Bis zum Jahr 2015 wird sich dieser Trend noch weiter verschärfen. Nach vorliegenden Prognosen wird Sachsen-Anhalt aufgrund der aktuellen Regelungen zu der Lastenverteilung bei der Vergütung vermiedener Nutzungsentgelte im Vergleich zu allen anderen Ländern die höchsten Strompreise haben, während die Länder Baden-Württemberg und Bayern die niedrigsten haben werden. Was das für den bundesweiten Wettbewerb um den Investitionsstandort Sachsen-Anhalt bedeutet, will ich an dieser Stelle nicht ausführen.
Die Landesregierung ist aufgefordert, auf die Entwicklung zu reagieren und sich im Bund für eine bundesweit einheitliche Lastenverteilung für die vermiedenen Transportentgelte einzusetzen. Eine Umlageregelung, wie sie für die Vergütungszahlungen nach dem EEG schon seit Jahren funktioniert, würde das Problem beseitigen.
Herr Minister, auch ich bin stolz darauf, dass SachsenAnhalt d a s Land der erneuerbaren Energien ist. Die Frage ist aber der Preis, den wir als Land dafür zahlen müssen, wenn die Lastenverteilung zuungunsten der innovativen Länder erfolgt.
Sachsen-Anhalt steht mit einem Jahresenergieertrag aus der Windenergie von 37,51 % bundesweit an der Spitze. Zum Vergleich: Bayern hat aktuell nur einen Anteil von 0,6 %; dort ist sicherlich der Wind nicht so stark. Allein im Jahr 2006 wurden in Sachsen-Anhalt 180 neue Windkraftanlagen installiert. Ich erinnere daran, dass ich in meiner Rede im Juli 2006 schon darauf hingewiesen habe, dass wir es mit der Windenergie in SachsenAnhalt übertrieben haben.
Sehr geehrte Damen und Herren! Was wird bis zum Jahr 2015 passieren? Bis zum Jahr 2015 sehen die Prognosen einen Aufwuchs des Jahresenergieertrages aus der Windenergie in Sachsen-Anhalt auf ca. 60 % vor. Das ist fast eine Verdoppelung, die auf uns zukommen wird. Bis zum Jahr 2015 werden 280 Millionen € in den Netzausbau in Sachsen-Anhalt investiert werden müssen, um den EEG-Strom dezentral aufnehmen und durchleiten zu können. Beim Stromverbraucher entstehen durch den Netzausbau in Sachsen-Anhalt zusätzliche Kosten in Höhe von 11,5 Millionen € im Jahr 2010 und in Höhe von rund 21 Millionen € im Jahr 2015.
Im Jahr 2015 wird der in Sachsen-Anhalt, MecklenburgVorpommern und Brandenburg hergestellte EEG-Strom nach Bayern und Baden-Württemberg transportiert werden. Der Endkunde in Sachsen-Anhalt wird dann nach Prognosen der Deutschen Energieagentur 0,34 Cent je Kilowattstunde mehr an Nutzungsentgelt zahlen. Wenn man dieser Prognose folgt, wird das Kaliwerk Zielitz im Jahr 2015 um ca. 2,5 Millionen € höhere Stromkosten zu tragen haben als noch in diesem Jahr.
Lieber Herr Gürth, Sie wissen, dass die Stromerzeugung nur 23 % des Strompreises ausmacht. Den größten Anteil, 36 %, macht die Netznutzung aus. Genau dieser Anteil wird in Sachsen-Anhalt steigen. Die anderen Bestandteile des Strompreises sind Ihnen alle bekannt: Konzessionsabgabe, Beiträge für das EEG, Ökosteuer
für die Rente und die Mehrwertsteuer. Bei einem Anteil von mehr als 40 % ist der Staat der Energiepreiswucherer.
Die Landesregierung muss sich auf der Bundesebene dafür stark machen, dass die Vergütung vermiedener Transportentgelte entweder ersatzlos gestrichen wird oder dass eine bundesweite Lastenverteilung erfolgt.
Herr Gürth, Ihrem letzten Satz in der Begründung stimme ich voll zu. Doch leider ist es mit einem schlüssigen, realisierbaren Energiekonzept nicht so einfach. Der Energiemarkt ist ein globaler und sehr komplexer Markt.
Wenn ein Kohlekraftwerk heute in Deutschland schon doppelt so teuer ist wie außerhalb der EU und durch die CO2-Vermeidung viermal teuerer wird als im Rest der Welt, wird man in Deutschland keine Kraftwerke mehr bauen. In China geht ungefähr jede Woche - jede Woche! - ein neues Kohlekraftwerk ans Netz.
Noch - ich sage: noch! - haben wir die Chance, dass in Sachsen-Anhalt zwei neue Kohlekraftwerke gebaut werden können. Ich weiß nicht, ob ein konzertiertes Handeln, wie es Herr Gürth fordert, dazu beitragen wird, dass dieser Bau auch wirklich passiert. An dieser Stelle muss die Landesregierung handeln, um diese Investitionen zu realisieren und die neuen Arbeitsplätze zu schaffen.
Herr Minister, die FDP-Fraktion unterstützt hinsichtlich erneuerbarer Energien Ihre Anstrengungen für das Land. Doch Sie müssen auch dafür Sorge tragen, dass der Preis, den die privaten, gewerblichen und industriellen Verbraucher dafür zahlen müssen, dem Vergleich mit anderen Bundesländern standhält. Wir brauchen einen wettbewerbsfähigen Strompreis, um den Standort Sachsen-Anhalt für Investoren weiterhin attraktiv zu halten. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank, Herr Franke, für Ihren Beitrag. - Für die SPD erteile ich jetzt dem Abgeordneten Herrn Miesterfeldt das Wort.
Wieso müssen die 280 Millionen €, die Sie angeführt haben, in Sachsen-Anhalt in den Netzausbau investiert werden?
Ich weiß nicht, ob Sie sich an das erste DezemberWochenende erinnern. Wir hatten vom 1. bis zum 3. Dezember 2007 in Sachsen-Anhalt - ich weiß nicht, ob das auch im östlichen Teil der Altmark der Fall war - Windstärken, die zu einer Belastung bei der Aufnahme der Energie geführt haben, sodass die Netze fast zusammengebrochen sind.
Wir haben bei Windspitzen, bei hohen Einspeisungen in das Netz ständig arge Probleme, den Strom, der dezentral ankommt, aufzunehmen und weiterzutransportieren. Die Netze sind dann sehr stark überlastet. Sie sind nicht für diese Aufnahme von unten nach oben gedacht, sondern ursprünglich für eine Verteilung nach unten.
Gleich noch ein Wort zum Strompreis, um das noch einmal zu belegen: Gerade in der Altmark hat man das Problem, dass E.on sowohl in der Altmark als auch in Niedersachsen tätig ist. Wenn ich von meinem Bauernhof zu meinem 5 km entfernten Nachbarn in Niedersachsen schaue und sehe, dass er 10 % weniger für Strom bezahlt, dann weiß ich, dass das schon die ersten Auswirkungen sind, die durch den Netzausbau im Strompreis für unsere Verbraucher und für die Nutzer in Sachsen-Anhalt spürbar werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der Tribüne sitzen junge Menschen, die noch ungefähr 80 Lebensjahre vor sich haben.
Wir sollten sie heute nicht mit der Illusion nach Hause gehen lassen, sie wären in einem Raum gewesen, in dem rund 80 Leute gesessen hätten, die in der Lage wären, das Energiepreisproblem zu klären.
Wir werden in den nächsten Jahren weltweit einen enormen Anstieg des Energiebedarfs haben, und zwar einfach deshalb, weil viele Länder insbesondere in Afrika und Asien mit ihrem Energiebedarf nachziehen werden. Gleichzeitig werden wir ein stetiges Abnehmen der uns heute zur Verfügung stehenden Ressourcen haben, aus denen wir Energie gewinnen. Jeder, der nur die ersten drei Seiten in einem Volkswirtschaftslehrbuch gelesen hat, weiß, dass ein Anstieg der Nachfrage bei gleichzeitiger Abnahme des Angebots zu einer Erhöhung der Preise führen wird.
Das heißt aber nicht, dass wir als Politiker uns dieser Aufgabe nicht trotzdem stellen müssen und nicht nur darauf hoffen dürfen, dass irgendwann jemand die große Erfindung macht, die uns vielleicht für die nächsten tausend Jahre in die Lage versetzt, günstig Energie zu gewinnen.
Herr Gürth, Sie haben mich veranlasst, wieder einmal im Wörterbuch nachzuschauen, was Wucher ist. Wucher ist das Angebot einer Leistung zu einer deutlich überhöhten Gegenleistung unter Ausnutzung einer Schwächesituation oder einer Zwangslage des Vertragspartners. Eine Zwangslage liegt dann vor, wenn dem Opfer des Wuchergeschäftes das Eingehen dieses Geschäftes als das kleinere Übel erscheint.
Das kleinere Übel heißt also, ich mache das Licht an, weil ich nicht im Finsteren sitzen will, und das kleinere Übel ist, ich bezahle den Sprit und lasse mein Auto nicht an der Tankstelle stehen.
In beiden Situationen, insbesondere an der Tankstelle, bin ich mir in den letzten Wochen und Monaten wie in einer solchen Zwangslage vorgekommen. Übrigens kann in Deutschland nach § 291 des Strafgesetzbuches Wucher mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden.
Ich will aber zu einer seriösen Debatte über Energiepreise zurückkehren. Wir sollten keine Preissenkungen versprechen.
Wir sollten keine Patentlösungen anbieten, die den Eindruck erwecken, wir hätten sie schon in der Tasche und müssten sie nur noch herausziehen. Wir haben sie nicht.
Wir können zurzeit gemeinsam den Sachstand feststellen, der sowohl für den Privatkunden als auch - das sage ich auch als wirtschaftspolitischer Sprecher sehr deutlich - und insbesondere für unsere Wirtschaft schädlich ist. Bei Betrieben beispielsweise in der Metallerzeugung beträgt der Anteil der Energiekosten inzwischen 25 %. Das kann man zu Recht einen enormen Kostendruck nennen.
Die Gründe für die gestiegenen Preise sind sehr unterschiedlich. Insbesondere im Hinblick auf Öl ist das von Herrn Gürth schon ausführlich vorgetragen worden. Das will ich nicht wiederholen, sondern nur darauf verweisen, dass es vor Jahrzehnten bedeutende Volkswirte gab, die gesagt haben, wenn das Barrel einmal mehr als 20 $ kostet, geht die Weltwirtschaft zugrunde. Das ist so nicht eingetreten, was aber nicht heißt, dass wir jetzt die 100 $ unbedingt überspringen wollen und müssen.
Beim Strom ist es durch den Abbau des Überangebotes bei gleichzeitig zurückgehenden Investitionen bezüglich neuer Kraftwerke zu einer Verknappung des Angebotes und deshalb auch zu steigenden Preisen gekommen. Deshalb muss das, was einige meiner Vorredner schon gesagt haben, unterstrichen werden: Wir brauchen wieder ein stärkeres Angebot von bezahlbarem Strom.
Das kann für uns nur Energiemix heißen. Das wird - ich sage das gerade auch in Sachsen-Anhalt ganz deutlich - auch weitere Kohlekraftwerke bedeuten. Ob dann alte saniert oder neue gebaut werden, sei dahingestellt. Aber wir werden in einer überschaubaren Zeit an der Gewinnung von Energie aus Braunkohle nicht vorbeikommen.
Was ganz sicher zur Preissteigerung geführt hat, ist der Konzentrationsprozess in der deutschen Stromwirtschaft. Von ehemals neun überregionalen Stromversorgern sind noch die großen Vier, die ich jetzt gar nicht nennen will, übrig geblieben. Von 60 Regionalversorgern sind es noch 20 und auch dort sind die großen Vier immer toll mit dabei. Das heißt also, von Wettbewerb kann beim Strom in Deutschland keine Rede sein. An dieser Stelle ist politisches Handeln gefordert, damit es wieder zu einer Wettbewerbssituation kommt, die dann auch zugunsten der Verbraucher genutzt werden kann.
Ich will an zwei Stellen auch einmal darauf aufmerksam machen, dass das Gefühlte nicht immer mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Beispielsweise: Sind erneuerbare Energien der Preistreiber? - 5 % des Strompreises für
Privathaushalte können auf erneuerbare Energien zurückgeführt werden. Ich sage ganz deutlich: Ich bin gern bereit, diese 5 % zu zahlen, weil wir, langfristig gesehen, daran nicht vorbeikommen werden.
Sicherlich ist es richtig, Herr Minister, dass die Steuersystematik infrage zu stellen ist und dass die Gesamtsteuerbilanz dabei ausgeglichen bleiben muss.
Nur, wer sagt, ich will die Ökosteuer abschaffen und gleichzeitig die Lohnnebenkosten senken, der muss dann eben auch sagen, wie er die Steuerbilanz ausgleichen will. Dazu habe ich bis jetzt so viele Angebote noch nicht gehört, und von einer konzertierten Aktion in dieser Angelegenheit habe ich noch viel weniger gehört.
Es ist sicherlich richtig, dass wir als Land SachsenAnhalt insbesondere durch die nicht einheitliche bundesweite Lastenverteilung betroffen sind. Darin stimme ich Herrn Franke zu. Herr Franke, ich bitte Sie auch herzlich: Machen Sie sich bei Ihren Parteifreunden in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg stark;