Protocol of the Session on February 22, 2007

Mit der Änderung des § 15a FAG sollte einem Urteil des Landesverfassungsgerichts vom 14. September 2005 Rechnung getragen werden. Mit diesem Urteil - es trägt das Aktenzeichen LVG 7/03 - hat das Landesverfassungsgericht einen Artikel des ersten Investitionserleichterungsgesetzes aufgehoben, weil bestimmte Aufgaben ohne eine adäquate Kostenregelung von den Landkreisen auf andere kommunale Träger übertragen wurden. Wegen der fehlenden Kostendeckungsregelung war nach Auffassung des Verfassungsgerichts Artikel 87 Abs. 3 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt verletzt worden.

Im Laufe der Beratung des Gesetzentwurfs am Nachmittag des 22. November 2006 wurde der Gesetzgebungs-

und Beratungsdienst gebeten zu prüfen, ob § 1 des Gesetzentwurfs mit den Entscheidungen des Landesverfassungsgerichts vom 13. Juli 2006 zu § 19a des Finanzausgleichgesetzes in der Fassung vom 21. Dezember 2004 vereinbar ist.

Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst legte dem Ausschuss seine schriftliche Stellungnahme hierzu mit Schreiben vom 28. November 2006 vor. Er führte darin aus, dass sich aus der Sicht des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes gegenwärtig nicht feststellen lässt, dass § 1 des in Rede stehenden Gesetzentwurfs Vorgaben des Landesverfassungsgerichtes in den Urteilen LVG 7/05 und LVG 21/05 widerspricht.

Die Frage, ob der Landesgesetzgeber gehindert ist, die Regelung über die Verpflichtung zur Leistung einer Finanzausgleichsumlage dahin gehend zu modifizieren, dass die Finanzausgleichsumlage unter anderem die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Kreisumlage vermindert, muss den Ausführungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zufolge nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts als offen bezeichnet werden.

Der Finanzausschuss stimmte in der 17. Sitzung am 23. November 2006 der vorläufigen Beschlussempfehlung zu, soweit es um die Änderung der §§ 9 und 19a FAG ging. Den Änderungen der §§ 11 und 15a FAG wurde aufgrund von Bedenken im Hinblick auf das so genannte Zweilesungsprinzip nicht zugestimmt.

In einer weiteren Sitzung am 30. November 2006 befasste sich der Innenausschuss mit der Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses. Er sah davon ab, eine endgültige Beschlussempfehlung zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes zu erarbeiten. Die Koalitionsfraktionen kündigten an, die Änderungen der §§ 11 und 15a FAG zum Gegenstand eines gesonderten Gesetzentwurfs zu machen, der erst nach der Beratung durch den Landtag im Innenausschuss behandelt werden sollte.

Die Fraktionen der CDU und der SPD legten dem Landtag in der 12. Sitzung am 14. Dezember 2006 den angekündigten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes in der Drs. 5/397 neu mit der Absicht vor, beide Gesetzentwürfe, nämlich den der Landesregierung und den der Koalitionsfraktionen, miteinander zu verbinden. Der Landtag überwies diesen Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Landesentwicklung und Verkehr sowie für Finanzen.

Der Innenausschuss befasste sich erstmals in der 11. Sitzung am 21. Dezember 2006 mit beiden Gesetzentwürfen. In Vorbereitung dieser Beratung legte der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst eine mit dem Innenministerium abstimmte Synopse vor, in welcher die Änderungsvorschläge des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes, die rechtsförmlicher Art waren, dargestellt wurden.

Der Innenausschuss verabschiedete in der Sitzung am 21. Dezember 2006 eine vorläufige Beschlussempfehlung an die mitberatenden Ausschüsse. Die Änderungsvorschläge des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes fanden hierbei Berücksichtigung.

Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr befasste sich in der 9. Sitzung am 10. Januar 2007 mit den

für ihn relevanten Punkten der vorläufigen Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 5/397 neu und stimmte diesen mehrheitlich in unveränderter Fassung zu.

Der Ausschuss für Finanzen befasste sich in der 22. Sitzung am 31. Januar 2007 mit der vorläufigen Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu den Gesetzentwürfen zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und stimmte dieser ebenfalls mehrheitlich in unveränderter Fassung zu.

Daraufhin nahm der Innenausschuss beide Gesetzentwürfe auf die Tagesordnung der 14. Sitzung am 12. Februar 2007 und verabschiedete im Ergebnis seiner Beratung unter Beachtung der Hinweise des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes mit 8 : 4 : 0 Stimmen die Ihnen in der Drs. 5/521 vorliegende Beschlussempfehlung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Namen des Ausschusses für Inneres bitte ich um Ihre Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Herzlichen Dank dem Abgeordneten Herrn Kolze. - Für die Landesregierung erteile ich nun dem Minister des Innern Herrn Hövelmann das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst, sehr verehrter Kollege Kolze, Respekt und gute Besserung. Ich glaube, das durchzuhalten ist nicht so einfach.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vom 21. Dezember 2004 hat der Gesetzgeber in der vergangenen Legislaturperiode die Finanzausgleichsumlage eingeführt; denn es war erkennbar, dass einige Gemeinden so steuerstark sind, dass ihre Finanzkraft den Finanzbedarf deutlich übersteigt.

Herausragend steuerstarke Gemeinden sollen einen Teil dieses Überschusses abführen. Vor dem Hintergrund der angespannten kommunalen Finanzlage gebietet dies die interkommunale Solidarität.

Die Abschöpfung steuerstarker Gemeinden durch die Erhebung einer Finanzausgleichsumlage ist im Übrigen kein Novum sachsen-anhaltischer Gesetzgebung. Es gibt in vielen anderen Bundesländern vergleichbare Regelungen, so in Schleswig-Holstein, in Rheinland-Pfalz, in Niedersachsen und auch in Baden-Württemberg.

Aus unterschiedlichen Gründen haben zwei Gemeinden des Landes Sachsen-Anhalt Verfassungsbeschwerde gegen die gesetzliche Regelung erhoben. Daraufhin hat das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt am 13. Juni 2006 festgestellt, dass besagter § 19a FAG mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung unvereinbar ist, weil das Gesetz keine Vorsorge dagegen getroffen hat, dass eine kreisangehörige Gemeinde im Einzelfall über die verfassungsrechtlichen Grenzen hinaus abgeschöpft oder in eine Position gebracht wird, die sie im Vergleich zu den nicht am Finanzausgleich beteiligten Gemeinden im Ergebnis schlechter stellt.

Die Auswertung der Urteile des Landesverwaltungsgerichtes ließ mehrere Handlungsmöglichkeiten zu. Zu den Vorschlägen wurden verschiedene Modellrechnungen durchgeführt. An den übrigen Voraussetzungen für die Erhebung der Finanzausgleichsumlage wurde festgehalten. Wir wollten den Kreis der Betroffenen identisch halten. Das war insbesondere deshalb von Bedeutung, weil die Regelung zum Nettoprinzip rückwirkend in Kraft treten soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Schwierigkeit der Finanzausgleichsumlage besteht jedoch nicht allein in der Gewerbesteuer und in der Frage brutto oder netto, sondern insbesondere in der Kumulierung mit der Kreisumlage. Diese Kumulierung hat letztlich dazu geführt, dass das Landesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit der Finanzausgleichsumlage mit der Landesverfassung festgestellt hat.

Da die Gewerbesteuerumlage nicht der Einflussnahme des Landes unterliegt, wurde in den Rechenmodellen ein möglichst geringer Eingriff in die Kreisumlagenberechnung in der Weise gewählt, dass die abzuführende Finanzausgleichsumlage von der Steuerkraftmesszahl abgezogen wird. Damit kann die Kreisumlagenbelastung für die von der Finanzausgleichsumlage betroffenen Kommunen im Sinne der Entscheidung des Landesverfassungsgerichtes etwas verringert werden, ohne über Gebühr in das Kreisumlagengefüge einzugreifen.

Denn die allgemeinen Zuweisungen, die umlagestarke Landkreise wegen ihrer besonders steuerstarken Gemeinden verlieren, insbesondere die Landkreise Weißenfels und Merseburg-Querfurt, werden auf die weniger umlagestarken Landkreise umverteilt. Die geplante Änderung dämpft diesen Umverteilungseffekt, keineswegs - das ist besonders wichtig - kommt es jedoch zu einer Verkehrung ins Gegenteil oder einer Belastung finanzschwacher Gemeinden durch höhere Kreisumlagenzahlungen.

Im Übrigen werden die Regelungen im Wesentlichen beibehalten bzw. konkretisiert.

Sehr geehrte Abgeordnete! § 19a Abs. 3 Satz 3 des Gesetzentwurfes enthält eine zusätzliche Auffangregelung. Diese eröffnet auch rückwirkend die Möglichkeit, dem Fall ausreichend Rechnung zu tragen, dass die Verpflichtung zu der Abführung einer Finanzausgleichsumlage bei atypischen Sonderfällen, zum Beispiel bei einer Gewerbesteuerrückerstattung, entfällt.

Ausdrücklich wird auf den Begriff der „angemessenen Finanzkraft“ und gerade nicht auf den Begriff „Steuerkraft“ abgestellt. Darin kommt zum Ausdruck, dass in die Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit einer Gemeinde auch Einnahmen aus Rücklagen einfließen können und einfließen müssen.

Mit dem ursprünglichen Gesetz zur Änderung des FAG zusammengeführt wurde der Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD. Damit wurde zum einen die noch zu treffende Kostenregelung zum Ersten Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und zur Entbürokratisierung nachgeholt.

Mit Artikel 4 des Ersten Investitionserleichterungsgesetzes sind den Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften mit weniger als 10 000 Einwohnern Aufgaben übertragen worden, die bis dahin in der Zuständigkeit der Landkreise lagen. Durch diese Aufgabenübertragung

sind die Landkreise entlastet und die Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften mit weniger als 10 000 Einwohnern belastet worden. Deshalb ist der zusätzliche Finanzbedarf für die von der Aufgabenübertragung betroffenen Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften auch aus der Masse der allgemeinen Zuweisungen der Landkreise bereitzustellen.

Zum anderen werden die in § 11 FAG bereitgestellten Mittel zweckgebunden, und es wird festgelegt, dass von dem Zuwendungsbetrag je Kilometer Kreisstraße mindestens 1 000 € für investive Zwecke zu verwenden sind.

Die Erhebung der Finanzausgleichsumlage wird - zumindest bei denen, die davon betroffen sind - auch weiterhin für eine aufgeregte Diskussion sorgen. Dennoch hoffe ich sehr, dass der neu gefundene Modus die Akzeptanz steigert; denn allein durch die Berücksichtigung der Gewerbesteuerumlage vermindert sich die Zahllast der betroffenen Gemeinden für das Jahr 2005 von 6,079 Millionen € auf 3,693 Millionen € und für das Jahr 2006 von 11,058 Millionen € auf 7,515 Millionen €.

Auch wird nach wie vor anerkannt, dass es Gemeinden gibt, die durch eigene Anstrengungen dazu beitragen, wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Aber auch dabei gilt, dass die günstigen Rahmenbedingungen im Wesentlichen ein Verdienst der Allgemeinheit waren. Fördermittel, die in bevorzugte Regionen fließen, stehen anderen Gemeinden damit nicht zur Verfügung.

Deshalb ist es nach wie vor legitim, Finanzüberschüsse teilweise abzuschöpfen und den Gemeinden zur Verfügung zu stellen, die aufgrund ihrer weniger begünstigten Lage geringere oder keine Steuereinnahmen erzielen können. Zu Erreichung vergleichbarer Lebensverhältnisse darf und muss hier die interkommunale Solidarität eingefordert werden.

Ich bitte das Parlament um Zustimmung und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Wir kommen zu der vereinbarten Fünfminutendebatte. Als erstem Debattenredner erteile ich dem Herrn Abgeordneten Kosmehl von der FDP-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kosmehl.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute in zweiter Lesung eine Änderung des Finanzausgleichsgesetzes zu beschließen. Die Entwicklung dieses Gesetzentwurfes hat der Kollege Kolze dargestellt. Insbesondere war es notwendig, dass die Koalitionsfraktionen einen gesonderten Änderungsentwurf einbrachten. Das entspricht dem Zweilesungsgebot. Ich denke, wir sind uns darin einig, dass wir das Zweilesungsprinzip hoch halten sollten; denn es stellt sicher, dass Gesetzesänderungen in zwei Lesungen im Landtag besprochen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion stimmt ausdrücklich den Regelungen in § 15a zu. Die Konnexität muss hergestellt sein. Das hat uns das Landesverfassungsgericht aufgegeben. Auch wenn es sich nur um einen kleinen Betrag handelt, ist es selbstverständlich, dass auch dieser Betrag ordnungsgemäß zufließen muss. Deshalb ist diese Regelung notwendig. Es ist gut, dass wir sie in das Gesetz einfügen.

Wir halten es auch für richtig, dass § 19a im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens wesentliche Änderungen erfahren hat. Insbesondere ist § 19a Abs. 5 des Entwurfs der Landesregierung gestrichen worden. Das hatte der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst so vorgeschlagen. Damit wird Bedenken Rechnung getragen, es könnte in die Finanzhoheit der Kreise eingegriffen werden und wir würden erneut Gefahr laufen, vor dem Landesverfassungsgericht zu unterliegen. Das hat meine Kollegin Lydia Hüskens bei der Einbringung des Gesetzentwurfs zur Änderung des FAG dargestellt. Wir finden es richtig, dass das geändert worden ist.

Die Regelung des § 19a wird sicherlich nicht ohne Streit bleiben, Herr Minister. Aber sie begegnet zumindest keinen offensichtlichen verfassungsrechtlichen Bedenken mehr.

(Herrn Tullner, CDU: Das ist doch schon mal was!)

- Herr Tullner, nicht immer haben wir verfassungsrechtliche Bedenken.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, kommen wir zu der negativen Seite dieser Änderung, und zwar zu § 11. Hierbei geht es um die Zuweisungen des Landes für die Unterhaltung der Kreisstraßen. Kein Abgeordneter der Regierungskoalition hat substantiiert vortragen können, dass diese Mittel in der Vergangenheit von den Landkreisen zweckwidrig verwendet worden sind.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der Links- partei.PDS)

Ich sage ausdrücklich, Herr Kollege Rothe: Hinweise, wie sie Herr Dr. Daehre gegeben hat - er ist gerade nicht da -, reichen als Grund dafür, dass man eine Zweckbindung in das Gesetz aufnehmen muss, nicht aus. Niemand hat nachweisen können, dass die Landkreise die Mittel bisher nicht zweckentsprechend, nicht für Investitionen verwendet haben. Dann zu sagen: „Jetzt wollen wir euch dazu zwingen“, halte ich zumindest für nicht begründet.

(Beifall bei der FDP)

Ich will das mit einem weiteren Punkt untersetzen. Herr Kollege Rothe, Sie haben aus meiner Sicht völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass die Zweckbindung bei sinkenden Zuweisungen, die wir als FDP nicht wollen, die Sie aber mit dem Haushalt beschlossen haben, aufgehoben werden muss, dass man den Kommunen für den Umgang mit den geringer werdenden Mitteln mehr Freiraum geben muss. Weniger Zweckbindung ist der richtige Weg, aber nicht irgendwann, sondern jetzt und hier wäre es notwendig gewesen, keine Zweckbindung einzuführen. Deshalb lehnen wir die Regelung in § 11 ausdrücklich ab.

(Beifall bei der FDP)