Wenn das der Beitrag des Landes Sachsen-Anhalt zur Verringerung des CO2-Ausstoßes ist, dann wird damit aus unserer Sicht die falsche Richtung eingeschlagen, erst recht - das ist augenfällig -, wenn Leistungsabbestellungen im Schienenpersonennahverkehr einem möglichen Börsengang der Deutschen Bahn AG Vorschub leisten.
Das Land Sachsen-Anhalt ist selbstverständlich nicht alleiniger Akteur im Spiel der Kräfte. Die Deutsche Bahn AG und insbesondere die DB Regio haben ein hohes Interesse daran, sich aus dem Neben- und Stichbahnnetz zurückzuziehen, ist doch die Aufrechterhaltung einer angemessenen Mobilität in der Fläche wesentlich aufwendiger als der Schienenverkehr in Korridoren des Hauptstreckennetzes. Der Aufwand ist erst recht höher, wenn die entsprechenden Strecken im Nebenbahnnetz nicht einmal Reisegeschwindigkeiten von 60 km/h zulassen, sondern regelrecht zum Blümchenpflücken während der Fahrt einladen.
Wichtige Bedürfnisse der Menschen vor Ort werden, auch vor den Augen des zuständigen Ministeriums, durch eine Unterlassung von sinnvollen Investitionen regelrecht missachtet.
Der Landtag von Sachsen-Anhalt erfährt von diesen Abbestellungen im Schienenpersonennahverkehr mal eben so per Pressemitteilung, anstatt gemeinsam eine Lösung zu suchen.
Das Handeln der Landesregierung entspricht darüber hinaus nicht dem verbindlich geltenden ÖPNV-Plan des Landes. Sämtliche von der Abbestellung betroffenen Strecken, meine Damen und Herren, unterliegen nach diesem erst im Jahr 2008 einer Revision. Es gibt darin sogar Aussagen, dass die ermittelten Fahrgastzahlen aufgrund einer unsicheren Datenbasis wesentlich höher liegen als angegeben.
Dies betrifft zum Beispiel den Regionalexpress 1 Magdeburg - Berlin. Dabei gibt es insbesondere bei diesem das Phänomen, dass die Züge in allen Relationen ausgelastet sind. Deswegen stelle ich die Frage, womit bei ausgelasteten Zügen eine Taktreduzierung begründet wird, auch am Wochenende. An dieser Stelle verschließt sich die Logik des Ministeriums den Menschen vor Ort. Ganz nebenbei geht es hierbei allerdings auch um die letzte vom motorisierten Verkehr unabhängige Verbindung zwischen der Landes- und der Bundeshauptstadt.
An dieser Stelle sei schon die Frage gestattet, wie es das zuständige Ministerium mit dem Budget- und Beschlussrecht des Landtages hält und ob derart weitreichende Entscheidungen nicht auf der Grundlage des ÖPNV-Gesetzes des Landes Sachsen-Anhalt unter Beteiligung aller Verbände und auch des Landtages entschieden werden müssen. Eine Anhörung derselben hat nach meinem Wissen bis dato nicht stattgefunden. Deswegen gibt es dringenden Handlungsbedarf.
Ich verweise darüber hinaus auch auf Antworten der Landesregierung auf die Anfragen vom Juli 2006 in der
Drs. 5/164. So sollten laut Antwort der Landesregierung die Auswirkungen der Reduzierung der Regionalisierungsmittel gemeinsam, also von Bundes- und Landesregierung mit den Aufgabenträgern, den ÖPNV-Unternehmen und allen anderen Betroffenen zeitnah geprüft werden.
Das Wichtigste bei dieser Prüfung, deren Ergebnis dem Landtag leider nicht vorliegt, war wohl, das wirtschaftliche Interesse der Deutschen Bahn AG und ihrer beteiligten Unternehmen über das Wohl der Menschen im Land zu stellen; denn mit den Betroffenen vor Ort hat bis heute niemand gesprochen.
Es stellt sich auch die Frage, welche Information das Land zum Zustand des Nebenbahnnetzes hat. Kommen in den nächsten Jahren sukzessive weitere Abbestellungen? Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, dass einige Fragen damals, im Juli 2006, wohl wider besseres Wissen oder nicht vollständig beantwortet wurden.
Verkennen wir nicht, dass der öffentliche Personennahverkehr für die Menschen eine gesicherte und unabhängige Mobilität gewährleistet. Um diesen Anspruch der Daseinsvorsorge gegenüber anderen Verkehrsträgern durchzusetzen, bedarf es wirksamer Steuerungsinstrumente einschließlich der Internalisierung externer Kosten.
Die Abbestellungen im Bereich des SPNV des Landes Sachsen-Anhalt sind weder für die Deutsche Bahn AG noch für das Land Sachsen-Anhalt ökonomisch sinnvoll. So werden zum Beispiel, meine Damen und Herren, 99 % aller Wege im Bereich bis 200 km zurückgelegt. Bei der Verkehrsleistung beträgt dieser Anteil sogar 70 %. Daran können Sie erkennen, dass gerade im Bereich der unteren und mittleren Entfernungen die größte Nachfrage besteht. Reaktionen der Menschen auf die Abbestellungen belegen dies.
Gerade in dem Segment der größten Nachfrage hat die Bahn jedoch ihre größten Schwächen. Anstatt sich auf den Fernverkehr in Korridoren zu konzentrieren und den Zukauf bahnfremder Bereiche zu forcieren, sollten eine Erhöhung der Reisegeschwindigkeiten und Investitionen in die Expansion in die Fläche angesagt sein. Jedes betriebswirtschaftlich agierende Unternehmen expandiert dort, wo die Nachfrage nach seinen Produkten und deren Absatz gesichert ist. Die Deutsche Bahn AG tut dies jedoch ausdrücklich nicht. Offenbar gelten für die Deutsche Bahn AG andere Regeln der Marktwirtschaft.
Einen anderen Schwerpunkt in diesem Zusammenhang bilden die Antworten auf die Frage der Verkehrsverlagerung. Es geht dabei nicht nur um eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene, sondern auch um den Flugverkehr.
Ich kommen zum Schluss. - Wir stellen hier ganz deutlich die Frage: Weshalb sollte es keine Erhebung der Mehrwertsteuer auf Flugreisen geben oder eine der Mineralölsteuer gleiche Abgabe auf Kerosin bzw. CO2-Abgaben auf ausgewählte Relationen?
Ein letztes Wort in diesem Zusammenhang zum Flughafen Cochstedt und zum Bestreben der Landesregierung, diesen in die Mitteldeutsche Flughafen AG zu integrieren. Ein anhaltendes Engagement für diesen ist nicht nachvollziehbar, weder im Kontext mit der Pressemitteilung der Landesregierung am 17. April 2007, den Klimaschutz voranzubringen, noch ist diese Integration ökonomisch innerhalb der Mitteldeutschen Flughafen AG verantwortbar.
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich hatte vorhin vergessen, den Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 5/663 mit aufzurufen. Der steht mit zur Diskussion. Jetzt hat für die Landesregierung Frau Ministerin Wernicke das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Linkspartei.PDS fordert in ihrem Antrag, bis zum 30. Juli 2007 dem Landtag einen Maßnahmenkatalog vorzulegen, aus welchem die konkreten Einzelinitiativen und Maßnahmen des Landes als dessen Beitrag zur Senkung der klimaschädlichen CO2Emissionen im Bereich des Straßenverkehrs erkennbar sind.
So berechtigt das Aufgreifen dieses Schwerpunktes ist, wenn es um den Klima- bzw. Umweltschutz geht, würde ich diesen Bereich unter dem Stichwort Feinstaub und nicht in den Bereich der CO2-Senkung oder des Klimaschutzes einordnen. Aber sei es, wie es sei. So berechtigt das Aufgreifen dieser Fragen auch ist, der Antrag greift zu kurz.
Das Kabinett hat am 17. April 2007 beschlossen, das Klimaschutzprogramm des Landes aus dem Jahr 1997 fortzuschreiben. Das Kabinett hat ferner festgelegt, wie bei der Entwicklung von Klimafolgen-Anpassungsstrategien vorgegangen wird. So gesehen folgt dieser Antrag eigentlich den Aktivitäten der Landesregierung.
Im Landtag und in den entsprechenden Ausschüssen habe ich bereits darauf verwiesen bzw. werde ich in den nächsten Tagen darauf verweisen, dass das Land in den vergangenen Jahren im Bereich des Klimaschutzes nicht untätig war und hinsichtlich der Reduzierung der CO2Emissionen insbesondere im Verkehrsbereich bereits einiges getan hat. Zum Beispiel wurden für Maßnahmen
zur Stärkung des öffentlichen Personverkehrs - damit meine ich zunächst die Investitionsprogramme - in den Jahren 2004 bis 2006 Mittel in Höhe von rund 180 Millionen € ausgegeben. Für das Jahr 2007 sind insgesamt Mittel in Höhe von 46,7 Millionen € vorgesehen.
Das Land Sachsen-Anhalt hat in den vergangenen Jahren auch Maßnahmen zur Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene und die Wasserstraße unterstützt. Mit den Richtlinien zur Gewährung von Zuwendungen zum Erwerb, Erhalt, Bau und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur wurde bereits im Jahr 2003 ein entsprechendes Förderinstrument geschaffen, das von der Europäischen Kommission erstmalig für ein Bundesland gebilligt wurde.
Die Betreiber von Regionalbahnen sind gefördert worden. Streckenabschnitte des Flächennetzes und Anschlussbahnen der verladenden Wirtschaft wurden unterstützt. Insbesondere wurden die Betreiber des regionalen Schienennetzes unterstützt, sodass dieses ausgebaut und erhalten werden konnte.
Im Rahmen dieses Programms konnten in den Jahren von 2003 bis 2006 insgesamt 19 Vorhaben zur Entwicklung der regionalen Eisenbahninfrastruktur mit rund 2 Millionen € gefördert und damit Güterverkehre dauerhaft auf der Schiene gehalten werden. Ich will an dieser Stelle auch das Beispiel der Rübelandbahn nennen, die aufgrund der Förderung der Streckensanierung immerhin jährlich 1,7 Millionen t Kalkprodukte auf der Schiene transportieren kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dabei will ich es belassen. Ich denke, in dem entsprechenden Ausschuss kann Kollege Daehre zu all diesen Fragen Stellung nehmen.
Aber, Herr Heft, durch Ihren doch sehr intensiven Exkurs in die Verkehrsinfrastruktur haben Sie deutlich gemacht, dass Ihnen der Klimaschutz in diesem Antrag eigentlich nicht wichtig ist.
Am Ende. - Dieses Engagement des Landes sei nur beispielhaft erwähnt. Das soll an dieser Stelle ausreichen. Das kann, wie gesagt, in den entsprechenden Ausschüssen vertieft werden.
Wir sind uns im Kabinett darin einig, dass der Fokus in dem neuen Klimaschutzprogramm des Landes nicht allein auf den Straßenverkehr gelegt werden kann. Die Schwerpunkte Energieverbrauch, Energieeffizienz, alternative Energien, Modernisierung der Kraftwerke - das sind Teile des Gesamtpaketes, die in ein Klimaschutzprogramm münden sollen.
Der Erstellung des Klimaschutzprogramms wird eine Klimaschutzstudie vorangestellt, in der die erforderlichen Daten und Informationen ermittelt werden, welche Prognosen und Trendszenarien durchrechnen und auch mögliche Klimaschutzmaßnahmen in den Sektoren Industrie, Verkehr, Haushalte, Kleingewerbe sowie Land- und Forstwirtschaft, im Besonderen in der Tierhaltung, in
Sachsen-Anhalt ermitteln soll. Ich denke, es ist hierfür erforderlich, externen, besonders qualifizierten Sachverstand hinzuziehen, um zu qualifizierten Aussagen gelangen zu können. Innerhalb der Konzeptbearbeitung werden mögliche Maßnahmen auf ihre Durchführbarkeit und auf ihre Effizienz untersucht, ehe dann eine Auswahl von diesen in das politische Klimaschutzprogramm des Landes aufgenommen werden kann.
Zeitnah zum Kabinettsbeschluss werden wir als federführendes Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt eine interministerielle Arbeitsgruppe einberufen, in der all die zuständigen Fachbereiche und Ressorts selbstverständlich mitwirken werden. Deren Aufgabe wird in der Begleitung der Erstellung der Klimaschutzstudie und in der Abstimmung der in das Landesprogramm aufzunehmenden Maßnahmen liegen.
In der von mir erwähnten Klimaschutzstudie werden unter anderem auch die in dem Antrag der PDS aufgeführten Forderungen einer Überprüfung unterzogen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! All dies kann aber erst am Ende dieses Jahres erfolgen bzw. erst dann kann eine konkrete Entscheidungsgrundlage vorliegen.
Der Antrag der Regierungsparteien trägt auch dieser notwendigen Zeitschiene Rechnung. Außerdem stellt dieser Antrag zutreffend auf das gesamte Spektrum der Reduktionspotenziale ab. Das Ziel der Bundesregierung - heute in den Medien nachzuvollziehen -, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 um 40 % zu senken, ist äußerst ehrgeizig. Die Reaktionen darauf zeigen ja auch, dass ein intensiver gesellschaftlicher Konsultationsprozess erforderlich ist.
Ich denke, ein wissenschaftliches Gutachten - um ein solches handelt es sich bei der Klimaschutzstudie - kann die Grundlage für ein akzeptiertes und letztlich auch realisierbares Klimaschutzprogramm sein. Die Diskussion in den Ausschüssen kann und soll den politischen Meinungsbildungsprozess, aber vor allem auch den gesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess begleiten. Die persönliche Verantwortung eines jeden Einzelnen, das Verbraucherverhalten, das Umweltbewusstsein jedes Einzelnen ist genauso gefordert wie die Politik, die Industrie, die Wirtschaft und die Landwirtschaft.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, dem Alternativantrag der Regierungsparteien zuzustimmen, um diese Diskussionen in all diesen betroffenen Fachbereichen tatsächlich umfassend führen zu können. - Vielen Dank.