Protocol of the Session on November 16, 2007

Außerdem haben wir natürlich die Situation auf dem Ölmarkt. Das Barrel Rohöl kostet fast 100 Dollar. Auch das ist eine historische Situation. Wir sind an einer Stelle angekommen, an der wir nicht nur darüber nachdenken, sondern tatsächlich Erdöl, fossile Energien durch nachwachsende Energien ersetzen und den Anteil nachwachsender Energien durch Beimischungen erhöhen müssen.

Der Klimawandel - das ist das Stichwort an dieser Stelle - ist eine Realität. Eine Beschönigung macht keinen Sinn. Man kann sich darüber unterhalten, in welchem Ausmaß und in welcher Form er sich vollzieht und wie schnell er abläuft - die Modelle dazu gehen auseinander -, aber er ist vorhanden und Realität.

Die Antwort darauf kann nicht nur in der Frage liegen, wie wir ihn bekämpfen - das ist eine vordringliche Aufgabe -, sondern muss auch darauf abzielen, wie wir dar

auf reagieren. Wie stellen wir uns auf den Klimawandel ein? Was bedeutet das für uns? Was bedeutet das für die Gesellschaft? Was bedeutet das letztlich auch hinsichtlich der Anbaustrukturen?

An dieser Stelle kommen der Welthandel und die WTO ins Spiel. War die WTO bis vor einigen Jahren sozusagen noch immer ein Spielfeld für die Verschiebung von Übermengen und Überkapazitäten sowie ein Schlachtfeld für Diskussionen über Subventionen, so wird das in naher Zukunft völlig anders werden; denn es ist wahrscheinlich, dass wir nicht mehr so viel werden produzieren können, wie wir verbrauchen.

Die WTO wird jetzt ein Forum werden, in dem darüber nachgedacht wird, wie wir das, was wir haben, in der Welt vernünftig verteilen und wie wir den Handel so organisieren, dass alle Menschen ernährt werden können. Das steht im Vordergrund allen Handels.

Deswegen ist die Globalisierung und ist die WTO aus meiner Sicht für die Landwirtschaft mehr Chance als Risiko. In der Vergangenheit sind tatsächlich Zugeständnisse von der Agrarwirtschaft gemacht worden, die nicht ausreichend honoriert worden sind. Wie ich gerade sagte, wird das aber wahrscheinlich nicht mehr die Spielwiese sein.

An dieser Stelle muss man, wenn man einen vernünftigen Weltmarkt organisieren will, auch die Standards festlegen. Die Standards heißen Umweltstandards, Sozialstandards, Arbeitsbedingungen und Wohlstand. Wenn wir einen ordentlichen Handel organisieren wollen, dann müssen wir sie vereinheitlichen. Dann geht es eben nicht - zumindest nicht in der Form, wie wir es bislang getan haben -, dass in der Dritten Welt ausgebeutet wird, die Ware zu uns kommt und wir sie zu Energie machen.

Umweltstandards und Sozialstandards sind eine wesentliche Voraussetzung für eine Einigung bei den WTOVerhandlungen im Agrarbereich. An dieser Stelle ist die Forderung richtig. Die Ministerin hat das in ihrer Regierungserklärung auch umfänglich und ausreichend dargestellt.

Das ist die Perspektive auf die Welt. Aber unsere heimische Agrarwirtschaft wird im Wesentlichen durch die Rahmenbedingungen der EU geprägt. Johannes Hauser hat es vorhin gesagt: Die EU ist eine Erfolgsgeschichte. Bei ihrer Entstehung ging es darum, die Menschen zu ernähren. Es ging um Ernährungssicherheit, um preiswerte Lebensmittel. Die Gründung der EU war der Keim und der Startschuss für Wohlstand in Europa. Das muss man heute im Rückblick unbedingt so sehen.

Die EU wird auch die Organisation sein, die durch ihre Osterweiterung Wohlstand für die osteuropäischen Länder bringen wird. Wir sind an dieser Stelle die größten Profiteure. Wir sind diejenigen, die am meisten von dem Export in die neuen Länder profitieren. Auch beim Agrarhandel sind wir große Profiteure, wenngleich die mittel- und osteuropäischen Länder in ihrer Agrarproduktion zulegen. Das ist klar. Das wird so sein und das ist auch gut so.

Man sieht aber gerade in den osteuropäischen Ländern, dass die Agrarwirtschaft im ländlichen Raum der Motor des anspringenden Wirtschaftswachstums ist.

Die Europäische Gemeinschaft ist auch der größte Verbrauchermarkt der Welt und der größte gemeinsame

Markt der Welt. Wir haben im Verhältnis zu vielen anderen Regionen der Welt die idealsten Wachstums- und Ertragsbedingungen, weil hier ein gemäßigtes Klima vorherrscht und daher relativ stabile Ernteerträge erzielt werden können. Deswegen haben wir große Chancen und gute Möglichkeiten, uns und unsere Ernährungs- und Landwirtschaft weiter zu entwickeln.

Weitere Rahmenbedingungen der EU betreffen Fragen des EPLR - darauf ist die Ministerin schon eingegangen - und der zweiten Säule. Ich will an dieser Stelle daran erinnern, dass diese Mittel im Wesentlichen durch die Tätigkeit der Landwirtschaft erwirtschaftet und zustande gekommen sind.

(Zustimmung von Ministerin Frau Wernicke)

Es ist nämlich eigentlich eine Umschichtung. Es ist eine Umschichtung von einer einzelbetrieblichen Förderung zu einer Flächenförderung. Wenn wir die Systemumkehrung bei der EU von Interventionspreisen zu Flächenbeiträgen und dann wieder zurück zu entkoppelten Beiträgen und Zahlungen nicht hätten, dann hätten wir den ELER in der Form, wie wir ihn jetzt haben, nicht. Dann hätten wir, solange wir Ziel-1-Gebiet sind, auch die Entwicklung in den neuen Bundesländern für unsere Dörfer und Gemeinden nicht. Das ist tatsächlich so.

Deswegen ist es falsch, wenn behauptet wird, 40 % des EU-Haushaltsvolumens seien für Agrarmaßnahmen und deshalb seien es Subventionen für die Landwirtschaft. Nein, in diesem Haushalt sind auch Mittel für die Förderung des ländlichen Raums, des Küstenschutzes und des Deichbaus enthalten. Das alles sind Aufgaben, die im EU-Haushalt unter dem Bereich „Agrar“ stehen. Deshalb ist es falsch, dass die Landwirte an der Stelle angefasst und, wenn ich es einmal so drastisch sagen darf, angepinkelt werden.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Zustimmung von Ministerin Frau Wernicke)

Ich nehme das Wort „angepinkelt“ zurück.

(Heiterkeit bei der CDU - Herr Prof. Dr. Paqué, FDP: Schade!)

Meine Damen und Herren! Wir stehen jetzt wieder vor einer Herausforderung. Ein wesentlicher Beitrag für die Akzeptanz der Europäischen Gemeinschaft sind ihre Zuverlässigkeit und ihr Vertrauen gewesen. Wir stellen jetzt gerade im Agrarbereich fest, dass wir in immer kürzeren Abständen mit immer schlechter werdenden Rahmenbedingungen kämpfen und leben müssen.

Wir erwarten von dem Health-Check, dass nur die Dinge verändert werden, die tatsächlich schiefgelaufen sind. Wir erwarten keine grundlegend neue Agrarreform. Wir wollen nicht, dass die Agrarreform wieder aufgemacht wird. Wir wollen, dass die Cross-Compliance-Regelungen entbürokratisiert werden. Wir wollen, dass die Flächenstilllegungen abgeschafft werden. Das ist in Ordnung. Das müssen wir machen, weil es der Markt verlangt. Aber wir wollen keine grundsätzliche Neuorientierung.

Das gehört zu den Fragen der Vertraulichkeit, des Vertrauensschutzes und der Verlässlichkeit von Politik. Deswegen wollen wir auch keine Degression; denn Degression führt zu Betriebsteilungen. Das ist vorhin schon einmal angesprochen worden. Das kann übrigens auch der Finanzminister nicht wollen, weil dann nämlich die Betriebsprüfungen äußerst schwierig werden.

Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Wir haben das in den alten Bundesländern schon einmal im Zusammenhang mit der Vieheinheitengrenze und der Gewerblichkeitsgrenze gehabt. Ich kann Ihnen sagen: Dabei waren sowohl die Betriebsleiter als auch die Finanzämter in einer schwierigen Lage. Beide haben sich am Rande des Rechtes bewegt und haben versucht, ihre Möglichkeiten auszuloten. Aber es hat in erheblichem Umfang zu Verfahren, auch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt. Das wollen wir wahrscheinlich nicht. Deswegen ist es auch im Sinne des Finanzministers, dass die Degression nicht kommt, weil es dann auch nicht zu Betriebsteilungen kommt.

Die Degression ist auch agrarpolitisch falsch, weil die Größe allein - das ist klar - nicht alles ist. Die Größe ist jedoch für eine rentable Produktion wichtig.

Das Gleiche gilt für die Modulation. Wenn wir erhebliche Mengen mehr Modulationsmittel in die zweite Säule einbringen, dann müssen wir diese auch in diesem Land kofinanzieren. Wenn das so kommt, dann prophezeie ich, dass das einige neue Bundesländer nicht mehr in vollem Umfang können. Wenn wir das nicht kofinanzieren können, dann haben wir von der zweiten Säule nichts.

Deswegen ist die Modulation, so wie sie jetzt ist, richtig. Ich behaupte, dass auch Landwirte im ländlichen Raum investieren. Das Geld, das bei den Landwirten angelegt ist, bleibt in der Regel im ländlichen Raum. Das ist in Ordnung so.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Milchquote. Ja, wir sind dafür, dass die entsprechende EU-Regelung im Jahr 2015 ausläuft. Wir sind aber nicht dafür, dass anhand dieser relativ kurzfristigen Marktentwicklung die Quote erhöht wird. Das wird nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen. Wir sollten an der Schraube „Superabgabe“ und nicht an der Schraube „Quotenerhöhung“ drehen.

Letztlich haben die Landwirte bereits einen großen Beitrag zur Marktregulierung geleistet, nämlich durch die Zuckermarktordnung. War die Zuckerrübe immer die Ertragsfrucht, die Brotfrucht des Landwirtes, so ist sie heute durch umfangreiche Reformen mittlerweile in die Fruchtfolge eingeordnet, aus Fruchtfolgegründen und in guten Jahren aus Rentabilitätsgründen. Sie hat sich jetzt in die ganz normale Frucht- und Rentabilitätsfolge eingereiht.

Wir wollen abwarten, wie lange es dauert und wie viele Quoten bei den Fabriken tatsächlich zurückgegeben werden. Eine Quotenkürzung um 13 % müssen wir noch organisieren. Ich bin gespannt, was diesbezüglich kommt.

Bei uns ist die Quote nicht so hoch. Sie liegt irgendwo bei 7 % oder 8 % in der Fruchtfolge. In Niedersachsen ist das ein viel größeres Problem. Es ist sicher, dass sich die Quoten für den Rübenanbau an die der Zuckerfabriken annähern werden und dass die Zuckerfabriken versuchen werden, ihre Kapazitäten auszulasten, auch über andere Bereiche, zum Beispiel Ethanol.

Zudem trifft uns die EU noch in zwei, drei wesentlichen Fragen. Es ist ihr Recht, Rahmenrichtlinien zu erlassen. Rahmenrichtlinien der EU sind gewissermaßen Gesetze der EU. Es sind die Wasserrahmenrichtlinie, die Bodenschutzrichtlinie und die FFH-Richtlinie, die uns an der Stelle treffen.

Für alle drei gilt aus meiner Sicht: Sie dürfen nachhaltig gesehen nicht dazu führen, dass die Fläche nicht mehr bewirtschaftet wird. Das ist sehr wichtig; denn wir werden die Fläche noch brauchen - ich sage des Öfteren: wir werden jeden Hektar noch brauchen -, um ausreichend Wertschöpfung zu generieren und letztlich im ländlichen Raum einen regionalen Geldkreislauf zu organisieren. Das sind Vorhaben, die umgesetzt werden müssen.

Ich sage an dieser Stelle auch: Die Wasserrahmenrichtlinie ist keine Naturschutzrichtlinie. Umweltmaßnahmen können Mittel zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sein. Aber die Wasserrahmenrichtlinie als solche ist keine Naturschutz- und Umweltrichtlinie. Sie verfolgt andere Ziele. Aber wir müssen das miteinander verbinden.

Die Ministerin hat richtigerweise gesagt, der Prozess hinsichtlich der Wasserrahmenrichtlinie sei ein schwieriger Prozess. Ich sehe das auch so. Ich war von Anfang an mit dabei. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir jetzt an einem Punkt angelangt sind, an dem wir die Nutzer, die Wasserwirtschaft und die Gewässerbewirtschaftung in ein Boot bekommen sowie vernünftige Alternativen und vernünftige Maßnahmen zur Umsetzung finden müssen, damit wir das EU-Ziel erreichen, ohne dabei den Landwirten unnötigerweise neue Beschwernisse aufzuerlegen.

Die Wasserrahmenrichtlinie ist an dieser Stelle auch eine Chance für die Landwirtschaft, wenn man nämlich begreift, dass Kooperation und Beratung mit der Wasserwirtschaft zusammen auch zum Wohle der eigenen Brieftasche sein können.

Die Bodenschutzrichtlinie ist aus meiner Sicht völlig überflüssig. Ich habe das vor einiger Zeit schon gesagt. Wir werden schon genug Probleme damit haben, die Wasserrahmenrichtlinie verwaltungstechnisch ohne zusätzlichen Aufwand umzusetzen. Die Bodenschutzrichtlinie ist ein totales Monster, weil der Boden in Europa so unterschiedlich ist, dass überhaupt kein einheitlicher Bodenschutz organisiert werden kann.

Meiner Meinung nach wird es dazu kommen, dass wir einen riesigen Ballast an Kartierung, an Bestandsaufnahme, an Monitoring - was weiß ich - haben werden, ohne anschließend zu vernünftigen Maßnahmen zu kommen. Deswegen ist sie überflüssig, ist sie unsinnig und müsste meiner Meinung nach noch einmal geprüft werden.

(Beifall bei der CDU und von der Regierungsbank - Zustimmung von Herrn Prof. Dr. Paqué, FDP)

Aber wir bewegen uns in die Richtung: Was können wir tun? Wie handeln wir?

An dieser Stelle müssen wir von der globalen Ebene auf die Bundesebene und letztlich auf die Landesebene herunterkommen. Auf der Bundesebene gibt es verschiedene Aspekte, die die Landwirtschaft bewegen, auch unsere Landwirtschaft.

Nach der Zeit von Frau Künast, die man in der Landwirtschaft allgemein als die Zeit der Künast-Lethargie bezeichnet,

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

konnte man nun, als die Dame andere Aufgaben bekommen hatte, feststellen, dass das Stimmungsbarometer in der Landwirtschaft schlagartig hochging,

(Zuruf von Frau Mittendorf, SPD)

dass wieder investiert wurde, dass die Landwirtschaft sofort reagiert hat. Das ist auch ein Zeichen dafür, wie die Landwirtschaft auf die Politik reagiert.

(Zuruf von Herrn Felke, SPD)

- Das ist so, Herr Felke.

Wir haben aufgrund der Beschlüsse der Bundesregierung die erneuerbaren Energien in den Vordergrund gestellt. Sachsen-Anhalt ist ein Land der erneuerbaren Energien. Wir haben die Vorgaben, die die Politik gestellt hat, in diesem Land eigentlich schon erreicht.

(Zustimmung bei der CDU)