Protocol of the Session on June 8, 2006

Meine Damen und Herren! Mit der Übertragung der BVVG-Flächen auf das Land würden wir es besser in der Hand haben, gerade für die ortsansässigen Landwirte die Grundlagen für ein langfristiges Wirtschaften zu schaffen und Investitionssicherheiten zu geben, so wie Sie es auch in Ihrer Koalitionsvereinbarung letztlich zum Ausdruck gebracht haben.

Wir sollten aber auch nicht unterschätzen, dass wir so mehr Möglichkeiten hätten, die Umsetzung der regionalen Entwicklungskonzeptionen in unseren Planungsregionen zielstrebiger zu unterstützen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Obgleich in den zurückliegenden Legislaturperioden die von uns gestellten Anträge mit gleicher Intention nicht mehrheitsfähig waren, schien es mir bis heute so, als hätten sich die Auseinandersetzungen um dieses Thema doch versachlicht.

Allerdings liegt nun auch ein Alternativantrag der Koalitionsparteien vor. Ich gebe zu, anders als der FDP-Änderungsantrag lässt er Raum für eine nach vorn gerichtete Diskussion und Auseinandersetzung im Ausschuss. Lassen Sie uns also im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten darüber beraten und zu einer Beschlussfassung kommen, die der Landesregierung hilft, Mehrheiten im Bundesrat zu finden, um die BVVG-Flächen in die Verantwortung der neuen Bundesländer zu übertragen.

In diesem Sinne beantrage ich die Überweisung der vorgelegten Anträge in den Agrarausschuss zur zügigen Beratung. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Danke sehr, Herr Krause. - Für die Landesregierung hat die Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt um das Wort gebeten. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Krause, für das Lob. Das nehme

ich gern entgegen. Aber es hilft trotzdem nicht weiter. So, wie Ihr Antrag formuliert ist, kann man ihm nicht zustimmen, obwohl die Mehrheit in diesem Landtag sicherlich der Intention Ihres Antrags folgen wird; denn Sie haben schon Recht.

Die Privatisierungspolitik der BVVG hat bisher dazu geführt, dass von den verkauften Flächen zwar zwei Drittel zu vergünstigten Konditionen veräußert worden sind. Aber den derzeitigen Ausführungen des Bundes und insbesondere der BVVG zufolge muss doch vermutet werden, dass das weitere Verfahren unseren agrarstrukturellen Vorstellungen wenig entgegenkommen wird. Denn dass das BVVG-Management bei der Flächenprivatisierung tatsächlich einer für unser Land verträglichen Agrarstruktur entgegenkommt oder dass wir unseren ortsansässigen Landwirten die Möglichkeit einräumen können, diese Flächen zu erwerben, muss anhand von Äußerungen des BVVG-Managements bezweifelt werden.

Deshalb haben die Agrarminister der neuen Länder schon seit längerem mit dem Bund erörtert, welche Möglichkeiten es im Hinblick auf eine weitere strukturverträgliche Privatisierung der Flächen geben kann. Dabei wird auch ein Kauf der Flächen durch die Länder bzw. durch deren Landgesellschaften erwogen. Neben MecklenburgVorpommern hat auch Sachsen-Anhalt seine grundsätzliche Bereitschaft zu einem Kauf erklärt. Die übrigen drei Länder, Brandenburg, Sachsen und Thüringen, stehen einem Kauf der Flächen bisher äußerst skeptisch bis ablehnend gegenüber. Das bedauere ich sehr, weil es unsere Position gegenüber dem Bund oder der BVVG nicht stärkt.

Aber die Ausgangssituation ist äußerst unterschiedlich. Sachsen und Thüringen verfügen längst nicht über diese großen Anteile an BVVG-Flächen. In Brandenburg wird die Ursache darin liegen, dass es keine Landgesellschaft gibt, also kein Instrument, mit dem dieses Kauf- oder Verkaufsverfahren abgewickelt werden könnte.

Auf der anderen Seite wären wir, wie schon gesagt, aufgrund des hohen Anteils an BVVG-Flächen ähnlich wie Mecklenburg-Vorpommern am ehesten vom freien Verkauf betroffen. Sowohl die Landwirte als auch wir als Land haben mit dem Verkauf von öffentlichen Flächen durch unsere Landgesellschaft gute Erfahrungen gesammelt. Auch wenn ich den finanziellen Aspekt sehe, ist das kein Zuschussgeschäft für das Land gewesen.

Ein Kauf und ein Weiterverkauf der BVVG-Flächen könnte ähnlich funktionieren wie bei unseren eigenen Flächen. Wenn ich an die Losgrößen oder an die Eintrittsmöglichkeiten des Bieters in das Höchstgebot denke, dann kann man davon ausgehen, dass es auch an dieser Stelle gelingen könnte, dass wie bei unseren landeseigenen Flächen zu etwa 90 % ortsansässige Landwirte in den Genuss des Erwerbs kommen könnten.

Jetzt komme ich auf die formalen Ablehnungsgründe zurück, die ich eingangs schon erwährt habe. Es ist eine Illusion zu glauben, dass die Bundesregierung bereit ist, die BVVG-Flächen ähnlich wie die Naturschutzflächen kostenlos an die Länder abzugeben - ich verstehe den Antrag so, dass der Bund kostenlos abgeben möge -; denn im Gegensatz zu den Naturschutzflächen werden mit den landwirtschaftlich genutzten Flächen durch Erzielung von Pachten oder auch durch den Weiterverkauf Einnahmen erzielt, auf die natürlich auch der Bund nicht verzichten will. Das ist ganz logisch. Wenn der Bund bereit ist, die Flächen an die Länder abzugeben, dann wird

er sich natürlich den entgangenen Nutzen durch eine entsprechende Kaufsumme bezahlen lassen wollen.

Wenn die Flächen durch die Länder gekauft werden würden, müssten die Flächen danach durch die Landgesellschaften veräußert werden, um den Kaufpreis gegenüber dem Bund finanzieren zu können. Bei einem Kauf der Flächen durch die Länder kommt es also ganz entscheidend auf den Kaufpreis an, den die Länder oder die Landgesellschaften, so wie im Moment im Gespräch, aufbringen müssen. Nur dann kann eine agrarstrukturell verträgliche Privatisierung der BVVG-Flächen auch durch die Länder umgesetzt werden.

Sie sehen, der Intention, die Flächen durch das Land mithilfe der Landgesellschaft zu privatisieren, folgt die Landesregierung durchaus. Daher auch mein Bemühen gemeinsam mit mehreren Agrarministern auf dieser Basis. Aber ich denke, der Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD kommt dem Anliegen nahe und ist realistischer umzusetzen als der PDS-Antrag. Deshalb würde ich diesem Antrag zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Frau Ministerin. - Für die Fraktionen eröffnet Herr Barth von der SPD-Fraktion die Debatte. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der PDS-Fraktion suggeriert, die Flächen kostenlos übernehmen zu können. Wir haben dieses Beispiel bei der Übertragung von Naturschutzflächen an die Länder gehabt. Dabei wurde aber eine andere Zielbestimmung vorgenommen. Das heißt, der Naturschutzgedanke stand im Vordergrund und es diente der Sicherheit und der Sicherung des Umwelt- und Naturschutzes. Vor diesem Hintergrund kann man diese beiden Dinge sicherlich nicht miteinander vergleichen.

Bei den landwirtschaftlichen Flächen steht die wirtschaftliche Nutzung im Vordergrund. Der Bund kann die BVVG-Flächen eigentlich nur verkaufen. Ansonsten unterzieht er sich sicherlich der Kritik des Bundesrechnungshofes.

In der Sache geht es um insgesamt 150 000 ha, davon 120 000 ha landwirtschaftliche Fläche und der restliche Teil Wald- und Restitutionsflächen. Die Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern laufen bereits. Das ist sicherlich jedem bekannt. Entscheidend für die Sinnhaftigkeit eines Erwerbs - Frau Ministerin hat es schon gesagt - ist letztlich der Preis. Dabei liegen die Intentionen des Bundes und der Länder derzeit noch sehr weit auseinander.

Der Erwerb kann nur über Kredite finanziert werden. Zins und Tilgung dürfen nicht über den Pachteinnahmen und Privatisierungseinnahmen liegen, und es ist auch daran zu denken, die Personalkosten mit in die Kalkulation einfließen zu lassen. Also noch einmal: kein Erwerb der BVVG-Flächen zu einem überhöhten Preis.

Die Privatisierung - das hat die Frau Ministerin auch schon angedeutet - soll agrarstrukturell verträglich erfolgen; das heißt, dass die Flächenverkäufe zu begrenzen sind. Die Forderung an die BVVG, der agrarstrukturellen Verantwortung bei der Veräußerung, Privatisierung,

Rechnung zu tragen, hat die Ministerin ebenfalls schon erwähnt. Ich denke, diese Intention können wir voll teilen.

Gute Erfahrungen in diesem Bereich haben wir in den vergangenen Jahren mit der Landgesellschaft in Sachsen-Anhalt gemacht. Es hat sich bewährt, dass sie die Flächen übertragen bekommen hat und dann die Entwicklung im ländlichen Raum durch die Bereitstellung von Flächen zum Beispiel bei Investitionen gefördert hat.

Nochmals: Sowohl bei Verpachtung als auch bei Privatisierung ist die agrarstrukturelle Entwicklung im Blickfeld zu behalten. Die Frau Ministerin hat gesagt - ich kann es an dieser Stelle nur noch einmal wiederholen -, es ist sehr gut, dass mehr als 90 % der Käufer aus dem Land selbst gekommen sind. Es sollte auch künftig angestrebt werden, dass diejenigen, die die Flächen vor Ort gepachtet haben, auch die Möglichkeit haben, die Flächen zu erwerben.

Die agrarstrukturelle Entwicklung ist insbesondere bei größeren Infrastrukturvorhaben im Auge zu behalten. Es gilt, einen Interessenausgleich hier im Land herzustellen. Das ist über die Landgesellschaft durchaus möglich, denke ich.

Was den Änderungsantrag der FDP betrifft, möchte ich mich hier nicht weiter äußern. Ich will nur sagen, dass er im Hinblick auf die Intention unseres Alternativantrages wenig hilfreich ist.

Ich möchte der Ministerin eigentlich nur noch maximale Erfolge bei den Verhandlungen mit dem Bund wünschen. Ansonsten, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte ich Sie, dem Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD zuzustimmen. - Danke.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU und von Ministerin Frau Wernicke)

Danke sehr, Herr Barth. - Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Hauser.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Krause! Weil die FDP hier einer besonderen Kritik unterzogen wird, muss ich leider Gottes auch zu fortgeschrittener Stunde noch mit den Zahlen und Fakten in die Tiefe gehen.

Es ist also so: Alle vier Fraktionen waren sich mit der Ministerin im Ausschuss einig, wenn ich mich richtig erinnere, dass sich das Ministerium bemüht, diese Flächen „herüberzuretten“ - um es so zu sagen.

Jetzt müssen wir einmal darüber reden, wo die Flächen überhaupt herkommen, wer sie gehabt hat und wie sie entstanden sind. Wenn wir a sagen, müssen wir auch b sagen. Also: Zuerst, in den Jahren 1945/1949, unter sowjetischer Besatzung Enteignung usw., dann wurde im Jahr 1990 die THA in Berlin gegründet. Sie untersteht bis heute dem Bundesfinanzminister - damals Theo Waigel, jetzt Peer Steinbrück. - Das sind die Fakten.

Man hat dann damals eine Privatisierungs- oder Vermarktungspraxis aufgezogen - in diesem Zusammenhang, zu Ihrer Information, stehe ich jetzt hier; denn wenn ich das Gut Atzendorf nicht gekauft hätte, dann wäre ich heute nicht hier -, die nach folgenden Gesichts

punkten abgelaufen ist: höchster Kaufpreis pro Hektar, höchste Investitionen, Intersubmission und Arbeitsplatzzusagen, und das auf der Basis von fünf Jahren.

Dann ist auf massives Drängen der neuen Bundesländer, also Ostdeutschlands, der ostdeutschen Bundesländer, ein so genannter Verkaufsstopp erwirkt worden. Was hat man dann gemacht? - Aus der Verkaufsstrategie hat man eine Verpachtungsstrategie gemacht. Das betrifft, wie der Kollege Barth eben sagte, 120 000 ha LN, also landwirtschaftliche Nutzfläche, und 30 000 ha FN, also Restitutionsflächen und solche Dinge.

So, und jetzt gehen wir das Problem an. Man hat also Pachtverträge mit einer Laufzeit von zwölf Jahren und der Option auf eine sechsjährige Verlängerung, also von insgesamt 18 Jahren, für ortsansässige Landwirte und - jetzt kommt noch der besondere Reiz - für Alteigentümer gemacht. Was haben vor allem die Alteigentümer gemacht? - Die haben sich um diese Gutshofstellen gekümmert, haben investiert mit relativ wenigen Hektar Umland oder Hinterland als Eigentum. Sie stehen angesichts der in den Jahren 2010, 2012, 2013 auslaufenden Pachtverträge jetzt natürlich auch vor einer riesengroßen Problematik.

Im Jahr 1999 - das hat das alles so aufgeschreckt und problematisch gemacht - forderte dann der damalige Bundesfinanzminister Eichel die Regierung auf, keine weiteren Pachtverlängerungen zu genehmigen, sondern die Verkaufsstrategie wieder einzuführen. Da entstand die Panik.

Jetzt kommt noch hinzu - Frau Ministerin, wenn ich richtig rechne -, dass von diesen 120 000 ha in etwa 50 % EALG-Flächen sind, also Flächen nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz. Wir haben also ungefähr 50 % so genannte freie Flächen. Um die geht es.

Sie sagten im Zusammenhang mit der Landgesellschaft - die wird ja seit der vierten Legislaturperiode gelobt; ich weiß nicht, warum, also ist sie scheinbar doch erfolgreich -, die Kauffähigkeit habe im Jahr 2005 ungeachtet der Eigentumsform und der Betriebsgröße Pi mal Daumen 1 000 ha betragen. Pro Jahr bleiben 50 % der verkauften Flächen im wirtschaftenden Betrieb.

45 % erfahren durch diese Verkaufsstrategie einen Betriebswechsel. - Es wird immer welche geben, die gut wirtschaften, und es wird solche geben, die schlechter wirtschaften. Das ist eben so. Ansonsten wäre ja der Fleißige, der mit Wissen und Können wirtschaftet, der Dumme. Das kann nicht sein.

Dann haben wir noch 5 %, 50 ha, Eigentumswechsel. Diese Flächen verbleiben aber im Betrieb. Das sind die so genannten Kirchenstiftungen.

Ergebnis daraus für die FDP: Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung - jetzt kommt’s - unter Berücksichtigung der agrarstrukturellen Gewichtung hinsichtlich Wertschöpfung und Arbeitsplatzsicherung bzw. -ausbau oder der bereits übernommenen Hofstellen mit erheblichem Sanierungsbedarf, wofür bereits Ausgaben getätigt wurden oder in dem Zuge noch getätigt werden müssten. - Das ist die Sachlage. Nicht mehr und nicht weniger.

Wir beantragen auch, das im Ausschuss zu beraten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Es ist löblich, Herr Abgeordneter Hauser, dass Sie die Zeit einhalten, obwohl Sie in die Tiefe gegangen sind. Das ist in Ordnung.

(Heiterkeit bei der CDU - Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Daldrup. Sie haben das Wort.