Protocol of the Session on April 26, 2007

Nichtsdestotrotz möchte ich nachdrücklich darum bitten, dass wir zunächst im Ausschuss über die Erfahrungen aus dem Projekt diskutieren, auch über die Thematik der Ausweitung auf die Kindergärten. Das haben wir ja im Rahmen des Programms „Bildung elementar - Bildung von Anfang an“ zu einem wesentlichen Bestandteil gemacht, und auch die Musikschulen sollten die Gelegenheit haben, bei derartigen Projekten Unterstützung zu erhalten.

Ich möchte aber zugleich davor warnen zu denken, dass zwischen Musikschulen und Bildungseinrichtungen nur staatlich geförderte Beziehungen bestehen. Diesbezüglich ist das regionale Engagement häufig schon um ein Vielfaches größer, als wir es uns hier vorstellen.

Andererseits, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann man derartige Projekte nur durch qualifizierte Musikpädagogen durchführen lassen. Das ist immer wieder ein Thema. Es gibt ja in vielen Regionen den gut gemeinten Vorschlag: Gebt jedem Schüler eine Blockflöte und er wird es lernen und auf jeden Fall damit Kontakt bekommen! - Wenn man keine qualifizierten Lehrer hat, dann geht das Ganze den Bach runter und kann noch schädlicher sein, als wenn man gar nichts macht.

Deswegen muss über die Thematik der Ausweitung sehr wohl auch unter Kapazitätsgesichtspunkten diskutiert werden. Wenn alle Musikschullehrer nur noch in den Schulen sind, dann stehen sie für die andere Ausbildung nicht mehr zur Verfügung. Man muss also - deswegen bin ich dankbar, dass eine Berichterstattung im Ausschuss erfolgt - die Gesamtthematik betrachten. Ich sehe aber durchaus ein großes Interesse daran, dieses Projekt weiterzuführen.

Man könnte das natürlich auch im Gesamtkomplex mit dem Projekt „Sport in Schule und Verein“ diskutieren. Warum machen wir alles so getrennt? Warum legen wir nicht Wert auf unsere Erfahrungen hier in SachsenAnhalt mit einer Ganztagsbetreuung von Schülern? - Wir haben ja immer wieder das Thema der Ganztagsschule und der Ganztagsbetreuung. Gerade an diesem hervorragenden Zusammenarbeiten von Vereinen und Musikschulen mit den Schulen sehen wir, dass die Ganztagsschule in einer klassischen Beschulung diese Möglichkeiten nehmen würde. Dann geht es nicht mehr, dass man außerhalb etwas Derartiges gestaltet. Deswegen sollte das Berücksichtigung finden.

Nachdem ich vorhin erfahren habe, dass auch außerhalb des Bildungskonvents derartige Debatten möglich sind, glaube ich, dass wir über das Thema im Ausschuss sowohl aus der Sicht der Bildung als auch aus der Sicht der Kultur ernsthaft diskutieren können.

(Herr Gürth, CDU, meldet sich zu einer Zwischen- frage)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir haben hier unisono unsere Unterstützung signalisiert, sollten aber, wie gesagt, das Thema ernst nehmen. Deswegen werde ich meine Rede jetzt vorzeitig abbrechen, da Herr Gürth noch eine Frage hat und ich Ihre

wertvolle Zeit nicht über Gebühr in Anspruch nehmen möchte.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kley, wollen Sie die Frage von Herrn Gürth beantworten? - Bitte schön, Herr Gürth. Sie haben das Wort.

Herr Kollege Kley, in Ihrer Fraktion spielen Sie als bildungspolitischer Sprecher sicherlich eine wichtige Rolle. Bei dem Thema „musische Ausbildung“ interessiert mich, welches Instrument Sie spielen.

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Oh!)

Sehr verehrter Herr Gürth, ich spiele Saxophon.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der SPD)

Wunderbar. Jetzt wissen wir, dass er Saxophon spielen kann. Herzlichen Dank. - Für den Debattenbeitrag der Fraktion der CDU erteile ich der Abgeordneten Frau Gorr das Wort. Bitte schön, Frau Gorr.

Ich spiele Flöte und habe erst im Erwachsenenalter an der Kreismusikschule Wernigerode den Unterricht aufgenommen. Musik ist also für jedes Lebensalter interessant.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Gürth, CDU: Wunderbar!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich denke, Bedeutung und Inhalt des Projekts „Musisch-ästhetische Bildung in Schulen“ ist von meinen Vorrednern hinreichend erläutert worden. Ich werde Ihnen also eine Wiederholung ersparen.

Ich möchte einige zusätzliche Fragen aufwerfen - Herr Kley hat das eine oder andere schon angedeutet -, die sich mir bei der Vorbereitung auf meinen heutigen Redebeitrag gestellt haben und die es meiner Meinung nach wert sind, zur Diskussion in den Ausschuss mitgenommen zu werden.

Zunächst: Die beteiligten Musikschulen befinden sich im Land Sachsen-Anhalt weitestgehend in kommunaler Trägerschaft. Das heißt, das Projekt „Musisch-ästhetische Bildung in Schulen“ wird durch die kommunalen Träger in der einen oder anderen Weise finanziell mitverantwortet oder unterstützt, zum Beispiel durch die Bereitstellung von Unterrichtsräumen. Nun kommt den Musikschulen zwar laut Koalitionsvertrag - das ist auch hier im Plenum Konsens - eine große Bedeutung in der kulturellen Bildungslandschaft unseres Landes zu. Gleichzeitig fallen sie aber im Kommunalhaushalt unter die Kategorie „Freiwillige Aufgaben“.

Selbstverständlich ist es lobenswert, im Land eine finanzielle Aufstockung der in den Haushaltsplan eingestellten Mittel für den Bereich der musikalischen Bildung an Schulen herbeiführen zu wollen. Selbstverständlich würde ich das auch begrüßen. Jedoch möchte ich ganz klar

darauf hinweisen, dass dann auch Sorge dafür zu tragen ist, dass die Kommunen diese Aufgabenerweiterung schultern können.

Im Rahmen der Gebietsreform wird es sicherlich nicht bei den bisherigen 26 Musikschulen bleiben, von denen bereits 25 an diesem Projekt beteiligt sind. Sind nicht, wie auch bei den Volkshochschulen im Lande, die Auswirkungen der Gebietsreform mit zu berücksichtigen? Des Weiteren muss sichergestellt sein - das hatte Herr Kley schon angemerkt -, dass ausreichend qualifizierte Fachkräfte für die Ausweitung des Projekts zur Verfügung stehen.

Als letzten Punkt zu dem zukünftigen Umgang mit diesem Projekt möchte ich zu bedenken geben, dass für Musikschulen wie auch für die Schulen nicht das Haushaltsjahr, sondern das das Kalenderjahr übergreifende Schuljahr die Planungsgrundlage bildet.

Übrigens bin ich während meiner Recherche zu dem Thema auch darauf gestoßen, dass es Wege gibt, wie der großen Nachfrage, die ja den Anlass für den Antrag bildet, kreativ entsprochen werden kann. So gibt es Kooperationsverträge einer Kreismusikschule mit allgemeinbildenden Schulen im Kreisgebiet, wo analog zu dem Projekt gegen einen geringen Obolus das gleiche Ziel verfolgt wird und die Schulerinnen und Schüler auf diese Weise niedrigschwellig an den zukünftigen Musikschulunterricht herangeführt werden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich würde mich freuen, wenn einige der von mir genannten Punkte in unserer Diskussion im Ausschuss aufgegriffen werden könnten. - Ich hoffe, dass meine Eingangsbemerkung über mein Musikinstrument nicht unbedingt im Protokoll erscheint. Ansonsten würde ich mir wünschen, dass jeder von uns ein Instrument spielt, weil ich denke, dass die musische Bildung auch im Erwachsenenalter eine wichtige Rolle spielt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD, bei der Linkspartei.PDS und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Frau Gorr. - Hier spielen doch viele manchmal die erste Geige. Das heißt also, dass wir auch im Geigenunterricht aktiv sind.

Jetzt hat für die Linkspartei.PDS noch einmal Herr Gebhardt das Wort. - Sie wollen nicht. Damit ist die Debatte abgeschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Es ist eine Überweisung in den Bildungsausschuss beantragt worden. Darüber lasse ich jetzt abstimmen. Wer der Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei allen Fraktionen. Ich erspare mir die Frage nach Gegenstimmen und nach Stimmenthaltungen. Damit ist der Antrag in den Bildungsausschuss überwiesen worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Erste Beratung

Restitutionsforderungen bei Kunstwerken

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drs. 5/637

Herr Gebhardt, Sie haben das Wort. Anschließend nimmt für die Landesregierung Herr Professor Olbertz das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über 60 Jahre nach dem Ende der Nazi-Diktatur beschäftigt die deutschen Kunstmuseen ein Thema, welches zum Erbe der schlimmsten Epoche in der deutschen Geschichte gehört. Die Enteignung jüdischer Familien durch die Nazis gehört zu den Verbrechen des Nationalsozialismus. Deutschland steht hierfür in der Verantwortung, vor allem politisch und moralisch.

Ich will deshalb gleich zu Beginn meiner Ausführungen sagen: Dieser moralischen Verpflichtung müssen wir uns stellen, eine Aushöhlung unserer Verantwortung darf es nicht geben. Dessen müssen wir uns bewusst sein.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Praktisch besteht unsere Verantwortung darin, bei Kunstwerken, deren Herkunft umstritten ist, bei denen der Verdacht besteht, es könnte sich um ein unrechtmäßig erworbenes Kunstwerk handeln, Herkunftsforschung, also Provenienzforschung zu betreiben. Wenn sich dabei herausstellt, dass es sich bei einem Kunstwerk tatsächlich um NS-Raubkunst handelt, muss dieses an den ursprünglichen Besitzer bzw. seine Erben zurückgegeben werden oder aber man vereinbart eine von beiden Seiten akzeptierte Ausgleichszahlung. Es muss immer eine Lösung gefunden werden, mit der die Interessen der rechtmäßigen Eigentümer gewahrt sind.

Eine wichtige Grundlage für die Restitutionspraxis und für den Umgang mit NS-Raubkunst ist die Washingtoner Erklärung aus dem Jahr 1998. In dieser Erklärung hat sich auch die Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichtet, eine umfangreiche Provenienzforschung zu betreiben und sich den bisher ungeklärten Fragen des nationalsozialistischen Kunstraubs zu widmen.

Die Intention dieser Washingtoner Erklärung teilt die Fraktion der Linkspartei.PDS ausdrücklich; denn die Erklärung besagt auch, dass jeder Fall ein eigener Fall ist und auch einzeln rechtlich geprüft werden muss. Es kann bei dieser Frage keinerlei Pauschalurteile geben und schon gar nicht solche Forderungen, wie sie auch aus dem politischen Raum zu vernehmen waren, dass man alle strittigen Kunst- und Kulturgüter einfach zum nationalen Kulturgut erklärt und damit einen Auslieferungsstopp verhängt.

Eine Tatsache ist aus unserer Sicht aber auch, dass die Washingtoner Erklärung bisher nur unzureichend umgesetzt wurde. Zu dieser Erkenntnis kam kürzlich auch der Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages während einer Anhörung zu diesem Thema am 29. März 2007. Von Vertretern aller Fraktionen wurde im Anschluss an die Anhörung festgestellt, dass die Provenienzforschung bisher nur unzureichend betrieben wurde.

Sehr häufig sind die betroffenen Museen auf sich allein gestellt und verfügen über keine eigenen oder kaum eigene Ressourcen, um diese wichtige Aufgabe allein zu stemmen und die Herkunft ihrer Bestände zu klären. Hierbei sehen wir den Bund, die Kommunen und die Länder gleichermaßen in der Pflicht; denn die Umsetzung dieser Washingtoner Erklärung ist eine gesamt

staatliche Aufgabe, die nicht den Museen allein überlassen werden kann. Vor allem kleinere Museen und solche mit kleinen Budgets bzw. Etats benötigen dringend personelle und auch finanzielle Unterstützung.

In der Anhörung im Bundestagsausschuss wurde weiterhin deutlich, dass man bestrebt ist, künftige Restitutionsverfahren transparenter und koordinierter zu gestalten. Kritisiert wurde von Vertretern aller Bundestagsfraktionen, dass es bisher keine koordinierte Vorgehensweise gegeben hat.

Die Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, die hier in Magdeburg angesiedelt ist, wurde hierfür nicht als Ersatz angesehen. Auch die „Beratende Kommission für die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter“, die so genannte Limbach-Kommission, ist keine solche zentrale Stelle. Diese Kommission kann nur von den Kontrahenten gemeinsam angerufen werden. Bisher hat sie in lediglich zwei Fällen entschieden bzw. eine Empfehlung ausgesprochen.

Dass sich der Bundestag in Form einer Anhörung dem Thema gewidmet hat, kann von uns allen nur, so denke ich, begrüßt werden. Auch die Konsequenzen, die sich aus der Anhörung ergeben haben, lassen die Hoffnung zu, dass man es in der Bundesrepublik ernst meint mit der zu betreibenden Herkunftsforschung, zu der sich Deutschland in der Washingtoner Erklärung verpflichtet hat.

Die Fraktion der Linkspartei hat dies im Punkt 1 ihres Antrags aufgegriffen. Wir wollen, dass vom Landtag von Sachsen-Anhalt das Signal ausgeht, dass wir zur Washingtoner Erklärung aus dem Jahr 1998 stehen und dass der Landtag die Landesregierung beim Betreiben einer Provenienzforschung unterstützt.

Dass eine solche Herkunftsforschung und dass Einzelfallentscheidungen notwendig sind, sehen wir am Beispiel der Moritzburg Halle. In diesem Fall gibt es Restitutionsforderungen, die auch bundesweit über die Medien Schlagzeilen machten. Bereits vor einigen Jahren wurde eine Zeichnung von Hans Thoma an die Erben eines jüdischen Sammlers zurückgegeben.

Jetzt gibt es neue Restitutionsforderungen. Diese beziehen sich auf die Bilder aus einer Sammlung der Frankfurter Galeristin Rosy Fischer. Die Erben Rosy Fischers erheben Anspruch auf zwei Bilder der ehemaligen Sammlung, konkret auf das Bild „Weiße Katze“ von Franz Marc und auf „Sebastian in Blau“ von Albert Weißgerber.