Protocol of the Session on September 13, 2007

Es stellt sich etwa die Frage: Nehmen wir eines der Schweizer Schuldenmodelle, von denen man wissen muss, dass jeder Kanton ein eigenes hat und man unterscheiden muss, dass die deutsche Schweiz finanziell ein wenig solider aufgestellt ist als die französische Schweiz. Es ist nicht so einfach möglich, ausländische Modelle zu übernehmen. Aber ich denke, in diese Richtung sollten wir weiter diskutieren und vielleicht im nächsten Jahr zu Entscheidungen kommen.

Das Vorhaben der Fraktion der FDP, das uns hier in der zweiten Lesung vorliegt, hat von der Intention her Charme; aber im Hinblick auf das Ausführungsprozedere ist es im Moment noch nicht beratungsreif. Deswegen lehnen wir es ab.

(Zuruf von Herrn Scharf, CDU)

- Herr Scharf, ich habe Sie zwar nicht verstanden, aber wir waren uns sicher einig.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Scharf, CDU: Mangelhaft!)

Herzlichen Dank, Herr Tullner, für den Debattenbeitrag. - Bevor wir in der Fünfminutendebatte fortfahren, begrüße ich Gäste aus der Republik Polen mit Herrn Bürgermeister Skotlmowski an der Spitze. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Als nächste Debattenrednerin rufe ich von der Fraktion DIE LINKE Frau Dr. Klein auf. Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben bei der Einbringung des Gesetzentwurfes schon sehr ausführlich über dieses Problem diskutiert. Leider hatten wir nicht die Chance, darauf noch einmal im Finanzausschuss einzugehen. Aber es gibt einen zweiten Antrag, der sich mit ähnlichen Problematiken befasst.

Da heute und morgen die Föderalismuskommission in Klausur geht, möchte ich doch noch einige wenige Bemerkungen machen. Die gesamte Diskussion im Zusammenhang mit der Föderalismusreform II reduziert sich zunehmend auf das Verschuldungsverbot oder auf Verschuldungsgrenzen. Andere Themen spielen zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung kaum noch eine Rolle.

Wir hatten im Juli gesagt: Wir sind gegen ein Verschuldungsverbot in der Landesverfassung und auch im Grundgesetz.

Erstens löst das aus unserer Sicht nicht das Problem der Verschuldung. Der Haushalt wird leider einseitig betrachtet. Es müsste natürlich auch die Einnahmenseite mit betrachtet werden. Solange wir hier laufend nur die Steuern senken - ich denke dabei auch an die Unternehmenssteuerreform im Jahr 2008; da wissen wir noch nicht, was kommt -, ist es sehr problematisch, wenn man diese ganze Verschuldungsproblematik aus dem gesellschaftlichen Zusammenhang herauslöst.

Zweitens. Haushaltskonsolidierung von Bund und Ländern kann aus unserer Sicht nicht ohne Haushaltskonsolidierung der Kommunen betrachtet werden. Aber das passiert im Kontext der Föderalismusreform II leider nicht. Es wird also auch wieder nur ein Teil betrachtet und nicht der gesamte Zusammenhang.

Drittens. Mit der Föderalismusreform I wurde die gemeinsame Verpflichtung zur Erfüllung der europäischen Defizitregeln in das Grundgesetz aufgenommen. Das reicht aus unserer Sicht. Wir brauchen also keine weitere Verschärfung des Grundgesetzes oder der Landesverfassung, um ein solches Verschuldungsverbot einzuführen. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank, Frau Dr. Klein. - Von der Fraktion der SPD spricht jetzt die Abgeordnete Frau Fischer. Bitte schön, Frau Fischer.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ich kann es kurz machen. Bereits bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfes hat sich die Fraktion der SPD gegen die Aufnahme einer Vorschrift in die Landeshaushaltsordnung ausgesprochen, die die Aufnahme von Krediten zum Ausgleich des Haushalts verbietet. Diese Meinung hat sich nicht geändert.

Frau Dr. Klein, es ist richtig, dass wir gerade jetzt, in Zeiten des Wachstums, darüber nachdenken müssen, wie wir künftig mit Situationen umgehen, in denen das Wachstum nicht mehr so ist und in denen es vielleicht an der einen oder anderen Stelle gravierende Einbußen gibt.

Unser Lösungsweg, den der Finanzminister heute schon vorgetragen hat, nämlich mit einer Schwankungsreserve auf solche Situationen zu reagieren, ist unserer Meinung nach ein richtiger und wichtiger Weg.

Über vieles andere wird jetzt gerade in der Föderalismuskommission beraten. Wir lehnen die Aufnahme eines Verbotes der Kreditaufnahme in die Haushaltsordnung oder in die Verfassung generell ab. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und von Minister Herrn Hövelmann)

Vielen Dank. - Als letzter Debattenrednerin erteile ich jetzt der FDP-Fraktion das Wort. Es spricht Frau Dr. Hüskens. Bitte schön.

(Zuruf von Minister Herrn Hövelmann)

Das wird nicht schwer, Herr Hövelmann.

(Minister Herr Bullerjahn: „Spiegel“-Lesen hilft!)

- Genau, Herr Minister, „Spiegel“-Lesen hilft!

Meine Damen und Herren! Ich habe nach der Ablehnung unseres Antrages beim letzten Plenum nicht nur Ihre Redebeiträge sehr sorgfältig gelesen, sondern natürlich auch die Presse verfolgt, die über den Sommer vor allen Dingen zu dem Thema Föderalismusreform II erschienen ist. Frau Dr. Klein, ich stimme mit Ihnen überein, auch ich bedauere es ein bisschen, dass die Diskussion dort inzwischen auf das Neuverschuldungsverbot reduziert worden ist.

Wenn man die Debatte verfolgt, dann fällt auf, dass zumindest drei Fraktionen überzeugt sind, die Neuverschuldung müsse in irgendeiner Form konsequent unterbunden werden. Wir sind uns darin einig, dass die derzeitigen Regelungen in unserer Verfassung und in unseren Gesetzen dafür nicht ausreichen - ein Zustand, der sich angesichts der Schuldentürme öffentlicher Haushalte auch nicht mehr ernsthaft bestreiten lässt. Die Begründung für Ihre Ablehnung, ja, die Weigerung, über dieses Thema im Finanzausschuss überhaupt zu reden und nach einem geeigneten Weg für ein solches Neu

verschuldungsverbot zu suchen, ist allerdings sehr merkwürdig gewesen:

Frau Fischer ist zum Beispiel der Auffassung gewesen, das Wort des Finanzministers reiche aus, um SachsenAnhalt nicht nur vor einer Neuverschuldung zu bewahren, sondern auch vom Nehmerland zum Geberland zu machen. Deshalb brauche man kein Gesetz. - Frau Fischer, mit dieser Logik könnte man auch sagen, dass Sie auf ein Kampfhundegesetz verzichten können, wenn der Innenminister will, dass Hunde nicht mehr beißen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP - Heiterkeit bei der CDU)

Die CDU vertritt hingegen die Auffassung, ein Gesetz reiche nicht, wir müssten die Verfassung ändern. Dies entspricht auch den Vorstellungen, die im Grundsatzprogramm der CDU verankert sind und die von verschiedenen Finanzministern der Union, nicht nur in Bayern und in Baden-Württemberg, sondern auch von dem von mir geschätzten Helmut Linssen aus NordrheinWestfalen vertreten werden. Auch Ihre Kollegen in Sachsen diskutieren inzwischen heftig darüber, wie sie das Neuverschuldungsverbot in Verfassung und Gesetz verankern können. Im Radio habe ich Ministerpräsident Althaus gehört, der auf die Fraktionen zugehen möchte, um mit ihnen eine gesetzliche und verfassungskonforme Änderung durchzubringen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger - der ist auch in der CDU - will bei der anstehenden Föderalismusreform II eine langfristige Regelung zum Neuverschuldungsverbot erreichen. Nach Oettingers Vorstellung sollen Bund und Länder über einen Zeitraum von fünf bis maximal sieben Jahren die Möglichkeit haben, ein Haushaltsjahr auch durch neue Kredite finanzieren zu können.

Für die SPD - offensichtlich nicht für die Fraktion, sondern für die Partei oder für die Regierung - meldete sich im „Spiegel“ - das kann man wunderschön nachlesen - Jens Bullerjahn zu Wort als Koordinator der SPDDelegation zur Neuorganisation der Finanzen im Rahmen der zweiten Föderalismusreform. In dem Artikel heißt es:

„Wir müssen uns darauf verständigen, dass eine Neuverschuldung nur noch die Ausnahme ist. Mehreinnahmen dürfen nicht verfrühstückt werden, sondern müssen für schlechte Zeiten gespart werden oder in die Schuldentilgung fließen.“

(Zustimmung von Frau Schmidt, SPD)

Damit das auch wirklich klappt, werden laut „Spiegel“ Sanktionen von Steueraufschlägen bis hin zur Kürzung der Mittel aus dem Finanzausgleich vorgeschlagen. Auch die Kontrolle der Mittelverwendung durch einen unabhängigen Kontrolleur des Bundesfinanzministeriums wird gefordert. - Das ist eine ziemlich weitgehende Vorstellung der Regierung. Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, inwieweit Sie die hier unterstützen. Es wäre sicherlich sinnvoll gewesen, hätten wir darüber einmal im Ausschuss diskutieren können.

Im Grundsatz sind wir der gleichen Auffassung. Wir brauchen die Verankerung eines Neuverschuldungsverbotes. Unsere derzeitige Regelung reicht nicht aus. Das haben wir über einen Zeitraum von 50 Jahren leider bewiesen.

Wir hatten als Fraktion der FDP zunächst einen Vorschlag gemacht, dies gesetzlich durchzusetzen. Ich hatte unsere Motivationslage dazu bei der Einbringung des Gesetzentwurfes ausführlich erläutert und halte es auch heute noch für sinnvoll, so zu verfahren. Wenn ich sehe, dass die SPD kein Gesetz möchte, die CDU aber eine Verfassungsänderung will, dann wäre eine Regelung auf gesetzlicher Ebene sicherlich ein sinnvoller erster Schritt gewesen. Ich bedauere, dass Sie diesen Schritt mit uns nicht gehen wollen.

Herr Scharf, ich bin ganz gespannt darauf, wann Sie uns jetzt eine Veränderung auf verfassungsrechtlicher Ebene vorschlagen werden. Da Sie Mitglied der Grundsatzkommission Ihrer Partei sind, gehe ich einmal davon aus, dass Sie in dem Konzert nicht der Letzte sein wollen. Die FDP ist bei solchen Dingen nicht nachtragend. Wenn Sie dann eine entsprechende Zweidrittelmehrheit hier im Plenum brauchen, dann dürfen Sie uns gern konsultieren. Wir sind immer zu einem konstruktiven Gespräch bereit. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP - Herr Scharf, CDU, und Herr Tullner, CDU, lachen)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Der Herr Finanzminister hat jetzt um das Wort gebeten. Wir eröffnen damit zwar auch wieder die Debatte, aber wir werden uns schon einig werden. - Herr Finanzminister, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Hüskens, bitte keine Krokodilstränen bei diesem Thema! Sie wussten ganz genau, als Sie diesen Gesetzentwurf voriges Mal hier eingebracht haben, dass Sie nie eine Zustimmung dafür kriegen werden. Sie waren auch froh, dass es so gekommen ist.

Ich habe heute früh gehört, dass ich einen Sonnenscheinhaushalt hätte

(Herr Prof. Dr. Paqué, FDP: Schönwetterhaushalt!)

oder einen Schönwetterhaushalt, Entschuldigung,

(Herr Tullner, CDU: Beides!)

weil alle auf der Nulllinie sind. - Herr Paqué, Sie sind ein Meister des Weglassens: Als ich angefangen habe, war Mecklenburg-Vorpommern schon kurz vor der Null, wir aber nicht. Berlin hat deswegen die Null, weil es Veräußerungserlöse, nämlich durch den Verkauf der Berliner Bank, erwirtschaftet hat. Die Nulllinie ist also nicht irgendetwas, was jetzt über alle kommt.

Die Frage ist ja, wie stabil die Lage ist und ob die Länder aufgrund eines konjunkturellen Abschwungs wieder in die Neuverschuldungskiste greifen müssten oder ob sie das schon vorsorglich auffangen könnten. Sie haben heute früh nicht einen Satz dazu gesagt, wie man diesen Haushalt aussteuern könnte - außer dass beim Konsumtiven viel zu viel vergeigt werden würde -; denn Sie wissen, wir wollen die Investitionsquote hochhalten, beim Personal kürzen wir alle gleichermaßen, wir haben einen Zinsblock in einem Umfang von 1 Milliarde €, wir haben Drittmittel kozufinanzieren und bei den konsumtiven Ausgaben sind die größten Blöcke die Sonder- und Zu

satzrenten, die Sozialhilfe und, und, und - dann wird es ja ganz knapp nachher.

Nun stellen wir uns einmal unsere Haushaltssituation vor, wenn wir das unterstellen, aber in zwei Jahren die Steuereinnahmen wegbrechen würden. Ich habe das heute früh noch zugerufen, weil ich Ihre Antwort darauf hören wollte. Sie haben keine Antwort gegeben. Was wäre die Konsequenz? Was wäre die praktische Konsequenz, abgesehen davon, dass es meine neuen Schulden werden würden, die Sie natürlich kritisieren würden, was Ihr gutes Recht ist? - Weil Sie mir in diesem Punkt nicht helfen würden, lehne ich es jetzt ab,