Protocol of the Session on June 8, 2006

(Zustimmung von Herrn Kurze, CDU)

Auf der anderen Seite haben wir, wenn wir das zulassen, einen erhöhten Verwaltungsaufwand. Das heißt, es wird mehr Personal gebunden werden, um diese Akteneinsichtsgesuche zu bearbeiten und auch zu untersuchen, inwieweit berechtigte Interessen Dritter berührt sind. Wir haben vorhin die Kleine Anfrage zu den Mineralwässern gehört.

An dieser Stelle muss nämlich abgewogen werden. Wir können nicht das gesamte deutsche Rechtssystem aushebeln, nur weil es trendy ist, solch ein Gesetz zu machen. Das muss man zur Kenntnis nehmen.

(Zuruf von Herrn Gallert, Linkspartei.PDS)

Da sind wir bei dem Thema Deregulierung. Weil wir weniger Verwaltungsaufwand wollen, weil wir einen schlankeren Staat haben wollen, sind wir grundsätzlich gegen die Ausweitung weiterer Gesetze.

Gleichwohl stellt sich natürlich die Frage, inwieweit sich Sachsen-Anhalt dem Trend in der Bundesrepublik Deutschland - das ist von Ihnen angesprochen worden, Herr Innenminister - nachhaltig entgegensetzen kann. Ich denke, das werden wir gemeinsam vernünftig im Ausschuss für Recht und Verfassung diskutieren. Wir werden das auch, so denke ich, gemeinsam mit der SPD und eng abgestimmt mit der Landesregierung tun - allein schon deshalb, weil wir ähnlich wie Sie es gesagt haben, Frau Tiedge, den guten Eindruck erwecken wollen, nicht Verwaltungs- und Behördenschelte zu betreiben, sondern gemeinsam mit der Verwaltung etwas zu organisieren.

Lassen Sie mich abschließend einen Satz sagen. Ich finde es immer ganz interessant, wenn auf andere Nationalstaaten wie Schweden verwiesen wird. In anderen Staaten mag das so sein. Nur das ist ein Vergleichen von Äpfeln mit Birnen, weil nämlich die anderen Staaten in ihrem allgemeinen Rechtssystem die individuellen Rechtsansprüche, die wir in unseren Gesetzen haben, nicht haben. Die haben es anders geregelt. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Jeder Nationalstaat hat eigene Gesetze und man kann das eine mit dem anderen nicht vergleichen.

Einer Überweisung zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Recht und Verfassung und zur Mitberatung in den Ausschuss für Inneres schließen wir uns an. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Stahlknecht. - Nun spricht Herr Wolpert für die FDP-Fraktion. Bitte, Herr Wolpert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Stahlknecht, das macht den Unterschied aus: Die FDP ist der Meinung, dass man grundsätzlich tun und lassen kann, was man will, ohne

den Nachweis eines berechtigten Interesses. Das halte ich auch für ganz wichtig.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS und bei der FDP - Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Und jetzt darf sie es auch noch sagen! - Heiterkeit bei allen Fraktionen)

- Insoweit haben Sie auch Recht, Herr Gallert. Die Fürsorgepflicht der FDP für die CDU hat sich in dieser Legislaturperiode etwas reduziert.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren! Das Thema des Informationszugangsgesetzes ist wirklich nicht neu. Seit dem Jahr 2001 ist die Erleichterung des Zugangs zu Informationen aus der Verwaltung Gegenstand der parlamentarischen Debatte. Wie schon von Frau Tiedge in der letzten Legislaturperiode angekündigt, wird auch in dieser Legislaturperiode darüber diskutiert werden.

Was spricht für ein Gesetz? - Wir haben dazu schon einiges gehört. Es zielt auf die Schaffung von Transparenz in der Verwaltung und die Kontrolle des Staates ab. Beide Aspekte sind klassische liberale Vorstellungen, die zu einem Gewinn an Demokratie führen. Weiterhin kann ein solches Gesetz dazu führen, dass Korruption verhindert wird. Folglich klingt das Anliegen, eine gläserne Verwaltung zu schaffen, auf den ersten Blick sehr vielversprechend.

Meine Damen und Herren! Grundsätzlich befürwortet auch die FDP die Schaffung einer solchen Transparenz, weil in der Abwägung zwischen dem Amtsgeheimnis, den Rechten von Dritten und dem Informationsrecht der Schlüssel für eine wirksame Kontrolle liegen kann.

Die Praxistauglichkeit ist aber ein wenig gefährdet, wenn Behörden, die davon ausgehen, dass die Bürger einen Anspruch auf Auskunftserteilung haben, in vielen Bereichen nicht mehr so umfangreich dokumentieren werden. Es ist nicht automatisch damit zu rechnen, dass durch ein Informationszugangsgesetz mehr interne Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, da die Behörden, die sich gegen eine Haftbarmachung bestmöglich schützen wollen, dies auch tun werden.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Schaffung neuer Bürokratie und der zu erwartende Anstieg der Zahl an Klagen bei einer Auskunftsverweigerung. Es stehen sich das Interesse an der Schaffung von Transparenz und das Ziel des Bürokratieabbaus und der Deregulierung in der Verwaltung gegenüber. An dieser Stelle hat die Abwägung stattzufinden.

Dabei habe ich nicht das Ergebnis der Anhörung in der letzten Legislaturperiode vergessen. Die Scheu vor einem Informationsgangsgesetz wegen einer übergroßen Anzahl von Anfragen und damit einer Aufblähung der Verwaltung ist dabei gemildert worden. Insbesondere die Ausführungen aus den Ländern, in denen das IFG bereits gilt, haben bestätigen können, dass der Andrang nicht zu groß ist.

Gänzlich ausgeräumt sind die Bedenken aber noch nicht, soweit die schützenswerten Interessen Dritter betroffen sind. Die im Gesetzentwurf gewählte Begrifflichkeit ist durch eine rechtliche Auslegung weitestgehend definiert und schützt letztlich den Kern des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung. Fraglich sind dabei allerdings die Grauzonen, in denen sich indirekt über Zusammenhänge Daten erkennen lassen, die bisher

durch das Amtsgeheimnis auch gegenüber Dritten einen Schutzschild fanden.

Lassen Sie es mich einmal übertrieben darstellen, damit das Problem deutlich wird. Nehmen Sie zum Beispiel die beschränkte Einsicht in die Bauakten für ein gewisses Flurstück, um zu prüfen, ob die Baubehörde die eigenen Vorgaben des Bebauungsplanes beachtet oder nicht. Nehmen Sie an, die Einsicht wird gewährt und der Bauherr bleibt dabei durch Schwärzungen anonym. Ein Blick auf den Briefkasten genügt, um herauszufinden, wer wo wie wohnt. Wo ist das Schlafzimmer von Frau Müller? Wo ist das Badezimmer des Herrn Ministerpräsidenten?

Meine Damen und Herren! Mir persönlich ist das herzlich egal, aber die Paparazzi der Boulevardpresse mögen daran ein Interesse haben. Ich würde mich wesentlich wohler fühlen, wenn grundsätzlich das Einvernehmen eines betroffenen Dritten vorliegen müsste und nicht nur ein schützenswertes Interesse ein Informationsinteresse überwiegen würde.

Weiterhin muss festgestellt werden, dass es schon heute eine Vielzahl von Gesetzen auf unterschiedlicher Ebene dem Bürger ermöglicht, Auskunft über das Verwaltungshandeln zu erhalten. Das Informationsfreiheitsgesetz auf Bundesebene und jeweils ein Umweltinformationsgesetz auf Bundes- und Landesebene, um nur ein paar Beispiele zu nennen, führen dazu, dass die gewollte Transparenz konterkariert werden kann. Der Bürger muss sich eingehend mit der gesetzlichen Materie befassen, bevor er weiß, bei welcher Behörde er auf welcher gesetzlichen Grundlage was beantragen kann. Dabei muss einfach geklärt sein, welches Gesetz im Zweifelsfalle Vorrang hat.

Die FDP hat sich deshalb auf Bundes- und auf Landesebene stets dafür ausgesprochen, ein einheitliches Gesetz zur Erleichterung des Zugangs zu Informationen mit einem einheitlichen Anspruch auf Informationen zu schaffen. Insoweit stimme ich mit Ihnen, Herr Innenminister, auch überein. Ich wollte mich allerdings dagegen wehren, das zum Grundsatz zu erheben.

Die Vielzahl der Ausnahmen und die datenschutzrechtlichen Fragen sind, wie gerade dargelegt, ein Problem, das meines Erachtens noch nicht bis zum Ende diskutiert worden ist.

Ich freue mich aber auf die lebhafte Diskussion in den Ausschüssen und beantrage namens der FDP-Fraktion die Überweisung des Gesetzentwurfs in die Ausschüsse für Recht und Verfassung und für Inneres, wobei der Rechts- und Verfassungsausschuss die Federführung übernehmen sollte. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Herrn Dr. Thiel, Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Wolpert. - Nun spricht für die SPDFraktion Herr Rothe.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die SPD-Fraktion wird der Überweisung wie beantragt zustimmen.

Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, Herr Stahlknecht, wie man die CDU bei diesem Thema am besten abholen kann. Sie sprachen von einem Trend, dem man

sich schlecht entziehen könne. Ich möchte zum Thema Trend ganz ernsthaft Folgendes sagen:

Ich erinnere mich noch sehr gut an meinen Dienstantritt bei der damaligen Bezirksregierung in Halle vor anderthalb Jahrzehnten. Damals wachte direkt hinter dem Eingang ein Pförtner über den Zugang. An den Bürotüren und den Türrahmen befanden sich noch die Wachsmarken, die, mit Bindfäden verbunden, vor unbefugtem Zugang schützen sollten. In den Büros gab es zahlreiche Blechschränke mit Schlössern oben und unten und einem besonders verschließbaren Tresorfach.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Von den Tresoren in den ehemaligen Büros der stellvertretenden Vorsitzenden des Rates, Herr Gürth, auch solchen aus den Blockparteien, will ich gar nicht reden.

(Heiterkeit bei der SPD und bei der Linkspar- tei.PDS - Unruhe bei der CDU)

- Jetzt kommt es, Herr Stahlknecht. Ich zitiere jetzt Ihren Parteifreund Wolfgang Kleine. Der war im Jahr 1991 Regierungspräsident. Ihn habe ich damals angesprochen: Herr Kleine, wie ist das? Die Mitarbeiter schließen alle die Büros ab, selbst wenn sie, einem menschlichen Bedürfnis folgend, nur wenige Minuten weg sind.

(Herr Gürth, CDU: Das ist im Landtag auch so!)

Herr Kleine hat 1991 gesagt: Meine Tür bleibt offen. Ich freue mich über jede Akte, die vom Tisch ist!

(Heiterkeit im ganzen Hause)

Ich denke, dem Vorbild dieses CDU-Regierungspräsidenten Kleine folgend sollten wir den Trend vom Amtsgeheimnis hin zur Aktenöffentlichkeit fortsetzen.

Das ist keine deutsche Erfindung. Schauen Sie einmal bei Google nach, was in den USA und Großbritannien unter dem Stichwort „Freedom of Information Act“ alles an Sinnvollem nachzulesen ist.

Nur der braucht kein Informationszugangsgesetz, der an der Macht ist. In Rußland spricht man bekanntlich von der Partei der Macht.

Ich mache noch einen Versuch, Herr Stahlknecht: In Nordrhein-Westfalen war es die CDU-Fraktion, die vor der letzten Landtagswahl mit Erfolg auf ein Informationszugangsgesetz hingearbeitet hat. Ich denke, das ist ein zivilisatorischer Fortschritt, den wir gemeinsam herbeiführen sollten.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen - Beifall bei der SPD und bei der Linkspartei.PDS)

Im Übrigen bin ich nach vier Jahren erstmals wieder in der glücklichen Lage, mich auf den Herrn Innenminister beziehen zu können und zu sagen: Er hat das Für und Wider sehr sorgfältig und nachvollziehbar dargestellt.

Ich bin zuversichtlich, dass wir in den Ausschussberatungen, und zwar vor allen Dingen am Vorbild des Bundesgesetzes orientiert, in der Güterabwägung dahin kommen werden, dass wir alle gemeinsam in diesem Haus ein solches Informationszugangsgesetz wollen.

(Herr Gürth, CDU: Sehr richtig!)

Ich freue mich auf das absehbare Ergebnis dieser Bemühungen, nämlich darauf, dass wir noch im Laufe dieser Legislaturperiode als Landtag einvernehmlich ein In