Protocol of the Session on November 15, 2007

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit den Punkten 1 und 2 des vorliegenden Antrages lehnt die Fraktion DIE LINKE dieses Vorhaben ab. Lassen Sie mich dazu Folgendes sagen:

Die ZASt ist grundsätzlich für die Aufnahme von bis zu 1 200 Personen ausgelegt. Vor allem in den 90er-Jahren wurde diese Größenordnung auch erreicht bzw. musste situationsbedingt bis zur Umsetzung des Asylrechtskompromisses 1993 sogar überschritten werden. Zu keiner Zeit führte diese zum Teil hohe Belegung der ZASt zu gravierenden Problemen, wie zum Beispiel fremdenfeindlichen Übergriffen im Stadtgebiet Halberstadt. Ein polizeilicher Schwerpunkt im Zusammenhang mit dem Aufenthalt der Ausländer dort ist bis heute nicht erkennbar.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

So sind Übergriffe auf die Einrichtung bisher nicht erfolgt. Ich denke, wir hoffen alle, dass dies so bleibt.

Probleme zwischen den Bewohnern der ZASt sowie der Stadt Halberstadt bewegen sich im durchschnittlichen Rahmen. Auch vonseiten der Stadt sowie des seinerzeitigen Landkreises Halberstadt wurde in der Vergangenheit wiederholt betont, dass die Einrichtung in der Kommune begrüßt wird.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, ich habe erst vor einigen Tagen zur Kenntnis genommen, dass Oberbürgermeister Henke, der Ihrer Partei angehört, das Vorhaben des Innenministeriums ausdrücklich begrüßt hat. Vielleicht kann man sich mit ihm auch einmal verständigen.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Vielleicht auch gerade wegen der Größenordnung hat dies zu einer besseren Akzeptanz von Flüchtlingen in der Halberstädter Bevölkerung geführt. Insoweit halte ich es für schlichtweg konstruiert, dass das geplante Vorhaben, wie der Begründung des Antrags zu entnehmen ist, „zu einer weiteren Verschärfung“ - so ist das Zitat - im Hinblick auf rechtsextremistische und fremdenfeindliche Übergriffe führen soll. Meine sehr verehrten Damen und Herren, für eine solche Annahme gab es und gibt es keinerlei Anlass.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die ZASt ist vor allem aufgrund der brandschutzrechtlichen Vorgaben derzeit auf eine Kapazität von 800 Personen begrenzt. Für diesen Personenkreis ist eine Unterbringung jederzeit gewährleistet. Insbesondere die Möglichkeit der unmittelbaren sozialen und ausländerrechtlichen Betreuung der Neuankömmlinge durch das vor Ort vorhandene qualifizierte Personal des Landes und des Landkreises Harz sowie der Beratungsstelle der Caritas einerseits und die räumliche Nähe zu dem das Asylverfahren führende Bundesamt für Migration und Flüchtlinge andererseits dürfte die Ankunft der Flüchtlinge im Land eher vereinfachen als erschweren.

Die zentrale Essenversorgung trägt religiösen und kulturellen Belangen Rechnung. Die Entfernung von der ZASt in das Stadtzentrum beträgt etwa 5 km. Montags bis Freitags verkehrt zwischen 6 Uhr und 19 Uhr eine Buslinie von der ZASt in das Zentrum von Halberstadt und zum Bahnhof. In diesem Zeitraum erfolgen zehn Hin- und Rückfahrten. Eine weitere Anbindung in Richtung Innenstadt erfolgt von einer 1 300 m entfernten Bushaltestelle. Unter diesen Gegebenheiten erscheint mir auch die Lage der Einrichtung nicht problematisch.

Gegenwärtig befindet sich das Vorhaben - das haben Sie angesprochen, Frau Knöfler - zur besseren Auslastung der ZASt in der Verbandsanhörung, hier die Liga der Freien Wohlfahrtsverbände und der Flüchtlingsrat. Die Möglichkeit zur Stellungnahme erhielten zudem die Integrationsbeauftragte der Landesregierung, die kommunalen Spitzenverbände sowie die beteiligten Behörden und Dienststellen. Vertreter des Runden Tisches gegen Ausländerfeindlichkeit habe ich zu einem Gespräch im Dezember zu mir eingeladen.

Momentan zeichnet sich ab, dass hinsichtlich einzelner Personengruppen - ich denke dabei vor allem an schulpflichtige Kinder und deren Familien - noch vertiefte Prüfungen erforderlich sind, um unnötige Härten, wie mehrfachen Schulwechsel innerhalb kürzerer Zeiträume, zu vermeiden. Ob noch weitere Ausnahmen angebracht sind, wird letztlich in Auswertung der Verbandsanhörung zu entscheiden sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem Asylverfahrensgesetz sind Ausländer, die einen Asylantrag gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen. Wir sind als Land also grundsätzlich verpflichtet, diese Unterbringungsart umzusetzen. Das geplante Vorhaben trägt diesen gesetzgeberischen Vorgaben Rechnung.

Die in der Begründung geforderte generelle Wohnungsunterbringung von Flüchtlingen würde somit dem geltenden Bundesrecht zuwiderlaufen. Das geltende Recht lässt bereits heute Spielräume für eine Wohnungsunterbringung zu. So gibt es verschiedene Beispiele in sachsen-anhaltischen Kommunen, in denen Wohnungsunterbringung praktiziert und vonseiten des Landes auch unterstützt wird.

Ich komme nun zu Punkt 4 des Antrages. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE stellt darauf ab, dass die Aufnahmekommunen die ihnen zugewiesenen Ausländer eigenverantwortlich außerhalb des Geländes der ZASt aufnehmen und unterbringen sollen. Auch sollen die gegenwärtig in der ZASt in Amtshilfe untergebrachten Ausländer unverzüglich den verantwortlichen Kreisen zugewiesen werden. Lassen Sie mich dazu Folgendes sagen:

Gegenwärtig werden 170 Unterbringungsplätze für Ausländer, die bereits den Landkreisen zugewiesen wurden, in der ZASt zur Verfügung gestellt. Es ist geplant, diese Kapazität bis zum Jahresende um 50 Plätze zu reduzieren. Die betroffenen Ausländer werden in die zuständigen Landkreise zurückkehren. Weitere Reduzierungen sind für das erste Halbjahr 2008 geplant.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE geht weit über das hinaus, was wir können, und unterbindet generell, wie ich vorhin bereits ausführte, auch sinnvolle Maßnahmen und Veränderungen.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Mit dem geplanten Vorhaben zur besseren Auslastung der ZASt in Halberstadt reagiert das Land auf deutlich rückläufige Asylbewerberzahlen und schöpft die zur Verfügung stehenden Ressourcen sinnvoll aus. Ich bin den regierungstragenden Fraktionen sehr dankbar, dass sie, wie es im Alternativantrag zum Ausdruck kommt, diesen Lösungsansatz unterstützen.

An die Adresse der Fraktion DIE LINKE will ich deutlich sagen: Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer höheren Konzentration von Asylbewerbern in der ZASt und steigender Fremdenfeindlichkeit in Halberstadt ist im Hinblick auf die bisherigen Erfahrungen auch nicht ansatzweise nachvollziehbar. In der Vergangenheit gab es dafür keinerlei Anhaltspunkte.

Frau Präsidentin, ich danke, dass ich die Redezeit geringfügig überziehen durfte. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Es gibt noch eine Nachfrage, Herr Innenminister. - Frau Dr. Klein, bitte.

Erstens eine Bemerkung: Ich glaube, Herr Innenminister, da müssten Sie einmal eine grundlegende Diskussion

mit der Integrationsbeauftragten der Landesregierung führen, deren Argumente sich nicht von unseren unterscheiden. Vielleicht gibt es da auch innerhalb der Landesregierung unterschiedliche Auffassungen.

Aber jetzt habe ich eine Frage, weil das bisher in diesem Sinne nicht mein Thema war. Diese zwingende Unterbringung in der ZASt war bisher für drei Monate üblich. Jetzt soll sie auf ein Jahr ausgedehnt werden. Ist das wirklich Gesetzeswille? Haben wir bisher gegen das Recht verstoßen, wenn die Asylbewerber nach drei Monaten auf die Landkreise aufgeteilt worden sind? Oder ist das jetzt einfach eine Möglichkeit, um Geld zu sparen?

Denn es fehlen 10 Millionen € - darauf kommen wir sicherlich währender der Haushaltsdiskussion zurück - aus dem Aufnahmegesetz, die verschwunden sind. Im Rahmen des FAG haben wir auf einmal eine geringere Gesamtmasse. Es sind zwar nur 0,6 %, aber darüber müsste man einmal nachdenken. Die Frage ist aber, ob drei Monate oder ein Jahr als Dauer der Unterbringung in einer Unterkunft zwingend vorgeschrieben sind.

Zu Ihrer ersten Bemerkung. Sie können sich darauf verlassen, dass die Kommunikation zwischen dem Innenministerium, mir persönlich und der Integrationsbeauftragten der Landesregierung funktioniert.

Zweitens. Wir haben eine rechtliche Situation, die ich darzustellen versucht habe und die darin besteht, dass nach dem Aufnahmeverfahren während des Asylantragsverfahrens die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften gesetzlich geregelt ist. Wir haben bisher - das haben Sie angesprochen - die Regelung gehabt, dass wir dezentral in den Landkreisen die entsprechende Unterbringung hatten und teilweise - auch das ist zur Sprache gekommen - aufgrund von Amtshilfe den Landkreisen durch die Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft bei der ZASt in Halberstadt zur Seite gestanden haben.

Jetzt geht es darum - das kann man in dieser Runde sehr offen ansprechen -, die vorhandene Infrastruktur, die wir im Land Sachsen-Anhalt haben, so auszulasten, wie es rechtlich zulässig ist und dem Asylverfahren rechtlich nicht widerspricht. Genau das tun wir hier.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Es gibt keine Grundlage zu sagen, dass das, was wir jetzt an Umsteuerung beabsichtigen, rechtlich nicht in Ordnung sei.

(Zuruf von Herrn Grünert, DIE LINKE)

Wir haben - das habe ich schon in einer anderen Landtagsdebatte gesagt und möchte es wiederholen - bei der Reduzierung um 10 Millionen €, was die Erstattungsleistung gegenüber den Landkreisen und kreisfreien Städten zur Aufnahme und Unterbringung der Ausländerinnen und Ausländer anbelangt, den einfachen Grund, dass die Zahl derer, die unterzubringen sind, rückläufig ist und die tatsächlichen Kosten der Landkreise und kreisfreien Städte um 10 Millionen € niedriger sind als das, was bisher im Haushalt stand.

Ich halte es für legitim und für gerechtfertigt, dass wir an dieser Stelle die Aufwendungen der Landkreise und kreisfreien Städte nicht überkompensieren, sondern

dass der Teil, der für den Aufwand nicht benötigt wird, auch nicht erstattet wird. Das ist Begründung für die Reduzierung um 10 Millionen €. Diese 10 Millionen € sind nirgendwo verschwunden, sondern sie müssen, weil die Kosten nicht entstehen, nicht erstattet werden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Danke, Herr Minister. - Wir treten in eine Fünfminutendebatte ein. Als erster Debattenredner hat der Abgeordnete Herr Kolze für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der ZASt in Halberstadt kommt das Land Sachsen-Anhalt den Bestimmungen des Asylverfahrensgesetzes nach, wonach eine Unterbringung asylsuchender Ausländer zunächst in einer Aufnahmeeinrichtung des Landes zu erfolgen hat.

Die Anlaufstelle für Sachsen-Anhalt befindet sich in Halberstadt und hat eine Kapazität von insgesamt 1 200 Personen und aufgrund brandschutzrechtlicher Vorgaben - den Ausführungen des Innenministers folgend - momentan eine Kapazität von 800 Personen.

Es handelt sich um einen großen Komplex mit idealer Anbindung an das Zentrum der Stadt Halberstadt. Vor Ort werden Beratungsmöglichkeiten für Asylsuchende vorgehalten, soziale Beratung und Betreuung sowie sozialhilferechtliche Betreuung angeboten. Den Asylsuchenden wird in der ZASt umfassende Hilfestellung an die Hand gegeben, die benötigt wird, wenn ein Asylbewerber nach Deutschland kommt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun haben wir gehört, dass die Anzahl der Asylbewerberzugänge seit der gesetzlichen Umsetzung des Asylkompromisses im Juli 1993 rückläufig ist. Die Folge ist, dass die ZASt keine komplette Auslastung erfährt und somit freie Kapazitäten zur Verfügung stehen. Daraus resultiert die Überlegung, dass die freien Plätze an Personen vergeben werden können, die zum Wohnen in der ZASt als Aufnahmeeinrichtung nicht mehr verpflichtet sind, sondern dort wohnen können. Hierzu zählen zum Beispiel Bürgerkriegsflüchtlinge, die dort vorübergehend untergebracht werden können.

Die zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber dient insoweit schon als Gemeinschaftsunterkunft. Zwar waren der Grund hierfür, wie Herr Innenminister Hövelmann ausgeführt hat, Engpässe in den Landkreisen, die eine dortige Übernahme der Ausländer nicht zuließen. Jedoch leuchtet mir nicht ein, dass nach dem Asylverfahrensgesetz Ausländer, die einen Asylantrag gestellt haben und nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, aber in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht werden können, nicht gemeinsam mit den verpflichtend dort wohnenden Asylbewerbern in einem Gebäudekomplex untergebracht werden sollen. Die Räumlichkeiten stehen zur Verfügung und es fallen keine zusätzlichen Kosten an.

Erst wenn die einwandfreie Möglichkeit der Übernahme durch die Landkreise oder kreisfreien Städte besteht, wird der Wohnort der Betroffenen verlagert. Wie die Regelungen im Detail erfolgen sollen, wenn zum Beispiel Familien mit Kindern, auch schulpflichtigen Kindern betroffen sind, muss noch geklärt werden. Hierzu wird die

Anhörung, die bereits vom Innenministerium durchgeführt wird, beitragen.

Um die Ergebnisse der Anhörung zu erfahren und um ein besseres Bild von der Situation zu bekommen, haben wir in Nr. 2 unseres Alternativantrages darum gebeten, die Landesregierung möge nach Abschluss des Anhörungsverfahrens im Ausschuss für Inneres über die Umsetzung des Vorhabens berichten.

Auch die Stadt Halberstadt begrüßt die Einrichtung der ZASt in ihrem Stadtgebiet. Es gibt, wie wir gehört haben, keinerlei Anlass zur Befürchtung, dass extremistische Übergriffe in der Stadt zunehmen werden.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Meines Erachtens darf das Ziel, Menschen ein Zuhause zu bieten, in einer für sie ohnehin schwierigen Situation nicht der Angst vor Extremismus weichen. Die Absicht der Landesregierung, in der ZASt eine Gemeinschaftsunterkunft für Personen einzurichten, die das Aufnahmeverfahren durchlaufen haben, findet meine ungeteilte Zustimmung.

(Zustimmung von Herrn Tullner, CDU)

Ich bitte daher um Zustimmung zu dem Alternativantrag der Fraktionen von CDU und SPD und um Ablehnung des Antrags der Fraktion DIE LINKE. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.