Herzlichen Dank. - Letzter Debattenredner ist Herr Zimmer. - Er verzichtet. Wir sind damit am Ende der Debatte.
Dass eine Ausschussüberweisung gewünscht wird, habe ich der Debatte nicht entnehmen können. Wir stimmen daher direkt ab.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/796 abstimmen. Wer stimmt zu? - Zustimmung bei allen. Ich erspare es mir, nach Gegenstimmen zu fragen. Der Änderungsantrag ist angenommen worden.
Ich lasse nun über den Antrag in Drs. 5/713 insgesamt in der geänderten Fassung abstimmen. Wer stimmt zu?
- Das gleiche Stimmverhalten: Zustimmung bei allen Fraktionen. Damit ist dem Antrag in geänderter Fassung zugestimmt worden und wir können den Tagesordnungspunkt 19 verlassen.
Wir sehen uns pünktlich um 14.15 Uhr wieder. Da die Volksinitiative eingeladen ist, bitte ich, dass Sie pünktlich und vollzählig erscheinen.
Volksinitiative „Sachsen-Anhalt 2011 - Bürger gegen die flächendeckende Einführung von Einheitsgemeinden und Zwangseingemeindungen in Ober- und Mittelzentren“
Meine Damen und Herren! Zu diesem Tagesordnungspunkt begrüße ich zu meiner Linken ganz herzlich die Vertrauenspersonen der Volksinitiative. Herzlich willkommen!
Ich begrüße auch die zahlreichen Gäste auf den Tribünen Nord und Süd. Seien Sie uns ebenfalls herzlich willkommen!
Die Fraktionen haben sich im Ältestenrat auf folgendes Verfahren zur Behandlung der Volksinitiative verständigt: Zunächst wird als Berichterstatterin des Ausschusses für Petitionen dessen Vorsitzende Frau Weiß das Wort nehmen. Danach beginnt die Debatte. Bevor aber die Fraktionen das Wort ergreifen, erhält eine Vertrauensperson die Gelegenheit, in einem zehnminütigen Vortrag den Standpunkt der Volksinitiative darzulegen. Dann folgt eine Fünfminutendebatte. - So weit meine Vorbemerkungen.
Ich bitte nun die Abgeordnete Frau Weiß um ihre Berichterstattung. Anschließend wird Innenminister Herr Hövelmann das Wort nehmen. Frau Weiß, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Herren Vertrauenspersonen der Volksinitiative! Liebe Gäste auf der Tribüne! Mit Schreiben vom 24. Februar 2007, welches der Vizepräsidentin des Landtages von Sachsen-Anhalt am gleichen Tag persönlich übergeben wurde, haben fünf Vertrauenspersonen der Volksinitiative „Sachsen-Anhalt 2011 - Bürger gegen die flä
chendeckende Einführung von Einheitsgemeinden und Zwangseingemeindungen in Ober- und Mittelzentren“ die Behandlung dieser Volksinitiative im Landtag von Sachsen-Anhalt beantragt.
Gegenstand der Volksinitiative sind zusammengefasst der Verzicht auf die flächendeckende zwangsweise Einführung von Einheitsgemeinden gegen den Willen der Bürger sowie der Verzicht auf Zwangseingemeindungen im Umland von Ober- und Mittelzentren. Die Volksinitiative hat damit eine bestimmte Frage der politischen Willensbildung zum Gegenstand, die das Land SachsenAnhalt betrifft und vom Landtag im Rahmen seiner verfassungsmäßigen Zuständigkeit behandelt werden kann.
Gemäß § 7 Abs. 1 des Volksabstimmungsgesetzes hat der Präsident des Landtages von Sachsen-Anhalt den Antrag auf Behandlung dieser Volksinitiative im Landtag geprüft und entschieden, dass der durch 37 087 gültige Eintragungen gestützte Antrag die hierfür erforderlichen Voraussetzungen der §§ 4 bis 6 des Volksabstimmungsgesetzes erfüllt. Hierüber wurden die Abgeordneten in der Unterrichtung des Landtagspräsidenten zur Volksinitiative vom 5. März 2007 in der Drs. 5/558 informiert. Die Veröffentlichung im Ministerialblatt erfolgte am 2. April 2007.
Gleichzeitig hat der Präsident des Landtages von Sachsen-Anhalt die Volksinitiative gemäß § 9 Abs. 2 des Volksabstimmungsgesetzes am 5. März 2007 an den Ausschuss für Petitionen überwiesen. Dieser hört die Vertrauenspersonen der Volksinitiative an und kann Empfehlungen der für den Gegenstand der Volksinitiative sachlich zuständigen Ausschüsse des Landtages sowie Gutachten von Sachverständigen einholen. Er schließt seine Beratung mit einer Beschlussempfehlung ab.
Die öffentliche Anhörung der Vertrauenspersonen der Volksinitiative durch den Ausschuss für Petitionen fand im Rahmen der 19. Sitzung des Ausschusses für Petitionen am 12. April 2007 im Gebäude des Landtages von Sachsen-Anhalt statt.
Die Vertrauenspersonen der Volksinitiative richteten an den Ausschuss für Petitionen die Forderung bzw. die Bitte, vor Abgabe einer Beschlussempfehlung an den Landtag die Möglichkeit der Einholung eines weiteren Gutachtens zu nutzen. Hintergrund war die Befürchtung der Volksinitiative, dass das vom Innenministerium in Auftrag gegebene Gutachten lediglich eine vorgefertigte Meinung wiedergeben würde, die keine reelle Einschätzung des tatsächlichen Sachstandes sei.
Die Volksinitiative forderte vielmehr den noch fehlenden Nachweis des Einspareffektes einer Einheitsgemeinde bzw. einer größeren Verwaltungsform und betrachtete die Reduzierung der Zahl der Gemeinden von etwa 1 000 auf 100 als Abschaffung der demokratischen Entscheidungsprozesse bzw. Entscheidungsträger.
Von den Vertrauenspersonen der Volksinitiative wurde ferner vorgetragen, dass es aus ihrer Sicht bei der Betrachtung des Leitbildes bzw. des Eckpunktepapiers um die Regelung der Stadt-Umland-Verhältnisse gehe. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 des KommunalneugliederungsGrundsätzegesetzes würden für Eingemeindungen in die Oberzentren Kriterien angesetzt, die nicht nachvollziehbar seien.
So sei zu klären, nach welchem Index der Landtag den Grad der Verflechtungsintensität im Stadtumlandbereich
bewerten will, anhand welcher Kriterien die Dienlichkeit eines Zweckverbandes nachgewiesen werden soll oder was der Landtag bei unzureichender Mitarbeit der Stadt Halle oder der Stadt Magdeburg in diesem Zweckverband unternehmen will.
Abschließend baten die Vertrauenspersonen der Volksinitiative die Abgeordneten darum, innerhalb der Fraktionen noch einmal über die gesamte Thematik zu sprechen und es nicht bei einem Kabinettsbeschluss oder einem Kabinettsentscheid zu belassen, sondern dazu eine Entscheidung des Landtages zu fassen.
Im Verlauf der Beratung, die sich der öffentlichen Anhörung anschloss, stellte der Ausschuss für Petitionen fest, dass aufgrund der Regelung in § 9 Abs. 2 Satz 3 des Volksabstimmungsgesetzes - „Der Petitionsausschuss schließt seine Beratung mit einer Beschlussempfehlung.“ - nicht eindeutig sei, ob er verpflichtet sei, eine Beschlussempfehlung zur Sache zu fassen, ob ihn diese Regelung mithin zwinge, eine inhaltliche Position zu definieren, oder ob es ausreichend sei, eine Beschlussempfehlung zu geben, in der man sich inhaltlich nicht positioniere.
Vor diesem Hintergrund hat der Ausschuss für Petitionen in der 19. Sitzung beschlossen, den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst zu dieser Rechtsfrage kurzfristig um eine Stellungnahme dahin gehend zu bitten, wie eine Beschlussempfehlung nach § 9 Abs. 2 Satz 3 des Volksabstimmungsgesetzes gefasst werden müsste.
Darüber hinaus sprach sich der Ausschuss für Petitionen insbesondere wegen des zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vorliegenden von der Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachtens und wegen fehlender Anhaltspunkte für ein bereits feststehendes Ergebnis dieses Gutachtens gegen ein weiteres zu erstellendes Gutachten aus.
In seiner Stellungnahme führt der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst aus, der Ausschuss für Petitionen müsse dem Landtag eine Empfehlung unterbreiten, die es diesem ermögliche, die Volksinitiative innerhalb der dafür vorgesehenen Frist von vier Monaten abzuschließen. Dieser Beschluss zur Erledigung der Volksinitiative könne auch verfahrensleitend sein.
In der 20. Sitzung am 19. April 2007 hat der Ausschuss für Petitionen beschlossen, vor Abschluss seiner Beratung und Abgabe einer Beschlussempfehlung an den Landtag zunächst gemäß § 9 Abs. 2 des Volksabstimmungsgesetzes Empfehlungen der für den Gegenstand der Volksinitiative sachlich zuständigen Ausschüsse des Landtages, der Ausschüsse für Inneres und für Landesentwicklung und Verkehr, einzuholen. Diese beiden Ausschüsse wurden gebeten, sich mit der Problematik bis spätestens 22. Mai 2007 zu befassen, da der Ausschuss für Petitionen in der 22. Sitzung am 31. Mai 2007 die Vorbereitung der Erarbeitung einer Beschlussempfehlung zur Einbringung der Volksinitiative in den Landtag abschließen wollte.
Der Ausschuss für Inneres hat sich in der 19. Sitzung am 10. Mai 2007 mit der als Nr. 1 bezeichneten Forderung der Volksinitiative beschäftigt und festgestellt, dass hinsichtlich der Gemeindestrukturen Reformbedarf bestehe. Daher solle bis zum Abschluss der freiwilligen Phase, sofern keine raumordnerischen Gründe dagegen sprächen, neben der Einheitsgemeinde nach § 10 Abs. 1
Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr befasste sich in der 14. Sitzung am 16. Mai 2007 mit der als Nr. 2 bezeichneten Forderung der Volksinitiative und stellte fest, dass hinsichtlich der kommunalen Strukturen im Stadtumlandbereich der kreisfreien Städte und der Mittelzentren Reformbedarf bestehe. Bis zum 30. Juni 2007 sollten jene Umlandgemeinden benannt werden, die auf der Grundlage des KommunalneugliederungsGrundsätzegesetzes für eine Eingemeindung nach Halle oder Magdeburg in Betracht zu ziehen seien. Über diese Eingemeindungen solle bis zum Ende der freiwilligen Phase zeitnah entschieden werden.
Ferner würden zur Stärkung der Funktionsfähigkeit der derzeitigen Mittelzentren und des Oberzentrums Dessau-Roßlau deren Verflechtungsbeziehungen mit den Umlandgemeinden untersucht und auf der Grundlage einer durch das Innenministerium durchgeführten Analyse raumordnerisch beurteilt.
Unter Zugrundelegung dieser beiden Stellungnahmen diskutierte der Ausschuss für Petitionen in der 23. Sitzung am 21. Juni 2007 über die zu erarbeitende Beschlussempfehlung an den Landtag und erörterte einzelne Details, insbesondere zur Dauer der freiwilligen Phase der Gemeindegebietsreform, zum Begriff „Verbandsgemeinde“ und zu den durch die Landesregierung festzulegenden Kriterien.
Zur Frage der freiwilligen Phase wurde auf das Eckpunktepapier des Innenministeriums in der Fassung vom 5. April 2007 Bezug genommen, welches auf dem Koalitionsvertrag vom 26. April 2006 und einer zwischen der CDU und der SPD im Koalitionsausschuss am 30. März 2007 erzielten Einigung basiert. Darin sind Aussagen zu den Zeiträumen enthalten. Die freiwillige Phase soll mit den Kommunalwahlen enden, die am Tag der Europawahl im Jahr 2009 stattfinden.
Die vorstehend genannten Dokumente enthalten ferner eine Definition des Begriffs „Verbandsgemeinde“. Diese soll im Regelfall mindestens 10 000 Einwohner haben und aus maximal acht Mitgliedsgemeinden bestehen, die wiederum jeweils mindestens 1 000 Einwohner haben. Sie soll die Aufgaben wahrnehmen, die bereits im beschlossenen Verbandsgemeinde-Einführungsgesetz enthalten waren.
Hinsichtlich der inneren Ausgestaltung und des räumlichen Anwendungsbereichs der verschiedenen Gemeindemodelle ist im Koalitionsausschuss am 30. März 2007 eine Einigung erzielt worden. Dementsprechend sollen im Umfeld von Oberzentren ausschließlich Einheitsgemeinden gebildet werden. Zur Einheitsgemeinde übergeleitet werden sollen auch Verwaltungsgemeinschaften des Typs Trägergemeinde und Verwaltungsgemeinschaften, in denen ein zentraler Ort die zentralörtliche Funktion tatsächlich wahrnimmt.
Aufgrund eines Hilfskriteriums ist die zentralörtliche Funktion tatsächlich vorhanden, wenn der zentrale Ort mindestens 40 % der Einwohner der Verwaltungsgemeinschaft hat. In allen anderen Bereichen soll die Wahlfreiheit zwischen den Modellen Einheitsgemeinde und Verbandsgemeinde bestehen.
Im Ergebnis erarbeitete der Ausschuss für Petitionen die in der Drs. 5/726 vorliegende Beschlussempfehlung. Im Wesentlichen folgte er damit den von den Ausschüssen
für Inneres und für Landesentwicklung und Verkehr abgegebenen Empfehlungen zur Erarbeitung einer Beschlussempfehlung. Ergänzt wurde die Beschlussempfehlung zu Nr. 1 um die von der Landesregierung unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Gutachtens zur Wirtschaftlichkeit von Einheitsgemeinden, Verbandsgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften zu erarbeitenden Kriterien.
In Bezug auf die Beschlussempfehlung zu Nr. 2 stellte der Ausschuss für Petitionen fest, dass hinsichtlich der kommunalen Strukturen lediglich im Stadtumlandbereich der kreisfreien Städte, nicht jedoch im Umland der Mittelzentren Reformbedarf besteht.
Der Ausschuss für Petitionen sprach sich insbesondere wegen der zeitlichen Eingrenzung gegen eine erneute Befassung des Ausschusses für Inneres mit dieser Thematik aus.