Protocol of the Session on March 22, 2007

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst einige Vorbemerkungen zu der Großen Anfrage. Die Thematik „Strukturreform der Finanzverwaltung in Sachsen-Anhalt“ ist Ihnen nicht unbekannt. Ich habe im Landtag bei der Beantwortung von Kleinen Anfragen sowie im Finanzausschuss mehrfach sehr ausführlich darüber berichtet.

Wie Ihnen bekannt ist, hat die Koalition in ihrer Vereinbarung vom 18. April 2006 festgelegt, dass die Zahl der Landesbehörden in allen Bereichen der Verwaltung

durch Zusammenlegung und Vergrößerung der Zuständigkeitsbezirke zu reduzieren ist. Das war unsere politische Absicht und wir werden diese auch umsetzen. Das Ziel dabei ist, die Verwaltung weiter zu verschlanken und somit einen wirtschaftlichen Einsatz von Personal und Haushaltsmitteln zu forcieren.

Jeder oder jede, der oder die das bisher kritisiert hat, hat nicht einen einzigen Vorschlag gebracht, wie in den nächsten Jahren die Reduzierung der Haushaltsmittel um 15 % kompensiert werden soll. Diese Mittel stehen für die aktive Politikgestaltung nicht mehr zur Verfügung.

(Zurufe von der Linkspartei.PDS)

Ein Blick zurück: Bereits im März 2005 hat das Finanzministerium eine Überprüfung der Struktur der Finanzverwaltung durch die OFD Magdeburg in Auftrag gegeben. Der hierzu von der OFD vorgelegte Zwischenbericht ging von der Prämisse einer vollständigen Einräumigkeit der Verwaltung mit einem Finanzamt an jedem neuen Kreissitz aus.

Bei dieser Variante hätte zum einen eine Vielzahl bestehender Finanzamtsgebäude ohne Nachnutzungsperspektive aufgegeben werden müssen und zum anderen wäre die Errichtung oder die Anmietung neuer Liegenschaften für dann größere Finanzämter notwendig geworden. Dies hätte - das will ich zugestehen - auch eine Strategie sein können.

Deswegen - also nicht weil es Zauberwerk war - kam es dann zu diesen unterschiedlichen Zahlen; denn die Ausgangssituation wurde - damit haben Sie völlig Recht, Frau Paschke - unterschiedlich beschrieben.

Unter diesen Voraussetzungen wäre eine Reduzierung der Zahl der Finanzamtsstandorte nicht wirtschaftlich gewesen, weil dieses Konzept dann aufgrund der Entscheidung zu den Kreissitzen im Vollzug - unabhängig von den räumlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten - einfach im Verhältnis 1 : 1 umgesetzt worden wäre.

Das jetzige Ergebnis der OFD ist auch mit dem im Januar 2006 vorgelegten Zwischenbericht der OFD vereinbar. Ich möchte hierzu aus dem Zwischenbericht zitieren:

„Die Zahl der Finanzämter sollte nur dann reduziert werden, wenn durch die Zusammenlegung in der Bilanz Haushaltseinsparungen realisiert werden.“

Darum geht es eigentlich. - In der Analyse heißt es weiter:

„Ich weise aber ausdrücklich darauf hin, dass eine konkrete Aussage hierzu noch eingehender Überlegungen bedarf, die ich Ihnen in meinem Abschlussbericht vorlegen werde.“

Dieser Bericht ist inzwischen vorgelegt worden; darüber ist, denke ich, im Ausschuss sehr ausführlich diskutiert worden. Der Abschlussbericht stellt insofern keine Abweichung, sondern eine bereits angekündigte Weiterentwicklung des Zwischenberichtes dar.

Die Überprüfung hat des Weiteren ergeben, dass in den landeseigenen Finanzamtsliegenschaften aufgrund des sich verringernden Personalbedarfs Raumreserven entstanden sind und weiterhin entstehen, und zwar auch mit der Anzahl derer, die dort arbeiten. Dies war ein Ansatzpunkt für die Zusammenlegung von Finanzämtern.

Die Bewirtschaftung von unproduktiven Flächen ist nicht zweckmäßig. Ich denke, das dürfte bekannt sein. Somit kann erst bei vollständiger Aufgabe eines Standortes eine nachhaltige Kosteneinsparung realisiert werden. Das ist übrigens keine Überlegung von uns allein.

Eines der besten Modelle in diesem Bereich ist in Berlin zu betrachten; dort hat es zu Einsparungen in erheblichen Größenordnungen geführt. Dort ist das derart gekoppelt worden, dass man die aufgegeben Flächen sogar honoriert bekommt. Herr Dr. Sarrazin hat damit innerhalb von drei bis vier Jahren 30 bis 40 % weniger Fläche als vorher für die gesamte Verwaltung gebraucht. Das ist also auch bei uns keine neue Erfindung.

Die künftigen Standorte der Finanzämter werden in Bitterfeld, Dessau, Eisleben, Genthin, Haldensleben, Halle, Magdeburg, Merseburg, Naumburg, Quedlinburg, Salzwedel, Staßfurt, Stendal und Wittenberg sein. Die Standorte der Finanzämter in Halberstadt, Köthen, Sangerhausen, Wernigerode und Zeitz werden aufgegeben. Die jeweils zwei Standorte der Finanzämter in Magdeburg und in Halle werden zu je einem Standort pro Stadt zusammengeführt.

Die Entscheidung für dieses Strukturkonzept wird im Betrachtungszeitraum von zehn Jahren nach vorsichtigen Schätzungen zu Einsparungen von mindestens 17 Millionen € führen. Ich bin mir sicher, dass die Einsparung aufgrund der Dynamik am Ende größer sein wird.

Meine Damen und Herren! Nach all diesen allgemeinen Anmerkungen möchte ich im Folgenden auf die Große Anfrage der Fraktion der Linkspartei.PDS eingehen. Mit der Großen Anfrage vom 18. Dezember 2006 wird die Landesregierung um eine Stellungnahme zu der beschlossenen Strukturreform der Finanzverwaltung gebeten. Die Kriterien waren - Sie haben es angesprochen - die Folgenden: Zielstellung der Umstrukturierung, Qualität und Quantität der Dienstleistung, Wirtschaftlichkeit der Umstrukturierung sowie Personalfragen.

Wie bereits erwähnt, ist es das Ziel der Landesregierung, bedingt durch die demografische Entwicklung und aufgrund zurückgehender Haushaltsmittel in unserem Land, die Zahl der Landesbehörden durch eine Verwaltungsreform anzupassen. Dies soll nicht nur in diesem Bereich geschehen. Dies wird, wie bereits erwähnt, unter anderem zu einer weiteren Senkung der Ausgaben des Landes bei gleichzeitiger Wahrnehmung von staatlichen Aufgaben führen.

Die Finanzverwaltung hat deshalb die Reduzierung der Zahl der Finanzamtsstandorte unter dem Gesichtspunkt der Auslastung der landeseigenen Liegenschaften und der vorhandenen Flächenreserven geprüft. Durch das beschlossene Konzept werden die weiterhin genutzten landeseigenen Liegenschaften weitgehend ausgelastet. Unwirtschaftliche Leerstände sollen nach Ablauf der Umstrukturierung vermieden werden und werden vermieden. Auf Anmietungen, wie sie bisher geschehen sind, soll und kann vollständig verzichtet werden. Ich habe bereits im Finanzausschuss erläutert, dass dies zukünftig für die gesamte Landesverwaltung gelten wird. Ich denke, gerade im Rahmen der Umstellung auf die KLR ist die Eigentümerfunktion auch bei der Betrachtung der Produkte wichtig.

Somit kann der Landeshaushalt durch den Wegfall der Mietausgaben und insgesamt geringer werdende Bewirtschaftungskosten entlastet werden. Sicherlich wird die

ser Effekt erst allmählich eintreten; dennoch trägt er dazu bei, die vor uns stehenden Aufgaben anzugehen.

In Gesprächen mit Vertretern der Finanzämter und den Personalvertretungen wurde wiederholt die Einrichtung von Außenstellen an Standorten, an denen Finanzämter aufgelöst werden sollen, angeregt. Dazu möchte ich anmerken, dass solche Außenstellen, unabhängig von der tatsächlichen Ausgestaltung, natürlich mit einem organisatorischen und technischen Aufwand verbunden sind. Die Einrichtung solcher Außenstellen würde nicht zu den Effekten führen, die ich zur Grundlage meiner Entscheidung gemacht habe.

Ich will sagen - das kann mir jeder abnehmen -, dass wir uns das reiflich überlegt haben. Sie können mir abnehmen, dass der Effekt dieser gesamten Reform, sofern wir diese Außenstellen weiterhin betreiben würden, eher fragwürdig wäre. Denn ich kann nicht in einem Finanzamt, welches derzeit aus drei Etagen besteht, in der unteren Etage ein Bürgerbüro einrichten und sagen, der Rest der Etagen geht mich nichts an.

Ich denke, wir sollten uns nicht gegenseitig absprechen, auch solche Gedanken in den Vormonaten gehabt zu haben. Meine Aufgabe ist es aber, dass ich, sofern ich eine solche Lösung vorschlage, unter dem Strich auch für den Landeshaushalt einen effektiven Gewinn herbeiführe; alles andere wäre unsinnig. Zudem hat die Praxis gezeigt, dass sich die Bürger bei den Außenstellen eher auf die Hauptstandorte konzentrieren, weil sie dort auf ihre vielfältigen Fragen letztlich vielfältige Antworten finden.

Mit der Strukturreform werden keine Personalreduzierungen für die steuerfachlichen Aufgaben in den Finanzämtern verbunden sein. Deswegen ist die Frage nach der Qualität hinfällig. Denn diejenigen, die heute die Arbeit machen, werden, vom Status quo aus betrachtet, auch weiterhin dort bleiben.

Klar ist aber auch - das werden Sie bei der anstehenden Beratung zum Personalentwicklungskonzept mit diskutieren müssen -, dass die Finanzverwaltung SachsenAnhalts aufgrund des prognostizierten Bevölkerungsrückgangs zurückgeführt werden muss. Dieser Bevölkerungsrückgang beträgt über 300 000 Einwohner und ist schlimm.

Die derzeitigen Personalreduzierungen werden sich auf die durch die Aufgabe von Standorten realisierbaren Einsparungen im Leitungsbereich sowie im inneren Dienst, vom Status quo ausgehend, beschränken. Aber - ich sage es noch einmal - die Kosten, die sich durch die Bewirtschaftung einer großen Immobilie ergeben, kommen hinzu. Die Personalreduzierungen werden im Rahmen der natürlichen Personalfluktuation in Form von bewilligten Altersteilzeitanträgen bzw. des regulären Eintritts in Rente oder Ruhestand erfolgen.

Die Neugestaltung der Finanzamtsstruktur wird keine Auswirkungen auf die Qualität der von der Finanzverwaltung zu erbringenden Dienstleistungen haben.

In Bezug auf die Qualität und die Quantität der Dienstleistung steht zwar immer wieder die Wahrung der Einräumigkeit der Verwaltung im Blickpunkt, aber trotz aller Bemühungen wird der Grundsatz der Einräumigkeit der Verwaltung nicht für die Zuständigkeitsbezirke aller Finanzämter umgesetzt werden können. Übrigens - ich habe es bereits erwähnt - gibt es auch Spezialaufgaben, welche die Finanzämter für bestimmte Bereiche erledi

gen; damit ist die Einräumigkeit von jeher gar nicht möglich.

Eine vollständige Umsetzung der Einräumigkeit ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht tragbar. Ich sage an dieser Stelle: Auch aufgrund von Strukturentscheidungen ist dies in der Mitte von Sachsen-Anhalt sehr schwierig. Das ist aber das Grundproblem der räumlichen Einteilung. Auch aus diesem Grund wird es die Debatte darüber, ob Räume richtig zugeschnitten worden sind oder nicht, in den nächsten zehn Jahren immer wieder geben.

Mit dem E-Government-Projekt Elster - das ist die Kurzbezeichnung für die elektronische Steuererklärung - können Bürger die Möglichkeit nutzen, ihre Steuererklärung in elektronischer Form an das zuständige Finanzamt zu übermitteln. Diese Möglichkeit wird schon jetzt von vielen Bürgern genutzt.

Dieses Angebot macht bereits heutzutage den herkömmlichen Gang zum Finanzamt für viele entbehrlich. So können steuerliche Belange schnell und einfach von zu Hause aus erledigt werden und ein persönlicher Kontakt zum Finanzamt ist, wenn überhaupt, in immer weniger Fällen erforderlich.

Ich sage noch einmal, dass ich erstaunt darüber bin, wie viele Menschen in Sachsen-Anhalt jetzt ihr Herz für die Finanzämter entdeckt haben.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD)

Ich weiß, dass das nachlassen wird.

Ein wesentliches Thema der Großen Anfrage ist die Wirtschaftlichkeit der Strukturreform. Die Neugestaltung der Finanzverwaltung wird, wie bereits ausgeführt, im Betrachtungszeitraum zu vorsichtig geschätzten Kosteneinsparungen in Höhe von 17 Millionen € führen. Dies belegt die Notwendigkeit der Überprüfung der vorhandenen Strukturen.

Natürlich gibt es auch Risiken bei der Umsetzung des Konzepts. Dies kann, so glaube ich, gar nicht ausbleiben. So würde zum Beispiel eine verzögerte Realisierung der einzelnen Baumaßnahmen auch zu einer zeitlichen Verzögerung der Standortschließungen führen. Die Veräußerung von Liegenschaften bzw. die Aufgabe von angemieteten Objekten wäre dann erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich.

Ein Beispiel hierfür: Die Sanierung der so genannten Scheibe C in Halle als Standort für das neue Finanzamt ist als Grundpfeiler für die Umsetzung des Strukturkonzepts im Süden Sachsen-Anhalts unabdingbar,

(Zustimmung vom Minister Herrn Dr. Daehre)

weil sich daran bestimmte Entwicklungen anlehnen. Die bisher zu Finanzamtszwecken genutzten landeseigenen Gebäude in Halle sind stark sanierungsbedürftig. Ich denke, darin sind wir uns alle einig. Ich bin aber zuversichtlich, dass alle Beteiligten die notwendigen Anstrengungen für eine termingerechte Fertigstellung der bereits von der früheren Landesregierung beschlossenen Baumaßnahmen unternehmen werden; wir haben dies im Kabinett bereits besprochen und auch beschlossen.

Neben den notwendigen Baukosten werden darüber hinaus Kosten für die Umzüge der Behörden, Kosten für die IT-Ausstattung sowie Reisekosten anfallen. Die bereits zu diesem Zeitpunkt erkennbaren Aufwendungen sind in einer durchgeführten Kosten-Nutzen-Analyse enthalten.

Die Einsparungen, die sich aus der Zusammenlegung von Finanzämtern ergeben, sind darin auch berücksichtigt worden. In der Kosten-Nutzen-Analyse wurden die monetären Auswirkungen der Strukturreform umfassend betrachtet. Die Analyse stellt neben den monetären Kennwerten auch die nicht in Geld zu bewertenden Aspekte und Wirkungen dar und entspricht somit der Anforderung der Landeshaushaltsordnung nach einer umfassenden Darstellung des gesamtwirtschaftlichen Nutzens.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Großen Anfrage wird auch auf die Resonanz auf die von der Landesregierung getroffene Entscheidung bei den Beschäftigten bzw. deren Vertretungen eingegangen. Die von den Standortschließungen betroffenen Beschäftigten stehen einer solchen Veränderung naturgemäß kritisch gegenüber. Ich denke, das ist völlig klar und kann auch nicht anders sein. So bedingt eine Standortschließung in der Regel einen Dienstortwechsel, der gegebenenfalls mit längeren Anfahrtszeiten oder mit einem Wechsel des Aufgabengebiets verbunden ist.

An dieser Stelle werden im Rahmen der Umsetzung der Reform durch die Personaldienststellen in enger Abstimmung mit den Personalvertretungen Lösungen gesucht werden, die den Bedürfnissen der Beschäftigten so weit wie möglich entgegenkommen sollen. Ich habe bereits mehrere Gespräche mit den Personalvertretungen geführt und ich weiß - wir haben dafür schon einen Termin -, dass wir diese Diskussion fortsetzen werden. Wir wollen, soweit es möglich ist, für jeden einzelnen Arbeitsplatz eine solche Betrachtung anstellen.

Die Steuerverwaltung wird damit die Beschäftigten in die Umsetzungsplanung einbeziehen und Dienstortwechsel über nicht unmittelbar betroffene Finanzämter in Form von so genannten Kettenversetzungen anbieten. Dieser Mehraufwand für die Personaldienststellen wird durch die Steuerverwaltung erbracht werden, um sozialverträgliche und den Bedürfnissen der Beschäftigten entsprechende Lösungen zu finden und dies in möglichst allen Fällen.

Lassen Sie mich noch auf ein Argument, welches sich gegen die Strukturreform richtet, eingehen. Die Schließung eines Finanzamtes kann für die betroffene Stadt sowie die Region eine wirtschaftliche Schwächung bedeuten. Wir haben uns bemüht, in Zusammenarbeit mit den Vertretern der Kommunen eine für die Beteiligten zufrieden stellende wirtschaftliche Lösung zu erreichen, wobei wir wissen, dass das nicht überall möglich ist. Wenn es in einem neuen Landkreis drei Städte gibt, die sich um einen solchen Standort bemühen, dann - das ist klar - wird sich diejenige Stadt freuen, wo der Standort hinkommt; die anderen beiden Städte werden das nicht besonders gut finden. Da kann ich noch so lange reden: Am Ende wird eine Kommune eine Lösung nur gut finden, wenn sie der Standort wird. Das liegt in der Natur der Sache.

Die nach Bekanntwerden der Planungen der Landesregierung zur Strukturreform der Finanzverwaltung eingegangenen Angebote zur Unterbringung der Finanzämter wurden so weit wie möglich berücksichtigt. Die durchgeführten Kosten-Nutzen-Analysen haben gezeigt, dass die ausgewählten Liegenschaften den Interessen der Steuerverwaltung und den gesamtgesellschaftlichen Interessen so weit wie möglich entgegenkommen.