Protocol of the Session on April 18, 2008

Ich sehe bei uns in Sachsen-Anhalt nirgendwo eine günstige Haushaltslage. Wir haben nach wie vor 20 Milliarden € Schulden, für die wir jährlich 1 Milliarde € Zinsen zahlen. Wir haben einen großen Schuldenberg. Allerdings ist es uns gelungen, in den Jahren 2008 und 2009 keine neuen Schulden aufzunehmen. Ich hoffe, dass das auch so bleiben kann. Das ist richtig so. Für mich ist es eine Verpflichtungen, vor allen Dingen auch für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, darüber hinaus den Schuldenberg abzubauen. Das steht bei mir ganz oben an.

Die Diskussion in Bezug auf den Haushaltsplan 2008/2009 war schwierig. Sie war nicht einfach. Es war ja nicht so, dass wir gesagt haben, die Steuern sind gesprudelt und nun können wir alle Wünsche erfüllen. Wir haben mit Fraktionskollegen und auch im Finanzausschuss selbst über viele Anträge und Wünsche diskutiert und konnten vieles nicht tun, sonst wären die Kosten explodiert und die Neuverschuldung würde nicht Null betragen.

Über Haushaltsrisiken ist schon viel gesagt worden. Ich denke aber trotzdem, dass von unseren Kollegen im Finanzausschuss wahrscheinlich einiges auch bewusst ausgeblendet worden ist. Wir haben also keine neuen Schulden gemacht - darauf ist hingewiesen worden -, aber wir haben eine globale Minderausgabe in Höhe von 96 Millionen € im 2008 und zusätzlich 16 Millionen € für Personal eingestellt.

Wer damals gedacht hat, angesichts der günstigen Konjunkturlage können wir das vielleicht mit Steuermehreinnahmen ausgleichen - man hat vielleicht davon geträumt; denn dann hätte man die Probleme nicht am Hals -, der sieht es heute sicherlich anders und muss seine damalige Meinung korrigieren. Denn was ist denn eine globale Minderausgabe? Das weiß vielleicht nicht jeder. Eine globale Minderausgabe ist im Prinzip ein indirektes Defizit, welches wir im Haushalt ausweisen, das aber im laufenden Haushaltsvollzug gedeckt werden muss. Irgendwo im Haushalt müssen wir 96 Millionen € finden, die wir nicht ausgeben, die aber als Ausgabe veranschlagt sind. Das kann allerdings nicht bei bestehenden Rechtsverpflichtungen geschehen.

Es ist aber auch - Frau Dr. Hüskens hat es gesagt - ein Instrument, welches wir als Finanzausschuss zum weiteren Sparen haben. Die globale Minderausgabe wird nicht vertitelt, sondern als eine Summe veranschlagt. Nun ist es Sache der Landesregierung, wie sie damit umgeht. Entweder das Finanzministerium sagt den Ressorts, wo sie einsparen müssen, oder aber die Ressorts müssen sich Gedanken darüber machen, wo sie bei der Realisierung von verschiedenen Dingen weniger Geld ausgeben können. So ist es in diesem Jahr 2008 geschehen. Wir sagen, egal wo und wie, Landesregierung spare im Haushalt, zum Beispiel 96 Millionen € im Jahr 2008.

Die Ministerien sind in ihren Möglichkeiten allerdings unterschiedlich aufgestellt. Manche, wie das Sozialministerium, haben sehr viele so genannte freiwillige Leistungen, Landesprogramme und Projekte, andere weniger.

Ein Doppelhaushalt hat aus meiner Sicht auch den Vorteil, dass zum Beispiel die Verbände und Vereine, um die es heute geht, über zwei Jahre eigentlich sicher sein können, dass sie zu einem Anteil von 100 % in der Finanzierung sind, soweit es die Haushaltslage zulässt. Weil wir eine globale Minderausgabe haben und weil diese Förderung zu den freiwilligen Aufgaben gehört, muss eben auch dort geschaut werden, ob eventuell der Ansatz gekürzt werden kann oder muss.

Ich weiß, dass nicht bei allen Vereinen auf diese 90 % gekürzt worden ist, aber diese Differenz, nämlich die 10 %, müssen an anderer Stelle im Haushalt des Ministeriums eingespart werden, also zur Deckung dienen. Die Verbände, die Vereine mit all ihren Projekten und Aufgaben sind in unserer Gesellschaft wichtig. Sie erfüllen mit einem sehr hohen Engagement ihre Aufgaben. Das will ich auf jeden Fall unterstreichen. Weil wir das so sehen, haben wir nicht wenige Mittel zur Förderung der Arbeit und Projekte dieser Verbände und Vereine in den Haushalt eingestellt.

Wichtig ist für mich, die bereitgestellten Mittel - auch wenn sie zeitweilig gekürzt sind - zügig auszuzahlen, und zwar nach Möglichkeit schon zu Beginn des Haushaltsjahres. Viele Vereine weisen diesbezüglich darauf hin, dass es gar nicht möglich ist, im Januar oder Februar mit dem Geld zu rechnen. Das gelingt nicht immer, das weiß ich. Ich denke jedoch, dass wir auf einem guten Weg sind. Wenn wir uns im Finanzausschuss mitteilen lassen, worin die Gründe dafür liegen, dass es zum Beispiel nicht gleich im Januar ausgezahlt werden kann, dann sind wir ein bisschen schlauer und können ein Stück weit darauf reagieren.

Ich habe Ihnen hoffentlich ausreichend dargestellt, warum wir den vorliegenden Antrag nicht überweisen können. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Fischer. Es gibt eine Frage von Herrn Gallert. Möchten Sie diese noch beantworten? - Bitte schön.

Frau Fischer, Sie sprachen über die allgemeine Haushaltssituation und darüber, dass diese trotz alledem dramatisch sei. Nun sage ich einmal: Hierbei geht es darum, dass die Vereine nicht die Gelder bekommen, die eigentlich im Haushaltsplan stehen, sondern weniger. Als der Landtag das, was jetzt im Haushaltsplan steht, beschlossen hat, hat er doch gewusst, dass ein Defizit in Höhe von 20 Milliarden € existiert. Er hat damals allerdings noch nicht gewusst, dass der Haushalt 2007 gegenüber dem Planansatz mit einem deutlichen Überschuss abgeschlossen wird.

Deswegen funktioniert die Argumentation, die Sie jetzt gebracht haben „uns geht es schlecht, deswegen müssen wir das streichen“ nicht; denn das haben wir schon gewusst, als die Ansätze zu 100 % eingestellt worden sind. Mit dieser Argumentation hätte man sie gleich niedriger einstellen müssen.

Herr Gallert, ich habe nicht gesagt, uns gehe es dramatisch schlecht. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass wir keine günstige Haushaltslage haben. Das war mein

Ansatz. Ich habe nicht gesagt, uns gehe es dramatisch schlecht. Aber uns geht es nicht sehr gut und Schulden in Höhe von 20 Milliarden € sind keine gute Haushaltslage.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das haben wir gewusst, als wir die Mittel eingestellt haben!)

Vielen Dank, Frau Fischer. - Nun zum Abschluss noch einmal Frau Dr. Klein, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So richtig hat es sich mir noch nicht erschlossen, warum wir in diesem Jahr nun 10 % und nicht 5 % einsparen. Das hat sich mir nicht richtig erschlossen. Aber vielleicht haben wir Gelegenheit, darüber im Finanzausschuss zu reden.

Zum Zweiten zur Frage der globalen Minderausgabe. Darüber haben wir im Rahmen der Haushaltsberatung auch heftig diskutiert. Wenn ich mir den Haushaltsführungserlass vornehme, dann heißt es dort zur globalen Minderausgabe:

„Alle nicht benötigten Mittel in den jeweiligen Einzelplänen sind zunächst zur Erwirtschaftung der im Einzelplan 13 veranschlagten globalen Minderausgaben heranzuziehen.“

Darin steht nicht, dass die Vereine und Verbände heranzuziehen sind, sondern darin steht: in den Einzelplänen.

(Beifall bei der LINKEN)

Genau das war der Streitpunkt, den wir hatten, als es um die globale Minderausgabe ging, nämlich dass die Verwaltung diese in erster Linie erbringen soll und nicht als ersten Schritt auf die Verbände zugreifen soll.

(Zuruf von Minister Herrn Bullerjahn)

Ich denke nur an die Diskussion, die wir über die Titelgruppe 5 hatten, vor allem zur Öffentlichkeitsarbeit, wo die Ressorts nicht bereit waren zu sparen. Nein, im Gegenteil, da wurde noch etwas aufgestockt und dort noch etwas aufgestockt. Man muss die Dokumente auch einmal richtig lesen. Ich bin davon ausgegangen, dass wir sagen: Wir müssen uns hierüber einmal verständigen.

Zum Dritten. Ich glaube, die Vereine und Verbände müssen nicht unbedingt gewusst haben, dass eine zehnprozentige Kürzung kommt. Es gab schwierige Aushandlungsprozesse während der Haushaltsberatung zum Beispiel im Hinblick auf den Landesfrauenrat. Der entsprechende Ansatz wurde aufgestockt. Dann kam die Kürzung. Das waren genau die Mittel, um die wir aufgestockt hatten. Jetzt bekommen sie die Mittel zwar wieder, aber dieser Kampf um die Mittel, das Prozedere für Ehrenamtliche ist derart umständlich und aufreibend, dass wir Wege finden müssen, um manche Dinge - trotz aller Kontrolle; diesbezüglich sind wir auch gebrannt - vielleicht zu vereinfachen. Warum müssen Wirtschaftspläne zwei-, dreimal aufgeschrieben werden? Das sehe ich wirklich nicht ein.

Ich könnte mir vorstellen - da Frau Fischer sagte, es gehe nur mit Direktabstimmung -, dass wir dann in den einzelnen Fachausschüssen entsprechende Anträge auf Selbstbefassung stellen. Ich möchte es nicht nur im Finanzausschuss haben, weil sich auch die Fachausschüsse einmal mit den Kriterien befassen müssten.

Denn es hat sich mir, wie gesagt, auch nicht erschlossen, warum dieser Verein etwas bekommt und ein anderer nichts. Irgendwo brauchen wir dafür ein paar fassbare Kriterien.

Wir stimmen darüber also direkt ab und wir verständigen uns dann in den Fachausschüssen aufgrund von Anträgen auf Selbstbefassung über die Kriterien und die Form der Beantragung. Das halte ich für unbedingt wichtig. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Klein. - Damit ist die Debatte abgeschlossen. Wenn ich es recht verstanden habe, besteht jetzt kein Antrag auf Überweisung mehr, sodass wir dann über den Antrag selbst abstimmen können.

Wer stimmt dem Antrag in der Drs. 5/1203 zu? - Die Antragsteller. Wer stimmt dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Die FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden und der Tagesordnungspunkt 17 ist beendet.

Ich rufe nun den vorletzten Tagesordnungspunkt, den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung

Elemente der Verwaltungsmodernisierung als ständige Aufgabenstellung realisieren

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/1131

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/1145

Ich bitte zunächst Frau Dr. Paschke, den Antrag einzubringen. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir war, als ich die Tagesordnung gesehen habe, natürlich klar, dass jetzt alle - am Ende eines zweitägigen Sitzungstages, kurz vor 13 Uhr freitags - mit Spannung Elemente der Verwaltungsmodernisierung diskutieren wollen. Das könnte man vielleicht nur noch mit ausgewählten Problemen des Dienstrechts toppen.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Dennoch bin ich sehr davon überzeugt, dass es notwendig ist, diese Elemente, die im Antrag diskutiert werden und dargestellt sind, tatsächlich zu diesem Zeitpunkt aufzurufen.

Wir haben im Innenausschuss Anfang April 2008 über die Umsetzung des Landtagsbeschlusses „Kommunalisierungspotenziale klarstellen“ diskutiert. Wenngleich sich die Diskussionsfreude der Koalitionsfraktionen bei null bewegte, sind uns doch zweierlei Dinge durch die Berichterstattung klar geworden:

Zum Ersten haben wir in wenigen Monaten, nämlich Ende des Jahres 2008, höchstwahrscheinlich den Entwurf eines Zweiten Funktionalreformgesetzes vorliegen. Es ist unstrittig, dass Kommunalisierung in den allermeisten Fällen auch Bürokratieabbau durch Reduzierung von Doppelarbeit, Mitzeichnungsfristen und Reibungsverlusten durch Aufgabenferne bedeutet. Ansonsten würden

wir nicht über Effizienzrendite sprechen und zumindest würde der Landkreistag nicht von sich aus eine Effizienzrendite anbieten.

Zum Zweiten steht insbesondere die Frage der Aufgabenkritik jetzt immer wieder im Fokus, weil wir in der Enquetekommission im Unterschied zu der berechtigten fiskalischen Betrachtungsweise eine aufgabenbezogene Betrachtungsweise vornehmen. Dazu muss man sagen, obwohl es sich ein bisschen gebessert hat: Zwischen dem Kultusministerium und dem Innenressort ist die punktgenaue VBE-bezogene komplexe Aufgabenausweisung immer noch ein Defizit, dessen Beseitigung wir einfordern müssen. Wenn der Änderungsantrag wirklich den Tatsachen entspricht und diese Arbeit abgeschlossen und fortgesetzt wurde, ist es eigentlich auch gar kein Problem, diese Arbeit aus der Landesregierung heraus zu leisten.

Ich möchte auf beide Punkte gesondert eingehen. Betrachten wir zunächst den Punkt 1 des Antrages, der sich auf die Frage der Bürokratiebewältigung durch die Koalitionsfraktionen, ausgewiesen im Koalitionsvertrag, bezieht. Dort haben wir uns die hammerharte Forderung gestellt, die sich allerdings im Änderungsantrag von der Formulierung her nicht wiederfindet, dass wir das Land mit den wenigsten Vorschriften sein wollen. Wir wollen diese Frage diskutieren, indem dieser Maßnahmenkatalog, indem die Inhalte, die Schwerpunkte von der Landesregierung rechtzeitig dem Innenausschuss vorgelegt werden.

Unsere Fraktion ist im Einklang mit vielen Juristen und Verwaltungswissenschaftlern tatsächlich der Auffassung, dass das Ziel, das Land mit den wenigsten Verwaltungsvorschriften zu sein, eigentlich nicht sehr erstrebenswert sein kann, wenn man davon ausgeht, dass Gesetze und Vorschriften, wenn man vom Wesen ausgeht, entweder freiheitsbeschränkend oder freiheitsfördernd sein können, um für die einen die Interessen einzuschränken, um gleichzeitig andere Interessen besser durchzusetzen.

Das haben wir übrigens gestern bei der Diskussion über den Müll sehr wohl gemerkt. Wir haben es heute bei dem Thema Landessportbund und bei dem Thema Abwasser gemerkt. Wir müssen also eine Gratwanderung vornehmen. Aber insgesamt hat schon Max Weber festgestellt, dass Bürokratie wichtig für Machterhalt und Politik ist. Man muss bloß, wie er sagt, die pathologischen Ausfälle dort sozusagen einschränken.

Wir haben hierbei eine umfangreiche Arbeit und einen Spagat zu leisten. Wir wollen von der Landesregierung wissen, ob sie noch immer an der Zielstellung festhält, das Land mit den wenigsten Vorschriften zu sein, oder ob wir tatsächlich bestimmen, welche Schwerpunkte wir uns beim Bürokratieabbau setzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe in Vorbereitung auf diesen Tagesordnungspunkt einen Witz entdeckt, der die pathologischen Ausnahmefälle noch einmal sinnfällig beschreibt: „Warum“, fragt im Tierpark ein Löwe seinen stark abgemagerten Artgenossen, „bekomme ich jeden Tag Fleisch und du nur Eicheln?“ - „Das ist die Scheißbürokratie“, mault der andere Löwe; „ich sitze auf der Planstelle eines Wildschweins.“