Protocol of the Session on April 18, 2008

- Ja, mal sehen.

Risiko Nr. 3 sind die EU-Mittel. Wir sind sehr spät dazu gekommen, die EU-Mittel richtig zu veranschlagen aufgrund dessen, dass es in Brüssel - richtigerweise - sehr lange gedauert hat, bis wir letztlich die Zustimmung zu den OPs bekommen haben. Das hat zur Folge, dass wir jetzt darauf warten müssen, dass die Mittel aus den OPs abfließen, weil wir erst nach einem bestimmten Abfluss von Fördermitteln überhaupt wieder Mittel auf der Einnahmenseite zurückbekommen.

Es gibt ganz klare Absprachen. Es könnte der Fall eintreten, dass ich aufgrund schleppender Ausgaben im Jahr 2008 den Einnahmenüberweisungen aus Brüssel hinterherlaufen und das dann im Prinzip aus dem Gesamthaushalt wieder auffangen muss. Dabei geht es nicht um 1,50 €. Das kann im Ernstfall eine dreistellige Millionensumme sein.

Wenn das einmal in Gang gekommen ist - wir kennen das alle -, meinetwegen im zweiten Halbjahr, dann fließen die Ausgaben auch ab. Ich werde dann aber im Hinblick auf die Einnahmenseite nicht mehr in die Lage versetzt sein, bis Ende Oktober, bis wann es nämlich sein muss, die Anträge zu stellen, damit die Mittel aus Brüssel auch fließen. - Das ist Risiko Nr. 3.

Risiko Nr. 4: Haushaltsreste. Wir haben uns alle gefreut - ich habe das im Finanzausschuss schon erklärt -, dass wir im vorigen Jahr nicht neue Schulden in Höhe von rund 290 Millionen € aufnehmen mussten, sondern letztlich einen Überschuss erarbeitet haben, den wir ja dann in die Steuerschwankungsreserve eingepreist haben. Das ging auch zulasten von Mitteln für Investitionen, die nicht verfallen sind, sondern die wir in die nächsten Haushaltsjahre verschoben haben. Wir haben jetzt qualifiziert, ich glaube, 115 Millionen €. Das kann im besten Fall - ich sage jetzt bewusst: im besten Fall - auf 150 Millionen € anwachsen.

Jetzt rechnen Sie doch bitte einmal selbst die Summe zusammen, die ich gerade an vier, fünf Punkten festgemacht habe. Dies entspricht einem Gesamtrisiko in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro. Das konnten wir am Anfang des Jahres absehen.

Insofern war es für uns ganz klar, dass wir die Fördermittel in der Haushaltsführung nicht nur um 5 %, son

dern um 10 % absenken. Das ist die eine Seite. Das ist unsere Pflicht und dabei sind wir als Exekutive auch gefragt. Wir haben das auch gemacht, wohl wissend, dass natürlich die Debatte kommen wird, wie es denn dann für die einzelnen Vereine ist.

Zu dieser Diskussion will ich jetzt kommen. Es ist ja nicht neu, es passiert ja jedes Jahr, wenn sich in dem Haushaltsführungserlass eine prozentuale Deckelung befindet.

Wir haben das den Ressorts rechtzeitig angezeigt. Der Haushaltsführungserlass wird ja im Januar herumgeschickt, bestätigt und auch mit dem Rechnungshof abgestimmt, damit er dann im Detail auch funktioniert. Die Ressorts reagieren in ihrem eigenen Ermessen darauf. Mit dem Sozialministerium haben wir darüber sehr frühzeitig gesprochen. Dann hat das Sozialministerium auch zusammen mit dem Landesverwaltungsamt die Vereine angeschrieben und darauf hingewiesen, dass sie ihre Wirtschaftspläne anpassen müssen.

Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Dr. Klein, glaube ich, dass es zum Beispiel bei der Aidshilfe möglich ist, wenn man sich die Fallzahlen anschaut, auch mit 90 % der Mittel zu arbeiten. Nicht ausgeschlossen ist, dass es weitere Mittel geben kann. Aber zu sagen, mit 90 % geht es überhaupt nicht - -

Ich will hier nicht die Grundsatzdebatte anfangen, wie viel Geld wir als Land Sachsen-Anhalt in diesem Bereich im Vergleich zu anderen westdeutschen Ländern eigentlich ausgeben. Dabei liegen wir nämlich weit über dem Durchschnitt, wenn ich mir einmal den ganzen Sozialbereich ansehe.

Ich glaube schon, dass das eine oder andere wegen der Kürzung im Detail schlecht laufen kann und wir darauf reagieren müssen. Es gibt ja einige, die jetzt das Geld bekommen haben. Es ist immer das gleiche Prozedere. Es gab auch schon mehrere Gespräche mit mir und auch mit Mitgliedern Ihrer Fraktion, in denen ich mir manches vielleicht auch eher hätte vorstellen können. Vom Verfahren her ist es aber so, wie es ist. Wir werden das abarbeiten.

Wenn ich mich richtig erinnere, steht das Thema sowieso schon auf der nächsten Sitzung des Finanzausschusses wegen eines Briefes eines Vereines, glaube ich, oder - -

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Frauenhäuser!)

- Genau, das steht doch, glaube ich, auf der Tagesordnung. - Waren es die Frauenhäuser? Ich will wenigstens einmal auf mein Manuskript gucken. Es gab doch schon eine Klärung. Genau: im Wege der Einzelfallentscheidung bereits Freigabe für die Förderung des Landesfrauenrates, der Stiftung Familie in Not und von Umweltschutzverbänden. So ist das gelaufen. Nun muss man gucken, dass das auch für die anderen relativ zeitnah geklärt wird. Das ist der Gang der Dinge.

Ich habe kein Problem damit, dass wir darüber in den Ausschüssen noch einmal reden, auch im Sozialausschuss, weil dieser das natürlich fachlich begleitet. Ich hoffe aber, dass Sie ein bisschen Verständnis für mein Handeln haben. Ich würde mich freuen, wenn es in den künftigen Jahren möglich wäre, ohne solche Restriktionen auszukommen.

Sie müssen mich aber auch verstehen, dass wir uns für den Doppelhaushalt 2008/2009 und zum Teil vielleicht

auch noch für den Doppelhaushalt 2010/2011 in Abhängigkeit von den Risiken, die ich gerade aufgezählt habe, solche Möglichkeiten immer wieder geben werden, weil wir sonst im Vollzug überhaupt keine Chance hätten, auf solche Risiken einzugehen. Das wäre noch unverantwortlicher als es andersherum zu machen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. - Nun hören wir die Beiträge der Fraktionen. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Tullner. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag, der uns heute vorliegt - Frau Klein ist, glaube ich, schon intensiv darauf eingegangen, worum es geht -, befasst sich eigentlich mit zwei Materien.

Der ärgerliche Teil ist sicherlich, wie sie es auch geschrieben haben, Frau Klein, dass die Vereine und Verbände auch zum Teil von uns Signale bekommen haben, dass wir das und das beschlossen hätten und sie damit planen könnten, sie dann die ganzen Planungen aufstellen und einreichen, es dann aber plötzlich heißt, April, April, es gibt weniger Geld. Das ist ein ärgerlicher Vorgang und, glaube ich, aus der Sicht der Vereine und Verbände auch nicht immer nachvollziehbar.

Es ist aber eben auch kein neuer Vorgang. Das will ich an dieser Stelle auch einmal sagen. Es ist in den vergangenen Jahren immer so gehandhabt worden. Die Frage ist, warum es jetzt 10 % statt 5 % sind. Darauf ist der Minister schon eingegangen. Er hat die Risiken beschrieben.

Ich denke, dass die Regierung, in diesem Fall der Finanzminister, die Möglichkeit haben muss, den Haushalt im Jahresverlauf zu steuern, weil eben heute schon Risiken bestehen und andere Risiken auftauchen und hinzukommen - was wir nicht hoffen wollen, was aber immer wieder passiert. Das ist legitim, verbrieft und wird von uns auch akzeptiert.

Dennoch, denke ich, müssen wir alle miteinander zu einer Praxis kommen - der Minister hat ja auf die Jahre nach dem Jahr 2011 verwiesen; das ist natürlich so ein bisschen das Prinzip Hoffnung, aber man kennt ja die Rahmenbedingungen an der Stelle auch -, dass wir den Verbänden und Vereinen die Finanzmittel doch etwas verlässlicher überantworten können.

Ich will an dieser Stelle aber auch noch einmal darauf hinweisen, dass sich die Vereine und Verbände, die in Rede stehen, aufgrund der Praxis in den vergangenen Jahren damit natürlich auseinander gesetzt und wahrscheinlich auch gewusst haben, dass es so kommt. Ich denke, dass dieser Neuheitseffekt deswegen auch nicht so fürchterlich groß ist.

Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass auch globale Minderausgaben keine so schrecklich neue Erfindung sind. Ich habe mir einmal die Zahlen geben lassen: Im Jahr 1995 waren es sogar 200 Millionen, im Jahr 1996 260 Millionen.

(Minister Herr Bullerjahn: Da waren es noch D- Mark!)

- Nein, das sind Euro-Zahlen. Die D-Mark-Zahlen waren noch höher.

Im Jahr 1997 waren es 102 Millionen, im Jahr 1998 132 Millionen, im Jahr 2001 107 Millionen und im Jahr 2002 150 Millionen. Daran sieht man also, dass über GMAs immer Haushaltsrestriktionen gestaltet wurden, sogar in Größenordnungen, die heute, glaube ich, nicht mehr so ganz akzeptabel sind.

Wenn man sich die Haushaltsführungserlasse in diesen Jahren anguckt, dann wird man feststellen, dass - ich will jetzt nicht übertreiben - im Prinzip der Erlass aus dem vergangenen Jahr immer wieder neu aufgelegt wurde und quasi nur die Zahlen verändert wurden. Das heißt, genau diese Restriktionen, Sperre in Hauptgruppe 6, 95%-Freigabe, ziehen sich da durch wie ein roter Faden. Deswegen ist die Praxis ärgerlich, aber nicht neu.

Der Finanzminister hat darauf hingewiesen, dass wir in diesem Jahr vielleicht darauf vertrauen können, dass die Risiken überschaubar bleiben und wir sie in den Griff bekommen und den in Rede stehenden Vereinen und Verbänden dann vielleicht doch noch entgegenkommen können.

Der Minister hat auf die Risiken hingewiesen. Ich will aber auch auf die andere Seite der Praxis kurz hinweisen. Wenn wir uns einmal den Haushaltsabschluss für das Jahr 2007 angucken, über den wir nächste Woche noch einmal beraten, dann stellen wir wie auch in den vergangenen Jahren fest, dass in Hauptgruppe 5 fast 50 Millionen € nicht ausgegeben worden sind, in Hauptgruppe 6 161 Millionen €, in Hauptgruppe 7 22 Millionen € und in Hauptgruppe 8 mehr als 250 Millionen €.

Das heißt, das Leben ist immer differenzierter. Deshalb sollten wir darauf vertrauen, dass bestimmte Mittel nicht abfließen können und wir am Ende des Jahres konstatieren können, dass die Verbände und Vereine auch in diesem Jahr, auch wenn sie sich in den nächsten Jahren darauf einstellen sollten, dass die Mittel nicht mehr so fließen können, die im Etat beschlossenen Ansätze erhalten. Das wäre ein Anliegen, welches die CDU weiter verfolgen wird und wofür sie sich, ohne dabei die finanzpolitischen Rahmenbedingungen aus dem Blick zu verlieren, einsetzen wird. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Tullner. - Nun erteile ich Frau Dr. Hüskens das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich den Antrag zum ersten Mal gesehen habe, habe ich gedacht, na ja, es ist ein wenig populistisch, und zwar aus den Gründen, die Herr Tullner und Herr Bullerjahn hier vorgetragen haben, herangegangen worden.

Wir haben im Landtag eine globale Minderausgabe beschlossen. Auch wenn wir dem Haushalt nicht zugestimmt haben, so haben wir ihn nicht deshalb abgelehnt. Wir haben als Fraktionen - ich glaube, nicht nur die Oppositionsfraktionen, sondern auch die Regierungsfraktionen - gerade bei der globalen Minderausgabe in der Regel zugelegt.

Wenn man einmal ehrlich ist, dann tun wir damit Folgendes: Wir drücken uns vor der Entscheidung zu sagen, wo genau gespart werden soll, und sagen, beim Haushaltsvollzug wird schon das eine oder andere übrig bleiben und das klappt dann schon irgendwie und ein steuerndes Eingreifen ist nicht nötig. Die Summe ist dann aber jedes Mal so hoch, dass schon bei der Verwaltung eine entsprechende Umsetzung stattfinden muss; denn am Jahresende würden wir alle zu Recht fragen: Warum hat das Ganze nicht funktioniert?

Deshalb habe ich zunächst gesagt, den Antrag lehnen wir, wegen einer sehr populistischen Herangehensweise, ab. Wir haben jedoch auf der anderen Seite in diesem Jahr tatsächlich ein Problem. Zunächst einmal haben sich die Frauenhäuser an uns alle gewandt; dafür hat man dann eine individuelle Lösung gefunden. Es ist, wie ich in den letzten Tagen meinen E-Mails entnehmen konnte, inzwischen eine ganze Reihe von Vereinen und Verbänden die, obwohl der Haushaltsführungserlass sehr stark dem der letzten Jahre ähnelt, jetzt in diesem Jahr Probleme haben.

Ich glaube, gestern hatten wir auf unserem E-Mail-Server fast alle das Schreiben der Aidshilfe, die in den vergangenen Jahren keine Probleme hatte, die aber in diesem Jahr Probleme hat. Das kann nur daran liegen, dass offensichtlich einige Ressorts den Haushaltsführungserlass des Finanzministeriums anders umsetzen, als er in den vergangenen Jahren umgesetzt worden ist.

Zumindest das ist ein Punkt, mit dem wir uns beschäftigen müssen. Deshalb will ich nachdrücklich dafür werben, dass wir uns zumindest im Finanzausschuss mit diesem Antrag befassen, ihn dorthin überweisen und uns vortragen lassen, wo die Differenz zwischen dem liegt, was wir in den letzten Jahren getan haben, und dem, was in diesem Jahr Praxis ist. Vielleicht kommen wir tatsächlich zu einer Lösung und erfahren, woher das Problem kommt, und können es für die zukünftigen Jahre abstellen.

Ich kann mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, dass das Sozialministerium, in dem die meisten Vereine, die Probleme haben, ressortieren, Spaß daran hat, die Vereine und Verbände in den Ruin zu treiben bzw. ihnen die Mittel so vorzuenthalten, dass, wie es bei der Aidshilfe zu sein scheint, Insolvenz angemeldet werden muss.

Deshalb meine Bitte: Lassen Sie uns den Antrag zumindest in den Finanzausschuss überweisen und uns dort darauf verständigen, welche rechtlichen Regelungen betroffen sind, welche Spielräume für die einzelnen Ressorts vorhanden sind, und dann in einer Diskussion vielleicht zu einer einvernehmlichen Lösung kommen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Nun spricht für die SPD-Fraktion Frau Fischer.

Vielen Dank. Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Zunächst einmal, Frau Dr. Hüskens, Frau Dr. Klein: Überweisen können wir den Antrag so, wie er jetzt vorliegt, nicht. Ich glaube, es ist klar, dass wir uns damit im Finanzausschuss befassen können - das bleibt uns unbenommen -, und ich denke, die heu

tige Diskussion wird sicherlich dazu führen. Zudem können wir es selbst auf unsere Tagesordnung setzen.

Frau Dr. Klein, ich habe mich jedoch darüber gewundert, dass Sie das selbst so vorgetragen haben. In der Begründung des vorliegenden Antrages steht, dass die Landesregierung trotz der günstigen Haushaltslage über die Bewirtschaftungsbeschränkungen in den anderen Jahren hinausgeht.

Ich sehe bei uns in Sachsen-Anhalt nirgendwo eine günstige Haushaltslage. Wir haben nach wie vor 20 Milliarden € Schulden, für die wir jährlich 1 Milliarde € Zinsen zahlen. Wir haben einen großen Schuldenberg. Allerdings ist es uns gelungen, in den Jahren 2008 und 2009 keine neuen Schulden aufzunehmen. Ich hoffe, dass das auch so bleiben kann. Das ist richtig so. Für mich ist es eine Verpflichtungen, vor allen Dingen auch für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, darüber hinaus den Schuldenberg abzubauen. Das steht bei mir ganz oben an.