Protocol of the Session on November 15, 2007

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 29. Sitzung des Landtages der fünften Wahlperiode. Dazu möchte ich Sie alle recht herzlich begrüßen.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Ich komme nun zu den Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung. Für die 16. Sitzungsperiode des Landtages liegen mir folgende Entschuldigungen vor:

Ministerin Frau Dr. Kuppe entschuldigt sich für beide Sitzungstage. Sie nimmt heute und morgen an einer politischen Sondersitzung des Gesundheitsausschusses des Bundesrates teil.

Minister Herr Dr. Haseloff bittet seine Abwesenheit am 16. November 2007 wegen einer Arbeits- und Sozialministerkonferenz ganztägig zu entschuldigen.

Minister Herr Professor Dr. Olbertz bittet seine Abwesenheit am heutigen 15. November 2007 ab 17 Uhr wegen einer Veranstaltung in der Burg Giebichenstein in Halle zu entschuldigen.

Staatsminister Herr Robra bittet seine Abwesenheit an beiden Sitzungstagen zu entschuldigen. Er nimmt an der Konferenz der Präsidenten der Europäischen Regionen mit Gesetzgebungskompetenz in Barcelona teil. - So viel, meine Damen und Herren, zu den Entschuldigungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihnen liegt die Tagesordnung für die 16. Sitzungsperiode vor. Im Ältestenrat wurde vereinbart, den Tagesordnungspunkt 1 - Regierungserklärung der Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt Frau Wernicke zum Thema: „Global denken, lokal handeln - Landwirtschaft vor neuen Herausforderungen“ und Aussprache zur Regierungserklärung - als ersten Punkt am morgigen Freitag zu behandeln.

(Unruhe)

- Ich bitte den Schallpegel ein wenig zu senken, damit Sie hören können, worüber wir heute und morgen beraten wollen.

Die Fraktion DIE LINKE hat fristgemäß ein weiteres Thema für die Aktuelle Debatte eingereicht. Der Antrag mit dem Titel „Öffentlich geförderte Beschäftigung in Sachsen-Anhalt - eine Reise ins Ungewisse“ liegt Ihnen in der Drs. 5/964 vor. Im Ältestenrat ist ursprünglich vereinbart worden, weitere Themen für die Aktuelle Debatte in der Sitzung am Freitag nach der Regierungserklärung zu beraten. Da es sich bei dem Antrag der Fraktion DIE LINKE um ein Thema aus dem Bereich Wirtschaft handelt, schlage ich Ihnen jedoch vor, den Tagesordnungspunkt 2 b - den Antrag in der Drs. 5/964 - in der heutigen Sitzung als zweiten Punkt nach der Mittagspause, also nach der Fragestunde zu behandeln; denn der Herr Wirtschaftsminister wird in der morgigen Sitzung nicht anwesend sein.

Darüber hinaus beantragte die Fraktion DIE LINKE, den Tagesordnungspunkt 19 - Bundesstraße B 190n - Nutzung vorhandener Verkehrsinfrastruktur - in der Drs. 5/934 von der Tagesordnung abzusetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das waren die Dinge, die ich zur Tagesordnung bekannt zu geben habe. Gibt es Ihrerseits noch Anmerkungen? - Das ist nicht

der Fall. Dann bitte ich um Zustimmung dazu, dass wir hinsichtlich der Tagesordnung wie vorgeschlagen verfahren können. - Zustimmung bei allen Fraktionen. Damit ist die Geschäftsgrundlage gegeben.

Zum zeitlichen Ablauf: Wir werden versuchen, die heutige Sitzung gegen 19 Uhr zu beenden, weil eine Ausstellungseröffnung und ab 20 Uhr die parlamentarische Begegnung mit dem Mitteldeutschen Rundfunk stattfinden. Ich bitte um rege Teilnahme.

Meine Damen und Herren! Bevor wir in die Aktuelle Debatte eintreten, bitte ich Sie herzlich darum, sich so weit wie möglich an den Zeitplan zu halten; denn wir wollen um 11 Uhr einen wichtigen Tagesordnungspunkt - Wahlen zum Landesverfassungsgericht - aufrufen, zu dem wir Gäste eingeladen haben. Ich bitte herzlich darum, das im Blick zu haben.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Aktuelle Debatte

Dieser Tagesordnungspunkt gliedert sich in zwei Teile. Für den heutigen Vormittag ist der erste Beratungsgegenstand vorgesehen: Umgang mit Mitarbeitern im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt; ein Antrag der Fraktion der FDP in der Drs. 5/957. Der zweite Beratungsgegenstand - Öffentlich geförderte Beschäftigung in Sachsen-Anhalt - wird wie vereinbart nach der Mittagspause behandelt.

Wir kommen zum ersten Thema der Aktuellen Debatte:

Umgang mit Mitarbeitern im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt

Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/957

Die Fraktionen sprechen in der folgenden Reihenfolge: FDP, SPD, DIE LINKE und CDU. Ich erteile jetzt dem Antragsteller, der Fraktion der FDP, das Wort. Herr Abgeordneter Kley, bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass sich der Landtag heute mit einem derartigen Thema, wie es von uns beantragt wurde, befasst, ist sicherlich nicht normal. Wir hoffen, dass dies nicht öfter notwendig werden wird. Wir haben in der Fraktion lange überlegt, ob wir in diesem Hause darüber reden sollten, wie die Arbeit in einem Ministerium stattfindet, wie man dort mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgeht und wie dort Recht und Gesetz jeweils auch im Detail gehandhabt werden.

(Herr Gürth, CDU: Hättet ihr mal ein bisschen länger überlegt!)

Wir hätten an dieser Stelle gern darauf verzichtet, aber die Eskalation in der letzten Zeit und die geringen Aktivitäten, die Schwierigkeiten im Hause abzustellen, haben uns doch dazu bewogen, dieses Thema auf die Tagesordnung setzen zu lassen.

Lassen wir einmal kurz die Historie Revue passieren: Der Ausgangspunkt ist wohl eine anonyme Anzeige am Anfang des Jahres 2006, die dann in der Folge zu einer

Ermittlung gegen unbekannt führte. Daraufhin sind dort in einer Art und Weise Computer beschlagnahmt und untersucht worden sowie Daten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Kontrolle unterzogen worden, die uns Sorgen macht und die - so haben wir das Gefühl - nicht im Sinne des Personalvertretungsrechts und des Datenschutzgesetzes ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schauen wir in das Personalvertretungsgesetz des Landes SachsenAnhalt, so finden wir unter § 2 - Grundsätze der Zusammenarbeit - eine besondere Festlegung, nämlich die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dieser Begriff ist höchstrichterlich ausgeurteilt und besagt auch eindeutig, worauf es ankommt, nämlich von beiden Seiten in einem vernünftigen Maß miteinander umzugehen und einander zu achten.

(Frau Weiß, CDU: Von beiden Seiten!)

Wenn nun im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt auf die Daten des Personalrates zugegriffen wurde, wenn diese auf aus unserer Sicht unverhältnismäßige Art und Weise untersucht wurden, um einen Verdacht zu erhärten - - Daraus, dass eine Schriftart, die unter Nutzern bestimmter Software nicht sehr ungebräuchlich ist, dort ebenfalls vorkommt, wird geschlossen, dass der anonyme Briefschreiber aus dieser Ecke käme.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Auch ich bin der Meinung, dass anonyme Anzeigen in einem Bereich, in dem der Anzeigende nicht um Leib und Leben fürchten muss, Dinge sind, die man sehr skeptisch betrachten muss. Es ist auch von der Staatsanwaltschaft bestätigt worden, dass in dem Fall der Anzeige gegen Staatssekretär Aeikens keine strafbaren Handlungen nachweisbar waren, dass also ein rechtsstaatliches Verfahren durchgeführt wurde - dafür haben wir den Rechtsstaat - und dass dieses auch den Beweis erbrachte und damit auch Klarheit in der Öffentlichkeit.

Aber wie dort - in Anführungsstrichen - zurückgeschlagen wurde, meine sehr geehrten Damen und Herren, das erschwert die weitere Arbeit im Hause doch beträchtlich. Wenn man dann erlebt, dass 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine öffentliche Demonstration vor einem Ministerium durchführen, dann erhärtet das doch den Eindruck, dass sich der Umgang zwischen Personalrat und Hausspitze, der - das weiß ich aus eigener Erfahrung - nicht immer einfach ist, sich in diesem Fall in einem Maße verhärtet hat, das einfach nicht mehr normal ist. Und das ist nicht mehr hinzunehmen.

Wir erwarten schon ein deutliches Zeichen seitens derjenigen im Ministerium, die Vernunft haben, dahin gehend, dass man aufeinander zugeht. Die Hausspitze ist hierbei durchaus gefragt, klärend tätig zu werden.

Es kann nicht sein, dass die Mitarbeiter aufgrund von Einschüchterungen, Kontrollsystemen und Ähnlichem mehr damit beschäftigt sind, aufzupassen, dass ihnen nichts passiert, oder sich gegenseitig zu kontrollieren, als dass sie die eigentliche Arbeit der Exekutive wahrnehmen.

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir in dieser Runde darüber sprechen; denn wenn die Legislative die Sorge hat, dass die Exekutive ihre Aufgaben nur noch eingeschränkt wahrnehmen kann, weil andere Themen offensichtlich wichtiger sind, dann sollte man darüber auch in diesem Hohen Hause einmal diskutieren können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in der Öffentlichkeit schon von verschiedenen Fraktionen dieses Landtages deutliche Meinungsäußerungen dazu gehört. Uns würde natürlich interessieren, was mit der Frage gemeint ist, dass man einmal aufklären müsse, worum es geht, oder was es mit der Empörung über diese Vorgänge auf sich hat. Hier ist es, glaube ich, notwendig, dem Ministerium ein wenig zu helfen, damit sich die Parteien aufeinander zu bewegen und miteinander sprechen können.

(Herr Gürth, CDU: Mit einer Debatte!)

Ich erinnere mich noch an frühere Zeiten, als der Herr Ministerpräsident in solchen Situationen den betreffenden Minister oder die Ministerin unter vier Augen gesprochen hat

(Herr Bischoff, SPD: Das ist wohl des Öfteren passiert?)

und dafür gesorgt hat, dass so etwas aus der Welt geschafft wird. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie sollten dort vielleicht wieder einmal ihre väterliche Art spielen lassen, damit die Öffentlichkeit nicht weiterhin damit befasst ist

(Beifall bei der FDP)

und damit im Hause auch wieder etwas getan wird.

(Minister Herr Dr. Daehre: Mit uns hat er nicht gesprochen! - Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Offenkundig tut es Not, dass hier darauf hingewiesen wird, dass noch weitere Fragen des Personalvertretungsgesetzes berührt werden. Das sind die Frage der Schutzwürdigkeit, die Frage der Schweigepflicht und Ähnliches, die durch die ständige Kontrolle von Computern, durch die Beschlagnahme und die Durchsuchung von Akten und Ähnliches in einem starken Maße gefährdet ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Personalvertretungsgesetz ist nicht von ungefähr so gemacht worden. Der Personalrat erfüllt eine sehr wichtige Rolle in den Häusern. Aber wir sehen an der Demonstration von 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass es sich nicht nur um dieses Gremium handelt, sondern dass allgemein ein Gefühl der Angst und der Kontrolle im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt herrscht.

An dieser Stelle können wir nur dafür eintreten, dass dem baldmöglichst abgeholfen wird, damit auch nach außen, für die Öffentlichkeit wieder klar ist, dass die Landesregierung von Sachsen-Anhalt ihre Aufgaben in einem vernünftigen Maße erfüllen kann, ohne dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fürchten müssen, für einen Fehler gerügt zu werden, nur weil Verdächtigungen untereinander gestreut werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Rechtsstaatspartei möchte die FDP noch einmal die Problematik des Datenschutzes aufgreifen.

(Frau Weiß, CDU: Als Rechtsstaatspartei?)

Ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel tatsächlich noch gegeben, wenn derartige Durchsuchungen stattfinden, wenn man Verdächtigungen untereinander streut, wenn man in persönliche Datensätze eingreift, um einen Sachverhalt aufzuklären, der mit Sicherheit entweder anders hätte geklärt werden können oder aber - wie es sich letztlich bewiesen hat - auf diese Art und Weise gar nicht

klärbar war? Das könnte auch den handelnden Parteien im Vorfeld schon klar gewesen sein.