Protocol of the Session on November 15, 2007

Ich bitte daher um Zustimmung zu dem Alternativantrag der Fraktionen von CDU und SPD und um Ablehnung des Antrags der Fraktion DIE LINKE. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Zustim- mung von Minister Herrn Hövelmann)

Danke, Herr Kolze. - Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Kosmehl.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Tullner, wenn Sie mir bei Gelegenheit nachweisen könnten, wann ich unsachlich war, wäre ich Ihnen dankbar.

(Herr Tullner, CDU: Im Finanzausschuss immer!)

Ich bemühe mich, bei diesem Thema meine Redezeit nicht auszuschöpfen. Ich will vorweg sagen, dass die FDP-Fraktion im Grundsatz die Einrichtung der ZASt positiv begleitet. Ich finde, es ist eine gute Einrichtung, sie hat sich bewährt. Ich war dem damaligen Innenminister Jesziorsky dankbar, dass er die von Herrn Minister a. D. Püchel initiierte Einrichtung nach der Erprobung auch in den „Regelbetrieb“ übernommen hat, sodass wir weiter mit dieser Einrichtung arbeiten können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, Frau Knöfler, einige Ihrer Aussagen kann ich einfach nicht teilen und manche halte ich für falsch. Darauf hat der Innenminister schon hingewiesen. Insbesondere die immer wieder im Raum stehende Herbeidiskutierung des Rechtsextremismus im Harz, begründet durch die ZASt oder durch eine höhere Konzentration von Asylbewerbern, ist nicht das, was wir an den polizeilichen Zahlen aus dem Harz festmachen können.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Herrn Tull- ner, CDU)

Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, es liegt nicht an der ZASt, dass es zu bedauernswerten Vorfällen mit Rechtsextremisten in der Region Halberstadt gekommen ist. Wir müssen diese Vorfälle von der heute in Rede stehenden Einrichtung trennen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen einige Zahlen vor Augen führen, die deutlich machen, dass sich die Situation der Asylsuchenden in Deutschland, aber auch in Sachsen-Anhalt - darauf hat der Minister hingewiesen - in den letzten Jahren drastisch verändert hat.

Nach einer Pressemitteilung des Bundesministers des Innern vom 8. November 2007 haben in dem Zeitraum von Januar bis Oktober 2007 15 863 Personen in Deutschland Asyl beantragt. Das war ein Minus von 1 827 Personen bzw. 10,3 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Anzahl der Asylsuchenden in Deutschland sinkt weiter. Damit sinkt auch die Anzahl derjenigen, die Sachsen-Anhalt nach dem Verteilungsschlüssel der Länder aufnehmen muss und die Sachsen-Anhalt auch betreuen will und wird. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung muss man sich auch darüber Gedanken machen, wie man eine Einrichtung, die das Land vorhält, entsprechend auslastet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der LINKEN! Wenn wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass 90 % der Asylverfahren innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden und 70 % sogar innerhalb der ersten drei Monate, dann finde ich es richtig, dass wir diese Gemeinschaftsunterkunft in der ZASt für die Zeit des Asylverfahrens - und nur darum geht es - nutzen und gerade nicht von Anfang an auf eine dezentrale Unterbringung setzen. Gerade die Nähe zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, gerade die Zusammenführung dieser Personen, deren Gesamtzahl sinkt, bietet die Möglichkeit, die Verfahren zügig durchzuführen und auch abzuschließen.

Meine sehr geehrte Kollegin Knöfler, wir stimmen darin überein, dass wir Menschen, ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger hier in unserem Land Sachsen-Anhalt, aber auch in Deutschland integrieren müssen. Sie brauchen ein Recht auf Integration und sie haben eine Pflicht zur Integration. Aber wir reden doch bitte über diejenigen, die einen gesetzlich anerkannten Aufenthaltstitel für unser Land haben, und nicht über diejenigen, die sich noch in dem Aufnahme- bzw. Anerkennungsverfahren befinden.

Zu diesem frühen Zeitpunkt bereits mit Integrationsmaßnahmen zu beginnen, würde bedeuten, dass wir sie, wenn wir sie nicht anerkennen können, aus einer begonnenen Integration herausreißen müssten. Das ist für diese Menschen, glaube ich, schwieriger, als drei Monate lang gemeinsam auf den Abschluss des Verfahrens zu warten und anschließend dezentral im Land untergebracht zu werden und eine Integration, die notwendig ist, durchlaufen bzw. an ihr teilnehmen zu können.

(Zustimmung bei der FDP und von Herrn Gürth, CDU)

Deshalb meinen wir, dass dieses Verfahren, das der Innenminister beabsichtigt einzuführen, richtig ist und dass wir natürlich auch als Mitglieder des Innenausschusses ein Interesse daran haben sollten, über das gesamte Anhörungsverfahren berichtet zu werden. Das ist klar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion lehnt den Antrag der LINKEN ab. Wir würden uns dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen anschließen.

(Beifall bei der FDP)

Danke sehr, Herr Kosmehl. Sie haben Ihre Redezeit gut ausgelastet.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Wenn hier jemand ankündigt, dass er seine Redezeit nicht ausschöpfen wird, ist man schon immer ein bisschen hellhörig. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Rothe.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerberinnen und Asylbewerber ist in einer Zeit aufgebaut worden, in der es einen sehr großen Andrang von Flüchtlingen in Sachsen-Anhalt gab. Seit der zur Jahresmitte 1993 in Kraft getretenen Änderung des Grundrechts auf Asyl - Herr Kolze hat es schon erwähnt - ist die Bewerberzahl kontinuierlich zurückgegangen. Das hat aber auch andere Ursachen, wie die verbesserte Bekämpfung der Schleuserkriminalität.

Die SPD-Fraktion unterstützt das Anliegen der Landesregierung, die ZASt besser auszulasten. Für uns ist die ZASt dabei kein Selbstzweck. Wir wollen die Einrichtung in Halberstadt vielmehr unter qualitativen Gesichtspunkten erhalten. Die ZASt hat sich als Einrichtung bewährt. In ihr ist die rechtliche und soziale Betreuung der Asylbewerber gewährleistet. Die ZASt wird auch den räumlichen Anforderungen an die Unterbringung von Flüchtlingen gerecht.

Derzeit wird der bauliche Zustand weiter verbessert. Vorgestern konnten sich einige Mitglieder der SPD-Fraktion vor Ort davon überzeugen. Übrigens haben wir diesen Besuchstermin vereinbart, bevor der Antrag der Fraktion DIE LINKE vorlag.

Für mich war es der dritte Besuch in der ZASt. Ich erinnere mich noch gut daran, wie sich unsere von Frau Knöfler vorhin zitierte Kollegin Leppinger letztlich erfolgreich für den Einbau einer leistungsfähigen Küche in der ZASt eingesetzt hat. Die Essensversorgung entspricht mittlerweile in jeder Hinsicht den Anforderungen an eine multikulturell geprägte Asylbewerberunterkunft.

Die SPD-Fraktion weiß, dass die Unterbringung bestimmter Personengruppen weiterhin dezentral erfolgen soll. Wir denken dabei insbesondere an Familien mit schulpflichtigen Kindern, aber auch an das Thema Kindergartenbetreuung.

Der Innenminister hat auf das noch laufende Anhörungsverfahren der Landesregierung verwiesen. Ich finde es gut, dass Herr Hövelmann und sein Staatssekretär Erben die notwendigen Gespräche mit den Fachleuten auch persönlich führen.

Mit der Annahme des Alternativantrags der Fraktionen der CDU und der SPD wird gewährleistet, dass die Landesregierung nach Abschluss ihres Anhörungsverfahrens und vor der Umsetzung des Vorhabens im Innenausschuss berichtet. Ich hoffe auf eine einvernehmliche Lösung mit der Integrationsbeauftragten der Landes

regierung Frau Möbbeck. Sie bringt eine andere Sichtweise ein, als sie in der Innenverwaltung vorherrscht, die ja das Ausländerrecht anzuwenden hat.

Als Innenpolitiker bin ich daran interessiert, dass Asylverfahren schneller als in der Vergangenheit üblich zum Abschluss gebracht werden. Aus dieser Perspektive begrüße ich es, wenn Asylbewerber, die das Aufnahmeverfahren absolviert haben, bis zum Abschluss des Asylverfahrens, jedoch längstens für ein Jahr in der ZASt wohnen bleiben. Die unmittelbare Nachbarschaft der ZASt zur Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge - auch das ist schon zur Sprache gekommen - und die bessere Erreichbarkeit der Asylbewerber auch für andere Behörden und für die Gerichte lassen erwarten, dass ein rechtskräftiger Abschluss des Asylverfahrens in diesem Jahr tatsächlich erreicht werden kann.

Während mit der Anerkennung als Asylberechtigter die Pflicht zum Wohnen in der Gemeinschaftsunterkunft endet, ermöglicht die ZASt mit ihrer Ausreiseeinrichtung bei rechtskräftiger Versagung des Asyls eine schnellere Rückführung der Betroffenen in ihre Heimatländer.

Ebenso wichtig wie die schnellere Entscheidung über das Bleiberecht ist die stärkere Integration der Bleibeberechtigten.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD)

In diesem Zusammenhang verweise ich auf den nationalen Integrationsplan und den darin verankerten Bildungsanspruch für Kinder und Jugendliche, auch von Asylbegehrenden. In der Praxis erlangen Familien mit Kindern am Ende eher ein Bleiberecht als Alleinreisende. Ich halte es für gut vertretbar, dem schon bei der Entscheidung der Frage Rechnung zu tragen, ob nach der Beendigung des Aufnahmeverfahrens die Unterbringung in einer zentralen Gemeinschaftsunterkunft, in einer dezentralen Gemeinschaftsunterkunft oder auch in Wohnungen erfolgen soll.

Meine Damen und Herren! Es wäre nach meiner Überzeugung keine vernünftige Alternative, die ZASt zu schließen und allein auf die Gemeinschaftsunterkünfte der Landkreise zu setzen. Zum einen ist das Land gesetzlich verpflichtet, eine zentrale Anlaufstelle vorzuhalten. Dieser Aufwand könnte also gar nicht eingespart werden. Zum anderen ist der Rückgang der Asylbewerberzahlen so nachhaltig, dass diese Entwicklung die Gemeinschaftsunterkünfte der 14 Gebietskörperschaften auf Kreisebene perspektivisch ohnehin infrage stellt.

Längerfristig kann ich mir vorstellen, dass Alleinreisende in nur noch einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen, nämlich in den Räumlichkeiten der ZASt in Halberstadt, während Familien mit Kindern dezentral in Wohnungen untergebracht werden. Das steht jetzt nicht zur Entscheidung, würde meines Erachtens aber den unterschiedlichen Sichtweisen der Innen- und der Sozialpolitiker Rechnung tragen.

Mir ist klar, dass ein solcher Ansatz mit den Landkreisen und kreisfreien Städten besprochen werden müsste. Diese haben ja teilweise in Gemeinschaftsunterkünfte investiert und teilweise längerfristige Verträge mit Leistungserbringern abgeschlossen. Darüber hinaus müsste dafür auch das Aufnahmegesetz geändert werden. Ob das, Frau Knöfler, schon für die Umsetzung des aktuellen Vorhabens der Landesregierung erforderlich ist, können wir gern gemeinsam prüfen.

Unabhängig davon, wie die Entwicklung danach weitergeht, ist das heute zu diskutierende Vorhaben der Landesregierung sinnvoll und verdient Unterstützung. Ich bitte daher um Zustimmung zu dem Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD. - Danke.

(Zustimmung bei der SPD und von der Regie- rungsbank)

Danke, Herr Rothe. - Frau Knöfler, Sie haben nun die Möglichkeit zu erwidern.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich bedanke mich erst einmal für die Sachlichkeit der Debatte und möchte zu Beginn meiner Rede über einen Oberbürgermeister sprechen, der einer Kreisstadt vorsitzt - es wurde schon angesprochen -: Herr Andreas Henke. Es gab die Diskussion über einen Presseartikel. Halberstadt ist Kreissitz. In der Stadt ist ein Phänomen im Gange, das hier nicht unbedingt Thema sein muss; aber ich möchte es ansprechen. Die Stadt verliert ihre Behörden. Ein guter Bürgermeister ist daran interessiert, jede Behörde am Ort zu behalten. Ich könnte jetzt auf die einzelnen Behörden näher eingehen, dies würde aber den Rahmen dieser Debatte sprengen und ist hier auch nicht zu diskutieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Ihnen zwei Zitate nahe bringen. Erst einmal eines. Es betrifft den Begriff „Flüchtling“. Im Sinne der Genfer Konvention ist ein Flüchtling - ich zitiere -:

„... wer begründet Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung hat, sich außerhalb seines Herkunftslandes befindet, den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder aus Furcht vor Verfolgung nicht in Anspruch nehmen will, nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtung nicht dorthin zurückkehren will.“

Wir reden also über Flüchtlinge. Flüchtlinge verlassen ihr Land. Sie erwarten, in Deutschland aufgenommen zu werden und dort auch anzukommen.

Sie kommen hier zunächst einmal für ein Vierteljahr in die Erstaufnahmeeinrichtung. Meistens kommen Familien mit Kindern, die aus ihrem Land geflohen sind. Sie sind dann in einem fremden Land allein, können dessen Sprache nicht und sie erhalten eine Gemeinschaftsverpflegung.

Frau Leppinger - um auf Herrn Rothe einzugehen - hat nicht nur um eine eigene Küche gekämpft, sie hat auch um eine dezentrale Unterbringung gekämpft. Das war der Ansatz in meinem Redebeitrag zu dieser Debatte. Sie hat um die dezentrale Unterbringung in ihrem Gesetz gekämpft und hat dies auch durchgesetzt. Ebenso hat Herr Minister a. D. Püchel für die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen geworben, also die ZASt in Halberstadt infrage gestellt, was Sie jetzt als Dreisäulenprogramm auflegen. Zu den drei Säulen möchte ich als Letztes kommen. Es sind drei Säulen.

Eigentlich ist die ZASt eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge für die Dauer eines Vierteljahres. Wenn wir die ganze Zeit das Asylverfahren kaputtreden und diese

Flüchtlinge dort belassen, dann passiert Folgendes: Sie sind isoliert und werden nicht integriert. Unser Ansatz ist, Asylsuchende nach einem Vierteljahr zu integrieren. Sie sollen Kontakt mit Herrn Meyer, Herrn Schulze oder Herrn Müller haben und Herr Müller muss sich sagen: Der kommt zwar aus X, aber wir kommen miteinander ins Gespräch, wir stehen füreinander ein. - Einen solchen Kontakt schließen wir aus. Diese Chance geben wir verloren.

Ich möchte ein zweites Zitat aus der Zeitschrift „Blätter für deutsche und internationale Politik“, Nr. 2/2003 auf der Seite 154 vortragen. Es ging damals darum - so weit möchte ich in das Zitat einführen -, dass - ich zitiere - „an den verschiedenen Erstaufnahmeeinrichtungen eine zweite Säule installiert wurde, und zwar das Ausreisezentrum.“

Es ging nur um das Ausreisezentrum. Jetzt gehen wir noch einen Schritt weiter und sagen, wir wollen auch die Gemeinschaftsunterkunft dort integrieren. Als aber das Zweisäulenprogramm favorisiert wurde, am Entstehen war und es auch schon das Ausreisezentrum Halberstadt gab, hat dieses Blatt Folgendes formuliert - ich zitiere -: