungen unter Missachtung des Fernmeldegeheimnisses vorgenommen haben. Ein Rechtsstaat darf so etwas nicht hinnehmen.“
Meine Damen und Herren! Ihr Kollege Schäuble hat die Online-Durchsuchung veranlasst, ohne überhaupt ein Gesetz dafür zu haben.
Dazu habe ich Sie nicht gehört. Ein Innenminister ist aber der oberste Verfassungsschützer. Ich glaube, es haben einige vergessen, was sie schützen sollen.
Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen können sich auch aus einem anderen Grund nicht auf diese Art und Weise aus der Verantwortung lavieren. Die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung in § 100g StPO gehen in einigen Bereichen nämlich weit über die Vorgaben in der EU-Richtlinie hinaus.
Beispielsweise wird in der EU-Richtlinie eine schwere Straftat vorausgesetzt, damit die Vorratsdatenspeicherung möglich ist. Nach der Umsetzung dieser Richtlinie in deutsches Recht reicht nun der Verdacht auf eine erhebliche Straftat aus.
Auch der Bereich der Adressaten, an welche die Daten weitergegeben werden müssen, ist im deutschen Umsetzungsgesetz weitaus üppiger ausgefallen, sodass nun auch der Verfassungsschutz, der BND und der MAD mit den Daten versorgt werden können.