Protocol of the Session on February 29, 2008

Ost und West. Also, auch diese Dinge gibt es in meiner Partei. Das wird Sie sicherlich nicht überraschen.

Wir haben zum Beispiel einen Erfahrungsaustausch durchgeführt, bei dem behauptet worden ist, dass eine Agentur, die sich mit den Hauptfragen aus dieser Reform beschäftigt, vor allen Dingen aus Optionskreisen angerufen werde, wo offenbar die allermeiste Verwirrung bestehe, und dass das in den Argen gar nicht so schlimm sei.

An dieser Stelle sind also die Erfahrungen höchst unterschiedlich. Das ist auch ein Grund, weshalb ich an dieser Stelle dem Minister darin zustimme, und zwar ausdrücklich, dass wir uns mit der Evaluierung dieser Geschichten ein Stückchen Zeit lassen müssen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts lässt uns diese Zeit; viel ist es nicht, das gebe ich zu. Wenn man bis 2010 eine Regelung finden will, dann kann man damit nicht Ende 2009 anfangen. Wir müssen also genauer hinschauen und die Erfahrungen sammeln. Ich habe nichts gegen mehr Optionen; ich habe persönlich nichts dagegen.

Wir haben uns im Salzlandkreis - das können Sie im Kommunalwahlprogramm nachlesen - als Kreistagsfraktion dafür ausgesprochen, die Option auf den gesamten Kreis auszudehnen. Das war, so denke ich, ein eindeutiges Votum.

Was die Zufriedenheit betrifft: Das ist auch zwischen den Optionskommunen höchst unterschiedlich. Beispielsweise habe ich aus Merseburg - das ist eine Optionskommune - auch viel Unzufriedenheit gehört.

(Frau Weiß, CDU: So ist es laut Petition!)

- So ist es. - Ich habe auch sehr unterschiedliche Erfahrungen in den Argen gemacht. Wir haben bei einem Erfahrungsaustausch im Landtag die Argen eingeladen, beispielsweise aus Magdeburg, bei denen es durchaus positive Erfahrungen gibt. Wir müssen uns, wie gesagt, beides anschauen. Vieles hängt - das ist immer so - an handelnden Personen.

(Herr Gürth, CDU: Das stimmt!)

Die Arbeit der Argen ist unterschiedlich und die Arbeit der Optionskommunen ist unterschiedlich. Ich denke, es ist eine Diskussion, bei der wir noch nicht am Ende sind.

Herr Paqué, auch wir können nicht ganz vorbehaltlos Ihrem Antrag zustimmen, weil wir glauben, dass wir uns für die Entscheidung, die Verantwortung komplett auf die Kommunen zu geben, ein Stückchen länger Zeit lassen müssen. Deshalb sage ich: Beide Anträge in den Ausschuss überweisen und da wird weiter diskutiert. Hier haben wir leider nicht genügend Zeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Dirlich. - Nun noch einmal Frau Take. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass hier sehr emotionsbetont, aber auch sachlich über dieses wichtige Thema diskutiert wurde. Ich habe gemerkt, dass in allen Fraktionen das Bestreben sehr groß ist, gemeinsam eine Lösung zu finden für ein Pro

blem, das uns in Berlin bereitet wurde. In Berlin und Nürnberg werden die Entscheidungen getroffen, wie es bei uns hier weitergeht; denn das Geld kommt von dort. Das Geld kommt von der Bundesagentur für Arbeit, die eine Bundesbehörde ist. Deshalb denke ich, dass wir unseren Einfluss nur über die Landesregierung geltend machen können. Uns wird dieses Problem weiterhin beschäftigen, nämlich bis 2010.

Frau Dirlich, Sie sagten vorhin, Sie wüssten nicht, warum wir uns an dieser Stelle noch einmal mit diesem Thema befassen. Wir haben im September ausführlich darüber gesprochen. Aber ich denke, wir haben jetzt, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, eine neue Situation. Das hatten wir zum damaligen Zeitpunkt noch nicht. Wir wussten zwar, dass darüber gesessen und geurteilt wird, aber das Urteil war damals noch nicht vorhanden.

Jetzt zwingt uns dieses Urteil, zu handeln und unsere Politik entsprechend auszurichten. Es betrifft nicht nur unser Land, sondern es betrifft die gesamte Bundesrepublik Deutschland. Auch in den anderen Bundesländern muss über die Neustrukturierung und über die Neuordnung der Argen - ich will sie jetzt noch so nennen - berichtet bzw. das korrigiert werden.

Ich bin aber auch der Auffassung, dass wir jetzt beraten sollten, was für unser Bundesland am besten wäre. Herr Professor Paqué, ich bin zwar hinsichtlich der Kommunalisierung, die Sie anstreben, durchaus sehr nah bei Ihnen; das ist ganz klar. Aber was Ihren Antrag als solchen betrifft, fehlt mir einfach der Aspekt, dass die finanzielle Ausstattung der Kommunen gesichert werden muss; das ist in Ihrem Alternativantrag nicht explizit enthalten. Hätten Sie von einem Änderungsantrag gesprochen, hätten wir uns darüber durchaus verständigen können. Aber es ist ein Alternativantrag. Deshalb können wir Ihrem Antrag aus meiner Sicht nicht zustimmen.

Wir sind durchaus bereit - das ist in der Begründung zu unserem Antrag enthalten -, über die Optionskommunen zu reden; das müssen wir auch. Wenn der Minister sagt, wir haben bei den Optionskommunen bessere Erfahrungen hinsichtlich der Arbeitslosenstatistik gemacht, dann bin ich durchaus der Meinung, dass das auf einer Grundlage basiert, die genau recherchiert wurde.

Wir haben bis 2010 Zeit; das ist nicht sehr viel Ziel, aber dennoch ausreichend. Ich möchte Sie trotzdem darum bitten, unserem Antrag an dieser Stelle zuzustimmen. Wir können uns weiterhin auch im Rahmen der Selbstbefassung im Wirtschaftsausschuss damit befassen; aber ich denke, wir sollten jetzt das Ganze auf den Weg bringen. Ich bitte deshalb noch einmal um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Take. Möchten Sie eine Frage von Frau Dirlich beantworten?

Ja, natürlich.

Bitte, Frau Dirlich.

Ich verpacke es einmal in eine Frage. Frau Take, würden Sie mir darin zustimmen, dass der Antrag, den Sie vorlegen, nichts darüber aussagt, wie sich der Landtag von Sachsen-Anhalt in der Frage positioniert, wie es mit den Argen weitergehen solle, dass wir also an diesem Antrag arbeiten müssen? - In dem Antrag ist nichts darüber enthalten. Das, was darin steht, gibt es bereits als Beschluss.

Deshalb habe ich vorgeschlagen, dass wir im Ausschuss in Ruhe darüber beraten, welchen Auftrag wir unserer Landesregierung mitgeben. Ob wir uns dabei einig werden oder ob am Ende die Koalitionsfraktionen aufgrund ihrer Mehrheit die Beschlussempfehlung bestimmen, ist eine völlig andere Frage. Im Moment sagen Sie zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Ihrem Beschlussantrag - so soll ich es noch einmal sagen - nüscht. Sie sagen dazu nüscht; richtig heißt es „nichts“.

(Herr Gürth, CDU: Das Wort „nüscht“ habe ich gar nicht gesehen!)

Der Antrag ist klar. Entschieden wird in Berlin. Das hatte ich schon einmal ausgeführt. Deshalb ist es nicht unsere Sache. Wir können dazu beitragen, wenn wir uns noch einmal - - Sie sagten, wir haben bereits lange darüber diskutiert und im Ausschuss gesprochen. Die Entscheidung fällt in Berlin. Deshalb, so denke ist, ist es ausreichend, dass wir diesen Antrag so beschließen.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Take. - Damit ist die Debatte abgeschlossen. Nun wird abgestimmt.

Frau Dirlich hat beantragt und dies auch begründet, beide Anträge in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zu überweisen. Wer stimmt diesem Überweisungsantrag zu? - Die Antragsteller sowie die FDP. Wer stimmt dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Damit ist dieser Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Jetzt stimmen wir über den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 5/1134 ab. Wer stimmt zu? - Die Antragsteller. Wer stimmt dagegen? - Die beiden anderen Fraktionen. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen worden. Der Alternativantrag hat sich erledigt. Der Tagesordnungspunkt 14 ist damit abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Beratung

Perspektiven öffentlicher Banken in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/1132

Ich bitte Herrn Professor Paqué, diesen Antrag einzubringen und damit eine Rede besonderer Art zu halten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selten hat das öffentliche Bankwesen die Schlagzeilen so beherrscht wie in den letzten Monaten; selbst

bei dem Wegfall der Gewährträgerhaftung war das nicht so. Leider sind die Schlagzeilen - das müssen wir feststellen - nicht gut. Einige Landesbanken sind voll in den Strudel der amerikanischen Subprime-Finanzkrise geraten.

Die SachsenLB stand im letzten Jahr vor der Schließung. Sie konnte nur durch eine hastige Übernahme durch die Landesbank Baden-Württemberg gerettet werden. Hierfür musste das Land Sachsen, und damit der Steuerzahler, eine Garantie von 2,75 Milliarden € schultern.

Meine Damen und Herren! Man muss bei diesen Zahlen immer schlucken. Daran sieht man, welche Wucht Finanzkrisen haben können, wenn Banken wirklich in Gefahr geraten. Ob diese Garantie EU-konform ist, wird sich noch herausstellen. Die Ministerpräsidenten Milbradt und Oettinger waren zur Prüfung in dieser Woche in Brüssel. Die politische Aufarbeitung des gesamten Vorgangs in Sachsen ist sicherlich noch keineswegs beendet.

Meine Damen und Herren! Die WestLB hat massive Wertberichtigungen ebenfalls in Milliardenhöhe hinnehmen müssen. Die nordrhein-westfälische Landesregierung sucht nach einem Fusionspartner, ist aber bisher nicht fündig geworden. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass die umworbene hessisch-thüringische Landesbank und die Landesbank Baden-Württemberg an einem Zusammengehen mit der WestLB nicht sonderlich interessiert sind.

Die Bayerische Landesbank schließlich hat gleichfalls massive Verluste aus dem Immobiliengeschäft eingesteckt, und auch die Bayerische Staatsregierung, sonst stets sehr selbstbewusst und die Eigenständigkeit ihres Freistaates hervorkehrend, redet plötzlich ganz kleinlaut über eine Achse Stuttgart/München mit einer gesamtsüddeutschen Landesbank.

Meine Damen und Herren! Allein die NordLB sowie die hessisch-thüringische Landesbank sind anscheinend von der Krise nur mittelbar und in relativ geringem Umfang betroffen. Dies ist, isoliert betrachtet, durchaus erfreulich, zeigt es doch gerade im Falle der NordLB, dass die Bank ein besonders solides und auch seriöses Institut ist, das sich nicht auf das Glatteis hochspekulativer Geschäfte begeben hat, jedenfalls nicht in hohem Maße, nur um kurzfristig ein Maximum an Rendite herauszuschlagen, was bei den anderen Banken offenbar getan wurde.

Dies ist überhaupt kein Grund zur Selbstzufriedenheit in den Trägerländern Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, aber es zeigt doch, dass die Träger in den letzten sechs Jahren der Bank einen vernünftigen Kurs auferlegt haben. Dieser Kurs hieß: Weg von riskanten Geschäften, wie zum Beispiel dem langjährigen verlustreichen Engagement bei der maroden Berliner Bankgesellschaft, weg von überzogenen Gehaltsniveaus und zusätzlichen Vergünstigungen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - das muss auch gesagt werden; auch da hat es Bewegung gegeben, die anzuerkennen ist - und hin zu einem Geschäftsmodell, das wieder stärker die Kreditversorgung des Mittelstands in den Trägerländern ins Visier nimmt und gleichzeitig vernünftige professionelle überregionale und sektorale Schwerpunkte setzt, vor allem mit Blick auf Skandinavien und Nordosteuropa.

Meine Damen und Herren! Diese durchaus erfolgreiche Strategie zeigt übrigens, dass man als Landesbank kei

nesfalls riesengroß sein muss, um am Markt vernünftig bestehen zu können. Die NordLB und auch die ebenso erfolgreiche Helaba - so hieß sie früher, heute ist das die Landesbank Hessen-Thüringen - sind mittelgroße Institute zwischen großen, die schwächeln, wie die WestLB und die BayernLB, und einer kleinen, der SachsenLB, die so geschwächt ist, dass es sie zumindest als unabhängiges Institut nicht mehr gibt. Ob sie überhaupt weiter existiert, hängt von den EU-rechtlichen Fragen ab.

Vielleicht sollte man die Frage ein bisschen anders diskutieren, wenn man auf die Landesbanken blickt. Es ist nämlich interessant - das bemerke ich an dieser Stelle nur am Rande -, dass die Institute, die schlecht dastehen, alles Institute sind, die nur von einem Land getragen wurden, entweder von einem großen Land wie Nordrhein-Westfalen oder Bayern oder von einem relativ kleinen Land wie Sachsen.

Das ist sehr interessant. Das zeigt möglicherweise, dass bei Ein-Land-Institutionen ein betriebswirtschaftlich abträglicher politischer Einfluss vorhanden ist, der sich vielleicht bei Mehr-Länder-Instituten etwas besser verhindern lässt, weil dann - sagen wir einmal - die Interessen in den zuständigen Gremien etwas unterschiedlicher sind. Ich kann das aufgrund eigener Erfahrungen bei der NordLB durchaus als ein Positivum vermerken. Die Zusammenarbeit mit Niedersachen war immer sehr gut; aber es ist schon vorteilhaft, wenn unterschiedliche Länder mit am Tisch sitzen. Das erhöht einfach die Kontrollintensität und vielleicht auch die Qualität derjenigen, die in den entsprechenden Gremien sitzen.

Meine Damen und Herren! Eines ist aus meiner Sicht danach klar, und das muss in der öffentlichen Diskussion auch deutlich betont werden: Größe allein hilft gar nicht. Das sollte sich übrigens auch der sozialdemokratische Bundesfinanzminister Steinbrück vor Augen führen. Er will neuerdings eine riesige Landesbank für Deutschland - ich nenne das immer etwas ironisch eine Bundesbank -, die bundesweit die gleichen Funktionen wie vormals die Landesbanken übernehmen soll.

Man muss sich bei Herrn Steinbrück, Ihrem sozialdemokratischen Kollegen, Herr Minister Bullerjahn, schon wundern; denn er war immerhin - als Kollege von mir, als ich Finanzminister war - langjährig Finanzminister in Nordrhein-Westfalen und damit Aufsichtsratsvorsitzender einer der Banken, die jetzt in eine schwere Schieflage geraten sind. Es ist schon verwunderlich, dass er plötzlich ein flammendes Plädoyer - ich habe das selbst bei einer Veranstaltung erlebt - für eine „Bundeslandesbank“ hält oder wie immer man sie nennen soll.

Nein, Größe hilft nicht. Das sieht man übrigens auch in anderen Branchen, wenn man Fusionen wie die von Daimler Chrysler betrachtet, die nicht besonders erfolgreich waren. Ich könnte noch ganz andere nennen. Es geht um betriebswirtschaftlich vernünftige Arbeit, und die kann auch im Zuge der Globalisierung in kleineren Einheiten ebenso wie in größeren Einheiten erfolgen. Es kommt auf das Geschäftsmodell an. Es kommt nicht darauf an, wie groß man ist.