Protocol of the Session on November 15, 2007

(Zustimmung bei der LINKEN)

Nur noch ein paar Argumente. Im Rahmen der Tarifauseinandersetzung wurden anlässlich einer Betriebsrätekonferenz des ver.di-Landesbezirks im Mai 2007 Erfah

rungen ausgetauscht. Zusammengefasst war die Einschätzung so: Die meisten Einzelhandelsunternehmen gingen die Umsetzung der neuen Öffnungszeiten sehr vorsichtig an, allerdings wurden die Betriebsräte in einigen Unternehmen massiv bei den Regelungen zur Arbeitszeit nach dem Betriebsverfassungsrecht unter Druck gesetzt. Die Umsätze blieben hinter den Erwartungen zurück.

Die Arbeitszeitstrukturen wurden umgehend verändert, um insbesondere Personalkosten zu sparen. Es wurden mehr befristete Arbeitsverhältnisse abgeschlossen, die Vollzeit in Teilzeit verändert und Praktikanten beschäftigt. Zur Überbrückung von Ausfällen bei Krankheit und Urlaub wurde unter anderem auf Zeitarbeitnehmer orientiert. Der Druck auf die Verkäuferinnen hat sich dadurch enorm erhöht, weil aufgrund der geringen Personalbesetzung die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, enorm gewachsen ist.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, dass hier auch eine Reihe von gefühlten Entwicklungen eine Rolle spielen. Deshalb halte ich die vorgesehene Anhörung durch den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur Situation im Einzelhandel auch für richtig. Unsere Fraktion unterstützt diesen Antrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Rogée. - Für die SPD-Fraktion hätte jetzt Herr Miesterfeldt die Möglichkeit, das Wort zu ergreifen. - Er möchte dies nicht. Somit darf nun Herr Professor Paqué für die FDP-Fraktion reden.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich in der Tat zu diesem Antrag sehr kurz fassen. Ich halte es für sehr sinnvoll, dass wir uns im Wirtschaftsausschuss im Rahmen einer Anhörung über die Erfahrungen mit dem neuen Gesetz über die Ladenöffnungszeiten im Land Sachsen-Anhalt befassen. Die bisherigen Beobachtungen, die man in dieser Hinsicht hat, sind - genau wie Frau Rogée es gesagt hat - noch nicht objektiviert. Es ist sicherlich von großem Interesse, hier härtere Fakten auf den Tisch zu bekommen, um beurteilen zu können, wie sich die Sache konkret entwickelt hat.

Meine Damen und Herren! Insgesamt scheint allerdings eines schon heute klar: Es hat in den Geschäften keine Revolution gegeben, und jeder, der im positiven oder im negativen Sinne - wie auch immer die persönliche Perspektive war - mit einer solchen Revolution gerechnet hatte, war vielleicht ein wenig naiv in der Beurteilung. Es ist nicht so, dass nicht schon vorher gewisse Spielräume ausgenutzt wurden. Es ist auch nicht so, dass viele Menschen um 2 Uhr nachts einkaufen wollten.

In den Ländern, in denen es entsprechende langjährige Erfahrungen mit vollständig liberalisierten Öffnungszeiten gibt, zeigt sich immer wieder das gleiche Bild. Es gibt gewisse Kernzeiten des Tages, die bis in den Abend reichen, aber eben nicht den gesamten Abend umfassen. Es gibt zu bestimmten besonders umsatzstarken Zeiten Ausdehnungen der Öffnungszeit. Ansonsten bewegt sich das Ganze in einem vernünftigen Rahmen.

Und es wird sicherlich in der Zukunft das eine oder andere Geschäft geben, das als besonderen Teil seiner

Marketingstrategie besonders lange Öffnungszeiten anbietet. Das werden - wie die Erfahrungen in den Vereinigten Staaten, in Schweden und sonst wo zeigen - Ausnahmen sein. Gleichwohl ist es außerordentlich wichtig, dass wir uns genau darüber informieren lassen, was im Einzelnen passiert ist.

Ich freue mich auf die Anhörung im Ausschuss, wobei ich an dieser Stelle noch bemerken möchte: Wir sollten das nicht zu früh im ersten Quartal des Jahres machen, damit die Arbeitgeber- und die Arbeiternehmerseite und all diejenigen, die zu der Anhörung geladen sind, eine vollständige und fundierte Auswertung des Weihnachtsgeschäfts in diesem Jahr vornehmen können; denn es ist das erste Weihnachtsgeschäft - wenn ich diesen Begriff mit der freundlichen Genehmigung des Theologen Miesterfeldt an dieser Stelle verwenden darf -, das in voller Vorbereitung und im Bewusstsein eines liberalisierten Ladenschlussgesetzes geführt wird. Im letzten Jahr war es außerordentlich knapp davor. Da waren die Dispositionen möglicherweise noch nicht vollständig getroffen. Jetzt kann man beobachten, was sich längerfristig einstellen wird.

Damit die entsprechenden Erfahrungen wirklich objektiviert vorliegen, sollten wir die Anhörung nicht zu früh im Jahr durchführen. Ich freue mich auf die Anhörung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Professor Paqué. - Zum Schluss der Debatte bitte Herr Gürth für die CDU-Fraktion.

(Herr Tullner, CDU: Der freut sich ebenfalls auf die Anhörung!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Rogée, gestatten Sie mir, kurz auf die Genese des Gesetzes, das jetzt in Rede steht, hinzuweisen. Wir hatten im Zuge der Föderalismusreform die Zuständigkeit für die Regelung genau dieses Sachverhaltes auf die Länderebene übertragen bekommen und hatten seinerzeit, vor einem Jahr, zwei ganz weit auseinander liegende Pole in der Debatte um die Regelungen zu den Ladenöffnungszeiten: auf der einen Seite die FDP, die am liebsten alles komplett freigegeben hätte - dafür gab es auch außerhalb der FDP hier und dort Zustimmung -, auf der anderen Seite die PDS, die am liebsten noch mehr und noch strenger reguliert hätte.

(Herr Tullner, CDU: Die den Laden am liebsten zugemacht hätte! - Frau Weiß, CDU, lacht)

Dann gab es auch noch eine Kulturfrage, nämlich: Wie viel Geschäft muss sein, wie viel Freizeit muss sein und wie gehen wir im Kulturland Deutschland mit den Sonntagen um?

Es ging also um einen Ausgleich zwischen unterschiedlichen Interessen.

(Herr Tullner, CDU: Gipfeltreffen!)

Zum einen ging es um die Interessen der Kunden, die mit Dienstleistungen, Waren und Gütern versorgt werden wollen, zum anderen um die Interessen der Beschäftigten, die diese Dienstleistungen zu unterschiedlichen Zeiten anzubieten haben - niemand wusste jedoch genau, wie dies konkret geregelt werden sollte -,

Herr Gürth, möchten Sie eine Frage von Herrn Thiel beantworten?

- sehr gern, am Ende - aber auch um die Interessen der Geschäftsleute, die sich bei der sehr defizilen und schwierigen Einzelhandelsstruktur, wie sie in Deutschland vorzufinden ist, auf dem Markt behaupten müssen. Last, but not least: Ich persönlich war immer ein Anhänger der Losung der Kirchen, die lautete: Ohne Sonntage gäbe es nur Werktage. - Auch dies spielte zu Recht eine große Rolle.

Wir hatten auf der einen Seite die Hoffnungen, die mit einer Veränderung der Rechtslage verbunden waren: Hoffnungen auf mehr Dienstleistungen, auf bessere Dienstleistungen, Hoffnungen auf Umsatzwachstum, Hoffnungen auf mehr Steuereinnahmen und vielleicht auch Hoffnungen auf mehr Beschäftigte und neue Verdienstmöglichkeiten.

Auf der anderen Seite waren mit der Änderung der Rechtslage Ängste verbunden, nämlich dass damit gleichzeitig eine Umwandlung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse in prekäre Arbeitsverhältnisse einhergehen könnte, die Sorge der Beschäftigten im Einzelhandel um Arbeitszeiten, die alles andere als familienfreundlich sind, ohne entsprechend angepassten ÖPNV und mit allen sonstigen Problemen, die in diesem Zusammenhang diskutiert wurden, die Sorge der mittelständischen Einzelhändler, dass sie sich aufgrund geschlossener Verträge dem Diktat bestimmter Shopping-Center unterordnen und auch gegen ihr eigenes Interesse zu Zeiten öffnen müssen, in denen es sich für sie nicht lohnt und in denen es für sie als Selbständige auch mit Blick auf die Familie eher schwierig werden könnte.

Und heute? - Heute stellen wir fest: Alles hat sich eingepegelt. Wenn man vom Bahnhof kommt und in das Stadtzentrum von Magdeburg geht, was liest man auf großen Transparenten? - Ich zitiere: „Wir können zweimal länger.“

(Heiterkeit bei der CDU)

Damit war die Erkenntnis gemeint, dass nach einem Jahr neuer Ladenschlusszeiten nicht irgendjemand irgendetwas in der Woche zweimal länger kann,

(Heiterkeit bei der CDU - Frau Weiß, CDU: Vor allen Dingen das!)

sondern dass ein Shopping-Center hier in Magdeburg lediglich zweimal in der Woche die längeren Ladenschlusszeiten wirklich ausnutzt. Das ist nun die Realität. Damit sind wir genau bei den Prognosen, die wir in den Koalitionsfraktionen seinerzeit aufgestellt haben: Es wird sich einpegeln und es hat sich eingepegelt.

Aus der Sicht der CDU-Fraktion sollten wir im kommenden Jahr, wenn das Weihnachtsgeschäft abgeschlossen ist, mit allen Beteiligten eine Anhörung dazu durchführen. Das ist das Ziel dieses Antrages.

Wir sollten vor allem auf zwei Aspekte ganz besonders achten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie erinnern sich, wir hatten im Süden des Landes an der Grenze zu Sachsen aufgrund der unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen die Sorge, dass durch liberalere Regelun

gen im Freistaat Sachsen insbesondere die Einzelhandelsstandorte im Süden gefährdet sind. Diesbezüglich möchte ich wissen, wie sich das nach dem Weihnachtsgeschäft 2007 tatsächlich darstellt.

Wir müssen uns auch noch einmal anschauen, ob wir bei den Tourismusorten in Sachsen-Anhalt entsprechend nachjustieren müssen, damit diejenigen Einzelhändler und Dienstleister, die sich in den Tourismusorten dem Wettbewerb stellen, die gleichen Marktchancen haben, wie sie ihre Wettbewerber in Thüringen, in Mecklenburg-Vorpommern und in anderen Ländern haben.

(Herr Tullner, CDU: Das ist ganz wichtig!)

Ich freue mich, dass das Parlament im Großen und Ganzen dieses Ansinnen unseres Antrages teilt. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Gürth. - Nun Ihre Frage, Herr Thiel.

Lieber Kollege Gürth, Sie sprachen davon, dass wir in der Diskussion im vorigen Jahr viel strenger hätten regulieren wollen. Habe ich diesbezüglich vielleicht eine falsche Wahrnehmung? - Nach meiner Erinnerung haben wir uns den Öffnungsklauseln weitestgehend öffnen können, allerdings mit der Einschränkung, dass hinsichtlich der Wahrung der Arbeitnehmerrechte ein klareres Wort notwendig wäre. Habe ich da etwas falsch verstanden, oder wie meinten Sie Ihre Formulierung, wir hätten strengere Regulierungen gewollt?

Man kann immer wieder etwas falsch verstehen. Das geht mir auch häufig so. Aber Sie erinnern sich, sehr geehrter Herr Kollege Dr. Thiel: Als wir seinerzeit darüber diskutiert haben, wie die Landesregelung aussehen soll, sind von Ihrer Fraktion Vorschläge gekommen, wie man die neuen gesetzlichen Regelungen insgesamt zu konditionieren hat. Die Vorschläge, die Sie gemacht haben - sie sind in den Protokollen noch nachzulesen -, hätten bedeutet, dass wir mehr Regulierungen gehabt hätten, als das vorher mit dem alten Gesetz der Fall war. Genau das war damit gemeint, nicht mehr und nicht weniger.

Vielen Dank, Herr Gürth. - Damit ist die Debatte abgeschlossen. Wir stimmen über den vorliegenden Antrag in der Drs. 5/926 - Umsetzung des Ladenöffnungszeitengesetzes Sachsen-Anhalt - ab. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Offensichtlich alle. Dann ist das so beschlossen und der Tagesordnungspunkt 5 ist beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung

Evaluierung der Ergebnisse im Tourismusmarketing

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/939

Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/968

Ich bitte zunächst Herrn Czeke, das Wort zu nehmen und den Antrag einzubringen.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Mittwoch und Donnerstag vergangener Woche fand in Magdeburg der Landestourismustag Sachsen-Anhalt statt. Danach wurde mit einer gemeinsamen Abendveranstaltung beginnend der Tourismustag des Deutschen Tourismusverbandes, DTV, erstmalig in unserer Landeshauptstadt Magdeburg durchgeführt. So weit, so gut.

An beiden Tagen wurden sehr interessante Vorträge gehalten. Ich sage vorweg: Auch dort wurde deutlich, dass es durchaus Unterschiede in der Erwartungserhaltung hinsichtlich dessen gibt, was Tourismus leisten kann und vor allen Dingen leisten soll. Es ist kein Problem, wenn ich konstatieren kann, dass es seitens der Landesregierung sicherlich andere Ansichten darüber gibt als von uns als Fraktion in der Opposition.