Protocol of the Session on July 13, 2007

Dies muss so bald wie möglich erfolgen, und zwar mit dem nächsten Krankenhausplan. Es reicht nicht, wenn wir uns erst in ein, zwei Jahren damit beschäftigen. Deshalb dieser Antrag und deshalb dieser Antrag zum jetzigen Zeitpunkt. Ich bitte um Ihre Zustimmung. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank für die Einbringung, Frau Grimm-Benne. - Ich bitte dann die Frau Ministerin für die Landesregierung um ihren Beitrag. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren und Damen Abgeordneten! Das Krankenhauswesen ist in sei

ner langen Entwicklungsgeschichte von vielfältigen Einflüssen unserer Gesellschaft geprägt worden. Medizinische, ökonomische, politische und nicht zuletzt soziale Überlegungen haben mit wechselnder Kraft die stationäre Krankenversorgung zum Wohle der Patientinnen und Patienten mitgestaltet.

Seit dem Jahr 2005 basiert die Krankenhausplanung in Sachsen-Anhalt auf dem neuen Krankenhausgesetz unseres Landes. Dieses ist im Jahr 2004, wenn ich mich recht entsinne, einstimmig im Landtag verabschiedet worden. Das war eine richtige Initiative der damaligen Landesregierung, Herr Kley. An der Gestaltung dieses Gesetzes haben maßgeblich die Krankenkassen, allen voran die AOK, mitgewirkt.

Mit diesem Gesetz haben wir in unserem Bundesland Neuland beschritten - Neuland dahin gehend, an die Stelle einer Kapazitätsplanung im Krankenhausbereich eine leistungsbezogene Planung zu setzen, um damit bedarfsgerechter, besser steuern zu können.

Der Krankenhausplan legt auf der Basis von Rahmenvorgaben Krankenhäuser mit Standorten, Versorgungsstufen und vorzuhaltenden Fachgebieten sowie gesundheitsberufliche Ausbildungsstätten fest. Für die Psychiatriebereiche werden weiterhin Planbetten ausgewiesen, da dort das Fallpauschalengesetz nicht gilt.

Die Feinsteuerung hat der Gesetzgeber, also der Landtag, der Ebene übertragen, auf die sie originär gehört, nämlich vor Ort. Sie ist durch den Abschluss von Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen zwischen den Leistungserbringern und den Kostenträgern, also zwischen den Krankenhausträgern und den Krankenkassen, zu realisieren. Der Einfluss des Staates ist zurückgenommen worden. Die Gestaltungsmöglichkeiten und die Verantwortung der Krankenhäuser und der Kassenselbstverwaltung sind gestärkt worden.

Mit diesem Gesetz haben wir damals ein lernendes System beschlossen, welches von uns allen und von allen Beteiligten in diesem Sektor abverlangt, die Dreieinheit von Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität immer wieder zu durchlaufen. Das heißt, planen, umsetzen, prüfen, weiterentwickeln, handeln und dann immer wieder in diesen Schleifen zu agieren, aber auf einem immer höheren Niveau.

Dieses innovative Vorgehen in Sachsen-Anhalt findet bundesweit Aufmerksamkeit. Es spiegelt sich im Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz vom 8. März 2007 wider. Es interessiert auch andere Länder, wie jüngst erst ein Erfahrungsaustausch im Land Berlin unter Beteiligung Brandenburgs und Hamburgs zeigte.

Oberstes Ziel der Krankenhausplanung ist selbstverständlich, die stationäre Versorgung für die Bevölkerung sicherzustellen.

Um die Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt auf der Basis dieses Grundsatzes zu überprüfen, werden die in den Rahmenvorgaben benannten krankenhausplanerischen Faktoren zugrunde gelegt. Dabei handelt es sich um die Fallzahlentwicklung, die Morbiditätsentwicklung, die demografische Entwicklung, die Vorhaltedichte des entsprechenden Leistungsangebotes in der Region und die raumplanerischen Voraussetzungen, wie zum Beispiel Verkehrsanbindungen.

Zur Prüfung werden verfügbare Daten aus der Krankenhausstatistik, Strukturdaten des Landes, wie zum Bei

spiel die regionalisierte Bevölkerungsprognose, und Daten aus dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus herangezogen. Beispielsweise hat die Projektion von Zahlen der Krankenhausmorbidität bis in das Jahr 2011 aufgrund dieser Daten gezeigt, dass die Krankenhausfallzahlen in Gänze nur marginal abnehmen werden und in den oberen Altersgruppen sogar überproportional steigen werden.

Im Ergebnis modellhafter Schätzungen wird es in Sachsen-Anhalt voraussichtlich nur einen Rückgang der Krankenhausfallzahlen bis 2011 um ca. 0,3 % geben, was etwa 1 500 Fällen weniger als im Jahr 2005 entspricht.

Der Geriatrie und der geriatrischen Rehabilitation wird im zukünftigen Krankenhausgeschehen allerdings ein breiterer Raum eingeräumt werden müssen. Die Schaffung qualifizierter geriatrischer Zentren ist unverzichtbar.

Meine Damen und Herren! Bloße empirische Äußerungen, bei denen wir immer wieder einmal hören, wir hätten zu viele und zu teure Krankenhäuser, sind populistisch und nicht geeignet, über die Zukunft von Standorten zu entscheiden. Aber - das sage ich auch ganz deutlich - es ist zwingend notwendig, dass sich Krankenhäuser spezialisieren, dass sie sich auf Dinge konzentrieren, die sie wirklich gut machen. Die bevorstehende Umsetzung der Kreisgebietsreform wird neue Möglichkeiten bieten, Standortprofilierungen voranzubringen. Das ist unverzichtbar. Aber ich denke, das ist noch nicht genug.

Medizinische Versorgungseinrichtungen müssen auch sektorübergreifend Netzwerke bilden, die dann am besten landesweit funktionieren und auf diesem Wege Spezialisierungen von Krankenhäusern und auch Verzahnungen mit ambulanten Angeboten befördern. Das wird dann auch das Angebot von Krankenhausleistungen in Sachsen-Anhalt qualitativ voranbringen und am Ende dazu beitragen, Kosten zu sparen. Auch das müssen wir anstreben.

Bezüglich der ersten vom Gesetzgeber geforderten zweijährig stattfindenden Überprüfung des Krankenhausplanes im Jahr 2007 ist festzustellen, dass längst noch nicht alle Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen abgeschlossen worden sind. Frau Grimm-Benne hat das erwähnt. Weniger als die Hälfte sind unterschrieben, weitere sind verhandelt worden, aber nicht unterzeichnet. Ein Teil der bereits vorliegenden Abschlüsse zeigt absolut keine zufriedenstellende Qualität. Leistungsabgrenzungen sind nur im Ausnahmefall Gegenstand der vorliegenden Vereinbarungen.

Offenbar hält sich ein Teil der Krankenhäuser noch sehr bedeckt. Die Krankenkassen - das sage ich auch sehr deutlich - nutzen das ihnen vom Gesetzgeber an die Hand gegebene und das von ihnen ausdrücklich gewünschte Instrument noch absolut unzureichend. Dennoch kritisiert die AOK die Landesregierung und ruft nach mehr Staat, was mir nach der Genese des Krankenhausgesetzes absolut unverständlich ist. Auch das sage ich in diesem Raum.

Eine mögliche Ursache für die Zögerlichkeiten beim Abschluss von Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen ist möglicherweise auch der bundespolitische Rahmen. Es betrifft zum Beispiel die Mindestmengenfestlegung vom gemeinsamen Bundesausschuss. Das betrifft vielleicht auch das Nebeneinander von Pflegesätzen in der Psychiatrie und Fallpauschalen in den somatischen Fächern. Das betrifft vielleicht auch die Diskussion um den zukünftigen ordnungspolitischen Rahmen im Kranken

hausbereich. Aber es haben möglicherweise auch die Veränderungen in unserem Land eine Rolle gespielt, nämlich die Kreisgebietsreform, bei der vor allem die Träger der kommunalen Krankenhäuser erst einmal sehr zurückhaltend waren, Neustrukturierungen ins Auge zu fassen.

Daraus ergeben sich aber auch Chancen für das Nachjustieren der Rahmenvorgaben. Die Rahmenvorgaben sind das wichtigste Instrument der Landesregierung zur Aufstellung des Krankenhausplanes.

Nach den Erfahrungen im letzten Jahr, die ich sammeln durfte, halte ich es für außerordentlich wichtig, dass dieses Instrument unter Qualitätsaspekten geschärft wird. Dazu bedarf es der genannten Anreicherung mit Daten und es bedarf der Konkretisierung von Qualitätskriterien, die einer Nachjustierung förderlich sind.

Meine Damen und Herren! Ich habe in die Wege geleitet, dass die damalige Arbeitsgruppe zu Erarbeitung der Rahmenvorgaben, besetzt mit Vertreterinnen und Vertretern aus dem Sozialministerium, dem Kultusministerium, der Krankenhausgesellschaft und den Krankenkassen, erneut ihre Arbeit aufnimmt und wie damals auch das Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie der Medizinischen Fakultät der Otto-vonGuericke-Universität einbindet. Der Auftrag soll lauten: Überprüfung und Nachjustierung der Rahmenvorgaben unter besonderer Berücksichtigung der Kreisgebietsreform in Sachsen-Anhalt. Der Planungsausschuss wird sich am Montag mit dieser Neuinstallierung der Arbeitsgruppe befassen.

Ein Ziel ist dabei für mich, die an den Standorten vorgehaltenen Fachgebiete vor dem demografischen Hintergrund und unter Berücksichtigung von Qualität und von Wirtschaftlichkeit, vor allem bei der Frauenheilkunde und bei der Geburtshilfe, aber auch bei den altersmedizinischen Angeboten, zu überprüfen.

Ich sehe auch einen Überprüfungsbedarf hinsichtlich der Tatsache, dass eine dem Träger bisher per se obliegende Entscheidung zur Abteilungsumwandlung in Zukunft über das Instrument Rahmenvorgaben beeinflussbar wird. Ich nenne nur die Stichpunkte Belegabteilung und Hauptabteilung.

Wir müssen in diesem System lernen und zu Veränderungen kommen. Deswegen freue ich mich, dass sich die Abgeordneten mit diesem Komplex intensiv auseinander setzen wollen; denn es ist ein wichtiger Bereich der Daseinsvorsorge.

Da im Krankenhausplanungsausschuss auch schon eine intensive Arbeit geleistet wurde, äußere ich zum Schluss die Bitte, dass der Sozialausschuss möglichst zeitnah eine Anhörung der Beteiligten vornimmt - vielleicht ist das noch möglich, bevor alle Abgeordneten in die Sommerferien entschwinden -, wenn es geht, in der nächsten Woche. Das wäre mir das Liebste. - Ich bedanke mich.

(Zustimmung bei der SPD)

Frau Ministerin, es gibt eine Nachfrage der Abgeordneten Frau Bull. Wollen Sie sie beantworten?

Ja.

Frau Bull, Sie haben das Wort.

Ich mache es kurz. Das Spannungsfeld ist allen Beteiligten klar. Dass es Steuerung und Intervention benötigt, ist allen spätestens seit dem AOK-Krankenhausforum auch klar. Die Frage ist jetzt nur noch: Wie?

Ich habe eine Frage, von der ich nicht weiß, ob Sie sie beantworten können, weil sie eher juristisch ist. Wir haben oben die Rahmenplanung und unten, nämlich zwischen den Krankenhäusern und den Kassen, den Auftrag, Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen zu schließen. Das kommt nicht in Gang. Es fehlt uns ein Steuerungsinstrument, um beide Seiten zueinander zu zwingen.

Nun meine Frage. Frau Grimm- Benne brachte den Gedanken des Leistungsausschlusses ins Spiel. Besteht aus Ihrer Sicht für die Landespolitik die Möglichkeit, Leistungen, die den Rahmenplan, also das, was im Land an Leistungen angeboten werden muss, überschreiten, so in Grenzen zu halten, dass man mit dem Instrumentarium Leistungsausschluss arbeiten kann? Sollten Sie die Frage jetzt nicht beantworten können, möchte ich darum bitten, dass wir sie im Ausschuss klären.

Ich kann etwas dazu sagen. Das sollten wir aber vielleicht bei der Anhörung oder bei den sonstigen Beratungen im Ausschuss noch vertiefen.

Bei den Rahmenvorgaben sind zum Beispiel die Fallzahlen und die Morbiditätsentwicklung mit berücksichtigt. Wenn die Fallzahlen absolut zurückgegangen sind, kann das Land natürlich sagen, dass ein bestimmtes Fachgebiet an einem bestimmten Standort nicht mehr vorgehalten werden muss. Dann fällt das Gebiet aus der Rahmenplanung heraus. Die Daten müssen das aber hergeben.

Auf der anderen Seite haben aber auch die Krankenkassen bei den Verhandlungen mit den Krankenhausträgern die Möglichkeit, einen Leistungsausschluss vorzunehmen. Wenn aus ihrer Sicht die Kosten zu hoch sind oder sonstige Gründe dafür sprechen, wenn vor allem die Qualität nicht stimmt, dann können sie in den Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen einen Leistungsausschluss herbeiführen. Darüber zu verhandeln ist jedoch Sache der Selbstverwaltung. Das ist bis jetzt in null Fällen passiert.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank. Weitere Anfragen gibt es nicht. - Wir kommen jetzt zu den Debattenbeiträgen. Für die LINKE spricht die Abgeordnete Frau Penndorf. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorlage des Antrags der SPD und der CDU zum jetzigen Zeitpunkt hat unter den Krankenhäusern ziemlichen Wirbel verursacht, wird doch bei dessen Annahme die monatelange Arbeit des Krankenhausplanungs

ausschusses, der aus Vertreterinnen und Vertretern der Krankenkassen, der Krankenhausgesellschaft, der kommunalen Spitzenverbände und des Sozial- und des Kultusministeriums besteht, quasi infrage gestellt. Ausgehandelte Änderungen im Leistungsspektrum können nicht in Kraft treten; Krankenhäuser sind nicht länger handlungsfähig.

Was steckt also dahinter? - Einfach gesagt, die Forderung, den Krankenhausplan 2007 noch nicht am 16. Juli 2007 zu verabschieden, sondern erst noch einmal genauer nachzudenken und bestimmte Kriterien, die Sie im Antrag finden können, zu berücksichtigen. Für vorheriges Nachdenken sind wir auch. Das hätte aber schon lange vorher passieren können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieser Antrag unterstellt aber auch, dass sich alle Beteiligten von diesen Kriterien bei der Planung nicht ausreichend leiten ließen. Wenn wir uns aber die Rahmenvorgaben für Versorgungs- und Qualitätsziele der Krankenhausplanung ansehen - immerhin ein mehr als 60 Seiten langes Papier -, dann finden wir dort sowohl im Allgemeinen als auch in den einzelnen Fachteilen Hinweise auf demografische Bedingungen, die Darstellung der Morbiditätsentwicklung allgemein sowie auf bestimmte Bevölkerungsgruppen und Krankheiten bezogen, sodass wir davon ausgehen können, dass diese Vorgaben im Planungsausschuss auch berücksichtigt worden sind.

Bleibt die Frage, inwieweit diese Kriterien tatsächlich in der Planung eine entscheidende Rolle spielten. Das als Parlament zu beurteilen, ist ziemlich schwer. Aber das müsste anhand der von den Kassenverbänden mit den Krankenhausträgern abgeschlossenen Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen möglich sein. Allerdings sind nach unseren Informationen erst mit 30 von 50 Krankenhäusern derartige Vereinbarungen abgeschlossen worden.

Woran liegt das? - Immerhin sind seit dem Inkrafttreten des Gesetzes und seit dem Vorliegen der Rahmenvorgaben mehr als zweieinhalb Jahre vergangen. Die einen meinten, die Krankenhäuser spielten auf Zeit und warteten ab; die anderen meinten, es müssten erst konkrete Vorgaben her. Außerdem wäre die Frage zu stellen, ob diese Rahmenvorgaben tatsächlich zukunftsfähig sind. Auf den ersten Blick würde ich sagen, es scheint zumindest so.

Die in dem Antrag an die Landesregierung gerichtete Bitte läuft darauf hinaus, ein landesweites Konzept für eine zukunftsfähige Krankenhauslandschaft zu erstellen. Das ist aber nicht in zwei bis drei Wochen zu leisten. Eine Analyse der Wirtschaftlichkeitsreserven der Krankenhäuser ist auch nicht aus dem Ärmel zu schütteln.

Wann soll also der neue Krankenhausplan kommen? - Ich denke, die hier gestellten Forderungen noch vor der Verabschiedung des Krankenhausplanes zu erfüllen, bedeutet, die bisher ausgehandelten Planfeststellungen würden auf Eis gelegt.