Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Geschichte dieses Gesetzesentwurfes ist vom Ausschussvorsitzenden eben noch einmal dargestellt worden. Heute erfolgt die zweite Lesung.
Ich möchte zu Beginn sagen: Wir haben, sofern es bei dem Beschluss bleibt, wie ihn der Ausschuss gefasst hat, die Chance verpasst, einen Bestandsschutz innerhalb der bestehenden Schulentwicklungsplanung zu ge
währleisten und bezüglich der Schulentwicklungsplanung Ruhe in die im Moment bestehenden Schulen zu bringen.
Wenn es dabei bleibt, dass der Gesetzentwurf abgelehnt wird, dann bleibt es auch dabei, dass die Schulen, die sich in der Schulentwicklungsplanung befinden und die Vorgaben der Eingangsklassenverordnung bzw. die Anfangsklassenzahl nicht erfüllen, darauf angewiesen sind, sich von der Schulbehörde retten zu lassen - oder auch nicht. Das ist das große Problem. Es gibt eine Reihe von Ausnahmegenehmigungen, die erteilt worden sind, und es gibt Fälle, in denen die Ausnahmegenehmigung nicht erteilt worden ist.
Ich komme auf das Problem zurück, über das wir während der ersten Lesung ausführlich diskutiert haben. Es geht um die Frage: Was passiert mit einer Schule, die sozusagen keine oder eine kleinere Eingangsklasse hat? Was bzw. welches Problem wächst sozusagen hoch?
Ich möchte das an einem Beispiel deutlich machen. Wir waren in der letzten Woche im Rahmen unserer Kommunaltour im Saalkreis in einer Verwaltungsgemeinschaft - noch ist es eine -
- Verzeihung - und haben dort auch über das Thema Schule gesprochen. Dort gibt es eine Sekundarschule, der die Ausnahmegenehmigung nicht erteilt worden ist. Die Jahrgangsbreite betrug 30 Schülerinnen und Schüler. Das hat zur Folge - ich gehe davon aus, dass die Schule in den folgenden Jahren bei einer ähnlichen Größenordnung die Genehmigung ebenfalls nicht erhalten wird -, dass diese Schule, die sich innerhalb der Schulentwicklungsplanung bewegt, auf eine Größe von etwa 150 Schülerinnen und Schüler „abschmelzen“ wird, weil keine Schüler mehr hinzukommen.
Es ist soeben schon gesagt worden: Die Koalitionsfraktionen beteuern immer wieder - das haben sie auch im Ausschuss gemacht -, eine Anschlusslösung finden und darauf hinarbeiten zu wollen, dass dann - ich hoffe, ich gebe es richtig wieder - möglichst keine weitere Schule geschlossen wird.
In diesem Zusammenhang möchte ich fragen: Was ist mit einer Schule, die aufgrund des Umstandes, dass sie keine neuen Schüler mehr bekommt, von derzeit mehr als 200 Schülerinnen und Schülern auf weniger als 150 Schülerinnen und Schüler „abschmilzt“? Hat sie einen Bestandsschutz? Bei dieser Größenordnung würde ich nach Ihren bisherigen Kriterien ein Fragezeichen setzen.
Wenn die Schule, die in dem angeführten Beispiel im letzten Jahr eine Jahrgangsbreite von 30 Schülerinnen und Schülern erreicht hat, im nächsten Jahr 32 und im darauf folgenden Jahr nach der Prognose 39 Schülerinnen und Schüler in die 5. Klasse aufnehmen würde, dann wäre sie in einer völlig anderen Situation.
Darum ging es in dem Gesetzentwurf. Ich halte das nach wie vor für besser, als dass überhaupt keine Schüler in die 5. Klasse kommen.
Ich möchte auf einen weiteren Punkt hinweisen. Auch in der ersten Lesung war zumindest unstrittig, dass wir den Schulträgern - unabhängig von den unterschiedlichen Positionen - im Rahmen der Schulentwicklungsplanung einiges zugemutet haben und dass wir eine Lösung brauchen, wie wir weitermachen. Frau Mittendorf hatte damals für die SPD-Fraktion ausgeführt, dass der Gesetzentwurf eine Möglichkeit sei, im Ausschuss gründlich über das Thema zu reden.
Gründlich geredet haben wir über das Thema im Ausschuss nicht. Wir haben eine Anhörung durchgeführt; das ist wahr. Ich habe jedoch keinen einzigen Alternativvorschlag von der Koalition gehört - mit Ausnahme der Tatsache, dass man darüber redet, was nach dem Jahr 2009 passieren soll. Darauf warten wir.
Das ist das übliche Problem: Alle erkennen an, dass es ein Problem gibt, aber lassen die Schulträger mit ihrem Problem allein. Genau das dürfen wir nicht tun.
Ich möchte ein Beispiel anführen, das mir eine Kollegin aus dem Landkreis Mansfelder Land genannt hat. Dort gab es am 14. Dezember 2005 einen Beschluss des Kreistags zum Thema Schulentwicklungsplanung. Der Beschluss richtete sich an die Landesregierung und enthielt eine Aufforderung an sie. Es gibt bis heute keine an diesen Schulträger gerichtete Antwort von der Landesregierung.
Es ist genau das Problem, dass wir uns nur hier hinstellen und sagen, es ist alles schwierig mit der Schulentwicklungsplanung, aber die Schulträger allein lassen. Wir können die Schulentwicklungsplanung eben nicht nur auf dem Reißbrett zeichnen, sondern wir müssen ein wenig mehr Flexibilität ins System bringen.
Ich möchte noch einen Satz aus der bereits angesprochenen Anhörung zitieren. Dann ist meine Redezeit abgelaufen. Der Schulleitungsverband hat in seiner Stellungnahme geschrieben:
„Der vorliegende Entwurf, vor allem der § 13, gibt sowohl den Schulen als auch dem Schulträger mehr Planungssicherheit.“
Vielen Dank, Herr Höhn, für Ihren Beitrag. - Für die SPD erteile ich jetzt der Abgeordneten Frau Mittendorf das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es gleich vorweg zu sagen - so viel Ehrlichkeit muss sein -: Wir
werden natürlich der Beschlussempfehlung zustimmen und den Gesetzentwurf ablehnen, aber nicht etwa, weil wir der Meinung sind, dass dieses Thema und die von meinem Vorredner vorgebrachten Bedenken keine Bedeutung haben, oder weil wir meinen, dass wir hier Chancen verschenken; vielmehr meinen wir: Das Thema ist so wichtig, dass wir uns in der nächsten Zeit damit weiterhin im Ausschuss befassen müssen, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem wir das umsetzen werden, was wir bereits in der Koalitionsvereinbarung niedergelegt haben.
Meine Damen und Herren! Es ist doch selbstverständlich, dass das entsprechend der Schulentwicklungsplanung bis zum Jahr 2009 entstandene Schulnetz zu sichern ist. Das muss höchste Priorität haben. Die Schulentwicklungsplanung muss aber erst einmal umgesetzt werden. Wir wissen, dass es schwierige Situationen gibt. Das Netz der allgemeinbildenden Schulen wird - wenn die Schulentwicklungsplanung bis zum Jahr 2008 umgesetzt sein wird - sehr grobmaschig sein; darüber hinaus kann es nicht gehen.
Jeder weiß aus Beratungen in den Kreistagen, wie schwierig es war, überhaupt zu dieser Beschlussfassung zu kommen. Jeder kennt die Situation in Bezug auf die Fahrzeiten von Schülern. Diesbezüglich sind die Grenzen erreicht.
Wir wissen - darin hat Herr Höhn Recht -, dass weitere Schulen in ihrer Existenz bedroht sind, wenn ihnen die Bildung der Eingangsklassen nicht gelingt. Das ist insbesondere bei den Sekundarschulen ein Problem. Dort ist es aber - wenn ich es einmal so sagen darf - zum Teil auch selbst verursachtes Leid, bedenkt man die Übergangsquoten zu diesem Zeitpunkt.
In der Tat wird derzeit eine Reihe von Schulen nur über Ausnahmegenehmigungen weiter betrieben. Natürlich muss man auch sagen: Es geht nicht immer um eine Rettung um jeden Preis, sondern es geht um zukunftsfähige, vernünftige Lösungen.
Meine Damen und Herren! Das, was in Städten wie Magdeburg oder Halle ein Problem ist oder ein Problem zu sein scheint, bedeutet für das dünn besiedelte Land fast den Ausnahmezustand. So gesehen drückt unsere Ablehnung nur aus, dass wir den Ansatz der PDS für ungeeignet halten, um die Problematik ausreichend zu lösen. Der gleichen Meinung waren übrigens in der Tat die meisten, die in der Anhörung befragt und angehört wurden. Das waren der Landesschülerrat, die Schulträger und die größte Lehrergewerkschaft, die GEW.
Unser Hauptkritikpunkt richtet sich vor allem gegen die fehlende regionale Differenziertheit. Ich möchte das erklären. Der Gesetzentwurf der PDS definiert die Ausnahme durch Benennung der Mindestschülerzahl im Gesetz. Dabei wird eben nicht unterschieden zwischen Einfach- und Mehrfachstandorten und damit zwischen flachem Land und Stadt. Das, meine Damen und Herren, ist genau das Problem. Unter Umständen würden mit einer solchen Regelung auch die jetzt gültigen Schulentwicklungspläne infrage gestellt; zumindest kann man sich das vorstellen.
Wie alle Betroffenen bewegt uns das Problem an sich. Wir haben uns - das ist gesagt worden - im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass wir hier andere Grundlagen schaffen werden. Wir sind gegenwärtig dabei und arbeiten daran, die entsprechenden Rahmenbedingungen, die notwendig sind, zu prüfen und zu diskutieren.
Ich kann Ihnen zusichern, dass wir in einer der nächsten Landtagssitzungen dazu unsere konkreten Vorstellungen darlegen werden.
Fakt ist eines: Bei einer weiteren Anwendung der gegenwärtig gültigen Schulentwicklungsplanungsverordnung ist das Problem, das wir haben, nicht zu lösen, da man eben nicht über Jahre mit Ausnahmeregelungen arbeiten kann. Vor allen Dingen bedarf es mit Blick auf die Zukunft einer soliden, handhabbaren und transparenten Regelung.
Ich sage an dieser Stelle auch: Ein Wegfall jeglicher Regulierungsinstrumente für das Land ist jedoch aus unserer Sicht nicht zielführend. Wir brauchen ein anderes, und zwar ein differenziertes Herangehen, weil die Bedingungen in den großen Städten wie Magdeburg, Halle oder auch in manchen Kreisstädten völlig anders sind als die Situation zum Beispiel im Altmarkkreis Salzwedel oder im Bereich Anhalt-Zerbst.
Das bedeutet nichts anderes, als dass die regionalen Erfordernisse zukünftig stärker als bisher berücksichtigt werden müssen und dass die anzulegenden Kriterien klar und transparent sein müssen.
Ich denke schon, dass es erlaubt sein muss, dann auch über solche Parameter wie Besiedlungsdichte und Schuldichte zu sprechen. Auch andere Ansatzpunkte müssen diskutiert werden.
Einfachstandorte und Mehrfachstandorte bzw. Stadt und flaches Land müssen zukünftig bei der Entwicklung der Schülerzahlen nach unterschiedlichen Maßstäben behandelt werden. Denn bei der sich auf niedrigem Niveau stabilisierenden Schülerzahl muss langfristig und verlässlich ein erreichbares Schulnetz erhalten bleiben. Sonst kann unsere Schulplanung im Land nicht ausreichend zukunftsfähig sein.
Meine Damen und Herren! Das Ziel der Beratungen, die wir in der nächsten Zeit durchzuführen haben werden, auch über die Anträge, die die Fraktion der Linkspartei.PDS wahrscheinlich erneut bzw. erweitert einbringen wird, muss es sein, zukünftig eine regional differenzierte Schulentwicklungsplanung aufzustellen und diese entsprechend umzusetzen. - Vielen Dank.
Herzlichen Dank für Ihren Beitrag, Frau Mittendorf. - Bevor ich Herrn Kley für die FDP das Wort erteile, begrüße ich Seniorinnen und Senioren der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft aus Burg. Herzlich willkommen!