Vielen Dank, Herr Minister. - Wir kommen jetzt zu der Fünfminutendebatte. Die erste Rednerin ist für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Tiedge. Bitte schön, Frau Tiedge, Sie haben das Wort. Anschließend spricht für die Fraktion der CDU Herr Stahlknecht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun könnte man sagen, aller guten Dinge sind drei, was lange währt, wird gut
In den Ausschussberatungen und in der Anhörung in den Ausschüssen sind mehrere Kritikpunkte an dem vor
liegenden Gesetzentwurf laut geworden, weil dieses Gesetz dem Informationszugangsgesetz des Bundes entspricht. Auch an diesem Gesetz wurde sehr viel Kritik geübt, nachdem es einige Zeit erprobt werden konnte.
Ich möchte nur einige Kritikpunkte aus der Anhörung hervorheben: Die Vorbildwirkung von Landesgesetzen wurde nicht genutzt, keine vollständige Wahlmöglichkeit der Art des Zugangs zu Informationen, der Vorrang schlechterer Regelungen bezüglich des Info-Zugangs aus Spezialgesetzen wurde genommen, es fehlt eine Abwägungsklausel hinsichtlich des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und es gibt zu viele Ausnahmeregelungen, die sogar über die Ausnahmeregelungen des Bundesgesetzes hinausgehen. Die Kostenfrage wurde kritisiert. Es wurde auch erklärt, dass das Gesetz zu bürokratisch und unpraktikabel sei.
Nun kann man diese Kritikpunkte teilen oder nicht. Wir teilen sie uneingeschränkt. Uns wurmt an dieser Stelle aber natürlich besonders - das werden Sie sicherlich verstehen - der Umgang mit unserem Gesetz. Ja, es ist richtig, wir haben das dritte Mal so ein Informationszugangsgesetz in den Landtag eingebracht. Herr Rothe hat unseren Anstoß dazu auch gewürdigt. Wir hätten es natürlich bedeutend besser gefunden, wenn man unseren Gesetzentwurf zur Grundlage der Diskussion erhoben hätte. Ich sage an dieser Stelle auch ganz deutlich, dass wir nicht unsere Maximalforderungen ist dieses Gesetz hineingeschrieben haben, sondern wir haben von vornherein versucht, ein Gesetz zu erarbeiten, das zwischen allen Fraktionen konsensfähig sein könnte. Wie gesagt, deshalb sind wir sogar von unseren Maximalforderungen abgegangen.
Trotzdem - das wurde in den Anhörungen ebenfalls deutlich - ist unser Gesetz eindeutig besser zu beurteilen als das vorliegende Gesetz der Landesregierung.
Da sehen wir es halt nicht inhaltlich, sondern wir sehen es schon politisch, weil es anscheinend nicht tragbar ist, dass das Gesetz einer Oppositionspartei im Landtag beschlossen wird, obwohl es im Interesse der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes notwendig wäre.
Seit mehr als einem Jahr schmorte unser Gesetzentwurf in den Ausschüssen, bis dann endlich der Gesetzentwurf der Landesregierung da war. Bei Gesetzen der Koalition oder der Landesregierung mussten wir in der Vergangenheit feststellen, dass man dabei viel schneller gehandelt hat und die Gesetze ohne große Anhörungen bzw. ohne große Debatten durch den Landtag hindurch gewunken wurden.
Ich frage Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen: Was wäre eigentlich so schlimm gewesen, wenn in diesem Parlament in Sachsen-Anhalt ein Gesetzentwurf der Opposition beschlossen worden wäre? - Wir hielten das für demokratisches Handeln, wir hielten das für gute parlamentarische Tradition, wenn es so gekommen wäre. Es ist von Ihnen nicht gewollt worden; das halten wir für mehr als bedauerlich.
Die Begründung der Rechtseinheitlichkeit der Gesetze heranzuziehen, um das Gesetz der Landesregierung als Grundlage zur Diskussion zu nehmen, halte ich für mehr als fadenscheinig. Sie kann auf keinen Fall als Begründung herhalten. Bei anderen Gesetzen haben Sie sich wahrlich kaum an die Rechtseinheitlichkeit mit Gesetzen anderer Länder bzw. mit Bundesgesetzen gehalten, aber
in diesem Fall, in dem bereits ein Gesetzentwurf vorlag, gibt man die Begründung der Rechtseinheitlichkeit vor.
Wir sagen ganz deutlich: Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung ist mehr ein Entwurf für ein Informationsverhinderungsgesetz als eine wirkliche Initiative, den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes eine uneingeschränkte Akteneinsicht zu gewähren. Weil wir aber wollen, dass nun endlich auch in Sachsen-Anhalt ein Informationszugangsgesetz existiert - auch wenn es schlecht ist; das möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen -, werden wir uns bei der Endabstimmung der Stimme enthalten.
Dem Änderungsantrag der FDP werden wir zustimmen, weil wir es auch für geboten halten, dass bereits nach zwei Jahren eine Kontrolle der Möglichkeiten des Gesetzes erfolgen soll. Wenn man sich nun schon in fast allen Punkten an das Bundesgesetz hält, dann hätte man bei der Kontrollzeit ebenfalls zwei Jahre, wie im Bundesgesetz, vorschreiben müssen.
Wie gesagt: Wir werden uns bei der Endabstimmung der Stimme enthalten, aber nur, um den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, in Sachsen-Anhalt endlich von ihrem Recht Gebrauch zu machen. - Danke.
Vielen Dank, Frau Tiedge. - Als nächstem Debattenredner erteile ich Herrn Stahlknecht von der CDU das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten, lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dieses Gesetz ist ein gutes Gesetz für unser Land. Es ist ein guter Tag für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, weil wir unsere Verwaltung ein Stück gläsern machen und weil wir den Menschen in unserem Land durch dieses Gesetz die Möglichkeit eröffnen, Informationen der Verwaltung zu bekommen, um sie für Persönliches zu nutzen und auch um sie überprüfen zu können.
Liebe Frau Tiedge, wir geben Ihnen Recht - das muss man an dieser Stelle sagen -, Ihrer Fraktion und insbesondere Ihnen, die sich seit Jahren und Legislaturperioden dafür stark gemacht haben, dass dieses Informationszugangsgesetz kommt, gebührt sicherlich ein Stück weit der Dank des Parlamentes. Das sage ich Ihnen ganz unumwunden.
Nur in dem Ergebnis - Frau Tiedge, das werden Sie uns zugestehen müssen - haben wir unterschiedliche Auffassungen. Sie wollten ein möglichst umfängliches Gesetz haben mit umfänglich vielen Möglichkeiten eines freien Zugangs. Wir sind der Auffassung: Freiheit ja, aber Freiheit muss auch immer mit Augenmaß, sehr verehrte Frau Kollegin Tiedge, ihre Grenzen haben. Freiheit hat nämlich da ihre Grenzen, wo sie datenschutzrechtliche Dinge anbelangt. Freiheit, Frau Tiedge, hat immer da ihre Grenzen, wo die öffentliche Sicherheit eines Landes und öffentliche Belange eines Landes betroffen sind.
All das haben wir abgewogen und insofern ist das, was als Gesetzentwurf vorliegt, wesentlich restriktiver als das, was Sie hatten. Aber es genügt den Menschen, um an diese Informationen zu kommen.
Ich will Ihnen noch eines sagen, Frau Tiedge: In Deutschland haben wir, anders als in anderen europäischen Ländern, bereits einzelfallgesetzliche Möglichkeiten, die erforderlichen Auskünfte einzuholen. Insofern war der Handlungsbedarf im Wesentlichen nicht so groß wie in anderen europäischen Ländern, die diese einzelfallgesetzlichen Anspruchsmöglichkeiten nicht haben.
Damit ist im Abschluss - ich will es gar nicht inhaltlich wiederholen; das hat Herr Rothe als Berichterstatter sehr zutreffend dargestellt; der Herr Minister ist auf die Einzelheiten eingegangen -, denke ich, ein gutes Gesetz gelungen.
Ich will noch einen Satz zu dem Änderungsantrag sagen. Frau Tiedge, Sie haben charmanterweise gesagt, man hätte wenigstens an dieser Stelle das Gesetz der Bundesregierung abschreiben können. Das hätten wir gern getan; nur, in § 14 steht, dass zwei Jahre vor dem Ablauf der Befristung Auskunft zu erteilen ist. Denn ursprünglich hatte man in Berlin vor, das Gesetz auf sechs Jahre zu befristen. Das hat man dann gestrichen. Darin steht, es tritt im Januar 2000 soundsoviel in Kraft. Nur die Befristung ist nicht drin. Damit läuft der Paragraf, auf den Sie sich beziehen, völlig ins Leere, weil gar nicht mehr erkennbar ist, wann berichtet werden soll.
Der Datenschutzbeauftragte in Berlin hat nach zwei Jahren berichtet, allerdings aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen. Insofern halten wir die Evaluierungsfrist von fünf Jahren für ausreichend.
Es ist hierbei auch kein Fehler passiert, weil das, was in Berlin hineingeschrieben wurde, eher dort eine Panne ist als hier. Pannen müssen wir in Sachsen-Anhalt nicht übernehmen. - Ich bitte um Zustimmung und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Stahlknecht. - Als nächstem Debattenredner erteile ich Herrn Kosmehl von der FDP das Wort. Bitte schön, Herr Kosmehl.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Stahlknecht, wenn Sie über Freiheit reden, muss man immer ganz genau zuhören.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, mit dem heutigen Tag und der Verabschiedung im Hohen Hause wird den Bürgerinnen und Bürgern Sachsen-Anhalts ein Informationszugangsgesetz bereitgestellt, das einen allgemeinen Anspruch auf Zugang zu Informationen vorsieht. Es gibt in einem Teilbereich, zum Beispiel im Umweltbereich, schon andere Regelungen, wo auch Auskunftsverlangen möglich waren. Nun regeln wir als sachsen-anhaltisches Parlament einen allgemeinen Zugang zu Informationen für den Bürger.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will an dieser Stelle deutlich machen, dass bei dieser gesamten Thematik des Bereitstellens von Informationen beide Seiten der Medaille zu betrachten sind: auf der einen Seite die Gewährung des Zugangs für den Bürger zu Informationen über Tätigkeiten der Verwaltung, aber auch
zu Informationen, die andere Bürger betreffen, und zum anderen auch die Verwehrung von Auskunftsansprüchen aus besonderen - darauf hat der Minister hingewiesen - öffentlichen oder privaten Interessen heraus.
Beide Seiten sind bei einem Informationszugangsgesetz wichtig. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich, dass es in der Beratung im Ausschuss gelungen ist, in der Frage der Anrufung des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit, der auch der Landesbeauftragte für den Datenschutz ist, darauf hinzuwirken, dass sowohl diejenigen, die Zugang begehrt haben, sich an ihn wenden können, als auch diejenigen, die meinen, durch die Weitergabe oder Herausgabe von Informationen in ihren Rechten verletzt zu sein.
Ich denke, diese Formulierung ist tatsächlich ein Fortschritt und wird auch der Auffassung der FDP gerecht, dass beides, sowohl das Interesse an Zugang als auch das Interesse, den Zugang nicht zu gewähren, möglich sein muss.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daran anschließend, Herr Minister, bitten wir Sie, dafür Sorge zu tragen, dass die Behörden im Lande auf geeignete Art und Weise dafür sensibilisiert werden - um nicht das Wort „Schulung“ zu verwenden -, dass im Umgang mit dem Gesetz und in der Umsetzung des Informationszugangsgesetzes tatsächlich sachgerechte Entscheidungen zu treffen sind, dass man mit Betriebsgeheimnissen und Geschäftsgeheimnissen, bei denen es Probleme mit der Bundesregelung gibt - das ist aus dem Bericht des Bundesbeauftragten hervorgegangen -, nicht leichtfertig umgeht, sondern dass man eine Entscheidung auch in der Tiefe prüft. Ich denke, mit einem allgemeinen Hinweis aus Ihrem Hause dürfte das auf den Weg gebracht sein.
Wir können nur hoffen, dass die Behörden mit diesem Recht genauso verantwortungsvoll umgehen wie die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande, damit sie ihr Auskunftsrecht, das sie jetzt haben, den Zugang zu Informationen auch wahrnehmen können und dass sie davon auch Gebrauch machen wollen.
Sehr geehrter Herr Stahlknecht, noch einmal zu Ihnen und Ihrer Ablehnung des Änderungsantrages. Sie haben vollkommen Recht: Die Große Koalition in Berlin hat wieder einmal gesetzestechnisch Mist gebaut. Das ist bis heute nicht korrigiert worden, weil der Großen Koalition auch noch die Kraft fehlt, diesen Fehler einzugestehen und ihn gesetzestechnisch zu berichtigen.
Auf diesen Weg haben wir uns gar nicht begeben; vielmehr haben wir im Ausschuss gesagt: Wir wollen eine Evaluierung nicht mit Befristung und nicht vor dem Ablauf der Befristung, sondern eine echte Evaluierung.
Gerade diesbezüglich - ich habe gehofft, dass die Koalitionsfraktionen in der Zwischenzeit seit der Ausschussberatung einmal in diesen Tätigkeitsbericht hineinschauen - werden Sie feststellen, dass sich schon nach zwei Jahren Anwendung des Bundesrechtes durchaus Hinweise ergeben haben, aufgrund deren man einmal darüber nachdenken kann, das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes weiterzuentwickeln, aufgrund deren man vielleicht auch nachsteuern muss.
Deshalb halten wir den Zeitraum von fünf Jahren für zu lang und haben gesagt: Lassen Sie uns doch diesen Zeitraum auf zwei Jahre verkürzen. Wir haben einen kla
ren Anfang. Wir machen keinen Fehler. Zwei Jahre wären sinnvoll, weil wir danach feststellen können, was sich im Bund getan hat. Dann sind es im Bund mittlerweile vier Jahre.
Es wäre durchaus sinnvoll - ich bitte die Koalitionsfraktionen, bis zur Schlussabstimmung in wenigen Minuten vielleicht noch einmal darüber nachzudenken -, auch für die Fortentwicklung, nicht einen so langen Zeitraum stehen zu lassen, sondern einen kürzeren zu wählen, damit das Informationszugangsgesetz jederzeit den Ansprüchen insgesamt Genüge tut.
Herzlichen Dank, Herr Kosmehl, für Ihren Beitrag. - Wir kommen jetzt zu dem letzten Debattenbeitrag, dem der Fraktion der SPD. Ich erteile dem Abgeordneten Herrn Dr. Brachmann das Wort. Bitte schön, Herr Dr. Brachmann.