Protocol of the Session on March 22, 2007

Dann zur Begründung. Meine Damen und Herren! Eine gemeindliche Strukturreform nehmen wir derzeit vor. Dass diese unverzichtbar ist, haben wir erkannt. Daher haben wir uns daran gemacht und im Koalitionsvertrag vereinbart, diese durchzuführen.

Dann wird auch noch behauptet, dass in den letzten Monaten gezeigt worden sei, dass die parlamentarischen Konstellationen nicht in der Lage seien, kurzfristig Strukturreformen zu realisieren, da die Positionen der Koalitionsparteien stark voneinander abwichen. Als ich das gelesen habe, habe ich mir gedacht, aha, kurzfristig. Gerade das wollen wir nicht. Wir haben nicht vor, kurzfristig, husch, husch, ein ganzes Land in seinen Strukturen zu verändern,

(Lachen bei der Linkspartei.PDS)

wie es anscheinend die Linkspartei.PDS machen möchte. Wir setzen uns intensiv mit der Problematik auseinander und nehmen uns die Zeit, die dieses Land verdient hat, um sinnvolle Strukturen zu schaffen.

(Herr Dr. Thiel, Linkspartei.PDS: Stehen Sie auch dazu, Herr Kolze!)

Wir werden im Endeffekt keine Kompromisslinien schaffen, sondern eine Gesamtlösung als Ergebnis langwieriger Verhandlungen, die diesem Land zugute kommen wird. Die neuen Strukturen werden nachhaltig werden; denn, meine Damen und Herren, bei der bisherigen Tätigkeit zur flächendeckenden Einführung von Einheitsgemeinden in Sachsen-Anhalt haben wir sehr viel Resonanz aus der Bevölkerung bekommen.

(Lachen bei der Linkspartei.PDS)

Viele Briefe, viele Besuche in Gemeinden, Gemeindebereisungen und viele Sitzungen im Landtag mit dem Koalitionspartner führen uns Stück für Stück weiter und werden uns dazu verhelfen, unter Berücksichtigung aller Aspekte und Meinungen, die wir zu diesem Thema gewonnen haben, nachhaltige Strukturen für unser Land zu schaffen.

Würden wir dieses Ziel nicht verfolgen, dann hätten wir uns direkt zusammensetzen und an einem Reißbrett Linien ziehen können, die das ganze Land neu aufgeteilt hätten,

(Herr Dr. Eckert, Linkspartei.PDS: Das haben Sie schon mit der Kreisgebietsreform gemacht!)

ohne dabei individuelle Anliegen der Gemeinden zu berücksichtigen. Hätten wir das getan, dann hätten wir sicherlich auch schon kurzfristig realisierbare Ergebnisse erzielen können. Aber wie hoch wären die Kosten und wie groß der Missmut in der Bevölkerung geworden?

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich gar nicht weiter als bisher zu dem Antrag der Linkspartei.PDS aussprechen; denn die Aufforderung, im Endeffekt in der fünften Wahlperiode nichts zu verabschieden, lässt nur den Rückschluss zu, dass die Linkspartei.PDS tatsäch

lich davon ausgeht, in der sechsten Wahlperiode eine regierungstragende Fraktion zu werden,

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

um dann Strukturen und Vorhaben umzusetzen, die jetzt von ihr angezweifelt werden.

(Lachen bei der Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren! Ich lehne den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS ab und bitte Sie hiermit, das Gleiche zu tun. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kolze. - Für die FDP-Fraktion spricht Herr Wolpert.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, Sie haben Recht. Ich hatte schon mit dem Gedanken gespielt, meine Rede von vorhin einfach zu Protokoll zu geben, weil es doch sehr ähnlich ist. Aber der Antrag hat schon einen gewissen Charme. Diesbezüglich muss ich der PDS ein Kompliment machen.

Es ist zwar kaum zu erwarten, dass sich die Regierungsparteien dazu durchringen werden, dem Antrag eine Mehrheit zu geben; denn Sie, meine Damen und Herren von der PDS, fordern darin nichts anderes als die Bankrotterklärung der Regierung durch die Regierungsfraktionen selbst.

(Heiterkeit und Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich kann das verstehen. Wenn man das Regierungshandeln in den letzten Wochen erlebt hat,

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Wenn Sie sich enthalten würden!)

dann wird man zu solchen Anträgen getrieben.

(Unruhe bei der CDU und bei der SPD)

Es ist ja nicht mehr mit anzuschauen. Ich frage mich wirklich, ob man die Entscheidung, alle strittigen Gesetze aus dem Parlament herauszunehmen, nicht unter Umständen als eine strafbare Konkursverschleppung bewerten könnte, die von der Regierung betrieben wird.

Aber eines ist doch schon beachtenswert. Seit einem Jahr werden auf fast allen Fronten Strukturreformen angeschoben, denen allen eines gemein ist: Sie sind entweder nicht durchdacht oder nicht gerechtfertigt. Aber sie sind nie in irgendeiner Weise aufeinander abgestimmt.

(Beifall bei der FDP und bei der Linkspartei.PDS)

Am deutlichsten wird es am Beispiel Halberstadt. In der letzten Legislaturperiode wurde diese Stadt mit großer Mehrheit, auch von der SPD, zur Kreisstadt erkoren, weil alle Kriterien des Grundsätzegesetzes eindeutig erfüllt waren. Jetzt wird die zentralörtliche Bedeutung herunterreformiert, sodass die Entscheidung von damals konterkariert wird: Polizeidirektion weg, Finanzamt weg, Arbeitsgericht weg, Staatsanwaltschaft weg. Ich frage mich langsam: Haben Sie der Stadt den Krieg erklärt?

(Zuruf von Herrn Dr. Eckert, Linkspartei.PDS)

Noch im Januar haben die Regierungsparteien verlauten lassen, dass sie an der zentralörtlichen Bedeutung als Instrument der Landesentwicklung festhalten. Ich frage mich, was passiert eigentlich, wenn Sie das nicht mehr tun. Dagegen scheint das Tohuwabohu bezüglich der Einheitsgemeinden noch harmlos zu sein, weil diesbezüglich Gott sei Dank noch nichts entschieden worden ist.

Sieht man aber die letzten Wochen, dann kann man verstehen, dass man sich zu einem solchen Antrag nicht nur hinreißen lässt, sondern dazu gar gezwungen fühlt.

Inhaltlich kann ich dem Antrag zumindest wegen der Begründung nicht zustimmen. Er ist mit einer Behauptung untersetzt, die ich nicht teilen kann. Diese haben Sie in der mündlichen Begründung aber etwas relativiert.

Die Auffassung, dass die Gemeindestrukturen nicht zukunftsfähig sind und deshalb mittelfristig zu verändern sind, ist mit nichts belegt, von Ihnen nicht und von der Koalition schon gleich gar nicht. Die jetzt gewählte Struktur mit mindestens 8 000 Einwohnern pro Einheitsgemeinde und mindestens 10 000 Einwohnern pro Verwaltungsgemeinschaft ist im Regelfall durchaus in der Lage, die demografischen Entwicklungen in den nächsten zwölf bis 15 Jahren aufzufangen und zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.

Andere Zukunftsaufgaben sind noch nicht einmal definiert worden, weshalb auch die Frage nicht beantwortet werden kann, ob die Strukturen dafür geeignet sind. Die Frage, ob die Anzahl der Verwaltungsämter bezogen auf die Anzahl der Einwohner der richtige Ansatz ist oder die Anzahl der Gemeinden im Verhältnis zu den Einwohnern bei gleicher Aufgabenerfüllung, bleibt immer ungeklärt. Das wäre aber die Voraussetzung, um feststellen zu können, ob eine Reform notwendig ist. Erst nach der Beantwortung dieser Frage ist weiter zu prüfen, in welcher Form eine Veränderung der Strukturen richtig wäre. An dieser Stelle, Herr Kolze, stellt sich schon die Frage, ob man etwas tut.

Ich gebe Ihnen Recht. Es ist festzustellen, dass die Regierungskoalition zu beidem nicht willig oder sogar nicht fähig ist. Es hat vielmehr den Anschein, dass nicht nur der Stadt Halberstadt, sondern dem gesamten ländlichen Raum der Krieg erklärt wurde. Abschaffung von 80 % der Gemeinderatsmitglieder, Abschaffung aller ehrenamtlichen Bürgermeister, Ausdünnung der Landesverwaltung etc.

Im Gegensatz zu der Auffassung von Herrn Dr. Daehre - es tut mir sehr leid, lieber Karl-Heinz, das sagen zu müssen - muss ich sagen: Es tut niemand, was du willst, weil du nicht sagst, was du willst.

Die SPD weiß, dass sie Einheitsgemeinden will, sie weiß aber nicht, warum sie sie will.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Und die CDU? - Die CDU will keine Einheitsgemeinden, sie weiß aber nicht, wie.

Die Linkspartei.PDS kommt daher und sagt: Hilfe, ich bin ein Opfer der großen Koalition, holt mich hier heraus!

(Beifall bei der FDP - Heiterkeit bei der Linkspar- tei.PDS)

Nein, meine Damen und Herren, der Ansatz dieses Antrags ist richtig: Erst denken und dann handeln! Insoweit können wir dem Kern sogar fast zustimmen. Nur diese

Begründung, die bringt uns zur Enthaltung. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP - Heiterkeit bei der Linkspar- tei.PDS)

Vielen Dank, Herr Wolpert. - Nun spricht für die SPDFraktion die Fraktionsvorsitzende Frau Budde.

(Unruhe)

Es geht über den Schal nicht hinaus. Keine Hoffnung, meine Herren. - Herr Wolpert, es hätte ja nur noch die FDP gefehlt: Helden wie wir!

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zuruf von Herrn Wolpert, FDP)

Hätten Sie nicht so viel Angst vor der eigenen Courage gehabt, hätten Sie in Ihrer Regierungszeit die Vorschaltgesetze von unserem Manfred Püchel und der SPD und der PDS damals nicht angehalten, sondern hätten eine Gebietsreform gemacht, hätten eine Strukturreform gemacht. Da Sie das alles besser können, wären wahrscheinlich bessere Strukturen herausgekommen.