Protocol of the Session on September 13, 2007

Aus dem vorliegenden Material jedoch geht hervor, dass es an den Biotechnologiestandorten Magdeburg, Halle und Gatersleben trotz aller Anstrengungen bisher nicht gelungen ist, eine intrinsisch wie extern wirkende Attraktionskraft für neue Unternehmungsgründungs- oder Ansiedlungsinitiativen signifikanter Größe oder Qualität zu entwickeln. - Das sind wörtliche Zitate.

Gleichwohl verfügt das Land Sachsen-Anhalt heute über einzelne sehr gute national bzw. international wettbewerbsfähige Unternehmen wie zum Beispiel IconGenetics, Probiodrug - das Unternehmen habe ich kürzlich als Unternehmen des Monats ausgezeichnet -, Novosom und KeyNeurotek. Diese Unternehmen reichen aber nicht aus, um die erforderliche und gewünschte ClusterWirkung landesweit zu katalysieren.

Grundsätzlich sollten laut dem Gutachter aufgrund der Heterogenität des Bereiches Lifesciences die Bereiche grüne Biotechnologie, rote Biotechnologie und pharmazeutische Produktion sowie Medizintechnik differenziert betrachtet werden.

Ein integrativer Cluster „Lifesciences“ scheint - anders als noch im Jahr 2002 von uns allen erhofft - wenig

zweckdienlich zu sein. Die Synergien zwischen roter und grüner Biotechnologie in den Bereichen FuE sind gering. Die Pharmaindustrie in Sachsen-Anhalt dient vorwiegend ihrer Produktion und zeigt daher wenig Anknüpfungspunkte für die regionalen Biotech-Unternehmen.

Auch für die Medizintechnik gibt es hinsichtlich des Kompetenzprofils und der Technologieanwendung nur begrenzt Überschneidungen mit dem Bereich der roten Biotechnologie oder mit der Pharmaindustrie. Das alles sind erste Feststellungen aus der Cluster-PotenzialStudie.

Der Bereich der Biotechnologie in Sachsen-Anhalt lässt sich aus der Sicht des Gutachters eher als Forschungsexzellenz als als Wirtschafts-Cluster beschreiben. Dies gilt sowohl für die rote Biotechnologie als auch für die grüne Biotechnologie. Letztere zeichnet sich zum einen durch eine leistungsfähige Infrastruktur und einen hohen Organisationsgrad im Rahmen von Netzwerken - zum Beispiel InnoPlanta -, zum anderen jedoch durch eine sehr kleinteilige Wirtschaftsstruktur aus. Die vorliegenden Analysen sehen in diesem Bereich keinen unmittelbaren Handlungsbedarf hinsichtlich weiterer Aktivitäten zur Cluster-Bildung.

Auf organisatorischer Ebene sind die notwendigen Akteure etabliert und die infrastrukturellen Rahmenbedingungen geschaffen worden. Perspektivisch haben die Gutachter hinsichtlich der Entwicklung eines WirtschaftsClusters mit erfolgreichen Unternehmen und Produkten mit nennenswerten Beschäftigungseffekten derzeit jedoch nur geringe Hoffnungen. Diese Frage werde ich in der nächsten Bearbeitungsphase der Studie vertieft behandeln lassen, um möglicherweise bestehende Förderinstrumente weiter spezifisch auf diesen Branchenkomplex auszurichten.

Die rote Biotechnologie in Sachsen-Anhalt durchläuft die gleichen Entwicklungsphasen wie die anderen Biotechnologiebereiche. Die Biotechnologie-Offensive ermöglichte eine leistungsfähige Forschungsinfrastruktur mit einigen klaren Stärkefeldern. Die Verbreiterung und Stabilisierung der Industriebasis ist hierbei die vordringliche Herausforderung der Zukunft. Voraussetzungen dafür sind bereits in den vergangenen Jahren geschaffen worden.

Die Rolle der Politik sehen die Analysten der ClusterPotenzial-Studie weniger in der Umsetzung großer Investitionsvorhaben bzw. Infrastrukturmaßnahmen als in der punktuellen Unterstützung von erfolgversprechenden FuE-Projekten sowie in der kontinuierlichen Stabilisierung und Optimierung der vorhandenen Strukturen.

Dies bedeutet jedoch nicht - in diesem Punkt sind wir uns mit den Gutachtern einig -, dass die Landesregierung die Investitions- und Fördertätigkeit der IBG in diesem Bereich vollständig einstellen wird. Aus unserer Sicht würde dies den gegenwärtig erreichten Stand gefährden. Vielmehr ist es angezeigt, die begonnenen Initiativen sinnvoll zu Ende zu begleiten und neue Unternehmensgründungen im Sinne der Standortentwicklung angemessen zu begleiten.

Die für die Entwicklung der Biotechnologie in SachsenAnhalt bedeutsamen Infrastrukturmaßnahmen können jedoch als nahezu abgeschlossen betrachtet werden, woraus sich im Umkehrschluss zwangsläufig eine Reduzierung der Förderung der Biotechnologie im Vergleich zu den bereits geleisteten Anstrengungen ergibt.

Die übrige Förderung der Biotechnologie-Offensive im Bereich der Wissenschaft durch das MK und im Bereich der FuE-Förderung durch das MW und das MLU wird - wie in der Vergangenheit - weiterhin ausschließlich auf der Basis von Projekten erfolgen. An dieser Förderpraxis wird sich auch zukünftig nichts ändern. Es stehen hierfür in ausreichendem Maße finanzielle Mittel zur Verfügung.

Nach unserem Dafürhalten ist eine aggressive Fortführung der bisherigen Förderpolitik jedoch weder sinnvoll noch zu rechtfertigen. Verschärfend kommen die unsicheren politischen Rahmenbedingungen für den Umgang mit der Gentechnik und weiterhin nicht wegzudiskutierende Vorbehalte in der Bevölkerung hinzu. Da spielt meine persönliche Meinung als Naturwissenschaftler nur sekundär eine Rolle. Ich habe dazu meine eigene Meinung; ich muss aber bestimmte Realitäten einfach zur Kenntnis nehmen.

Welche Aspekte die Biotechnologie in Zukunft nicht unbeachtlich beeinflussen werden, das muss in der nächsten Zeit auch in einem Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene zutage gefördert werden. Hierin wird sich das Land Sachsen-Anhalt - so ist es auch im Kabinett abgesprochen - sehr differenziert positionieren. Es wird versuchen, darauf hinzuwirken, hierbei das Augenmaß zu wahren und sowohl für die neuen Branchen als auch für die herkömmliche Branchen die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen.

Für die IBG als Beteiligungsgesellschaft des Landes besteht bereits jetzt eine gewisse branchenbedingte Risikokonzentration, die es aus unserer Sicht aufzulösen gilt. Hierfür trage ich als Aufsichtsratsvorsitzender der IBG eine besondere Verantwortung, der ich auch gerecht zu werden gedenke.

Sowohl für die Landesregierung und für die IBG als auch für die beauftragten Gutachter steht außer Frage, dass aufgrund der Wertschöpfungstiefe des ländlichen Raums in Sachsen-Anhalt insbesondere der grünen, weißen und grauen Biotechnologie ein volkswirtschaftlich erschließbares Potenzial zukommen kann. Dies scheint im Fall der grünen Biotechnologie jedoch zurzeit und auch mittelfristig politisch nicht wirksam durchsetzbar zu sein. Aus unserer Sicht wäre für einen langfristigen Erfolg dieser Technologiebereiche eine korrespondierende hochwertige Unterstützung und Fundierung - zum Beispiel über die Personalauswahl der universitären Institute und ihre Mittelausstattung - vonnöten.

Sie sehen, die Landesregierung steht weiterhin hinter den hiesigen Unternehmen und Forschungseinrichtungen des Landes im Bereich der Biotechnologie. Es wird diese auch zukünftig und insbesondere über die Bio Mitteldeutschland unterstützen. Diese Gesellschaft ist ein wesentliches Instrument der Landesregierung. Ich beabsichtige, nach einigen Korrekturen an den vertraglichen Konstellationen diese Zusammenarbeit fortzusetzen bzw. das in den entsprechenden Gremien vorzuschlagen.

Allerdings - darauf lege ich Wert - sind für die Förderungen in diesem Bereich - genauso wie übrigens für alle anderen Wirtschaftsbereiche - die Qualität der Projekte sowie die Wachstums- und Beschäftigungsperspektiven entscheidend.

Auch zukünftig gilt es, interessante und potenzialträchtige Projekte zu fördern. Dies erfordert aber auch einen kritischen Blick auf die bisherige Förderung und Unter

stützung im Bereich der Biotechnologie, um die Förderung dieser Branche noch effektiver zu machen und gleichzeitig das Risiko für das Land - damit auch für den Steuerzahler - so gering wie möglich zu halten.

Herr Paqué, vielleicht noch einige Nachbemerkungen.

Diese Diskussion ist sicherlich gerade in dieser Branche aufgrund der Langfristigkeit der Prozesse schwierig zu führen. Wir sind aber jetzt an einer Weiche angelangt, die gestellt werden muss, an der wir zumindest vor dem Hintergrund der vorhandenen Ressourcen eindeutig die Frage aufwerfen müssen, in welcher Form wir diese Schwerpunkte weiterhin über das bisherige offensive Maß der Landesregierung hinaus fördern wollen.

Es geht nicht darum, an dieser Stelle in irgendeiner Weise einen Abstrich zu machen, sondern darum, eine bestimmte Privilegierung - das sind ebenfalls Zitate, die ich hier verwende - in einem Bereich auf ein Normalmaß zurückzufahren, aber dann, auf diesem Normalmaß, zu dem zu stehen, was bisher versucht, investiert und geschaffen wurde. Dazu bin ich persönlich und sind auch alle diejenigen bereit, die ich kenne, die in diesem Bereich aktiv sind. Der 21. September wird zielführend dafür sein, ein Ergebnis hervorzubringen.

Ich glaube, dass diese Problematik nach dieser Diskussion im Sommerloch relativ schnell in einer ganz pragmatischen Umgangsweise wieder aufgelöst werden kann. Diese Diskussion haben übrigens nicht wir initiiert. Dieses Thema ist uns aus den verschiedensten Gründen angetragen worden, die ich Ihnen schon näher zu bringen versucht habe.

Unabsehbar ist an dieser Stelle allerdings, wie sich die Entwicklung in Deutschland generell vollziehen wird. Fest steht aber, dass man in meiner Funktion nicht nur Minister ist, sondern auch in bestimmten Gremien nach dem Gesellschaftsrecht Aufsichtsfunktionen wahrzunehmen hat. Wenn dazu ganz klare Positionierungen in dem Bericht niedergelegt werden, dann habe ich entsprechend adäquat im Sinne des Steuerzahlers und auch des Gesamthaushalts, den wir gemeinsam zu verantworten haben, zu reagieren. So habe ich meinen Amtseid jedenfalls verstanden. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und von der Regie- rungsbank)

Vielen Dank, Herr Minister Haseloff. Möchten Sie eine Frage von Herrn Professor Paqué beantworten?

Gern.

Bitte, Herr Professor Paqué.

Ich habe nur eine kleine Rückfrage. Sie haben über die Cluster-Potenzial-Studie gesprochen, die nach Ihrer Aussage in den Produktionsstätten keine Synergieeffekte zwischen roter und grüner Gentechnologie gefunden habe. Meine Frage: Hat man überhaupt damit gerechnet?

Ich bin zwar kein Naturwissenschaftler, würde aber eigentlich gar nicht erwarten, dass es produktionstech

nisch und sozusagen im ökonomischen Verbund Verbindungen gibt. Ich würde nur erwarten, dass es dort, wo qualifizierte Arbeitskräfte sind, die sich im biotechnologischen Bereich als Spezialisten auskennen, einfacher ist, sich anzudocken und anzusiedeln, eben wegen der Arbeitskräfte, aber nicht wegen der produktionstechnischen Synergien.

Und eine Nachfrage dazu: Wenn Sie dem im Grundsatz zustimmen, dann wäre das, was die Studie betrifft, vielleicht noch einmal zu überprüfen.

Herr Minister, bitte.

Ich bin gern bereit, diesen Hinweis aufzugreifen. Sie müssen aber von Folgendem ausgehen: Am Anfang der Offensive stand das bewusste Ziel, in diesem Bereich eine erhebliche Clusterung zu entwickeln. Diese Clusterung hat so, wie es damals beabsichtigt worden war - ich war ja auch Bestandteil dieses Hauses, das dieses beabsichtig hat; wir haben diese Diskussion ja umfänglich geführt -, nicht stattgefunden.

Clusterung an dieser Stelle, was diese Verzahnung anbelangt, kann ja durchaus in Teilen auch darin bestehen, dass man auf gemeinsame Ressourcen, Infrastrukturen und Fachkräfte zurückgreift. Aber auch an dieser Stelle konnten die Gutachter das nicht so feststellen, und die Gutachter waren ja nicht irgendjemand. Das war der VDI, der schon seit 15 Jahren auf dieser Ebene für die Bundesregierung Gutachten erstellt. Ich meine, Sie können Ihre Meinung dazu haben und diese auch zum Ausdruck bringen, wie Sie wollen, es ist aber eine normale Ausschreibung gewesen und die Referenzen sind eindeutig beibringbar gewesen. Seit 15 Jahren arbeitet konkret diese Gruppe an dieser Thematik und berät eine Bundesregierung nach der anderen und auch andere Gremien sehr distanziert und, denke ich, auch sehr differenziert. Wir können das also auch nachvollziehen.

Diese damalige Aufgabenstellung konnte sich aber nach der entsprechenden Zeit, in der die Offensive gelaufen ist, leider nicht protokollieren lassen - so möchte ich es einmal sagen. An dieser Stelle muss die Diskussion aber fortgesetzt werden. Das Ergebnis bedeutet ja nicht, dass die Studie nicht auch Defizite aufgewiesen hat. Die Grundbotschaft werden wir aber, vorbei an den harten Statistiken, nicht anders formulieren können.

Wenn wir jetzt eine Risikokonzentration auch durch unsere Beteiligungen feststellen, denen Konditionen zugrunde liegen, die ja ab sofort nicht mehr möglich sind - Sie wissen, dass sich die europäischen Rahmenbedingungen verändert haben, dass die Förderung dieser Branche nicht mehr so komfortabel zugute kommt wie bisher -, wenn wir jetzt die Überlegung anstellen, wie wir stabilisieren, konsolidieren und trotzdem das gewonnene Terrain nicht verlassen, aber auch Privilegierungen zurückfahren können, dann ist das, denke ich, ein legitimer fachlicher Ansatz.

Vielen Dank, Herr Minister Haseloff. - Die Debatte der Fraktionen beginnt mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Ich erteile Herrn Gürth das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Biotechnologie ist eine wichtige Branche hier in Sachsen-Anhalt. Der vorliegende Antrag wird weder der Branche noch der FDP gerecht.

Wer von Biotechnologie nicht nur viel hält, sondern auch viel dafür tun will, dass sich diese Branche in SachsenAnhalt entwickelt, der muss mit mehr aufwarten als mit einem Ein-Satz-Antrag zur Biotechnologie, der nur zum Inhalt hat, dass alles so fortgeführt werden soll, wie es bisher gemacht wurde.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren von der FDP, so werden Sie dem Thema nicht gerecht und Ihren eigenen Ansprüchen auch nicht.

Ich will gleich zu Beginn feststellen, dass die Biotechnologieoffensive richtig war. Es war richtig, dass das Land Sachsen-Anhalt auf diese Branche gesetzt hat. Wir tun dies auch weiterhin.

Es ist dazu außerdem zu sagen, dass es um mehr als nur um Geld geht. Deswegen darf man bei der Bewertung der Biotechnologie nicht nur die Fördermittel nehmen und sich auch nicht nur auf die IBG berufen; denn zum einen muss man wissen, dass viele Biotechnologieunternehmen und -forscher ohne eine Mark, ohne einen Euro Förderung arbeiten, weil die gar nicht starten könnten, wenn sie diesen ganzen Antragswust bearbeiten müssten, und zum anderen, dass es auch eine Frage der Akzeptanz bestimmter Technologien ist.

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP)

Hier in Sachsen-Anhalt mit den besten Böden Deutschlands, mit der - das kann man wirklich sagen - erfolgreichsten Landwirtschaft Deutschlands, mit einer Tradition in der Züchtungsforschung, die in Europa ihresgleichen sucht, sind wir auch weiterhin gut beraten, diese Branche entsprechend zu unterstützen. Ich sage Ihnen: Genau dies wird diese Landesregierung auch tun. Auch der Minister und die Landesregierung haben dieses keineswegs angezweifelt oder in Zweifel ziehen lassen.

Man muss aber auch sagen, dass angesichts des Haushalts, über den wir heute Morgen debattiert haben - ich habe Ihre Rede, sehr geehrter Herr Professor Paqué, noch im Ohr -, natürlich auch alles auf den Prüfstand gestellt und evaluiert werden muss, damit klar ist, dass bei knappen Ressourcen möglichst effizient Ergebnisse erreicht werden. Genau dies hat die Landesregierung vor. Das werden wir als CDU-Fraktion auch unterstützen.

Ich will einen weiteren Aspekt, die Erwartungen an diese Branche, ganz kurz streifen. Ich will dies mit drei Zahlen tun, die zeigen, wie viel Aufwand in den unterschiedlichen Branchen erforderlich ist, um einen zusätzlichen Arbeitsplatz zu schaffen - man kann das in Größenordnungen unterteilen, zwischen Mittelständlern und Großen trennen, aber man kann es auch in Branchen unterteilen -:

Wir brauchten im Bereich der Chemie in den letzten fünf Jahren für einen neuen Arbeitsplatz - das ist das, was statistisch nachgewiesen ist - eine Investitionssumme in Höhe von ca. 1,8 Millionen €. So hoch sind die Investitionskosten für zusätzliche Arbeitsplätze, weil die Technologien, die Anlagen, die dahinter stehen, bevor ein