Die Kreditfinanzierungsquote nimmt von 2,9 % in diesem Jahr auf minus 0,25 % im Jahr 2009 ab. Das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass wir jetzt tilgen, zwar bescheiden - ich komme auch darauf noch einmal zurück -, aber es gibt keine Neuzuführung von Schulden.
Die aufgelaufene Verschuldung des Landes - ich werde es mehrfach ansprechen - beträgt rund 20 Milliarden €, also das Doppelte des laufenden Haushaltes. Obwohl wir anfangen, die Schulden zu senken, nimmt dennoch die Pro-Kopf-Verschuldung zu, um 60 €. Das hat etwas damit zu tun, dass die Einwohnerzahl sinkt. Ich sage das nur deswegen, weil sich einige Zusammenhänge, wenn man sich nicht damit beschäftigt, nicht von selbst erklären.
Von den Zahlen jetzt aber direkt zu den Themen, die uns eigentlich alle umtreiben müssten, nämlich zur Frage nach den Zielen einer Regierungspolitik. Denn die Zahlen sollen ja das Abbild dessen sein, was wir eigentlich machen wollen.
Der Dreh- und Angelpunkt einer stabilen Entwicklung des Landes und seiner Finanzen ist das Wirtschaftswachstum. Deshalb ist die Wirtschaftsförderung ein ständiger und zentraler Schwerpunkt der Regierungspolitik. Dabei geht es nicht um das Wachstum als eigenständigen Prozess, nicht darum, nur Quoten zu erzeugen, die uns immer wieder feiern lassen. Wir wollen mit dem Wachstum vielmehr auch Beschäftigung und aus der Beschäftigung heraus Einkommen generieren, von denen die Leute auch leben können. Ich werde darauf noch einmal zurückkommen.
Wir wollen damit natürlich auch erreichen, dass die - das soll unterstützend wirken - Abwanderung abnimmt bzw. wir auch immer interessanter werden für Menschen, die von außen zu uns kommen und auch - ich will es gerade für den Osten ansprechen - die Fernpendler immer mehr eine wirtschaftliche Entwicklung hier im Land haben, damit sie an den gesellschaftlichen Prozessen hier im Land teilnehmen können.
Höheres Wachstum und mehr Jobs werden weiterhin maßgeblich dazu beitragen, die sozialen Probleme zu lösen und - ich sage das als Finanzminister - die öffentlichen Haushalte weiter zu stabilisieren und zu entlasten. Denn wir haben dadurch natürlich bestimmte Ausgabenblöcke, die wir so nicht weiter finanzieren wollen.
Dazu gehört auch, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Debatte um den Mindestlohn. Was sich derzeit im Niedriglohnsektor abspielt, kann so nicht bleiben. Die Menschen fordern zu Recht Löhne für eine Vollzeitarbeit. Ich spreche das als Finanzminister auch deswegen an, weil es neben der ganz persönlichen Betroffenheit der Menschen natürlich auch ein Interesse der öffentlichen Hand geben muss, dass die Menschen von dem Geld leben können, Steuern zahlen und damit auch eine eigene Entwicklung generieren können. Ansonsten haben wir im Sozialsystem einen Umverteilungsmechanismus, der auf die Dauer nicht gut ist.
Aus diesem Grund - das sage ich gerade auch für eine große Koalition - wird die Arbeitsmarktentwicklung gemeinsam mit der Sozialpolitik bei den Wirtschaftsprozessen im Land und auch in Deutschland insgesamt eine wichtige Rolle spielen müssen.
Langfristig - das ist mittlerweile eine Binsenweisheit - ist eine gute Bildungspolitik die beste Voraussetzung für
Deshalb ist die Bildungspolitik ein weiterer zentraler Baustein der großen Koalition in Magdeburg. Wir brauchen ein leistungsfähiges Bildungssystem von der Kindertagesstätte bis zur Hochschulbildung und Berufsausbildung, natürlich aber auch lebenslanges Lernen.
Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen sind jedoch mehr als nur Einrichtungen zur Schaffung von Humankapital. Bildungseinrichtungen dienen der umfassenden Entwicklung der Kinder und Jugendlichen. Sie ergänzen die häusliche Erziehung. Sie wollen sie nicht, wie oft erzählt wird, verdrängen. Dabei helfen sie, ein soziales und friedliches Miteinander zu organisieren und die Werte einer demokratischen und toleranten Gesellschaft zu vermitteln. Gerade im Kampf gegen rechtsradikales Denken und Handeln ist dies ein sehr wichtiges Argument.
Aus diesem Grund wird der Stellenwert der Bildung und die Qualität der Bildungseinrichtungen gar nicht hoch genug zu schätzen sein. Ob in der Lissabon-Strategie der EU oder in der Bundespolitik - dort überschlagen und übertreffen sich die beiden Partner derzeit -, aber auch in fast allen Strategien der Landesregierungen hat die Bildung mittlerweile einen sehr zentralen Punkt eingenommen.
Aber ich will auch sagen: Bildungspolitik lebt davon, dass man keine Schnellschüsse macht. Wir alle haben damit, glaube ich, in den letzten 16 Jahren unsere Erfahrungen gesammelt. Das heißt, wer dort strukturbedingt etwas verändern will, der muss nachdenken. Das ist keine Frage der Tagespolitik, sondern eine grundsätzliche strategische Überlegung. Es ist auch klar, dass man, wenn man das wirklich machen will, für die Zukunft dort mehr Geld brauchen wird als bisher zur Verfügung steht.
Aber wir sagen: Mittel- und langfristig und vorher bitte darüber nachdenken, was mit dem Geld gemacht werden soll.
Neben Arbeit, Wachstum, Bildung und Familie gehört auch die Verringerung der Schuldenlast zu den zentralen Zielen unserer Regierungskoalition. Ich werde es, auch wenn es bei einigen vielleicht vom Schirm verschwindet, trotzdem immer wieder ansprechen: Eine solide Finanzpolitik darf die nachfolgenden Generationen nicht mit Zins- und Tilgungspflichten erdrücken, sie darf keine neuen Schuldenberge auftürmen, sondern muss neue Gestaltungsmöglichkeiten schaffen.
Eine zukunftsgerechte Finanzpolitik ist langfristig angelegt und denkt über die Legislaturperiode hinaus. Ich weiß, dass dies für jeden Politiker, der gern immer wiedergewählt werden will, eine Herausforderung darstellt.
Deshalb wiederhole ich: Man muss die Finanzpolitik demografiefest machen, man muss sie über die Wahlperiode hinaus anlegen und man muss sie auch untereinander diskutieren und den Menschen vermitteln können. Sonst wird sie diesem Anspruch nicht gerecht werden können.
Lassen Sie mich nun einen Blick auf die allgemeinen Rahmenbedingungen werfen. Die Konjunktur hat wieder Fahrt aufgenommen. Während das Ganze in den letzten Jahren eher eine wirtschaftliche Seitwärtsentwicklung war, sind jetzt positive Wachstumszahlen zu vermelden. Das Wachstum betrug in Deutschland im letzten Jahr 2,7 %. Für dieses und nächstes Jahr wird ein Wachstum von ungefähr 2,5 % prognostiziert. Ich werde mich jedoch nicht der Diskussion der Wirtschaftswissenschaftler hingeben, von denen ich jedes Vierteljahr eine neue Wasserstandsmeldung bekomme. Der Zuwachs pro Kopf in Sachsen-Anhalt betrug im letzten Jahr 4,0 %. Ich denke, das sind gute Entwicklungszahlen.
Wenn wir rein statistisch nur einmal das herausrechnen würden - dabei tut mir der Wirtschaftsminister etwas leid -, was wir im öffentlichen Sektor beim Wachstum sozusagen wegnehmen - wir führen den Sektor ja zurück, auch gleichermaßen durch den Bau, der sich noch immer im Abbau befindet -, dann haben wir in SachsenAnhalt eigentlich eine wesentlich höhere Wachstumsrate zu verzeichnen; denn wir liegen im Durchschnitt in Bezug auf das gesamte Wachstum bei 4 bis 5 %.
Damit bin ich bei der Debatte, die wir wirklich führen müssen, dass wir dann zum Teil wirklich ein doppeltes Wachstum haben, allerdings - auch das muss man sagen - auf einer viel schmaleren Basis, als dies in Westdeutschland stattfindet.
Alle Konjunkturkommentatoren, mit denen wir sprechen, gehen von einer robusten Entwicklung aus. Aber die Krise an den Finanzmärkten hat sehr viele unsicher gemacht. Wo das hinführen kann, auch im Osten, hat die Entwicklung der Sachsen LB gezeigt. Was meinen Sie, wie froh auch ich persönlich war, dass es bei uns im Land nicht so ist.
Anzumerken ist übrigens auch - das sollte man jetzt nicht zu tief ausführen; das wird uns als Land aber weiter umtreiben, insbesondere in der gesamtdeutschen Diskussion -, dass wir bei der Steuerstaatsquote entgegen vielen Diskussionen in einem guten Mittelfeld liegen. Das heißt, es gibt in einer Diskussion hinsichtlich des Umbaus des deutschen Sozialstaats Spielräume. Also, wir sollten nicht die Diskussion weiter vorantreiben, dass nur der Abbau etwas Vernünftiges sei.
Die gute konjunkturelle Entwicklung schlägt sich auch auf dem Arbeitsmarkt nieder. Deutschlandweit nimmt die Zahl der Arbeitslosen ab und die Zahl der Beschäftigten zu. Für den regionalen Arbeitsmarkt belegen die Zahlen der letzten zwölf Monate diesen Trend. Die Zahl der Arbeitslosen ist um 27 400 zurückgegangen; die Zahl der Erwerbstätigen ist um 6 000 gestiegen.
Dies bedeutet, dass sich die Lage bei uns im Land allmählich bessert. Auch hierzu der Hinweis - nicht um es schönzureden -, dass allein im öffentlichen Sektor in der
selben Zeit mehr als 3 000 Beschäftigte aus Altersgründen ausgeschieden sind und die Stellen nicht neu besetzt wurden.
Aber man muss diese Zahlen, wie gesagt, relativieren. Viele, viel zu viele müssen noch damit leben, dass sie beim Aufschwung nicht dabei sind; er geht an ihnen vorbei. Die Arbeitslosigkeit ist noch immer zu hoch. Wir haben in Ostdeutschland, in Sachsen-Anhalt einen Unterschied von mehr als zehn Prozentpunkten, eine Zahl, wie man sie in ganz Westdeutschland nicht findet; denn dort liegt die Arbeitslosenquote im Durchschnitt bei 8 %. Das heißt, an dieser Stelle ist die Statistik natürlich auch sehr gefährlich, wenn man das im ganzen Land ausbreitet. Mein Landkreis, das Mansfelder Land - sie wissen es -, kann ein Lied davon singen.
Wir haben Diskussionen über Kinderarmut und über die Lage der ALG-II-Empfänger. Ich denke, diesbezüglich ist im politischen Raum etwas im Gange. Die Langzeitarbeitslosigkeit, insbesondere der Eltern, darf uns nicht unberührt lassen. Denn was haben wir davon, wenn bestimmte Bereiche darüber klagen, dass sie keine Beschäftigten mehr finden, während andere in diesem Prozess überhaupt nicht mehr wahrgenommen werden? Das kann man Ende gesellschaftlich nicht vernünftig sein.
Unser Ziel ist, auch wenn wir die Schwächen kennen und abstellen wollen, klar: Wir wollen langfristig zu den starken europäischen Regionen aufschließen. Ich denke, diesen Anspruch hat Sachsen-Anhalt und den hat auch Mitteldeutschland. Ich denke, unter diesem sollten wir perspektivisch nicht bleiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun einmal einen Blick - man kann fast schon sagen: einen wohlgefälligen Blick - auf die Steuereinnahmen. Wir haben aufgrund eines besseren Wachstums und aufgrund der Gesetzgebung, wie zum Beispiel der Mehrwertsteuererhöhung, höhere Steuereinnahmen zu verzeichnen. Das ist ein nicht unwesentlicher Punkt. Das Verhalten der Fraktionen und Parteien dazu ist im Allgemeinen bekannt. Ich stelle nur fest: Ich bin froh darüber, dass es diese Entscheidung gab.
Das bundesweite Steuerplus von 8 % im letzten Jahr soll sich in diesem Jahr fortsetzen und 9,4 % betragen. Auch für die mittlere Frist sind deutliche Zuwächse zu erwarten. Im laufenden Jahr übertrifft die aktuelle Entwicklung die Steuerschätzungen von Mai. Dies wird hoffentlich auch weiterhin so bleiben. Sie alle haben mir versprochen, dass Sie, wenn es anders werden würde, auch dann neben mir stehen würden, und zwar noch genauso, wie Sie in der Debatte darüber, dass die Neuverschuldung nun unbedingt im nächsten Jahr schon auf null sein muss, neben mir standen.
Aber es gibt im Finanzplanungsrat Projektionen, die davon ausgehen, dass sich die Einnahmensituation jetzt wirklich stabilisiert. Wie weit das trägt, weiß niemand.
Die Einnahmenentwicklung in Sachsen-Anhalt ist noch besser als im Bund. Bereits im letzten Jahr konnten wir unsere eigenen Steuereinnahmen, also ohne Umsatz
steuerverteilung, um 44,6 % und damit deutlich stärker als im Durchschnitt der Länder erhöhen. Im ersten Halbjahr dieses Jahres haben wir ein Plus von 29,5 % und von 13,8 % in der Ländergesamtheit. Auch an dieser Stelle muss man das wieder etwas relativieren: Durch das Zusammenwirken im Länderfinanzausgleich gibt es natürlich eine Nivellierung auf hohem Niveau. Das schützt uns immer noch in den Phasen, in denen es uns vielleicht einmal nicht so gut geht, weil wir dann sofort zu denen gehören, die wesentlich von der Hilfe der anderen leben.
Bei aller Freude über die jetzige Entwicklung ist jedoch auch klar: Bei den Ausgaben müssen wir weiter nachsteuern und diese abbauen; denn erstens geht die demografische Entwicklung leider weiter. Wir verlieren pro Jahr immerhin noch 25 000 Einwohner. Sie wissen, das entspricht derzeit einer Größenordnung von rund 60 Millionen € pro Jahr.
Zweitens. Wir kennen die Folgen der degressiven Ausgestaltung des Solidarpakts. Es wird uns in den nächsten Jahren wirklich treffen.
Drittens. Wir wissen schon jetzt, dass die Zuschüsse und Zuweisungen des Bundes und der EU stark nachlassen werden. Das ist immer ausgerichtet an dem Auslaufen des Solidarpakts im Jahr 2019.
Wir haben dies in unseren Planungen berücksichtigt. Aber wir müssen weiterhin aufpassen, weil es ständig politische Änderungen, Diskussionen und natürlich auch Entwicklungen, Trends geben wird, die sich nicht unbedingt an unseren Planungen ausrichten werden.
Nun zu einer Zahl, die Auskunft darüber gibt, inwieweit sich das bei uns tatsächlich auswirkt. Hätten wir im Jahr 2011, also am Ende des Planungszeitraums, die gleiche Einwohnerzahl wie heute, dann hätten wir rund 260 Millionen € mehr Einnahmen aus dem Bund-LänderFinanzausgleich, als wir jetzt einplanen mussten. Das sind Größenordnungen, die man nicht vernachlässigen kann.