In dem Sinne sollten wir das diskutieren. Ich hoffe, dass die Missverständnisse nicht so tief sind, wie das jetzt eben schien, und bin gespannt auf diese Diskussion. - Vielen Dank.
Danke sehr, Herr Minister. - Wir treten jetzt in die Debatte der Fraktionen ein. Für die SPD wird Frau Mittendorf sprechen. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es einfach ärgerlich, dass wir bei einem so wichtigen Thema fast dahin kommen, uns gegenseitig zu beschimpfen. Das war zumindest mein Eindruck in den letzten Minuten. Das Thema ist in der Sache viel zu wichtig, als dass es benutzt werden dürfte, um parteipolitische Profilierungen zu erzeugen. Diese Gefahr besteht hierbei.
Ich will auch begründen, warum ich das sage. Ich finde, dass wir im Moment nicht darüber reden müssen, was Soll und Haben ist. Wir müssen einmal schauen, wie die Situation gerade ist und wie wir sie lösen können.
Dazu muss ich natürlich auch den Bezug machen, den der Minister gemacht hat: Wir haben einen Bildungskonvent, der übrigens im Auftrag des Landtages debattiert. Gerade dort wird gegenwärtig in der Arbeitsgruppe „Verbesserung der Bildungschancen“ über diese Problematik diskutiert. In der letzten Sitzung wurden dazu Experten gehört. Der Minister hat seine eigenen Vorstellungen bereits eingebracht. Es gibt also ausreichend Dinge, die im Gespräch sind.
Auch die Fraktion DIE LINKE - Frau Bull selbst ist ja im Konvent - bringt ihre Vorstellungen ein und wird daran nicht gehindert. Insofern ist es schon erstaunlich, dass wir heute mit einem solchen Antrag konfrontiert werden.
Die bisherigen Überlegungen im Konvent sind doch sehr weitgehend, und sie beschäftigen sich doch genau mit den Forderungen, die Sie in Ihrem Antrag zum Teil wortgetreu aus Papieren des Konvents einbringen.
Das, meine Damen und Herren von der LINKEN, ist ein Vorgehen, das ich weder gutheißen noch akzeptieren kann und will. Es kann doch bei diesem wichtigen Thema nicht darum gehen, wer als Erster im Landtag die Problematik aufgreift.
Es geht darum: Wir sind gerade dabei, im Konvent eine sehr breite gesellschaftliche Mehrheit eben für diese notwendigen grundlegenden Veränderungen im Umgang mit Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu erarbeiten. Wir müssen hin zu einer stärkeren integrativen Beschulung, wir müssen heraus aus dem Sonderschulwesen, aber zu vernünftigen Konditionen - vernünftig vorbereitet. Von den Debatten im Konvent kann ich nur sagen, sie laufen gut.
Wir sind uns mit der Mehrheit der Vertreterinnen und Vertreter im Konvent einig, dass der Anteil derjenigen Schülerinnen und Schüler, die sonderpädagogischen Förderbedarf haben, aber im Moment noch nicht integrativ beschult werden, einfach zu groß ist. Wenn man dann die Steigerungsraten hört, die die Überweisungen in die Sonderschulen betreffen, dann ist das sehr bedenklich.
Aber im gegenwärtigen Stand der Diskussion gibt es durchaus eine Menge von Punkten, bei denen Einigkeit festzustellen ist, zum Beispiel darin, dass erst nach dem Ende der Grundschulzeit und auch nur dann in Förderschulen zu überweisen ist, wenn wirklich unabweisbar dieser sonderpädagogische Förderbedarf besteht und man ihm im Regelschulwesen nicht gerecht werden kann.
Und, meine Damen und Herren, eine Expertengruppe unter maßgeblicher Beteiligung der Fachleute aus dem Förderschulbereich ist im Konvent gerade dabei, eben diese notwendigen konkreten Überlegungen zu formulieren, die Rahmenbedingungen zu nennen, unter denen eine integrative Beschulung dann aber auch stattfinden kann. Das, meine Damen und Herren, ist primär die Sache von Fachleuten, wobei wir als Politikerinnen und Politiker häufig auch mit dazulernen können, dass man
ches, was man sich als wünschenswert vorstellt, vielleicht eben doch nicht geht. Aber ich lasse mich dabei gerne überzeugen und beraten.
Ich will noch einmal etwas zu der Zeitschiene sagen, warum mich das ärgert, wie es heute abläuft. Am 16. Juni 2008 findet die nächste Sitzung der Arbeitsgruppe „Verbesserung der Bildungschancen“ im Konvent statt. Gegenwärtig, zu diesem Zeitpunkt, sind alle Mitglieder im Konvent aufgefordert, Änderungsanträge zum bisherigen Textentwurf einzureichen. Dann wird es einen abgestimmten Text geben, der als Beschlussempfehlung in die Konventsitzung am 8. September 2008 in Halle gehen wird und dann hoffentlich mit großer Mehrheit, eben zwei Dritteln, verabschiedet wird.
Meine Damen und Herren! Ich wiederhole: Wenn wir unseren Landtagsbeschluss zur Einberufung des Konvents achten und die Mitglieder des Konvents ernstnehmen, können wir heute gar nicht über einen solchen Antrag befinden. Gott sei Dank haben die Einbringer selbst empfohlen, den Antrag zu überweisen.
Wir würden eben jene engagierten Kolleginnen und Kollegen vor den Kopf stoßen, die gegenwärtig damit beschäftigt sind, konkrete Vorschläge auszuarbeiten und die eine erfolgreiche Umsetzung unseres wahrscheinlich doch in wesentlichen Dingen wichtigen bildungspolitischen Zieles erarbeiten.
Also, die Überweisung wird von uns unterstützt. Ich möchte dazu sagen, dass eine Befassung im Ausschuss erst erfolgen sollte, nachdem der Konvent - voraussichtlich im September 2008 - seine Empfehlungen zu dieser Thematik verabschiedet hat.
Meine Damen und Herren! Eine letzte Bemerkung. Ich glaube nicht, dass es der politischen Kultur im Land gut tut, wenn die Fraktion DIE LINKE um der eigenen Profilbildung willen und um einfach Themen als Erste zu besetzen, Gegenstände und Überlegungen - und das wortgetreu -, die sich gerade in der Diskussion befinden, aus dem Konvent herauszieht und sie im Landtag als eigene Idee verkauft.
(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU - Herr Gürth, CDU: Richtig! - Zuruf von der LIN- KEN: Das glaube ich nicht!)
- Meine Damen und Herren, klopfen Sie nicht zu früh. - Das ist zwar nicht verboten, aber es ist nicht gut,
Erstens. Frau Mittendorf, würden Sie mir darin zustimmen, dass wir, wenn das, was Sie gerade als Grundposition dargestellt haben, im Jahr 2001 die Grundposition gewesen wäre, heute einen wesentlichen Punkt, einen Schritt weiter gewesen wären? Erinnern Sie sich eventuell an die Diskussion zum Landesgleichstellungsgesetz und an die damit verbundenen Diskussionen zum damaligen Schulgesetz?
Zweitens. Ist Ihnen bekannt, dass am 5. Mai 2008 der Beirat der Behinderten eine Konferenz veranstaltet hat? Ist Ihnen auch bekannt, was dort seitens des Ministeriums vorgetragen wurde? Wenn Sie das gehört hätten, dann würden Sie den Antrag, den wir heute eingebracht haben, möglicherweise besser verstehen. - Danke.
Ich glaube, dass der Blick zurück grundsätzlich nicht viel hilft. Vielmehr müssen wir nach vorn schauen und sehen, wie wir die Probleme, die da sind, weil in der Vergangenheit möglicherweise manches nicht so bearbeitet und beschlossen wurde, wie man es sich gewünscht hätte, lösen. Ein Blick zurück nützt uns jetzt nichts mehr.
Wir sind - so schwierig das durch den Bildungskonvent auch ist, der sich völlig anders als dieser Landtag zusammensetzt - eigentlich in der glücklichen Lage, zu debattieren und Grundsätze als Empfehlung zu beschließen, bei denen wir dann wirklich ernsthaft darüber nachdenken sollten, wie wir sie ins Parlament bekommen. Ich habe damit gar kein Problem. Wir sollten aber nicht aus dieser Situation heraus einzelne Diskussionsstränge aufschreiben und nachschieben; das halte ich nicht für glücklich.
Frau Mittendorf, ich wollte nur auf Folgendes hinweisen: Das, was hier gerade stattgefunden hat, ist genau das lebendige Parlament, das wir eigentlich umzusetzen versuchen; denn ins Parlament gehört auch Streit,
und zwar sowohl dass der eine oder andere einmal emotional wird und auch aus seiner Seele keine Mördergrube macht, als auch dass eine Opposition Anträge stellt, die die Regierung nicht mag. Also, ich denke, wenn wir so weit gehen würden, dass wir uns diesen Streit hier absprechen lassen, dann - das muss ich ganz offen gestehen - geben wir wesentliche Teile des Parlamentarismus auf.
Nein. - Frau Dr. Hüskens, ich bin sehr für Streit. Ich bin noch nie dafür bekannt gewesen, dass ich harmoniesüchtig sei.
(Beifall bei der SPD - Heiterkeit - Herr Tullner, CDU: Aber ich habe das immer geglaubt! - Frau Feußner, CDU: Er muss es immer übertreiben!)
Ich bin sehr emotional. Aber ich glaube - auch das habe ich in den vielen Jahren, in den ich dabei bin, lernen müssen -, dass es für alles, was man wo und wie macht, eine Zeit gibt.
Ich habe nichts dagegen, dass Anträge eingebracht werden, die der Landesregierung oder den regierungstragenden Fraktionen nicht gefallen.