Ich habe eben schon gesagt, dass wir den vorliegenden Antrag nicht benötigt hätten, wenn wir den Gesetzentwurf damals beschlossen hätten.
Wir versuchen heute, uns mit dem Antrag auf ein spezielles Problem zu konzentrieren, das durchaus präsent ist. Das wissen Sie alle, sofern Sie die Zeitung lesen oder selbst auf kommunaler Ebene verantwortlich sind. Es geht um die Mehrfachstandorte und um die Frage, wie mit Schulen an diesen Mehrfachstandorten umgegangen wird, sofern sie die Mindestvorgaben zum Teil nicht erfüllen.
Ich will kurz erklären, worum es in dem Modell geht, das durch unseren Antrag geprüft werden soll. Wir haben zum Teil die Situation, dass an Mehrfachstandorten einige Schulen die Mindestgrößen übererfüllen und andere Schulen diese Mindestgrößen nicht erfüllen. Wir wollen, dass es in diesen Fällen einen Ausgleich gibt, das heißt, dass die stärker besuchte Schule die schwächer besuchte Schule ausgleichen kann, wenn im Ergebnis die gleiche Summe an Schülerinnen und Schülern für den Mehrfachstandort erzielt wird. Das ist das, worum es uns geht.
Ich will in diesem Zusammenhang zum Beispiel daran erinnern, dass im Stadtrat der Landeshauptstadt schon mehrfach darüber diskutiert worden ist und sich auch der Oberbürgermeister Herr Trümper dieses Modell durchaus zu eigen gemacht, sich ihm gegenüber zumindest aufgeschlossen gezeigt hat.
Man kann drei Punkte nennen, um die es geht: Es geht um die Flexibilisierung der Vorgaben, was die Mindestzahlen für die Mehrfachstandorte angeht. Es geht gleichzeitig um die Stabilisierung des Netzes insgesamt und es geht nicht zuletzt um eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung im Hinblick auf die Schulträgerschaft. Wenn wir an die Debatten am Montag und am Dienstag nach der Kommunalwahl denken, dann ist die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung ein ständiges Anliegen dieses Hauses.
Ich will durchaus noch einmal darauf abheben, dass wir die Landesregierung in dem Antrag bitten zu prüfen, aber nicht beantragt haben, dieses Modell für das Land vorzusehen, weil ich genauso wie meine Fraktion durchaus daran interessiert bin, dass sich Landesregierung und Ausschuss intensiv damit beschäftigen und sich genau anschauen, was geht und was nicht geht.
Ich will deutlich sagen, dass man einen solchen Ausgleich natürlich nicht grenzenlos gestalten kann. Es muss einen gewissen Puffer nach oben und nach unten geben. Ansonsten produzieren wir Schulen in einer Größe, die nach unten nicht mehr vertretbar ist. Dann bekommen wir Schwierigkeiten mit dem Lehrereinsatz. Ich will das ausdrücklich sagen. Genau diesen Fragen müssen wir uns intensiv widmen. Ich bin sehr dafür, dass wir uns dieses Maß an Flexibilität leisten.
Ich will einen weiteren Aspekt nennen. Es wird nicht zuletzt auch hier immer wieder die Frage der Aufhebung der Schulbezirke diskutiert. Auch in diesem Zusammenhang, finde ich, sollte man über das Maß an Flexibilisierung, was die Größenzahlen der einzelnen Standorte betrifft, durchaus in Ruhe und mit Vernunft diskutieren.
Lassen Sie mich, wenn mir das gestattet ist, einen Vergleich zu diesem Hohen Haus herstellen, um noch einmal deutlich zu machen, worum es geht: Wir hatten kurz nach Beginn der Sitzung nach der Mittagspause in einzelnen Reihen eine schwächere Besetzung an vier Standorten. Doch es gelingt dann schon einmal, die schwächere Besetzung an einem Standort durch die stärkere Besetzung an einem anderen Standort auszugleichen, sodass das Haus insgesamt handlungsfähig ist.
Ich finde, das, was wir uns als Hohes Haus gönnen, um die Handlungsfähigkeit zu behalten, sollten wir den Schulträgern auch gönnen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Höhn, für die Einbringung. - Nun erteile ich Frau Mittendorf von der SPD-Fraktion das Wort, um den Antrag mit dem Titel „Grundsätze der künftigen Schulentwicklungsplanung“ einzubringen. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, das Hohe Haus, egal wie, ist immer handlungsfähig. In der Tat ist es aber so, dass uns das Thema Schulentwicklungsplanung schon seit Jahren beschäftigt. Es ist ein Thema, von dem jeder Kollege unter den Abgeordneten in seinem Wahlkreis mehr oder weniger regelmäßig betroffen ist, je nachdem, wie gerade die Konstellation ist, ob man gerade regiert hat oder ob man in der Opposition war, ob gerade Wahlkampf war oder nicht.
Es ist aber ein Thema, meine Damen und Herren, mit dem wir äußert sensibel umgehen müssen, was wir nicht immer getan haben. So ehrlich wollen wir sein. Es ist höchste Zeit, dass in die Beratung über dieses Thema Sachlichkeit und Vernunft einzieht; denn eines steht fest: Die erste Priorität aller Bemühungen muss sein, dass wir das bis zum Jahr 2009 entstehende Schulnetz halten müssen.
Ich glaube, dass diese Zielstellung hier parteiübergreifend vorhanden ist, dass uns diese eint. Wie es im Leben aber so ist, obwohl man ein ähnliches oder gleiches Ziel hat, sind die Wege, dieses Ziel zu erreichen, mitunter unterschiedlich. Es gibt nun einmal unterschiedliche Lösungsansätze. Auch das hat mit den jeweiligen Konstellationen zu tun, aber nicht nur. Ich glaube aber, dass das in der Demokratie kein Problem sein sollte.
Die Analyse ist eindeutig: Das Netz der allgemeinbildenden und Sonderschulen, das bis zum Jahr 2008/2009 entsteht, wird sehr großmaschig und an der Grenze der Belastungsfähigkeit angelangt sein. Jeder kennt die Fahrsituation in den Landkreisen. Ich habe das in der letzten Sitzung schon gesagt. Die Grenzen sind erreicht.
Wir wissen, dass trotzdem weitere Schulen bedroht sind, die eigentlich als bestandsfähig ausgewiesen waren,
weil sie die Vorgaben für die Eingangsklassenbildung nicht erreichen. Vielerorts ist der Weiterbetrieb der Schulen nur über Ausnahmegenehmigungen möglich. Das ist ein besonderes Problem der Sekundarschulen, aber nicht nur.
Es ist ein Problem der Städte oder scheint dort ein großes Problem zu sein, es ist aber auch und vor allem ein Problem in den dünn besiedelten Landstrichen. Dort sind die Zustände fast schon Ausnahmezustände. Das heißt nichts anderes, als dass der Prozess der Konzentration von Schulstandorten mit der gültigen Schulentwicklungsplanung in allen Teilen des Landes seine Grenzen erreicht hat.
Ich betone es noch einmal: Es wird uns parteiübergreifend einen, dass wir möglichst keine weiteren Schulschließungen mehr wollen.
Meine Damen und Herren! Ich muss wiederholen, was ich in der letzten Sitzung gesagt habe. Die Ablehnung des Gesetzentwurfes der PDS steht dazu nicht im Widerspruch, sondern sie brachte aus unserer Sicht nur zum Ausdruck, dass wir den Ansatz, der darin gefunden wurde, nicht für geeignet halten, die Problematik zu lösen.
Mit dieser Meinung, meine Damen und Herren, stehen wir nicht allein. In der Anhörung äußerten sich die meisten Verbände, unter anderem auch der Landesschülerrat, die Schulträger und selbst die GEW, gegen diesen Lösungsansatz. Das heißt, die Ablehnung, Herr Höhn, war kein Fehler, sondern getragen von Aussagen in einer wichtigen Anhörung.
Unser Hauptkritikpunkt bezieht sich vor allem auf die fehlende regionale Differenziertheit. Das ist nach wie vor das große Problem, und genau deswegen benötigen wir für die nächsten Jahre einen anderen Ansatz als den, nach dem die Schulentwicklungsplanung bisher funktioniert hat.
Ich will nicht verhehlen, meine Damen und Herren, dass wir sehr lange gerungen haben - deshalb hat es auch ein bisschen länger gedauert, bis der Antrag kam -; denn es stellt sich durchaus die grundsätzliche Frage, ob man unter Umständen generell auf eine Schulentwicklungsplanung vor Ort verzichten und Vorgaben zur Schulgröße, zur Eingangsklassenbildung etc. weglassen sollte. Es war ein schwieriger Prozess auch in der Koalition. Wir haben uns aber durchgerungen. Ansonsten wäre der Antrag nicht so formuliert worden.
Es ist aus unserer Sicht auch in den nächsten Jahren dringend erforderlich, für die Schulentwicklungsplanung Steuerungsinstrumente des Landes zu haben. Dabei sehen wir überhaupt keinen Widerspruch zwischen dem Ziel der Sicherung des Schulnetzes und künftigen Vorgaben zur Schulgröße.
Wichtig ist, dass die Vorgaben künftig in stärkerem Maße die regionalen Erfordernisse berücksichtigen und dass sie klar und transparent durchaus auch Ausnahmen für einzelne Schulformen an dünn besiedelten Einzelstandorten definieren.
Meine Damen und Herren! Eine weitere Begründung für die Notwendigkeit eines Steuerungsinstrumentes betrifft den Lehrkräfteeinsatz - das ist bereits gesagt worden -, vor allem vor dem Hintergrund - das wissen Sie alle hier im Haus -, dass der Lehrkräfteeinsatz in der Verantwortung des Landes liegt und auch vom Land finanziert wird.
Bei unserem Lösungsansatz war für uns das Kommunalneugliederungs-Grundsätzegesetz eine Hilfe - dieses Wortmonstrum natürlich nicht. Wir ziehen die Kriterien der Einwohner- und der Schuldichte heran. Sie kennen die Zahlen aus dem Kommunalneugliederungs-Grundsätzegesetz: die Vorgabe von Mindesteinwohnerzahlen in den neuen Landkreisen in Höhe von 150 000 Einwohnern. Es gibt eine Ausnahme in § 6 Abs. 2 des Gesetzes. Darin heißt es: Diese Vorgabe gilt nicht, wenn die durchschnittliche Einwohnerdichte im Gebiet des neu zu bildenden Landkreises im Jahr 2015 weniger als 70 Einwohner je Quadratkilometer betragen wird.
Das, meine Damen und Herren, nehmen wir als Ansatz für eine regional differenzierte Schulnetzplanung. Das bedeutet nichts anderes, als eine Verknüpfung der schulischen Mindestgröße mit der regional differenzierten Besiedlungsdichte herzustellen. Eines steht aber fest, wenn man so vorgeht: Man muss die Ausnahmeregionen konkret definieren. Dazu erwarten wir im Ausschuss entsprechende Vorschläge von der Landesregierung.
Nach unseren Informationen und Berechnungen gehören zu den künftigen Ausnahmeregionen jene dünn besiedelten Landstriche, in denen derzeit eine Reihe von Schulstandorten nur mit Ausnahmegenehmigung läuft. Ich nenne als Beispiele unter anderem die Altmark, den Oberharz, das Jerichower Land, die Region Wittenberg und Teile des ehemaligen Landkreises Anhalt-Zerbst.
Meine Damen und Herren! Durch eine Definition dieser Ausnahmeregionen und eine entsprechende Herabsetzung der Mindestschülerzahlen zur Eingangsklassenbildung bzw. Schulgröße werden genau diese Schulstandorte gesichert.
Weiterhin ist natürlich - das können Sie sich vorstellen - das Kriterium der Schuldichte heranzuziehen. Dabei geht es um nichts anderes als um die Darstellung der schulischen Versorgung durch eine Schulform im Verhältnis zur Fläche der Gebietskörperschaft. Man wird feststellen, dass die Regionen, die bereits eine unterdurchschnittliche Besiedlungsdichte aufweisen, auch die geringste Schuldichte haben. Das kann man sich bei gesundem Menschenverstand auch ausrechnen.
Noch ein Wort zur Umsetzung der Gemeindegebietsreform. Wir haben dazu einen gesonderten Punkt aufgenommen. Sie wissen, es entstehen neue Gebietskörperschaften. Das kann in einigen Fällen dazu führen, dass sich Grundschulen an bisherigen Einzelstandorten dann plötzlich an einem Mehrfachstandort befinden. Das kann Auswirkungen auf die Vorgaben zur Schulgröße haben, da bisher für Grundschulen an Einzelstandorten die Ausnahme von 40 Schülern möglich war, wo sonst 60 nötig sind.
Wenn sich diese Grundschulen, meine Damen und Herren, durch die Reform plötzlich an Mehrfachstandorten befinden, gilt eigentlich die Vorgabe der Gesamtschülerzahl 60. Hierin liegt das Problem. Es könnten Schulschließungen drohen.
Genau an dieser Stelle wollen wir mit unserem Punkt 4 ansetzen; denn wir denken schon, dass das Ziel darin
bestehen muss, trotz dieser Situation möglichst viele dieser Grundschulstandorte zu sichern. Dazu sind jedoch - das ist genau das, was ich vorhin beschrieben habe - eine regional differenzierte Betrachtung der entstandenen Situation und die Schaffung entsprechender schulplanerischer Rahmenbedingungen notwendig. Eine Einzelprüfung, meine Damen und Herren, wird es darüber hinaus auch weiterhin geben. Die wird immer notwendig sein.
Der Punkt 5 unseres Antrages ist für besonders schwierige Fälle in unserem Land gedacht. Dabei geht es um Einzelfälle, in denen durch die Kooperation verschiedener Schulformen unter einem Dach, wie zum Beispiel in Havelberg, unzumutbare Schulwege verhindert werden sollen.
Meine Damen und Herren! Wir bitten das Hohe Haus, dem Antrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen, um somit der Landesregierung einen konkreten Arbeitsauftrag zu erteilen.
Ferner bitten wir darum, den Antrag zu den Mehrfachschulstandorten, zu dem Herr Höhn eben die Einbringungsrede gehalten hat, in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu überweisen; denn dieser Antrag, meine Damen und Herren, hat durchaus einen gewissen Charme. Wir müssen allerdings prüfen, welcher Lehrkräftebedarf dafür notwendig ist und wie er gesteuert werden kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der Auffassung, wenn im Juni 2007 die Landesregierung im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur die geplanten Eckpunkte einer neuen Schulentwicklungsplanungsverordnung darstellt, sollte parallel zu dieser Debatte der Antrag zu den Mehrfachstandorten diskutiert und, falls Konsens bestehen sollte, eingearbeitet werden.
Zum Abschluss, meine Damen und Herren, möchte ich festhalten - darin werden Sie mir sicherlich zustimmen -, dass wir das in der Koalitionsvereinbarung verankerte Ziel, das Schulnetz, das bis 2009 entstanden sein wird, zu erhalten, als unser gemeinsames Anliegen ansehen sollten.
Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. Ich glaube, dass es uns gelingen wird, abweichend von dem, was wir bisher in der Verordnung zur mittelfristigen Schulentwicklungsplanung an Vorgaben haben, alternative Vorschläge einzubringen, die uns das Leben in Bezug auf die Fragen der Schulentwicklungsplanung nach 2009 erleichtern werden, und wir dann bei weiteren Wahlkämpfen in der Öffentlichkeit vielleicht nicht mehr so hart miteinander umgehen müssen. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Frau Mittendorf, für die Einbringung. - Bevor Sie nun die Beiträge der Fraktionen dazu hören, hat Herr Minister Olbertz um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Kultusminister. Damit können wir den Schülerinnen und Schülern aus Naumburg doch noch die vorhin angekündigte Freude bereiten.