Protocol of the Session on June 26, 2008

Es ist zumindest ein Schritt nach vorn, dass Sie den Begründungshintergrund für unseren permanent vorgebrachten Vorschlag mittlerweile nachvollziehen. Ich entnehme dies der Begründung zu Ihrem Entschließungsantrag: Bei monatlichen Kosten von 60 € bis 120 € können Bildungschancen eingeschränkt werden. - Ja, genau um diese Tatsache geht es. Dieser Einschränkung von Bildungschancen wollen wir einen Riegel vorschieben.

Deswegen werbe ich noch einmal für unseren Änderungsantrag, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist mir schon wichtig, noch einmal auf die Entstehungsgeschichte dieses Themas hinzuweisen. Ich sage das vor einem für mich mittlerweile sehr ärgerlichen Hintergrund, dass ich immer wieder, ob in öffentlichen Runden oder in geschlossenen Ausschussberatungen, erklärt bekomme: Schnellschuss, unausgegoren, nicht finanzierbar. - Zur Finanzierung komme ich gleich noch.

(Herr Tullner, CDU: Wer sagt denn so etwas?)

Der erste Antrag, der sich mit dem Thema „Kosten der Schülerbeförderung“ befasst hat, stammt vom 31. August 2005, eingebracht von der Linkspartei.PDS. Sie merken schon am Namen, wie lange das her ist. Dazu gab es einen Änderungsantrag der damaligen Koalitionsfraktionen. Er ist in die Ausschüsse überwiesen worden. Wir haben kein Ergebnis erzielt.

Daraufhin gab es im Januar 2006 einen neuen Vorschlag meiner Fraktion. Daraus resultierte ein Beschluss dieses Hauses im Februar 2006, der die Landesregierung aufgefordert hat, Gespräche zu führen und zu berichten.

Ich kann diese Liste fortsetzen. Wir haben am 20. Oktober 2006 einen ähnlichen Beschluss zur Berichterstattung durch die Landesregierung gefasst und wir haben mit dem letzten Haushaltsplan einen Entschließungsantrag zur Berichterstattung durch die Landesregierung beschlossen.

Das Ergebnis ist, dass Sie mir nach über drei Jahren Debatte immer noch im Ausschuss erklärt haben: Sie brauchten Zeit, das sei ein Schnellschuss und unausgegoren.

Dann ich will ich auf einen weiteren Punkt hinweisen. Am 13. Juni wurde die vorläufige Beschlussfassung im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit der Ablehnung der Koalition zu unserem Änderungsantrag mit der eben von mir vorgetragenen Begründung vorgenommen. Drei Tage später, nachdem wir das Thema fast drei Jahre beredet hatten und es unausgegoren war, musste ich feststellen: Drei Tage weitere Gärungszeit haben genügt. Dann war es perfekt und der Finanzminister hat erklärt: Das geht.

An dieser Stelle will ich sehr deutlich sagen: So können wir in diesem Haus in der Ausschussberatung mit einem so wichtigen Thema nicht umgehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn für die Landesregierung und damit - so nehme ich an - auch für die Koalitionsfraktionen die Finanzierbarkeit geklärt ist, dann können wir auch im Zuge dieser Gesetzesberatung über diesen Antrag entscheiden.

Herr Höhn, möchten Sie eine Frage von Herrn Thiel beantworten?

Nein, ich glaube, es war nur ein Zeichen an mich, Herr Präsident, damit ich Frau Fiedler noch ein paar Sekunden übrig lasse.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Genau!)

Der Entschließungsantrag, den Sie jetzt vorgelegt haben, verlängert den Diskussionsprozess, auf den ich hingewiesen habe, in das vierte Jahr bis zum Beschluss über den Haushaltsplan Ende des nächsten Jahres hinein. Wir haben für den Bildungskonvent, der sich mit dem Gesamtbereich der Schulpolitik befasst, eine maximale Diskussionszeit von drei Jahren. Für diesen einen Komplex der Schülerbeförderung benötigen wir vier Jahre, ohne zu wissen, ob wir nach diesen vier Jahren dann endlich jenseits von Absichtserklärungen in der Sache einen Beschluss fassen.

Mein Eindruck ist, dass wir an dieser Stelle ein Zuständigkeitsgerangel zwischen den Bildungspolitikern - Herr Tullner nickt, das freut mich -, den Verkehrspolitikern und den Finanzpolitikern haben. Deswegen will ich an dieser Stelle mit einem Zitat der Bundeskanzlerin zum Thema Bildungspolitik enden:

(Oh! bei der CDU)

„Die Bürgerinnen und Bürger interessieren sich nämlich nicht für Zuständigkeitsfragen. Sie erwarten, dass die Verantwortlichen gemeinsam dazu beitragen, dass unser Bildungssystem jedem die Chance auf Einstieg und Aufstieg ermöglicht.“

(Herr Tullner, CDU: Darin hat sie Recht!)

Ich hoffe, dass Sie sich der Bundeskanzlerin und mir anschließen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Höhn. - Nun bitte Frau Fiedler. Für den Rednerwechsel gibt es eine Minute zusätzliche Redezeit. Sie haben also noch dreieinhalb Minuten.

Danke, Herr Präsident. - Meine Herren und Damen! Sie werden verstehen, wer so lange in der Lehreraus- und -fortbildung gearbeitet hat wie ich, der will auch selbst etwas sagen, wenn es im Rahmen der elften Änderung des Schulgesetzes um die Lehreraus- und -fortbildung geht.

Mich interessiert an diesem Prozess ganz besonders, dass es dort um eine Verzahnung - das ist neu - von Lehrerbildung und Schulqualität geht. Wir verschließen uns nicht vor Überlegungen und Veränderungen, die in diesem Bereich zu Verbesserungen führen können. Das vor allem auch deshalb, weil es für meine Fraktion zwei Prämissen gibt, wenn wir über Bildungsfragen entscheiden. Das ist einmal die Zugangsgerechtigkeit und zum zweiten die Qualität von Schule und Unterricht.

An unsere positive Grundhaltung zu dieser Gesetzesänderung knüpfen wir allerdings drei Hoffnungen. Die erste Hoffnung hat der Herr Kultusminister schon angesprochen. Wir erhoffen uns gleichzeitig davon, dass die Schulen mehr Eigenverantwortung erhalten, und zwar erst einmal im pädagogischen Prozess. Auch dort ist die Eigenverantwortung von Schulen bei Weitem noch nicht ausgeschöpft oder wird eventuell sogar personell durch übertriebene Bürokratie und Ähnliches ausgebremst.

Dem Antrag der FDP stehen wir erst einmal skeptisch gegenüber. Darin geht es um die Übertragung der Personalhoheit auf die Kommunen, weg vom Land. Ich denke, darüber sollten wir im Ausschuss gründlich reden.

Ich sehe als ersten Schritt die größere Eigenverantwortung, ein größeres Vertrauen in unsere Lehrer und Schulleiter, die ihre Pflicht tun, und das auch ohne ständig misstrauisch reglementiert oder kontrolliert zu werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Unsere zweite Hoffnung knüpft sich daran, dass diese neue Qualitätsagentur oder diese neue Querschnittaufgabe im Lisa in Verbindung mit dem Bildungskonvent steht und wir dort über längeres gemeinsames Lernen ins Gespräch kommen; denn uns scheinen Veränderungen, die sich innerhalb eines gegliederten Schulwesens in der Schule vollziehen, nur begrenzt möglich zu sein.

Die dritte Hoffnung - aller guten Dinge sind drei -: Wir hoffen, diese Veränderung möge Schule auch erreichen, und zwar vor Ort. Schule wird nicht in einer Qualitätsagentur gemacht, sondern Schule wird vor Ort von Lehrern und Schülern gemacht: Dort muss gute Qualität schließlich ankommen.

Wenn sie das tut, dann sind wir hocherfreut über ein solches neues Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung. Wenn es hilft, Qualität weiterzuentwickeln, dann begrüßen wir diese Veränderung, vor allen Dingen weil wir auch im Bildungskonvent zuletzt sehr viel über Lehrerausbildung und auch über Lehrerfortbildung gesprochen haben. Wenn das mit Qualität direkt verknüpft wird, dann finde ich das gut. Der Überweisung in den Ausschuss stimmen wir selbstverständlich zu.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Fiedler. - Nun hören wir den Debattenbeitrag der SPD-Fraktion. Es spricht Frau Mittendorf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte in dieser doch etwas ungewöhnlichen verbundenen Debatte, in der es darum geht, dass eine Gesetzesnovelle beschlossen und gleichzeitig eine weitere eingebracht wird, zu vier Punkten etwas sagen.

Der erste Punkt betrifft die Beschlussempfehlung zur zehnten Novelle zum Schulgesetz mit dem Schwerpunkt der Neuausrichtung der Finanzhilfen für die Schulen in freier Trägerschaft. Ich will auch gern einige Sätze zur Beschlussempfehlung zu dem Antrag der FDP „Rechtskonforme Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft“ sagen. Als Drittes möchte ich natürlich schwerpunktmäßig auch etwas zu unserem Entschließungsantrag sagen und damit die Verbindung zum Änderungsantrag der LINKEN herstellen. Zum Schluss möchte ich noch ein paar Sätze zur Einbringung des Gesetzes zur Qualitätsagentur verlieren.

Herr Höhn, meine Damen und Herren, ich glaube, es geht nicht um verpasste Chancen, sondern man muss sich darüber im Klaren sein, dass man manchmal auch eine zweite Chance braucht. Manche brauchen auch eine dritte. Ich sage für wichtige Teile, über die wir bei der Einbringung des Gesetzes gesprochen haben: Da haben wir auch etwas vollbracht.

Ich will nicht alles wiederholen, was vom Minister und von Herrn Schellenberger gesagt wurde, aber eines

steht fest: dass wir seit der Einbringung des Gesetzentwurfes zur zehnten Schulgesetznovelle doch eine relativ lange Zeit hatten, bis wir jetzt zur Beschlussfassung kommen. Sie werden sich alle daran erinnern, dass es bereits im Vorfeld der Einbringung des Gesetzentwurfes eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit gegeben hat. Sie war leider nicht immer sachlich, und sie drehte sich darum, mit welchen finanziellen Umfängen man den Vorstellungen der privaten Schulen gerecht werden könnte bzw. wie man es schaffen kann, dass aufgrund der Rechtsprechung eine Regelung getroffen wird, mit der alle leben können.

Bereits in dieser Phase - das möchte ich schon kritisch anmerken - gab es einen gewissen Druck von außen auf die Abgeordneten bis hin zu der Androhung, dass man sich vor Klagen nicht drücken würde, wenn gewisse Regelungen nicht so aussehen würden, wie man sich das vorstellte.

Das hat uns nicht davon abgehalten, trotzdem gute Regelungen zu schaffen, glaube ich. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass sich die Koalitionsfraktionen nicht nur sehr gründlich mit allen Forderungen aus der Rechtsprechung auseinandergesetzt haben, sondern auch mit allen Forderungen und Wünschen, die im Rahmen der Anhörung vorgebracht wurden.

Das Ziel - ich will es noch einmal sagen -, die Finanzierung transparenter und verlässlicher zu gestalten, also angemessene Lösungen zu finden, der Rechtsprechung gerecht zu werden und den Wünschen entgegenzukommen, war keine einfache Aufgabe. Es war nämlich relativ schnell klar - das hat sich auch bei Nachfragen vorhin gezeigt -, dass mit allem, was wir hier diskutiert haben, die Frage gewisser finanzieller Aufwüchse nicht außen vor bleiben konnte; denn sonst hätte man die Probleme nicht lösen können.

Frau Mittendorf, möchten Sie eine Frage von Frau Dr. Klein beantworten?

Nein, zum Schluss, bitte.

Das alles vor dem Hintergrund - ich möchte das an dieser Stelle doch sagen -, dass wir eine Debatte in der Öffentlichkeit haben, die durchaus schwierig ist, was die gesamte Situation des Schulwesens in Sachsen-Anhalt betrifft. Ich sage nur: viele Schulschließungen, demografische Krise.

Das ist ein Problem, wenn man parallel sieht, dass die Schulen in freier Trägerschaft trotz der geringer werdenden Zahl an Kindern nicht weniger, sondern mehr Schüler haben und die entsprechende Finanzierung beantragen, was ihr gutes Recht ist. Wir wollen die freien Schulen diesbezüglich auch unterstützen; aber man muss einfach wissen, dass die Debatte in den Bereichen, in denen wir als Abgeordnete arbeiten, nicht immer einfach ist, wenn dort eine oder zwei Schulen geschlossen werden und sich parallel eine neue Schule gründet.

Das ist für uns als Abgeordnete nicht die Frage. Wir haben einen Verfassungsauftrag zu erfüllen. Den muss man dann aber auch sehr gut erklären. Man findet dafür nicht immer Verständnis. Es stellt sich also nicht die Frage, ob wir hier etwas tun, sondern wie wir es tun, damit die Schulen in freier Trägerschaft zu ihrem Recht kommen.

Wie gesagt, das ist ein schwieriger Prozess. Wir haben jetzt Juni. Die Debatte zwischen den Koalitionspartnern war - so ehrlich muss man auch einmal sein - nicht immer einfach; aber ich glaube schon, dass wir gemeinsam gute Regelungen gefunden haben, von denen ich sehr hoffe, meine Damen und Herren, dass sie nicht nur gerichtsfest, sondern auch von Dauer sein werden und dass sie die Betroffenen zufrieden stellen.

Ich sage das auch vor dem Hintergrund dessen, was ich vorhin schon gesagt habe, wie wir in die Debatte eingestiegen sind. Wir haben eine Lösung gefunden, mit der wir, denke ich, alle leben können müssen, auch wenn es uns nicht wenig Geld kostet. Ich weiß, dass die Frage des Umgangs mit dem Finanzausschuss ein Problem war und ist, und ich denke, dass uns ein solcher Fauxpas nicht noch einmal passieren wird.