Protocol of the Session on October 12, 2007

(Zuruf von Herrn Kley, FDP)

Mit einigem Stolz möchte ich bemerken, dass das kulturelle Potenzial in unserem Land nach wie vor kräftiger entwickelt ist als in so manchen anderen Gegenden unseres deutschen Vaterlandes. Ich befürchte auch keinen Kahlschlag für die Kultur in diesem Lande.

Zum Begriff des Kahlschlages. Wir haben hierzu heute bereits zweimal etwas hören können. Lieber Kollege Kley, das kann Ihnen sicherlich auch ihr Fraktionskollege Johann Hauser, der leider nicht mehr anwesend ist, bestätigen. Der Begriff des Kahlschlages kommt aus der Forstwirtschaft und bedeutet, dass auf der kahlgeschlagenen Fläche kein einziges Bäumchen eine Überlebenschance hat. Diese Befürchtung teile ich bei allen Sorgen, die auch mich umtreiben, im Bereich der Kultur so nicht. Das hat auch die Kollegin Reinecke bemerkt.

Ich bin mir allerdings sicher, dass uns die nötigen Konsolidierungsanstrengungen auch künftig unerbittlich von der wesentlich bequemeren Straße der Wünsche auf einen steinigen Pilgerweg zwingen werden. Eine Pilgerreise wird bekanntlich jemandem als Buße auferlegt, der in seinem früheren Leben allzu leichtfertig gesündigt hat. In unserem Fall handelt es sich gewissermaßen um eine Erbsünde. Um diese abzutragen, müssen wir alle gemeinsam, das heißt ressortübergreifend, ein Päckchen schnüren. Dazu muss leider jeder sein Scherflein beitragen.

Im Übrigen sind wir uns hier im Hohen Hause wohl mehrheitlich völlig darüber einig und im Klaren, dass wir ganz besonders darüber zu sprechen haben werden, wo und an welchen Stellen wir die Einsparungen mit einem zugegebenermaßen empfindlichen Gesamtvolumen verantwortlich mittragen können und an welchen Stellen die Eingriffe existenzielle Auswirkungen auf die Betroffenen zur Folge haben können bzw. haben würden.

Das sage ich so deutlich und ganz bewusst mit Blick auf das bereits vorgetragene dauerhafte Einsparvolumen im Theater- und Orchesterbereich. Wir sollten uns sehr davor hüten, den Rotstift bei den kleinen Einrichtungen wie der Landesbühne in Eisleben oder den Orchestern in Schönebeck oder Wernigerode anzusetzen. Denn gerade diese vergleichsweise kleinen Ensembles erfüllen eine große Aufgabe, weil sie sehr variabel, effizient und auch erschwinglich bei vielen Anlässen und vor allem in den zahlreichen Spielstätten ohne eigenes Ensemble im ganzen Land gewissermaßen die kulturelle Grundversorgung in der Fläche sicherstellen.

Es ist sicherlich korrekt, dass das Land Sachsen-Anhalt und wir als Legislative kein einziges Theater schließen können, Herr Minister. Darin schließe ich mich Ihnen voll und ganz an. Das kann nur der jeweilige kommunale Träger. So weit ist das richtig. Wir müssen uns aber darüber im Klaren sein - auch das ist schon gesagt worden; wir sind uns ja darüber im Klaren -, dass jede Kürzung der Landesmittel bei den oben genannten Einrichtungen deren Existenz nicht nur bedrohen, sondern das sichere Ende bedeuten würde.

Ich möchte aber auch genauso deutlich den Appell an die kommunalen Gebietskörperschaften richten, sich klar, deutlich und laut zu ihrem Theater und zu ihrem Orchester zu bekennen. „Bekennen“ heißt hier in allererster Linie, eine eigene Finanzierung sicherzustellen oder sie zumindest anzukündigen.

Zum Landeskulturkonzept ist das Wesentliche schon gesagt worden. Ich habe es für die Kollegen von der FDP noch einmal mitgebracht. Wenn man es dann gelesen hat, bin ich gerne dazu bereit, mit Ihnen über eine Fortschreibung nachzudenken und die entsprechenden Impulse und Anregungen zu geben.

Noch ein Letztes zur angemahnten Kulturquote im Landeshaushalt. Wir als CDU bekennen uns, solange ich mich als Kulturpolitiker zurückerinnere, programmatisch ausdrücklich zu einer solchen Quote. Ich setze mich seit Jahren für eine verbindliche Fortschreibung von 1 % des Landeshaushaltes ein. Dies hielte ich für nachhaltig gerecht, da der zu fördernde Kulturbereich nur von dem verfügbaren Gesamtetat bedient werden kann.

Ich hoffe und wünsche mir, dass sich auch unsere Finanzpolitiker von der Notwendigkeit und Machbarkeit dieses Anspruchs der Kultur in Kürze überzeugen lassen. Um das zu diskutieren, beantrage ich, beide vorliegenden Anträge in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu überweisen. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Weigelt, für Ihren Beitrag. - Die FDP hätte jetzt noch einmal die Gelegenheit zu erwidern, Herr Kley, wenn Sie wollen. Aber das ist schon fast selbstverständlich. Sie haben das Wort, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Diskussionsbeiträgen der verehrten Kolleginnen und Kollegen und auch des Herrn Ministers war deutlich spürbar, dass man sich in der Haut des Strei

chers nicht ganz wohl fühlt, wenn man das im Bereich der Kultur einmal so sagen darf. Ich habe vorhin eindeutige Signale empfangen, dass, wenn eine solide Finanzierung - - Meine sehr geehrten Damen und Herren, von der FDP bekommen Sie nur eine solide Finanzierung,

(Herr Scharf, CDU, lacht)

im Gegensatz zu jenen Fraktionen, die uns Haushaltsunsolidität vorgeworfen haben, die aber ständig Anträge einbringen, die nicht ausfinanziert, sondern auf immer mehr Kreditaufnahme ausgerichtet sind.

Wir werden die Vorschläge zur Finanzierung im Ausschuss bringen. Ich werde Sie dann fragen, ob Sie bereit sind, dabei mitzugehen. Uns ist die Ausstattung der Theater und Orchester so wichtig, dass wir versuchen werden, aus dem Etat das herauszuholen, was notwendig ist, um das weiterhin abzusichern. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen auch die SPD davor bewahren, den Minister auffordern zu müssen, mit den Kommunen darüber zu reden, dass die Kommunen selbständig auf die weitere Förderung verzichten und die Theater schließen.

(Minister Prof. Dr. Olbertz: Das ist nicht schlecht!)

Meine sehr geehrte Damen, meine Herren! Noch eine kurze Anmerkung zum Kahlschlag. „Kahlschlag“ heißt auch in der Forstwirtschaft nicht, dass ich den gesamten Wald abholze, sondern dass einzelne Flecken kahl sind. Wenn wir in Eisleben oder Stendal keine Kultur mehr hätten, dann wären dies in diesen Regionen Kahlschläge, und zwar eindeutige. Da können wir uns das Ganze noch so viel schönreden. Wenn Sie der Meinung sind, dass wir nur noch die beiden Oberzentren brauchen und das flache Land nicht mehr, dann erklären Sie das in Ihrem nächsten Wahlkampf. Aber sagen Sie dann nicht: Ich hätte gerne etwas für die Kultur getan, aber irgendjemand hat das Geld weggenommen.

Ich hoffe, wir finden im Ausschuss einen vernünftigen Konsens, um Sachsen-Anhalts Ruf als Kulturland weiterhin zu erhalten. In diesem Sinne: eine gute Beratung!

Vielen Dank, Herr Kley. - Wir sind damit am Ende der Debatte.

Es ist beantragt worden, die beiden Anträge zu federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur und zur Mitberatung an den Ausschuss für Finanzen zu überweisen. Sind Sie damit einverstanden?

(Zuruf von der CDU)

- Es ist auch beantragt worden, den Finanzausschuss mit den beiden Anträgen zu befassen. Dann machen wir das einzeln.

Wir dafür stimmt, die beiden Anträge an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu überweisen, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Die Mehrheit ist dafür. Wer stimmt dafür, die beiden Anträge zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen? - Ich kann von hier aus sehen, dass mehrheitlich dafür gestimmt worden ist.

Ich lege dann fest, dass wir die Anträge zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur und zur Mitberatung an den Ausschuss

für Finanzen überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen.

(Zurufe von der SPD)

- Ich habe darüber abstimmen lassen, dass die Anträge an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur und an den Finanzausschuss überwiesen werden. Ich lasse jetzt über die Federführung abstimmen. Wer stimmt zu?

(Frau Budde, SPD: Nein! - Weitere Zurufe - Un- ruhe)

- Meine Lieben! Wir haben darüber abgestimmt, die beiden Anträge an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur und an den Finanzausschuss zu überweisen. Dem haben Sie zugestimmt. Das habe ich von hier oben gesehen.

Ich lasse jetzt darüber abstimmen, den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur als federführenden Ausschuss einzusetzen und den Finanzausschuss mit der Mitberatung zu beauftragen. Wer stimmt dafür? - Dem wurde mehrheitlich zugestimmt. Damit sind beide Anträge zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur und zur Mitberatung an den Finanzausschuss überwiesen worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Erste Beratung

Rechtskonforme Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft

Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/907

Einbringer ist Herr Kley. Herr Kley, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin vernommen, dass es bei einer Fraktion offensichtlich Bedenken gegen diesen Antrag gibt, weil man sagt, er könnte zu Mehrausgaben führen. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, darf das Finanzargument das einzige sein, wenn es um Recht und Gesetz geht? Genau darauf bezieht sich der Ihnen vorliegende Antrag zur Finanzierung der Ersatzschulen.

Hier geht es nicht darum, dass der einen oder anderen Institution aus Goodwill eine höhere Finanzierung zuteil werden soll, sondern es geht darum, dass ein Anspruch, der auch gerichtlich festgestellt worden ist, endlich umgesetzt wird und dementsprechend zur Erfüllung kommt.

Ich muss sagen, dass unser Antrag und die Behandlung des Gesetzentwurfs im Kabinett in keinem Zusammenhang zu sehen sind. Das war Zufall. Aber offensichtlich war die Zeit für die Diskussion an dieser Stelle einfach reif. So möchte ich hier das Thema bereits im Vorfeld explizit aufrufen.

Ich glaube nicht, dass es möglich sein wird - auch dazu habe ich bereits verschiedene Stimmen vernommen -, das Gesetz so zu stricken, dass die niedrigere, die ungesetzliche Finanzierung rechtskonform werden soll. Denn hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir eine verfassungsmäßige Pflicht, nämlich die Finanzierung auch der Ersatzschulen auskömmlich zu gestalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich das Ganze einmal anschaut, dann offenbart sich hier ein ähnlicher Konflikt, wie wir ihn auch bundesweit immer wieder finden: Hier ist der Staat gleichzeitig Ausrichter und Konkurrent. Es drängt sich der Verdacht auf, dass unliebsame Konkurrenz im Rahmen der freien Schulen langfristig ausgehungert werden soll.

(Herr Scharf, CDU: Das ist doch Blödsinn, was Sie erzählen!)

Wenn ich in der Zeitung lese, dass ein Elternbeitrag von 120 € durchaus üblich und nicht weiter zu beanstanden sei, dann frage ich mich, wie das nach dem Gebot, das unsere Verfassung in Artikel 36 enthält, nämlich die Nichtsonderung nach den Einkommensverhältnissen, dann noch langfristig zu begründen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielfach gibt es in der Fläche für die Eltern gar keine Auswahlmöglichkeit mehr. Dort fungieren die Ersatzschulen mittlerweile wirklich im wahrsten Sinne des Wortes als Ersatzschulen. Deswegen muss sich ein jeder hier fragen, ob er sagt, diese werden schlechter finanziert als die staatlichen Schulen, die werden schon irgendwie durchkommen und den Rest bezahlen die Eltern. Wollen Sie ernsthaft die Eltern in der Fläche zwingen, die staatlichen Leistungen des Schulwesens, die uns schon immer zustanden, auszufinanzieren, oder sagen Sie, wer seine Steuern zahlt, der hat auch ein Recht darauf, dass der Staat seine Aufgaben dementsprechend wieder wahrnimmt?

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kennen das Steinbeis-Gutachten. Man mag sich über die dritte Stelle hinter dem Komma streiten. Man mag sich über die Frage der Flächenberechnung oder Ähnliches streiten. Aber ich glaube, die Größenordnung in sich ist dort klar und auch schlüssig nachgewiesen worden. Hier geht es nicht mehr darum, ob ich 100 € mehr oder weniger zahle. Hier geht es um 100 %, um die die Schulen an einigen Positionen offensichtlich unterfinanziert werden. Ich glaube, das kann sich kein Land auf Dauer leisten.

Wir haben erlebt, wie im Bereich der Kinderbetreuung, wo eine auskömmliche Finanzierung der freien Träger vielerorts garantiert wird, die Landschaft aufblühte und die Vielfalt dafür sorgte, dass die Qualität deutlich anstieg und dass sich der Staat aus diesen Bereichen zurückziehen konnte. Wir sehen in der Fläche - wir werden die Diskussion auch im Bildungskonvent führen -, dass der Staat vielerorts nicht mehr in der Lage ist bzw. es ihm nicht gestattet ist, Schulen in einzelnen Bereichen vorzuhalten, die aber die freien Träger dementsprechend anbieten. Auch die Vielfalt im Bereich der Inhalte kann nur durch die Ersatzschulen gewährleistet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bringen heute noch einmal unseren Antrag ein, um auf dieses Thema aufmerksam zu machen und auch um ein klares Bekenntnis abzugeben, dass auch in Sachsen-Anhalt diese Schulen zukünftig auskömmlich finanziert werden und dass eine Unterstützung kommt. Wir können uns aber auch die Frage stellen, ob denn nicht im Bereich der staatlichen Schulen offensichtlich an irgendeiner Stelle etwas schief läuft, wenn die Kosten hier so hoch und dort so niedrig sind. Dann muss man sich fragen, wie dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten ist und trotz

dem - das ist das Wichtigste - eine hohe Qualität bei der Ausbildung unserer Kinder und Jugendlichen weiterhin garantiert werden kann.