Bei der Betrachtung anderer personalwirtschaftlicher Berechnungen wird deutlich, dass die Steuerverwaltung des Landes Sachsen-Anhalt fast die einzige Behörde war und ist, bei der nicht so genannte Personalüberhänge ausgewiesen worden sind, weil der Personalbedarf ohnehin jährlich bundesweit ermittelt wird und das Personal dementsprechend eingesetzt wird.
Natürlich fallen durch die Reduzierung der Zahl der Finanzämter einige Stellen weg, aber nicht in bedeutsamen Größenordnungen. Darüber hinaus sind sich im Gegensatz zur Antwort der Landesregierung Fachleute - an deren Spitze auch der Gutachter - sehr sicher darüber, dass durch die Zusammenlegung der Finanzämter in Magdeburg und in Halle zusätzliche Leitungshierarchien notwendig werden.
Für uns ist das viel diskutierte Thema der Außenstellen wichtig. Warum - so fragen wir - wurde die Errichtung von Außenstellen von vornherein ausgeschlossen und gar nicht untersucht? Außenstellen sind nach der Auffassung der Landesregierung fast Teufelszeug: grundsätzlich teurer, schlecht zu führen und nicht kundenfreundlich. Ist das nicht eine - so fragen wir - verstaubte, antiquierte Auffassung aus dem letzten Jahrhundert?
Redet nicht alle Welt von der Einführung der elektronischen Akte? Werden nicht durch „Elster“ immer mehr Vorgänge elektronisch abgewickelt? Auch das Argument, die Bürgerinnen hätten es bei Spezialzuständigkeiten schwerer, greift nicht. Stichworte hierfür sind Grunderwerbsteuer, Schenkungsteuer und ähnliche Steuerarten, die bereits jetzt in Spezialzuständigkeiten liegen.
Meine Damen und Herren! Wieso kosten Außenstellen eigentlich mehr Geld? Wir reden hierbei nicht von neu zu schaffenden Standorten für Außenstellen, sondern von der Umwandlung von selbständigen Finanzämtern in Außenstellen. Dabei handelt es sich zum Teil um landeseigene Liegenschaften, zum Beispiel im gesamten Harz.
Sicherlich kostet es mehr, dort Außenstellen vorzuhalten, als wenn man dort gar nichts hätte und die Liegenschaften sofort verkaufen könnte. Aber ist der Einsatz von Mitteln für Außenstellen im Interesse der Stützung der Vitalfunktionen der Mittelzentren, im Interesse der Steuerkunden, im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, im Interesse der Vermeidung zusätzlicher Verkehrsströme nicht mehr als gerechtfertigt? Das meint die Fragestellerin mit der Abwägung des gesellschaftlichen Nutzens für das Land. Es geht nicht um die fragwürdige Wirtschaftlichkeit der Einzelmaßnahme.
Lassen Sie mich einige Ausführungen zur Quantität und zur Qualität der Dienstleistungen machen. Der betreffende Abschnitt in der Antwort der Landesregierung offenbart einiges, obwohl er manches offen lässt.
Obwohl die Antwort nicht gegeben werden konnte, sagt sie doch ungleich mehr aus. Mir ist unverständlich, wie
man Aussagen zur Zumutbarkeit hinsichtlich der Entfernung zum Amt, Aussagen zu Schwerpunktproblemen bei den Steuerverwaltungskunden und Aussagen zum notwendigen Personalbedarf bis hin zu raumordnerischen Aspekten treffen kann, wenn man keine Aussage zu den Kundenströmen machen kann.
Zu den Sprechtagen in den einzelnen Ämtern suchen laut Aussagen dort Beschäftigter ca. 100 bis 150 Personen diese Behörden auf. Legt man die geringste Zahl und die Anzahl der Sprechtage bei den Finanzämtern zugrunde, dann kommt man auf mehr als 400 000 Kundenkontakte.
Dies im Hinterkopf rundet die Antwort auf die Frage nach der Entwicklung der Fallzahlen das zukünftige Bild der Steuerverwaltung ab. Die Kunden der Dienstleistung Steuerverwaltung werden tendenziell älter, und zwar nicht allein infolge der demografischen Entwicklung, sondern auch weil die gesetzlichen Regelungen des Alterseinkünftegesetzes greifen: Die Zahl der steuerbelasteten Rentenempfänger nimmt zu. Des Weiteren wird die Zahl der allgemeinen Veranlagungen relativ konstant bleiben. Demografische Aspekte wirken also in der Steuerverwaltung nicht so tiefgreifend wie in anderen Ämtern.
Aus der Antwort auf die Frage II.5 geht hervor, dass sich für mehr als 213 000 Steuerpflichtige die örtliche Zuständigkeit ändert. Da die Änderung der Zuständigkeit eine Folge der Reduzierung der Zahl der Ämter ist, kann im Regelfall von einer größeren Entfernung zwischen dem Steuerpflichtigen und dem zuständigen Amt ausgegangen werden.
Mehr als 46 000 Steuerpflichtige wechseln allein von Köthen nach Bitterfeld. Dies ist die absolut höchste Zahl, die bei einem Wechsel von einem Amt zum anderen zu verzeichnen ist.
In Frage II.6 wird auf die Einräumigkeit der Verwaltung abgehoben. Welche Bedeutung messen wir diesem Organisationsprinzip bei der Umstrukturierung bei? Wenn das Ziel darin besteht, die Finanzämter der neuen Kreisstruktur anzupassen, dann heißt Einräumigkeit, sie auf die Grenzen der neuen Kreisstruktur auszurichten. Das ist so einfach, wie es klar ist.
Aber für 153 754 Steuerpflichtige wird es keine Einräumigkeit geben. Bei der Hälfte der 14 neu geschaffenen Ämter kann man nicht von Einräumigkeit sprechen. Nimmt man die kreisfreien Städte und die Kreise, die nicht umstrukturiert werden, heraus, dann ist nicht einmal der Ansatz der Einräumigkeit gewahrt. Wenn man nun sagt: „Das interessiert uns nicht“, dann kann es eben nicht sein, dass dieses Prinzip im Kabinett gleichzeitig eine große Rolle spielt.
„Das Kabinett hat dem Prinzip der Einräumigkeit zugestimmt, sodass es künftig in den elf Landkreisen und den drei kreisfreien Städte jeweils eine Behörde geben wird.“
Im Übrigen empfehle ich Ihnen die Lektüre der Antwort auf die Kleine Anfrage meines Kollegen Manfred Püchel
Ich werde aus dieser Sicht heraus begründen, warum es uns so wichtig ist, dieses Vorhaben im Parlament noch einmal auf den Prüfstand zu stellen, und warum wir - darauf hebt unser Antrag ab - die Finanzverwaltung sozusagen per Gesetz beschließen wollen.
Auch mit Blick auf die genannten Punkte, aber viel mehr aus einem prinzipiellen Klärungsbedürfnis heraus haben wir die Frage nach der Zuständigkeit für die Reduzierung von staatlichen Behörden weiterverfolgt und ein Rechtsgutachten vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst eingeholt. Ich komme somit zur Begründung des Antrags der Fraktion der Linkspartei.PDS „Neugliederung der Finanzverwaltung nur durch Gesetz“ in der Drs. 5/591.
Meine Damen und Herren! In der Antwort auf meine Kleine Anfrage in der Drs. 5/491 hat die Landesregierung ihre Position dargelegt. Sie ist der Auffassung, dass eine gesetzliche Regelung zur Reduzierung der Finanzämter nicht erforderlich ist. In dem Gutachten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes hingegen - entscheidende Passagen sind in der schriftlichen Begründung zu dem Antrag enthalten - wird für die Finanzverwaltung gesetzlicher Regelungsbedarf unterstellt.
Wir sind aus prinzipiellen Erwägungen heraus sehr entschlossen, um diesen Einfluss des Parlaments zu kämpfen. Im Gegensatz zum Finanzminister, der diese Frage in einer der letzten Landtagssitzungen als einen Streit um reine Formfragen betrachtete, sehen wir darin eine Chance, auf wichtige Fragen der Entwicklung des Landes parlamentarisch Einfluss zu nehmen.
Bei dieser Sache bin ich eine sehr überzeugte und auch ausdauernde Kämpferin um jeden Meter Boden. Meine Fraktion ist der Auffassung gefolgt, dies nötigenfalls vor Gericht klären zu lassen. Das hätte den Vorteil, dass wir dann prinzipiell mehr Klarheit haben; es hätte aber natürlich auch den Nachteil, dass wir Zeit verlieren. Und im Übrigen werfen Auseinandersetzungen zwischen Exekutive und Legislative vor Gericht generell kein gutes Licht auf das Verhältnis zwischen selbigen.
Meine Damen und Herren! Es gab eine Diskussion darüber, ob wir lediglich über die Anzahl der Finanzämter beschließen müssten oder auch über deren Standorte; denn letztere sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Wenn das Gesetz erst einmal auf den parlamentarischen Weg gebracht worden ist, dann kann das Parlament - muss es nicht, aber es kann - auch die Sitze bestimmen. Auch eine Regelung zu Außenstellen ist durchaus nicht abwegig, wie Gesetze aus der letzten Legislaturperiode beweisen. Auch damals haben wir Außenstellen beschlossen.
Herzlichen Dank, Frau Dr. Paschke. Es gibt eine Nachfrage vom Abgeordneten Herrn Tullner. Frau Dr. Paschke, sind sie bereit, diese zu beantworten?
Frau Dr. Paschke, ich bitte um Entschuldigung, ich war etwas unaufmerksam. Ich hätte mich etwas früher melden können.
Ich habe in Bezug auf den Antrag eine Frage. Sie haben den Antrag formuliert und haben darin auch Ihre Auffassung bezüglich der parlamentarischen Beteiligung dargelegt. Dann zitieren Sie aus dem Gutachten des GBD, das Sie in Auftrag gegeben haben.
Ich finde es bedauerlich, dass Sie dieses Gutachten den Kollegen der anderen Fraktionen nicht zur Kenntnis gegeben haben. Wenn Sie das getan hätten, hätten wir uns in Vorbereitung auf die heutige Debatte schon damit auseinander setzen können. Ich würde mich freuen, wenn wir das noch erledigen könnten; denn zu einer geordneten und inhaltlich ausgewogenen Debatte gehört, dass wir uns daran beteiligen können.
Herr Tullner, darin gebe ich Ihnen absolut Recht. Ich habe es tatsächlich zu spät an die Fraktionen weitergereicht. Wir haben das erst am Montag jeder Fraktion elektronisch zur Verfügung gestellt. Das war zu spät. Es ist in Ihrer Fraktion sicherlich nicht mehr verteilt worden. Das ist zum Teil meine Schuld.
Diese Frage ist geklärt. - Ich möchte noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir uns darauf geeinigt haben, das Telefonieren im Plenarsaal nicht zu gestatten. Ich bitte Sie, sich daran zu halten, meine Damen und Herren. Ich bitte Sie auch ausdrücklich, dem Redner Ihre Aufmerksamkeit zu schenken.
Jetzt erteile ich der Landesregierung das Wort. Herr Finanzminister, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist doch so einfach, als Opposition den Leuten zu suggerieren, alles könne so bleiben, wie es ist, und die Probleme lösten sich von allein.
- Dass ich von Ihnen keinen Applaus bekomme, war mir klar; aber nach Ihrer Rede müssen Sie mir diesen Satz gestatten.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst einige Vorbemerkungen zu der Großen Anfrage. Die Thematik „Strukturreform der Finanzverwaltung in Sachsen-Anhalt“ ist Ihnen nicht unbekannt. Ich habe im Landtag bei der Beantwortung von Kleinen Anfragen sowie im Finanzausschuss mehrfach sehr ausführlich darüber berichtet.