Protocol of the Session on October 12, 2007

Diese Verdreifachung kommt dadurch zustande, dass die Zahl der Schulen, die nach dreijährigem Schulbetrieb den Anerkennungsstatus erwerben, stetig gestiegen ist, und sie wird auch weiter steigen. Das heißt, die freien Schulen sind uns nicht nur lieb, sondern sie kosten uns auch etwas und sind teuer.

Uns ist bewusst, dass an freien Schulen neben der Zahlung eines Schulgeldes, das Eltern zu zahlen bereit sind, diese Eltern häufig auch ein sehr hohes Engagement für die Belange ihrer Kinder und der Schule einbringen. Meine Damen und Herren! Letzteres wünschte ich mir viel stärker auch an öffentlichen Schulen.

Grundlage für die Finanzierung der freien Schulen sind entsprechende Regelungen im Schulgesetz und in der Ersatzschulverordnung. Mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom September 2006 entstand jedoch eine neue Situation; das ist bekannt.

Nach Meinung des Gerichts verstößt die Ersatzschulverordnung gegen die Ermächtigungsgrundlage des Schulgesetzes zum Umfang der Finanzhilfe und gegen das Bestimmtheitsgebot im Hinblick darauf, wie die pauschalierten Kosten einer Lehrkraft zu ermitteln sind. Das heißt nicht, dass Gesetzeswidrigkeit unterstellt wird. Aber es ist klar: Es besteht Handlungsbedarf.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich an dieser Stelle nicht zu der Art und Weise der Auseinandersetzung zwischen Kultusministerium und Vertretern der freien Schulen äußern. Tatsache ist, dass Polemik das Problem nicht löst.

(Zustimmung von Herrn Güssau, CDU, und von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

Wir benötigen eine sachliche Auseinandersetzung und vor allen Dingen Lösungsansätze, die eine aufgabengerechte und verlässliche Finanzierung der Schulen in

freier Trägerschaft garantieren, die aber auch der Rechtsprechung genügen. Gleichzeitig, meine Damen und Herren, muss auch der Landeshaushalt im Auge behalten werden. Oder woher sollen wir die Finanzen nehmen, die Sie für die Theater fordern? Doch wohl hoffentlich nicht von den freien Schulen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Grundlage für die weitere Diskussion ist die am Dienstag vom Kabinett zur Anhörung freigegebene Schulgesetznovelle. Nun macht es heute wenig Sinn, über mögliche Regelungen dieses Gesetzentwurfs zu reden, der den Landtag noch gar nicht erreicht hat. Außerdem sind bereits im Rahmen der begonnenen Anhörungsverfahren Änderungen möglich, die dann möglicherweise in den Entwurf einfließen, der den Landtag erreichen wird.

Ich kann an dieser Stelle nur sagen, dass wir zumindest konsequent darauf achten werden, dass Schulen in freier Trägerschaft auch künftig vernünftige finanzielle Rahmenbedingungen vorfinden. Das gilt unter anderem auch für Möglichkeiten der Anrechnung immanenter Aufgaben, wie zum Beispiel Förderunterricht.

Es gibt ausreichend Vorschläge von den freien Schulen, die uns vorliegen, und ich bin sicher, meine Damen und Herren, dass diese Überlegungen ausreichend Beachtung finden. Eines ist jedoch nicht möglich und das möchte ich an dieser Stelle schon klar sagen: Wir erachten es nicht für sachgerecht, alle Kosten des öffentlichen Schulwesens für die Berechnung der Schülerkostensätze für freie Schulen heranzuziehen.

Ich will das kurz begründen und mich noch einmal auf die Worte des Ministers beziehen, dass das öffentliche Schulwesen gewisse Mehrkosten hat durch die Erfüllung von Aufgaben, die freie Schulen nicht leisten müssen. Das betrifft eben das wohnortnahe Schulangebot, das Schulnetz, Personalmaßnahmen und dergleichen mehr. Die öffentliche Schule hat im Gegensatz zu den freien Schulen eine Fürsorgepflicht für jeden Schüler und jede Schülerin im Sinne der Schulpflicht zu erfüllen. Das ist ein nicht zu unterschätzender Sachverhalt.

Ich verstehe jedoch die Forderung der Schulen in freier Trägerschaft, das Land möge entsprechend der Festlegung im Schulgesetz endlich einen Bericht zu den im öffentlichen Schulwesen tatsächlich entstehenden Kosten vorlegen. Denn hierbei handelt es sich um die grundlegende Berechnungsgrundlage. Denn nur wenn man weiß, wie viel 100 % wirklich sind - darum geht die Streiterei im Moment -, lassen sich 90 % berechnen. Doch daran haben sich bisher alle Landesregierungen die Zähne ziemlich ausgebissen. Herr Staatssekretär Willems kennt das bestens, und zwar aus verschiedenen Perspektiven, wie wir wissen.

Dass das tatsächlich nicht so einfach ist, beweisen verschiedene Gutachten der letzten Jahre, die zum Teil erheblich voneinander abweichen. Anscheinend gibt es eben den einen Wert für die Kosten eines Schülers/einer Schülerin nicht. Die Ergebnisse unterscheiden sich je nach Herangehensweise voneinander, und das gilt auch für das Steinbeis-Gutachten. Dieses Gutachten bezieht sämtliche Kosten für einen Schüler an öffentlichen Schulen in die Berechnung ein, was aus unserer Sicht - ich wiederhole es - nicht sachgerecht ist.

Wir werden den Antrag der FDP in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überweisen. Dort gehört er hin, dort soll er im Rahmen der beiden anstehenden Schulgesetzberatungen diskutiert werden. Das heu

te ist das Vorspiel, aber ich hoffe, nicht der Vorhof zur Hölle. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

Vielen Dank. - Wir kommen zum nächsten Debattenbeitrag. Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Höhn das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst am Anfang für meine Fraktion prinzipiell feststellen, dass nicht zuletzt aufgrund der schon viel beschworenen degressiven Haushalte, die wir in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus perspektivisch haben werden, aber auch aus prinzipiellen Erwägungen die Priorität für uns selbstverständlich auf einem hochwertig aufgestellten und auskömmlich finanzierten staatlichen Schulsystem liegt.

(Beifall bei der LINKEN)

Gleichzeitig - darum geht es ja heute - steht für uns selbstverständlich das grundgesetzlich garantierte Recht zur Gründung von Schulen in freier Trägerschaft außer Frage. Wenn das so ist, dann ist es auch unsere politische Pflicht - wir wollen uns ihr auch stellen -, verlässliche, transparente und gesetzeskonforme Finanzierungsregelungen für die freien Schulen zu finden und festzusetzen für dieses Land.

Nun haben wir - das ist nicht zuletzt Ausgangspunkt dieses Antrags, das vermute ich zumindest - einen sehr lang gediehenen Streit zwischen den freien Schulen und der Landesregierung, nicht nur dieser, sondern auch schon der in der letzten Legislaturperiode. Jetzt ist hier schon viel gestritten worden über die Frage, ob nun die Ersatzschulverordnung dem Gesetz widerspricht oder nicht und was nun geändert werden muss oder nicht.

Ich neige, wenn es vom OVG, so wie Herr Kley das bereits dargestellt hat, beanstandet worden ist, zunächst dazu, dafür zu sorgen, dass die Verordnung dem Gesetz entspricht, bevor wir die Aufforderung von der Landesregierung bekommen - diese ist am Dienstag angeregt worden -, die Gesetzesgrundlage zu ändern. Das halte ich prinzipiell für den richtigen Weg.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Nun komme ich zu dem Antrag der FDP und bleibe genau bei diesem Punkt. Herr Kley, dann müssen wir uns in dem Antrag erst mal entscheiden, was wir jetzt wollen. Wollen wir eine Regelung, die gesetzeskonform ist, oder wollen wir ein Gesetz, das regelungskonform ist? Sie beantragen beides in Ihrem Antrag. Unter Punkt 1 wollen Sie die gesetzeskonforme Regelung und unter Punkt 3 wollen Sie eine Gesetzesänderung. Da wünschte ich mir Klarheit wie an manchem anderen Punkt in diesem Antrag auch.

Ich will deutlich sagen, dass auch wir Änderungsbedarf gegenüber der bisherigen Praxis sehen. Ich will zwei Punkte ansprechen: das Thema tarifliche Entlohnung in den freien Schulen und zusätzliche Angebote, zum Beispiel Ganztagsangebote. Ich bin ausdrücklich dafür, dass wir Regelungen finden, in denen dies auch gegenüber den freien Schulen finanziell anerkannt wird.

Noch zwei Bemerkungen. Herr Kley, Sie haben vorhin beklagt, dass die Ersatzschulen im wahrsten Sinne des Wortes zum Ersatz geworden sind, weil das staatliche Schulnetz derart ausgedünnt ist, dass die Eltern froh sind, überhaupt noch eine freie Schule zu haben. Ich gehe davon aus, dass Sie sich daran erinnern, welche Landesregierung die Vorgaben gemacht hat, die zu dem jetzigen Schulnetz geführt haben. Das war die, an der Sie beteiligt waren.

(Beifall bei der LINKEN)

Letzte Bemerkung zum Steinbeis-Gutachten. Herr Kley, heute Morgen hatten wir eine Mindestlohndiskussion. Ich habe selbstverständlich Ihrem Fraktionsvorsitzenden sehr aufmerksam zugehört

(Herr Tullner, CDU: Das machen wir auch im- mer!)

und habe vernommen, dass er auf die Frage von Frau Rogée - sie war es, glaube ich - nach der „Pay Commission“ in Großbritannien ausgeführt hat, dass wir in Deutschland keine Tradition haben, externe Gremien entscheiden zu lassen. Er hat ausdrücklich gesagt, er möchte nicht, dass die Löhne in Deutschland von Wissenschaftlern festgelegt werden.

Nun ist ein halber Tag herum, ein Sitzungstag, und am Ende der Tagesordnung legen Sie uns einen Antrag vor, nach dem ein wissenschaftliches Gutachten zur Grundlage der Berechnung der Zahlungen an die freien Schulen gemacht werden soll. Sie müssen sich schon entscheiden, welches Prinzip Sie in beiden Fällen anlegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist in dieser Form nicht konsequent.

Ich gebe zu, bei aller Solidarität in der Opposition fällt es mir ein bisschen schwer, mit dem Antrag umzugehen.

(Zuruf von der CDU: Das merkt man!)

- Es war beabsichtigt, dass man das merkt.

Wir hätten dem Antrag nicht zustimmen können. Einer Überweisung werden wir uns selbstverständlich nicht verschließen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Höhn. - Als nächster Debattenrednerin erteile ich der Abgeordneten Frau Feußner für die CDU-Fraktion das Wort.

Verehrter Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Der Antrag der FDP-Fraktion unterstützt ein Anliegen, welches wir teilen. Das sage ich an dieser Stelle ganz bewusst. Man hat an den Redebeiträgen gesehen, dass das für alle Parteien dieses Hauses gilt. Zumindest habe ich mit meiner langjährigen Erfahrung erkannt, dass, vielleicht mit kleinen Abstrichen, alle Parteien die Pluralität unseres Schulwesens gutheißen und begrüßen.

Doch der Zeitpunkt des FDP-Antrages ist nicht so willkürlich, wie Sie, Herr Kley, es beschrieben haben, sondern ist ganz bewusst gewählt. Auch Sie sind in Ihrem Redebeitrag häufig auf den kommenden Gesetzentwurf eingegangen.

Die Landesregierung hat bereits seit einiger Zeit einen Gesetzentwurf angekündigt. Dieser wurde nun am Dienstag vom Kabinett zur Anhörung freigegeben. Schon im Vorfeld der parlamentarischen Beratungen wurde vom VDP und den betroffenen Schulen Kritik geübt. Die FDP-Opposition hat - das ist ihr gutes Recht - das gleich genutzt, um wahrscheinlich vorbeugend auf diese Kritik eingehen zu können.

Trotzdem sollten wir das Anhörungsverfahren der Landesregierung abwarten und über den Gesetzentwurf erst dann in diesem Hause diskutieren, wenn er dem Parlament zugeleitet wurde. Zumindest ist es guter parlamentarischer Brauch, so zu handeln. Darin sind wir uns sicherlich einig.

Ich kann schon jetzt sagen, dass wir Ihren Antrag in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überweisen werden. Ich möchte vorschlagen, ihn dort gemeinsam mit dem dann vielleicht existierenden und uns zugeleiteten Gesetzentwurf zu beraten.

Werte Anwesende! Eine rechtskonforme Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft muss gewährleistet sein. Da - das ist Ihnen allen bekannt - das OVG Magdeburg am 14. September 2006 festgestellt hat, dass die finanzhilfeberechtigten freien Schulträger nicht die Finanzhilfe erhalten, die ihnen nach dem Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt zusteht, müssen die Landesregierung und auch das Parlament zwangsläufig reagieren, um eine wirklich rechtssichere Lösung herzustellen.

Nun entfaltet sich die Kritik im Wesentlichen an folgendem Passus des § 18a Abs. 2 des Schulgesetzes:

„Die Finanzhilfe umfasst 90 v. H. der laufenden Personalkosten vergleichbarer öffentlicher Schulen …“

Strittig ist, wie hoch die Kosten vergleichbarer öffentlicher Schulen sind. Die Landesregierung hat - das ist heute schon erwähnt worden - am Ende der letzten Legislaturperiode erstmalig § 18g des Schulgesetzes umgesetzt. Ich möchte betonen: Dieser Paragraf steht schon sehr lange im Schulgesetz. Sie war die erste Landesregierung, die diesen Paragrafen umgesetzt hat und sich an diese schwierige Materie herangewagt hat.

Dieser § 18g sieht einen Bericht vor, der die Vergleichbarkeit zwischen öffentlichen und privaten Schulen darstellt. Das Kultusministerium hat damals bereits eingeräumt, dass dieser Vergleich schwer darzustellen ist, und auch auf einige Unwägbarkeiten diesbezüglich hingewiesen. Ich möchte den Minister ein kleines bisschen korrigieren: Wir haben den Bericht im Ausschuss zur Kenntnis genommen; „zugestimmt“ kann man da vielleicht nicht sagen.

Das wiederum war der Anlass für die freien Träger, beim Steinbeis-Transferzentrum ein Gutachten in Auftrag zu geben, welches die Schülerkosten miteinander vergleicht. Dieses Gutachten ist zu einem wesentlich anderen Ergebnis gelangt. Es ermittelte, dass die Kosten pro Schüler im öffentlichen Schulwesen wesentlich höher seien als die Kosten, die zur Errechnung der Schülerkostensätze im freien Schulwesen herangezogen wurden.