Dabei würde unser verehrter Herr Präsident Ihr Wissen und Können der letzten vier Jahre in zwei schriftlichen Tests überprüfen und in einem Gruppengespräch müssten Sie Fragen beantworten und Aufgaben lösen.
Dann würden alle Ihre Ergebnisse von einem hohen Gremium überprüft und beurteilt, und zwar danach, wie Sie Ihre Motivation für das Studium deutlich machen konnten, wie flexibel und originell Sie denken können, wie ausgeprägt Ihr reflexives und logisches Denken ist, wie gut Ihr Gedächtnis arbeitet, wie konzentriert Sie erschienen sind,
über welches Detail- und Faktenwissen Sie verfügen, wie schnell und effektiv Sie abstrahieren und verallgemeinern können, wie hoch Ihr Interesse an Aufgaben, Texten, Zeichnungen und Symbolen ist, wie ausdrucksvoll und flüssig Sie gesprochen haben usw., usw. Ich erspare Ihnen das Weitere.
- Das sind die Beurteilungskriterien für Zehn- bis Elfjährige. Halten Sie die für unerträglich, Herr Tullner?
Am Ende. - Meine Herren, ich wünsche Ihnen eine solche Überprüfung nicht; Ihnen, meine Damen, natürlich auch nicht.
sondern auch einkalkuliert, wie viel zusätzliche Lehrerzeit die Testdurchführung und -auswertung verbraucht und welcher Kraftakt nach Widersprüchen nötig wird, dann muss man sich erstens fragen, welche Verbesserung die Eignungsfeststellung für den Übergang zum Gymnasium tatsächlich gebracht hat.
Dann muss man sich zweitens fragen, ob es nicht sinnvoller ist, die Qualität der Beratung der Eltern und der Kinder zu erhöhen, bevor sie sich entscheiden müssen, welche weiterführende Schule infrage kommt. Und dann muss man sich drittens fragen, ob nicht der Unterricht am Gymnasium im Blick stehen muss, der nicht nur die Leistung an sich, sondern die Persönlichkeit des Kindes in den Mittelpunkt rücken soll.
„Die Schuljahrgänge 5 und 6 führen schrittweise in die Arbeitsmethoden des gymnasialen Bildungsganges ein und orientieren die Schülerinnen und Schüler auf künftige Anforderungen. Dabei werden die Schülerinnen und Schüler in ihren individuellen Fähigkeiten gefördert.“
Wir sind durchaus dafür, die Qualität gymnasialer Bildung zu sichern und zu erhöhen, aber eben nicht auf dem Weg über eine verschärfte Auslese.
Wir sind außerdem der Meinung, dass dieser Test auch deshalb nicht nötig ist, weil er in der für ihn relevanten Verordnung sogar selbst ausgehebelt wird. Dort heißt es:
„Wenn ein Kind zum Ende des 4. Schuljahrganges die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Übergang zum Gymnasium noch erfüllt, kann die Schullaufbahnempfehlung für das Gymnasium dann noch ausgesprochen werden.“
Und das ohne Eignungsfeststellung! Dann braucht diese ganze Prozedur vorher gar nicht zu sein und die letzte Entscheidung könnte am Schuljahresende getroffen werden, eventuell indem auf der Grundlage der Ergebnisse der zentralen Klassenarbeit entschieden wird, die sowieso gegen Ende von Klasse 4 von allen Schülern geschrieben wird.
Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss. Verständnis für unseren Antrag aufzubringen fällt Ihnen vielleicht leichter, wenn Sie berücksichtigen, dass wir diesen Antrag gegen unser eigentliches Grundanliegen stellen. Wie Sie wissen, wollen wir eine Schule für alle Kinder, eine Schule, in der alle bis Klasse 9 gemeinsam lernen.
Gemeinsames Lernen ist auch soziales Lernen. Soziales Lernen hilft, Spannungen vorzubeugen oder sie abzubauen.
Was das für die derzeitige Situation in den Sekundarschulen bedeuten könnte, muss ich wohl nicht näher ausführen. Wir wollen eine stabile Sekundarschule. Sie könnte durchaus auch „allgemeinbildende Oberschule“ heißen, wenn ich Sie, meine Herren und Damen von
Ob das gemeinsame Lernen nach Klasse 8 oder nach Klasse 9 endet, darüber wird zu reden sein - im Bildungskonvent! Auf ihn warten wir sehr gespannt. Ich erinnere Sie an die Antwort des Herrn Kultusministers in der Fragestunde, in der es hieß, dass inhaltliche Abstimmungen bereits laufen. Wir werden den angekündigten Antrag im Landtag genau prüfen.
Unser Entwurf eines Schulreformgesetzes liegt in Druckfassung vor. Ihn bringen wir als Morgengabe in den Bildungskonvent mit.
Frau Abgeordnete Fiedler, es gibt zwei Nachfragen. Zunächst spricht der Abgeordnete Herr Scharf und dann der Abgeordnete Herr Miesterfeldt. Bitte sehr, Herr Scharf.
Manchmal spricht man ja durch die Blume. Waren Ihre Ausführungen zur Prüfungssituation eine Einführung in das Verfahren zur Aufstellung der Landesliste bei der PDS, oder wie machen Sie das?
Ich glaube nicht, dass Sie darauf eine Antwort verlangen. Das war sicherlich eine rhetorische Frage. - Danke schön.
Frau Kollegin, Sie haben eben unsere Phantasie beansprucht. Ich darf einmal Ihre Erinnerung beanspruchen. Können Sie sich erinnern oder können Sie sich vorstellen, was für eine seelische Beanspruchung es für einen 15- oder 16-Jährigen war, von einem SED-Schulrat bezüglich seiner Abiturzukunft Fragen gestellt zu bekommen, die mit Schule überhaupt nichts zu tun hatten?
Es liegt natürlich nahe, dass Sie eine solche Erinnerung ins Spiel bringen. Mir persönlich ist eine solche Situation nie begegnet.
Das war Ihre erste Rede im Parlament. Sie wurde hier etwas strittig aufgenommen. Wir wünschen Ihnen Erfolg und dass es strittig bleiben möge.