Es gab in den römischen Provinzen ein Klugheitsgebot. Dieses lautete: Roma locuta, causa finita. Ich glaube, in diesem Sinne können wir für diese Gebührenperiode realistischerweise sagen: Die KEF hat gesprochen, das war’s. Ich finde, die KEF hat diesmal einen guten Job gemacht.
Die Empfehlung „95 Cent“ ist auf den ersten Blick viel. Das relativiert sich in der Zeitschiene. Wir haben es ja schon gehört: Die Erhöhung liegt unterhalb der Inflationsrate. Somit ist das ein gut vertretbarer und wohl abgewogener Vorschlag, der erheblich hinter den Anmeldungen der Rundfunkanstalten zurückbleibt.
Die KEF hat - das hat mich auch gefreut - durchaus auch Überschreitungen aus Selbstverpflichtungen wie im Online-Bereich sanktioniert. Das zeigt, dass jene Änderungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrages, die wir unlängst verabschiedet haben, von der KEF respektiert und ernst genommen werden und dass sie handhabbar sind. Ich hoffe, dass das für die Anstalten ein Signal ist, sich in Zukunft an Selbstverpflichtungen, die ja in einem sehr differenzierten Verfahren entwickelt worden sind, zu halten.
Das genannte Stoßgebet verpflichtet uns allerdings auch dazu, uns zu fragen: Was zu ändern haben wir denn die Macht? - Dazu hat Herr Schröder schon ganz zutreffend gesagt: Das ist die Gebührenstruktur und das ist der Funktionsauftrag. Das sind die beiden Bereiche, in denen die Politik in den nächsten Monaten, in den nächsten Jahren herausgefordert ist.
Die neue Gebührenstruktur wird naheliegenderweise erst mit Beginn der nächsten Gebührenperiode, also im Jahr 2013, greifen. Den Funktionsauftrag zu konkretisieren sind wir jedoch schon deshalb kurzfristig herausgefordert, weil wir die Voraussetzungen dafür schaffen müssen, den Kompromiss mit Brüssel umzusetzen. Deswegen lassen Sie mich diese Felder ein klein wenig näher beleuchten.
Bei der Gebührenstruktur fährt der Zug in der Tat in Richtung auf eine Haushalts- oder Unternehmensabgabe, bei der wir die Gerätebezogenheit mit all ihren Problemen, die uns in der Vergangenheit so außergewöhnlich belastet haben und die - die Frau Abgeordnete Weiß kennt es ja auch - im Petitionsausschuss zu vielen, vielen Eingaben geführt haben, ad acta legen können, wie ich hoffe, und zu einer relativ einfachen und einfach zu handhabenden Gebühr kommen können.
Wenn es uns darüber hinaus noch gelingt, die bisherigen sozialen Ermäßigungstatbestände, die auch zu vielen Konflikten geführt haben, wenn man so will, in die Grundgebühr hineinzurechnen und damit in die jeweiligen Sozialleistungen, in die Warenkörbe, wenn man so will, einzubeziehen, dann hätten wir wirklich ein schlankes Gebührensystem, das zudem wegen der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage auch zu einer deutlichen Reduzierung der Gebühr führen könnte.
Bei einer deutlichen Reduzierung der Gebühr stellte sich dann auch die Frage anders: Können wir es uns leisten, auf Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu verzichten? Das ist ja auch eine der spannenden Fragen, die nicht zuletzt deswegen aktuellere Bedeutung erlangt hat, weil wir im Nachbarland Frankreich verfolgen können, wie heftig die Diskussion dort geführt wird.
Wir müssen uns nur im Klaren darüber sein, dass der Verzicht auf Werbung bei uns - nach dem derzeitigen Gebührensystem - zu einem Anstieg von 1,42 € und der Verzicht auf Sponsoring und Werbung darüber hinaus zu einem Anstieg von 2,42 € führen könnte. Bei einer Gebühr, die jetzt gerade so die 18 € ankratzt, wäre das sicherlich unangemessen. Aber bei einer Verbreiterung und Veränderung der Gebührenbasis ließe sich darüber diskutieren.
Dass das medienpolitisch allemal sinnvoll wäre, kann man zwischen den Zeilen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sehr deutlich lesen, das beredt anmahnt, zu welchen Verflachungen das Programm bei einer Überfrachtung mit Werbung führen könnte. Das ist ein sehr ernst zu nehmendes Problem.
Ob es uns gelingt, Indizes so einzuführen, dass wir in Zukunft auf das KEF-Verfahren verzichten können, halte ich für fraglich.
Eine andere Frage ist die, die Sie, Herr Schröder, soeben angesprochen haben, und zwar ob es möglich ist, jenen Verfassungssatz, dass die Politik angehalten sei, auch die angemessene Belastung der Gebührenzahler zu berücksichtigen, an den Nettolohnindex zu koppeln.
Legten wir aber den Nettolohnindex schon bei der Bemessung der Gebühr zugrunde, wären die Gebühren heute erheblich höher, weil die Nettolohnentwicklung - Gott sei Dank, kann man nur sagen - über die Länge der Jahre deutlich dynamischer verlaufen ist als die Erhöhung der Rundfunkgebühr.
Einen Index zu finden - das Verfassungsgericht trägt es uns auch immer wieder an, darüber nachzudenken -, der uns von der Bedarfsermittlung im KEF-Verfahren freistellt, grenzt an Unmöglichkeit, weil niemand einen solchen Index hat, der auf der einen Seite nicht zu einer Überdeckung führt - das würde EU-rechtlich problematisch sein -, aber auf der anderen Seite nicht zu einer Unterdeckung führt; Letzteres würde wiederum verfassungsrechtlich unzulässig sein.
Diese Punktlandung gelang uns bisher in dem KEF-Verfahren, das zugegebenermaßen aufwendig ist, recht präzise. Insofern scheint es mir unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte zurzeit jedenfalls das am besten geeignete Verfahren zu sein.
Bei der Konkretisierung des Funktionsauftrages bin ich zunächst den Rundfunkanstalten dafür dankbar, dass sie schon im Vorfeld des Staatsvertrages, der dazu von Ihnen zu ratifizieren sein wird, den Dreistufentest praktizieren, sich also bei der Entwicklung neuer Programmangebote gerade im digitalen Bereich in ganz anderer, sorgfältigerer und transparenterer Weise als bisher auch für das rechtfertigen, was sie neu entwickeln, und dabei auch diejenigen einbeziehen, die im privaten Medienmarkt vergleichbare Angebote aufgelegt haben oder auflegen wollen.
Das trägt auch zur besseren Legitimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei, im Gegensatz zu früher, als irgendwann, wie Zieten aus dem Busch, ein neues Angebot kam und niemand wusste, welche Überlegungen dafür maßgeblich waren. Auch die Gremien der Anstalten waren damals nicht in dem Maße einzubeziehen, wie es jetzt im Rahmen des Dreistufentestes der Fall ist.
Wie wir darüber hinaus mit den digitalen Leistungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks umgehen, mit den Mediatheken, mit der Frage, welche Fristen man in Zukunft für die Konservierung solcher Angebote im Netz setzt - so will ich es einmal nennen -, ist eine Diskussion, die zurzeit gerade im Fluss ist. Wir sind für jeden Beitrag dazu dankbar.
Ich will an dieser Stelle auch gern schon ausdrücklich zusagen, dass wir den Landtag bei der Konkretisierung dieser Überlegungen kontinuierlich einbeziehen werden. Das ist etwas, das nur in der Gemeinschaft all derjenigen gelingt, die in der Medienpolitik Verantwortung tragen. Das sind an erster Stelle auch die Abgeordneten.
Wir wollen vermeiden, dass der Eindruck entsteht, es gebe hinterher ein abgeschlossenes Paket, das hier nur noch durchzuwinken sei. Wir wissen auch, dass unter den Gegebenheiten solcher Staatsverträge, den Kompromissen, die man finden muss, um alle 16 Bundesländer unter ein Dach zu bringen, eine frühzeitige Einbeziehung nur dazu beitragen kann, dass das Ganze am Ende von allen akzeptiert wird.
Lassen Sie mich noch einen kleineren Punkt ansprechen - weil ich sonst keine Gelegenheit dazu habe -, den wir nicht ändern können, den ich aber doch zumindest verhalten kritisieren möchte. Die KEF hat in ihrem Bericht abermals sehr kluge Ausführungen zu dem immer noch notwendigen Finanzausgleich unter den Rundfunkanstalten Deutschlands gemacht. Ich empfinde es als nicht besonders glücklich, dass gerade eine ostdeutsche Anstalt diesen Finanzausgleich infrage stellt, und zwar aus übergeordneten Gründen.
Wir sind immer noch ein Bundesland - wir werden es auch noch für längere Zeit sein -, das als Nehmerland auf einen Finanzausgleich angewiesen ist. Man muss akzeptieren, dass das im öffentlich-rechtlichen System - so wie es sich jetzt darstellt - unvermeidlich sein wird.
Ungeachtet dessen, wie der Finanzausgleich im Einzelnen ausgestaltet sein wird, sollte jedenfalls von hier aus das Signal ausgehen, dass niemandem, der einen nach
weisbaren Bedarf hat und sich redlich müht, die Ausgabestrukturen in den Griff zu bekommen, so wie wir das als Bundesland auch im Verhältnis zu den anderen Ländern tun, ein Finanzausgleich versagt werden soll.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. Es gibt eine Frage des Abgeordneten Herrn Graner. Sie wollen sie sicherlich beantworten. - Herr Graner, Sie haben das Wort. Bitte.
Herr Staatsminister, Sie haben ausgeführt, dass die Diskussion über das Werbeverbot im öffentlich-rechtlichen Fernsehen stattfindet. Sie sagten, wenn ein solches Werbeverbot käme, müssten die Gebühren um einen bestimmten Betrag erhöht werden.
Nun ist bekannt, dass nach dem Jahr 2000 die Werbeeinnahmen der privatrechtlich organisierten Medien im Print- und im elektronischen Bereich sehr stark zurückgegangen sind. Diese Medien haben das durch Einsparungen kompensiert.
Könnten Sie sich vorstellen, dass wir ein Werbeverbot im öffentlich-rechtlichen Fernsehen haben und das nicht durch Gebührenerhöhungen finanzieren, sondern durch Einsparungen bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten?
Das kann ich mir in der gegenwärtigen Situation in der Höhe, die notwendig wäre, nämlich 1,42 €, offen gestanden nicht vorstellen. Man muss es dem KEF-Verfahren zugute halten, dass die KEF - in diesem Bericht wird es noch deutlicher als in dem vorhergehenden Bericht - die Einsparungspotenziale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten schon sehr ausgequetscht hat.
Sie haben auch jetzt wieder einen Pauschalbetrag in Höhe von 100 Millionen € festgesetzt, der noch im Personalbereich realisiert werden muss, um den Anstieg um 95 Cent rechtfertigen zu können. Darüber hinaus 1,42 € aus der Substanz der öffentlich-rechtlichen Anstalten herauszuquetschen, ohne dann Programmproduktion, Inhalte - Content, wie man neudeutsch sagt - tatsächlich zu gefährden, halte ich persönlich zurzeit nicht für möglich. Deshalb ist das ein Prozess, der auf längere Sicht angelegt werden muss.
Wir halten zunächst aus wohlerwogenen Gründen an den quantitativen Werbegrenzen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk fest. Es gibt ja auch im privaten Bereich keine unbegrenzte Werbung. Das auf Knall und Fall durch Einsparungen zu realisieren, wäre aus meiner Sicht eine unrealistische Herausforderung.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. - Wir kommen jetzt zu den Debattenbeiträgen. Als erstem Debattenredner erteile ich für die FDP Herrn Kosmehl das Wort. Bitte schön.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Schröder, Ihrem Debattenbeitrag habe ich leider nicht das Ergebnis entnehmen können, das ich heute zu bekommen gehofft hatte und das auch der Anlass für Ihre Aktuelle Debatte war. Ich lese Ihnen das einmal aus dem Text der Begründung vor: Die Aktuelle Debatte soll dem Landtag und der Landesregierung die Gelegenheit geben, zu der empfohlenen Rundfunkgebührenerhöhung Stellung zu beziehen.
Sind Sie für die 95 Cent mehr oder sind Sie es nicht? - Ob man sich darüber streiten muss, das können wir dahingestellt sein lassen. Wenn Sie aber eine solche Debatte mit einer solchen Begründung anstoßen und das auch noch einmal in der Presse ausführen - Ihr Fraktionsvorsitzender Herr Scharf hat auch deutlich gemacht, dass es genau darum geht, heute abzufragen, wie die einzelnen Fraktionen und die Landesregierung zu dem Vorschlag der Gebührenerhöhung stehen -, dann erwarte ich von der beantragenden Fraktion schon, dass sie dazu eine Aussage trifft: Sind Sie dafür oder sind Sie dagegen?
(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN - Herr Schröder, CDU: Sind Sie dafür? - Herr Stahl- knecht, CDU: Das weiß er noch nicht so genau, das kommt später!)
- Herr Stahlknecht, ich habe Ihnen heute Morgen auch zehn Minuten lang zugehört. Vielleicht versuchen Sie auch einmal, mir zuzuhören.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die von der CDU in ihrem Redebeitrag und bereits auch in Presseveröffentlichungen in der vergangenen Woche dargestellten Instrumente, etwa über die Obergrenzeneinführung oder die Frage der GEZ-Abschaffung nachzudenken, finde ich sehr interessant. In vielen Bereichen würden wir Ihnen auch folgen oder mit Ihnen übereinstimmen, gerade was die GEZ betrifft.
Die Frage, die uns als Medienpolitiker aber jetzt beschäftigen muss, ist doch ganz einfach: Wann schaffen wir es, die Debatte zum Rundfunkgebührensystem, die viele schon vor zwei, drei Jahren begonnen haben und die Sie jetzt mit neuen Vorschlägen erweitert haben, zu einem Abschluss zu bringen, und zwar so rechtzeitig, dass mit einem KEF-Bericht darauf reagiert werden kann?
Ich sage Ihnen ganz klar: Ich finde es schade. Wir haben, so glaube ich, vor zwei Jahren detailliert gesagt, dass sich die Ministerpräsidenten oder die Chefs der Staatskanzleien nun endlich damit befassen sollen, welches Rundfunkgebührensystem zukunftsfähig ist und zukünftig in Deutschland für den Einzug und insgesamt für die Verteilung gelten soll.
neuen Vorschlag, nämlich 95 Cent mehr. Der Landtag wird sich in diesem Jahr mit dem 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag beschäftigen und dabei festlegen, ob es eine Erhöhung geben wird oder nicht. Ein neues Gebührenmodell oder eine neue Einzugspraxis können wir damit aber nicht umsetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man ein neues Gebühreneinzugssystem verabreden würde, müsste man die KEF bitten, noch einmal zu prüfen, ob die gesamten Anmeldungen, der gesamte Finanzbedarf so noch besteht oder ob nicht unter Umständen eine Reduzierung zu verzeichnen ist.