Preissetzungsspielräume von Rohölexportländern können weder mit nationalem noch mit EU-Recht begrenzt werden. Wirtschaftliche Sanktionen gegen Ölexportländer oder deren Androhung, zum Beispiel gegenüber dem Iran, können zu weiteren Preissteigerungen bei Rohöl führen.
Kraftstoffpreise werden aber auch durch die Beiträge der nationalen Politik steigen, zum Beispiel durch die Beimischungspflicht für Ethanol und Biodiesel. Deren Anteil am gesamten Kraftstoffabsatz für das kommende Jahr ist heraufgesetzt worden.
Die Vorreiterrolle im Klimaschutz ist nicht zum Nulltarif zu haben. Wie niedrigere Preise oder Umweltschutz insgesamt erreicht werden können, ist eine Frage von politischen Prioritäten. Das muss an dieser Stelle ganz klar gesagt werden.
Diese nüchterne kurze Anfangsbeschreibung des gerade auch von Herrn Gürth vorgetragenen Problems hat aber nicht zum Ergebnis, dass wir uns beim Thema Treibstoffpreise völlig in die Defensive begeben. Wir als Landesregierung sehen durchaus Möglichkeiten, einen Prozess in Gang zu setzen, den wir gestern in einer Runde von drei Fachministern, mit dem Kollegen Bullerjahn, mit dem Kollegen Daehre und mit meiner Wenigkeit, und Vertretern des Logistikhandwerks bzw. der Logistikunternehmen sowie der Kammern eröffnet haben.
Wir haben uns darauf verständigt, dass wir eine Kabinettsvorlage erarbeiten werden, in der die Möglichkeit einer Bundesratsinitiative des Landes Sachsen-Anhalt erörtert werden soll. Diese wollen wir Anfang des nächsten Jahres so weit erstellt haben, dass folgende Fragen zumindest für uns klar gefasst sind und dann gegebenenfalls von den Fachausschüssen im Bundesrat behandelt werden können:
Erstens ist die grundsätzliche Steuersystematik in Deutschland auf den Prüfstand zu stellen, das heißt die Frage zu formulieren: Generieren wir die benötigten Steuermittel auch unter dem Gesichtspunkt der ökologischen Zielstellungen an der richtigen Stelle?
Zweitens darf es keine weiteren Verschlechterungen der Bedingungen für uns als Exportland, sowohl für Deutschland insgesamt als auch für Sachsen-Anhalt, geben. Wir sind ein Land, das die Exportquote gerade in den letzten zwei Jahren deutlich erhöht hat.
Das korreliert ganz klar mit Logistikstrukturen, die wir entwickelt haben. Wir haben große Logistikunternehmen ansiedeln können. Logistikunternehmen sind die Grundlage dafür, dass wir uns in unserer zentralen Lage in Mitteleuropa weiterhin als Exportland entwickeln können. In diesem Zusammenhang müssen wir sehen, wie wir diese Unternehmen am Markt wettbewerbsfähig halten, da sie nicht wie die Unternehmen in Sachsen oder Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit haben, ihre betriebswirtschaftlichen Bilanzen durch Tanktourismus zu verbessern. Diese Bewertung wollen wir vornehmen.
Wir wollen dann versuchen, in die Ausschussarbeit einzutreten auch mit der Zielstellung, gegebenenfalls Obergrenzen für Mineralölsteuerabschöpfungen zu diskutieren, immer aber auch vor dem Hintergrund, dass die Gesamtsteuerbilanz ausgeglichen sein muss. Das heißt, es müssen Alternativen angeboten werden und Deutschland sollte sich fragen, warum wir beim Einkauf, was die Rohölpreise anbelangt, in der Europäischen Union durchaus auf der positiven Seite stehen, beim Output gegenüber dem privaten und gewerblichen Kunden aber sozusagen eine negative Spitzenreiterrolle übernommen haben, weil nämlich dieser staatliche Anteil durchaus Relevanz hat.
Zu den Strom- und Gaspreisen. Das Niveau der Strom- und Gaspreise hat für die Landesregierung eine besondere Bedeutung. Die Dinge sind von Herrn Gürth schon genannt worden. Die Auswirkungen erstrecken sich bis auf die kommunalen Haushalte, was die Wärmekostenerstattung im Rahmen der Kosten der Unterkunft anbelangt. Wir haben die finanziellen Belastungen in den letzten Jahren steigen sehen.
An dieser Stelle ist nicht nur die soziale Lage der Betroffenen wichtig. Auch wegen der langfristigen Perspektive und der sehr starken Verzögerung zwischen dem Beschluss von Maßnahmen und dem Eintritt der Wirkungen am Markt muss schnelles Handeln zumindest aufgerufen sein.
Kostenfaktoren entscheiden im Standortwettbewerb über Erfolge bei der Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben. Noch mehr Bürger im Land müssen in Lohn und Brot gebracht werden. Deshalb sind niedrige Energiekosten für viele Ansiedlungen und auch für den Bestand der existenten Unternehmen besonders bedeutsam.
Die Landesregulierungsbehörde für Strom und Gas prüft Anträge für die Erhöhung der Netznutzungsentgelte kritisch. Nur gerechtfertigte Erhöhungen werden genehmigt. Die Antragsteller haben allerdings einen Rechtsanspruch auf die Anerkennung gerechtfertigter Erhöhungen. In der Vergangenheit wurden beabsichtigte Preiserhöhungen aber immerhin in erheblichem Umfang reduziert.
Die Landeskartellbehörde prüft im Rahmen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht die Preisgestaltung für die Lieferung von Gas und Strom auf Missbrauchsfreiheit. In der Vergangenheit sind deutliche Erfolge bei der Gasversorgung erzielt worden. Allein im letzten Jahr wurden in einer Reihe von Fällen Preissenkungen oder zeitlich befristete Moratorien bei Preiserhöhungen durchgesetzt.
Eine Verschärfung der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht für die Versorgung mit Strom und Gas steht be
vor. Der Bundestag hat im November 2007 per Gesetz die Verschärfung des Kartellrechts beschlossen. Der Bundesrat hat das Gesetz ebenfalls Ende November 2007 passieren lassen. Das Inkrafttreten des Gesetzes ist also für den Beginn des Jahres 2008 zu erwarten. Es wird die Arbeit der Landeskartellbehörden ähnlich der der Bundeskartellbehörde erleichtern. Ich gebe an dieser Stelle nur das Stichwort Beweislastumkehr.
Das Ministerium für Wirtschaft arbeitet in Bund-LänderArbeitskreisen mit, um den Rechtsrahmen für den Wettbewerb auf den Strom- und Gasmärkten zu verbessern. Im Auftrag der Wirtschaftsministerkonferenz ist eine Arbeitsgruppe zur Transparenz des Stromhandels an der EEX in Leipzig tätig. Es gibt Vorschläge zur Änderung des Börsenrechts auf nationaler und auf EU-Ebene.
Eine intensive inhaltliche Prüfung von Vorschlägen zur Entflechtung von Energiekonzernen ist zurzeit aufgerufen. Es ist eine Frage von Eingriffen in die Marktstrukturen, die rechtlich nicht unkompliziert und in mehrfacher Hinsicht auch ökonomisch sehr komplex ist.
Es muss sorgfältig geprüft werden, ob die momentan diskutierten Deregulierungsmaßnahmen bis hin zum Eingriff in Eigentumsrechte langfristig oder auch kurzfristig Effekte erzielen können. Langfristige gerichtliche Auseinandersetzungen und erzielbare Effekte stehen im Kontrast zueinander. Wir müssen sehen, wie sich diese Dinge auch verfassungsrechtlich darstellen lassen. Die Wirtschaftsministerkonferenz hat hierzu eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Ein Ergebnis oder ein Votum werden wir in der ersten Hälfe des Jahres 2008 erwarten können.
Der Marktzugang für neue Wettbewerber muss durch rechtliche Rahmenbedingungen und ökonomische Anreize erleichtert werden. Wer die ökonomischen Anreizwirkungen beim so genannten Marktdesign aus dem Blick verliert, weil er sich zu sehr auf die Gestaltung administrativer Maßnahmen konzentriert, kann leicht wettbewerbspolitische Kollateralschäden anrichten, die im Ergebnis preissteigernde Wirkung haben können.
Die Stichworte Kernenergieausstieg und regenerative Energien sind schon genannt worden. Beides sind Themen, die politisch gesetzt bzw. umweltpolitisch in den entsprechenden Koalitionen besprochen worden sind.
Der Umweltschutz ist für die Landesregierung ein wichtiges Anliegen, auch weil in den Branchen der erneuerbaren Energien viele neue Arbeitsplätze im Land entstanden sind. Ich denke nur an Enercon in Magdeburg oder an das Solarzentrum in Thalheim. Regenerative Energien werden allerdings auch hoch subventioniert - das wissen wir -, und zwar zulasten der Verbraucher. Auf diese Weise werden die Kosten umgelegt.
Umweltschutz, den wir insbesondere im Sinne einer Vorreiterrolle betreiben, ist nun einmal kostenträchtig. Hierüber muss ein die gesamte Gesellschaft umfassender Meinungsbildungsprozess stattfinden, der auch darüber Offenheit herstellt, wie wir mit den politisch gesetzten Prioritäten langfristig umgehen wollen, weil Umweltschutz am Geldbeutel der Verbraucher nicht vorbeigehen wird.
Entscheidend ist also die Frage der Transparenz für den Verbraucher, und zwar welche Kosten ihm der Umweltschutz in Summe aufbürdet. Hierbei muss ein vernünftiges Verhältnis zwischen dem, was wir volkswirtschaftlich tun müssen, und dem, was wir im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands akzeptieren können, hergestellt werden.
Die Landesregierung setzt sich deswegen dafür ein, dass diese Förderung regelmäßig auf ihre Zweckmäßigkeit und auf ihre Auswirkungen für die Wirtschaft und für die Bürger evaluiert wird und dass die Förderung der erneuerbaren Energie nur in einen solchen Ausmaß erfolgt, wie es der übrigen Wirtschaft zumutbar ist.
Der Ausstieg aus der Kernenergie wird dazu führen, dass die entsprechenden Stromerzeugungskapazitäten ersetzt werden müssen. Ein Problem besteht hierbei in der Akzeptanz durch die Bevölkerung. Das betrifft übrigens alle Alternativen, substituierende Kraftwerksarten, vom Wind angefangen bis hin zur Kohle.
Energieeffizienzmaßnahmen, die alternativ immer wieder ins Gespräch gebracht werden und die unabweisbar sind, sind aber ebenfalls mit Investitionen verbunden und bedeuten Mehrkosten, sodass an dieser Stelle Ehrlichkeit, Offenheit und Transparenz das einzige Rezept ist, das die Bürger letztlich bei vielen politischen Entscheidungen mitgehen lässt. - Ich bin gleich fertig.
Bürgerinitiativen und entsprechende Klagen durch die Instanzen und die entsprechenden gerichtlichen Ebenen kennen wir bereits. Sie wirken bei der Neuinstallation von Kraftwerkskapazitäten oftmals verzögernd. Deswegen muss an dieser Stelle auch ganz klar gesagt werden: Wir im Lande Sachsen-Anhalt müssen mit unserem Energiekonzept darauf achten, dass über einen vernünftigen Energiemix alle Energieträger so am Netz bleiben, dass wir auch bezüglich der Preisentwicklung Alternativen haben und uns nicht einseitig in die Defensive bringen lassen.
Auch was die Gleichsetzung von Einspeisungsmöglichkeiten aus alternativen Energieerzeugungsarten anbelangt, müssen wir auf eine Gleichstellung Wert legen. Das heißt, wir werden im Bundesrat unsere Aktivitäten zur Gleichsetzung von Offshore- und Onshore-Kosten fortsetzen und an dieser Stelle dafür kämpfen, dass die Problematik der Neuinstallation von Kohlekraftwerken in ganz Deutschland noch einmal auf den Prüfstand gestellt wird und im Zusammenhang mit dem Emissionszertifikatehandel Aktivitäten nachjustiert werden. Denn nur wenn wir neue Kapazitäten an den Markt bekommen und damit eine Überkapazität an Energie im Angebot ist, werden wir echten Wettbewerb haben. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Als nächstem Debattenredner erteile ich Herrn Franke von der FDP das Wort. Bitte schön.
Herr Franke, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie unterbreche. Vielleicht kommen uns sonst die Schülerinnen und Schüler wieder abhanden.
Ich begrüße recht herzlich Schülerinnen und Schüler der Gebrüder-Grimm-Schule aus Calvörde sowie Schülerinnen und Schüler des Dr.-Hermann-Gymnasiums aus Schönebeck. Herzlich willkommen bei uns!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU fordert ein konzertiertes Handeln. Dieser Begriff ist neu. Man kennt in Deutschland die „konzertierte Aktion“. Darunter versteht man ganz allgemein eine gemeinschaftliche Aktion verschiedener Interessengruppen mit einem bestimmten, gemeinsamen Ziel.
(Herr Tullner, CDU: Wir brauchen doch nicht im- mer das Alte zu machen! Wir können doch neue Wege gehen!)
Die „konzertierte Aktion“ wurde in der ersten großen Koalition von 1966 bis 1969 von dem damaligen Wirtschaftsminister Karl Schiller von der SPD ins Leben gerufen und fand Eingang in § 3 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes. Die Ziele dieser Aktion sollten darin bestehen, Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes zu beheben, Wirtschaftskrisen zu überwinden und die Konjunktur zu beleben.
Nun haben wir auch eine große Koalition im Land und demnächst ein konzertiertes Handeln. Herr Gürth, in Ihrer Rede sind Sie nicht besonders darauf eingegangen.
Das Thema der Energiepreise ist aber durchaus richtig gewählt; schließlich sind die Erhöhungen spürbar und haben zum Teil bereits problematische Ausmaße angenommen. Doch ein Großteil der in Ihrer Antragsbegründung aufgeführten Punkte lässt sich auch durch noch so konzertiertes Handeln im Land Sachsen-Anhalt nicht beeinflussen.
Angesichts der hohen Kraftstoffpreise sei daran erinnert, dass gut zwei Drittel dessen, was an der Tankstelle gezahlt wird, in die Kassen des Staates wandern. Durch die Mehrwertsteuererhöhung der großen Koalition wurde diese Problematik noch zusätzlich verschärft.
Auch das Problem des nicht funktionierenden Energiemarktes mit den vier großen Unternehmen ist bekannt. Der Bundestag hat am 15. November 2007 die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht deutlich verschärft. Das ist ein erster Schritt, aber sicherlich noch nicht befriedigend.
Dass wir Liberalen den Ausstieg aus der Kernenergie für falsch halten, wissen Sie. Da wir im Land keine Kernkraftwerke besitzen, ist die Diskussion an dieser Stelle sicherlich müßig.
Deshalb sollten wir uns mit jenem Energiepreis beschäftigen, der besonders in Sachsen-Anhalt in den nächsten sieben Jahren dramatisch ansteigen wird und auf dessen Entwicklung wir einwirken können. Ich spreche von den Auswirkungen des EEG-bedingten Netzausbaus und der Vergütung vermiedener Nutzungsentgelte, die gerade in Sachsen-Anhalt steigen und in fast allen anderen Bundesländern sinken werden.
Die Bundesnetzagentur wird die Nutzungsentgelte ab dem 1. Januar 2008 neu festlegen. Während in den Netzen von REW, E.on und EnBW die Nutzungsentgelte sinken, werden diese bei Vattenfall um 25 % steigen. Ich erinnere daran, Vattenfall ist der Netzbetreiber für die fünf neuen Bundesländer.
Bis zum Jahr 2015 wird sich dieser Trend noch weiter verschärfen. Nach vorliegenden Prognosen wird Sachsen-Anhalt aufgrund der aktuellen Regelungen zu der Lastenverteilung bei der Vergütung vermiedener Nutzungsentgelte im Vergleich zu allen anderen Ländern die höchsten Strompreise haben, während die Länder Baden-Württemberg und Bayern die niedrigsten haben werden. Was das für den bundesweiten Wettbewerb um den Investitionsstandort Sachsen-Anhalt bedeutet, will ich an dieser Stelle nicht ausführen.