Protocol of the Session on September 14, 2007

Das kann man in einer ersten Analyse des Urteils schon sagen. Um eine solche handelt es sich heute, wenige Tage nach dem Urteil; denn wer die einzelnen Nummern durchsieht, der wird an der einen oder anderen Stelle Fragen finden, die einer intensiveren Betrachtung und vielleicht auch Diskussion zugänglich sein müssen. Das betrifft etwa die Frage, die unter Nummer 157 des Urteils aufgeworfen wird, was der Landesgesetzgeber, also das Parlament, vielleicht abweichend vom bisherigen System der Gebührenfestsetzung regeln kann, also nicht über Staatsverträge, sondern durch Verordnungen. Das ist ein interessanter Ansatz, dem man einmal nachgehen muss.

Aber zurück zum heutigen Tag. Heute geht es um die erste Analyse und den ersten Anstoß zu einer weiteren Diskussion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Karlsruher Urteil lässt mit dem Hinweis darauf, dass man Abweichungen hinreichend nachprüfbar darlegen muss, eine klare Hintertür offen, auch zukünftig nicht jede Festsetzung der KEF im Verhältnis 1 : 1 übernehmen zu müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, so denke ich, wird Anlass sein, über das Verfahren nachdenken zu müssen; denn es kann nicht darauf hinauslaufen, dass über die KEF etwas festgesetzt wird und dem Landtag nur noch die Entscheidung bleibt, ob er dem Staatsvertrag zustimmt oder nicht zustimmt. Diese Haltung, die man aufbauen könnte, wird nicht sachgerecht sein und wird uns auch vom Verfahren her nicht weiterführen.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten wir schon heute, aber auch in Zukunft den Hinweis an die Anstalten, aber auch an die KEF aufrechterhalten, dass sie bei der Ermittlung des Finanzbedarfs auch die finanziellen Belastungen des Gebührenzahlers im Blick haben müssen.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte das noch etwas deutlicher formulieren. Aus der Sicht der FDP-Fraktion ist das Urteil aus Karlsruhe kein Freibrief für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir werden als verantwortliche Abgeordnete in den Landtagen auch weiterhin die finanzielle Belastung des Gebührenzahlers im Blick haben müssen.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Ich darf an dieser Stelle noch einmal auf Folgendes hinweisen; die Kollege aus dem Ausschuss kennen das bereits. Wir haben im Ausschuss damit begonnen - ich bin sehr dankbar dafür, dass der Ausschussvorsitzende und auch die Fraktionen dies mit initiiert haben -, mit dem MDR, der als Dreiländeranstalt für uns der erste Ansprechpartner ist, ins Gespräch zu kommen. Der Intendant Professor Reiter war im Ausschuss. Wir haben einen umfangreichen Fragenkatalog erarbeitet, den wir mittlerweile vom MDR schriftlich beantwortet bekommen haben. Dieser macht vieles erklärbar, aber lässt auch einiges offen.

Ich bleibe bei dem von der FDP bereits mehrfach angesprochenen Punkt, nämlich der Frage, was mit den Restmitteln passiert, die der MDR zum Aufbau eines Rundfunks in den neuen Ländern noch hat. Diese sind bei der Frage des Finanzbedarfs bisher nicht einbezogen worden. Ich denke, in der angespannten Situation muss der MDR auch darüber nachdenken. Darüber kann man sich im Rahmen der Diskussionen zumindest weiterhin unterhalten. Ich finde, das sollte man bei einer Kalkulation zukünftig berücksichtigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zwei Punkte noch etwas deutlicher ansprechen. Es war nie das Ziel der Politik - das kann ich ganz sicher für die FDP-Fraktion sagen und ich denke, das gilt auch für alle Kollegen hier im Haus, die dem Antrag im Frühjahr zugestimmt haben - oder der Landesparlamente, inhaltlich Einfluss auf das Programm der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu nehmen.

(Herr Schröder, CDU: Stimmt! - Herr Borgwardt, CDU: Genau so ist es! - Zuruf von Herrn Höhn, DIE LINKE)

- Herr Höhn, wir können gern darüber streiten, aber ich sage Ihnen für die FDP Folgendes:

(Herr Borgwardt, CDU: Der hat auch nicht zuge- stimmt!)

Wir wollen keine inhaltliche Einmischung in das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Das schützt unser Grundgesetz auch zu Recht. Das heißt doch aber nicht - vielleicht nehmen Sie das zum Anlass für Ihre Zwischenbemerkungen -, dass sich Abgeordnete oder die Politik nicht auch kritisch zu Programmsegmenten und zur Programmzusammensetzung äußern dürfen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das ist doch dasselbe!)

- Nein, Herr Gallert, das ist eben nicht dasselbe. Ich denke, es ist auch richtig, dass man darüber nachdenkt. Wir haben auch einen Anspruch. Wir alle müssen den MDR, die ARD, das ZDF, auch das Deutschlandradio und den Deutschlandfunk daran messen, ob sie dem Auftrag nachkommen. Wenn Sie überprüfen wollen, ob man dem Auftrag nachkommt - ich sage, ja, sie kommen dem Auftrag derzeit nach -, dann müssen Sie das Programm auch bewerten können. Das heißt aber nicht, dass Sie losgehen und sagen, eine bestimme Sendung oder eine bestimmte Reportage passt mir nicht und deshalb soll es sie nicht mehr geben. Das darf es nicht geben; das will auch niemand.

Aber eine kritische Begleitung auch zu Programmsegmenten muss es weiterhin geben. Denn - das sage ich ganz deutlich - wenn wir zukünftig über die Gebühren sprechen werden und uns die Finanzbedarfsanmeldung vor Augen führen, dann wird man darüber entscheiden müssen, wie weit wir den Wettbewerb zwischen - das hat das Bundesverfassungsgericht auch ausdrücklich gesagt - dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dem privaten Rundfunk treiben wollen. Als Liberaler sage ich Ihnen: Der Wettbewerb ist gut; der Wettbewerb ist richtig. Aber wenn wir einen Wettbewerber haben, der durch öffentliche Mittel im Wettbewerb bleibt, dann müssen wir genau hinschauen, ob dieser Wettbewerber auch seinem Auftrag, nämlich der Information, nachkommt.

Damit komme ich auf die Themen Sportrechte, Filmrechte, aber auch Digitalisierung und Internetangebot zu sprechen. Dazu haben wir verschiedene Auffassungen. In den letzten Diskussionen habe ich das deutlich aufgenommen. Wir sagen, es ist bis zu einem bestimmten Bereich richtig, dass man auch das Onlineangebot entsprechend anbieten muss. Aber ist das vordringlich? Brauche ich dafür mehr Gelder vom Gebührenzahler oder muss ich nicht versuchen, mich vielleicht in andere Segmenten zurückzuziehen, und das gleichbedeutend damit, dass Mitwettbewerber das Segment besetzen können?

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Ich will das an einem Beispiel festmachen. Es kann nicht sein - es kommt ja vor und für mich ist das auffällig -, dass wir über einen Sportsender - ich nenne ihn einmal, weil wir wissen, dass es ein qualitativ guter Sportsender ist, nämlich „Eurosport“ - die Übertragung der Turnweltmeisterschaft haben und dieser Sender aus dem laufenden Programm aussteigen muss, weil ein deutscher Turner turnt und das ZDF dafür die Übertragungsrechte hat. Das ist schade, weil dieser kompetente Sportsender nicht nur einen kleinen Fokus hat, sondern die ganze Veranstaltung begleitet und angeboten hat und in diesem Moment raus muss und der öffentlich-rechtliche Rundfunk sich mit Mitteln des Gebührenzahlers diese Rechte gesichert hat. Ich sage Ihnen, warum: Wenn wir ein kompetentes Angebot haben, solche Sportarten zu übertragen, dann ist es aus meiner Sicht nicht vordringlich die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, auch dort, und zwar nur noch partiell, dabei zu sein.

Über solche Dinge - das sagen ich Ihnen - wollen wir in Zukunft auch mit den Anstalten verstärkt reden, ohne dass wir dabei Einfluss nehmen wollen. Aber wir wollen zumindest sagen, welche Auffassung wir als FDP-Fraktion auch in diesem Bereich haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann sich darüber beklagen - das hat der Intendant in dieser Woche auch erneut getan -, dass Filmrechte und Fußballübertragungsrechte teurer werden. Dazu sage ich Ihnen Folgendes: Wenn es nur darum geht mitzuhalten - denn die Rechte werden immer teurer werden - und zu sagen, dass der Gebührenzahler es aufbringen muss, damit wir im Wettbewerb bleiben, dann sagen ich Ihnen, dass das irgendwann nicht mehr ausreichend sein wird.

Deshalb plädiere ich dafür, dass sich der öffentlichrechtliche Rundfunk darauf besinnt, wo seine Stärken sind, wo sein Auftrag ist, und darauf, dass man das mit Dingen kombiniert, die auch für einen Sender wichtig sind und auch Quoten bringen. Das ist ganz richtig. Aber nur noch auf die Quoten zu schauen und nur noch zu sagen, dass wir unbedingt Fußball und unbedingt die Hollywoodfilme brauchen, wird, so glaube ich, nicht zielführend sein. Zumindest wird ist es dann nicht mehr möglich sein, für den Gebührenzahler die Entscheidungen, die wir ihm auferlegen, wirklich erklärbar zu machen. Ich glaube, auch darum muss es der Politik gehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bis zur nächsten Gebührenperiode ab dem Jahr 2009 muss sich der Landtag wieder mit dem Thema beschäftigen, wahrscheinlich erneut im Wege der Ratifizierung eines Staatsvertrages. Ich glaube, es besteht jetzt noch einmal die Möglichkeit, die begonnenen Diskussionen auch unter den Ministerpräsidenten zu dem Thema, welches Gebührenmodell bzw. welches Einzugsmodell man viel

leicht nutzen kann, in die Öffentlichkeit zu tragen oder zumindest wieder zu intensivieren. Denn ich hatte zumindest von außen vor dem Urteil den Eindruck, dass man das ein Stück weit zurückstellt. Jetzt sollte man das intensivieren.

Man sollte die Chance nutzen, vielleicht bis zum Jahr 2009 eine Neuregelung herbeizuführen, oder zumindest so weit zu einem Ergebnis zu kommen, dass absehbar ist, was wir machen können und wie wir es machen sollten. Dazu sind unterschiedliche Vorschläge im Raum. Der Kollege Bischoff hat die Steuerfinanzierung herangezogen. Wir als FDP haben die Haushaltsabgabe ins Spiel gebracht.

(Zuruf von Herrn Gebhardt, DIE LINKE)

Es ist für das Modell - zumindest aus unserer Sicht kann ich das sagen - noch nicht alles zu Ende gedacht. Aber ich finde, je mehr Vorschläge in die Diskussion kommen, desto mehr kann man gegeneinander abwägen und kann dann herausfinden, welches der beste Weg ist.

Ich sage es noch einmal: Wir stehen zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wir brauchen einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk als zweites Angebot neben den privaten Anbietern.

(Zuruf von Herrn Gebhardt, DIE LINKE)

- Oder als erstes Angebot, Herr Gebhardt.

Wer die Vorreiterrolle übernimmt, das kann der Zuschauer oder Zuhörer entscheiden; aber wir brauchen beide Angebote. Das ist, glaube ich, das Wichtigste bei dieser Diskussion. Deshalb sollten wir die Zeit nutzen, die Gebührenmodellfrage, wie ich es einmal nennen will, zu einem Abschluss zu bringen.

Mein sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat des Prozessbevollmächtigten der Länder, Herrn Professor Huber, schließen, der in der letzten Woche im „Focus“ die Meinung vertreten hat - ich zitiere -:

„Wenn Karlsruhe definiert, wie die Ministerpräsidenten Vorschläge korrigieren dürfen, dann wird das eher zugunsten der Länder ausfallen.“

In diesem Sinne hoffe ich, dass der Landtag seiner zugewiesenen Rolle künftig entsprechen kann und dass wir alle gemeinsam dafür sorgen, dass wir einen qualitativ hochwertigen, finanziell vernünftig ausgestalteten öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben, der im Rahmen der Belastbarkeit des Gebührenzahlers bleibt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Danke sehr, Herr Kosmehl. - Für die Landesregierung spricht Staatsminister Herr Robra.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Aus Karlsruhe kaum Neues“ - das darf man dann auch getrost „Rechtssicherheit“ nennen. Am Ende hat, glaube ich, kaum jemand etwas gekonnt: Ja, die Abweichung war nicht in Ordnung; aber, ja, bei 17,03 € bleibt es.

Quintessenz: Die Anstalten kommen damit aus. Nachforderungen wird es nicht geben. Die Erklärungen der In

tendanten sind deutlich, und auch der letzte Bericht der KEF sagt, die 17,03 €, die wir mit diesem Abweichungsverfahren definiert haben, sind wirklich auskömmlich.

Das Verfassungsgericht hat - das ist der Kern der Entscheidung - an der Differenzierung zwischen dem Gebührengesetzgeber, wie es das nennt, und dem Strukturgesetzgeber festgehalten. Der letzte Gebührenstaatsvertrag war durchaus ein Ausdruck des Dilemmas, dass diese Unterscheidung im Alltag - das merkt man auch immer wieder bei den Debattenbeiträgen - in einer so reinen Form kaum wird gelingen können.

Wenn wir das so konsequent durchhalten wollen, wie es das Verfassungsgericht von uns fordert, dann, meine Damen und Herren, heißt das - zugegebenermaßen zugespitzt formuliert -: schön schizophren bleiben. Wir müssen mit der einen Hirnhälfte den Gebührenvorschlag der KEF mehr oder weniger vollziehen. Wir bzw. Sie haben noch Abweichungsmöglichkeiten, aber nur noch zur Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen der Gebührenzahler, nicht mehr zur Ausgestaltung der Rundfunkstruktur im Gebührenfestsetzungsverfahren. Das heißt, der Gebührenstaatsvertrag wird in Zukunft relativ klar, relativ einfach sein.

Zum anderen müssen wir dann bei der Strukturgesetzgebung nachsetzen. Das ist die Herausforderung, vor der die Länder in der Rundfunkkommission, die Ministerpräsidenten bei den Staatsverträgen und Sie, meine Damen und Herren, bei der Ratifikation stehen. All das, was in uns hochkocht, wenn wir uns intensiv mit der Gebührengesetzgebung befassen, legen wir einmal schön beiseite und greifen es dann auf, wenn wir in die Strukturgesetzgebung einsteigen.

Allerdings habe ich mich gefreut, dass das Verfassungsgericht bei der Gebührengesetzgebung den Vorschlag der Ministerpräsidenten gutgeheißen hat, dass schon die KEF bei ihrem Verfahren der Bewertung der Anmeldungen der Rundfunkanstalten die gesamtwirtschaftlichen Dimensionen und die Entwicklung der öffentlichen Haushalte in den Blick nehmen muss. Das ist zugleich ein wichtiges Signal für die Parlamente, ob es zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der Gebührenzahler am Ende einer Abweichung bedarf oder nicht.

Nur, eines müssen wir zur Kenntnis nehmen, ob es uns gefällt oder nicht: Die Gebühren werden nicht stagnieren, sie werden weiter steigen. Die Anmeldungen der Anstalten liegen bei 1,43 €. Aus der KEF hört man, dass es Erwägungen gibt, in bestimmten Bereichen Kürzungen vorzunehmen, über die man auch noch einmal diskutieren sollte.

Zum Beispiel sollen die Mittel für DAB, den digitalen Rundfunk, gestrichen werden. Das hat eine nicht unerhebliche Dimension. Es hat aber auch politische Auswirkungen, über die wir werden reden müssen. Denn DAB ist der digitale Rundfunkstandard, der auch die Fläche erreicht, die dünn besiedelten Räume, wie bei uns zum Beispiel die Altmark, während der alternative Standard DVBH, auf den jetzt offenbar die KEF mit einer aus meiner Sicht durchaus fragwürdigen technischen Kompetenz zu setzen scheint, der Standard für die Ballungsgebiete ist. Nicht umsonst wird er von denjenigen Ländern und Politikern vertreten, die im Wesentlichen Ballungsbiete zu versorgen haben.

Wir sollten uns auch mit der KEF darüber austauschen, ob wir insoweit nicht wiederum an der falschen Stelle zu sparen beginnen. Wenn die KEF das allerdings in ihrem