Protocol of the Session on January 25, 2007

Die Ausführungen im Gesetzentwurf als Begründung für das Erfordernis einer gesetzlichen Regelung reichen uns aber noch nicht aus. Wir erwarten deshalb detailliertere Aussagen von der Landesregierung, und wir werden darüber diskutieren, warum die bestehenden Regelungen zum Nichtraucherschutz, wie zum Beispiel die Arbeitsstättenverordnung, die Richtlinien und nicht zuletzt das Hausrecht der Eigentümer, nicht ausreichend sind und warum es einer eigenständigen gesetzlichen Regelung bedarf.

Wir können nicht über Deregulierung reden und im tatsächlichen politischen Handeln mit dem Erlass einer Vielzahl von Gesetzen genau das Gegenteil tun.

(Zustimmung bei der CDU - Beifall bei der FDP - Zuruf von Herrn Geisthardt, CDU)

Ich halte es für völlig legitim, unterschiedlicher Auffassung darüber zu sein, wie das Ziel der Verbesserung des Nichtraucherschutzes am besten erreicht werden kann, lieber Kollege Geisthardt. Ich glaube nicht, dass wir künftig präventiv erfolgreicher sind, wenn wir grundsätzlich alles über Verbote regeln.

(Zustimmung bei der CDU - Beifall bei der FDP)

Selbst wenn man zum Schutz der Nichtraucher ein Rauchverbot für richtig hält, ist abzuwägen, ob es sinnvoll ist, ein solches Verbot als Gesetz im Parlament zu verabschieden und auf der Landesebene zu erlassen, oder ob es besser ist, ein solches im Ergebnis eines Prozesses in den jeweiligen Institutionen und Einrich

tungen, also nach einer längeren argumentativen Auseinandersetzung, zu beschließen.

Wir wollen den Nichtraucherschutz verbessern. Wie aber wollen wir ihn durchsetzen? Wie wollen wir das Verbot kontrollieren? Und wie wollen wir Sanktionen umsetzen, die wiederum noch nicht im Gesetzentwurf beschrieben sind?

Das Ministerium für Gesundheit und Soziales ist aufgrund einer Dienstvereinbarung seit dem 1. September 2006 ein rauchfreies Ministerium. Krankenhäuser und Kitas sind, jedenfalls soweit ich sie kenne, ebenfalls seit Langem rauchfrei. Bereits diese ausdrücklich zu unterstützenden Beispiele zeigen, dass es auch ohne eine gesetzliche Regelung geht.

(Zustimmung bei der CDU - Beifall bei der FDP)

Des Weiteren ist aus unserer Sicht zu klären, warum ein Rauchverbot in Justizvollzugsanstalten und in Patientinnen- und Patientenzimmern im Maßregelvollzug generell nicht gelten soll, während es in Mehrbettzimmern in Senioren-, Behinderten- und Pflegeeinrichtungen gelten soll. Wie will man das dem Bürger erklären?

Es ist schwierig, einem 85-jährigen Opa, der Zeit seines Lebens geraucht hat, zu erklären, dass er an seinem Lebensabend nicht mehr rauchen soll, während jemand, der gegen die Gesetze verstoßen hat und in einer Justizvollzugsanstalt einsitzt, das Rauchverbot nicht zu befolgen hat. Das ist für uns, die Parlamentarier, durchaus schwierig.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Vorstoß von Ministerin Frau Dr. Kuppe, darüber hinaus auch ein Rauchverbot in Gaststätten anzustreben, ist aus ihrer Sicht als Gesundheitsministerin legitim. Für uns, die CDU-Fraktion, steht diese Frage zurzeit noch nicht auf der Agenda.

Bereits in diesem Stand des Gesetzgebungsverfahrens haben wir die Frage, die ich eben schon in den Raum gestellt habe, zu klären, ob der Gesetzgeber überhaupt handeln muss. Der Vorschlag stößt bereits in der ersten Diskussion in der Öffentlichkeit auf breite Ablehnung. Meine Fraktion nimmt die Bedenken der Öffentlichkeit zur Kenntnis und nimmt auch die Bedenken des Hotel- und Gaststättengewerbes ernst.

Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband haben bereits eine Vereinbarung über eine verbindliche Regelung zum Nichtraucherschutz in Hotellerie und Gastronomie getroffen. Sie wollen im Rahmen dieser Vereinbarung ein gesetzliches Rauchverbot in Gaststätten vermeiden. Die Vereinbarung gilt allerdings nur für Betriebe, die dem Dehoga-Verband angehören, die regelmäßig Speisen anbieten und über mindestens 40 Sitzplätze verfügen bzw. 75 m² Gastfläche aufweisen.

Danach sollen bis zum 1. März 2006 mindestens 30 % aller Speisebetriebe mindestens 30 % ihres Platzangebotes für Nichtraucher und bis zum 1. März 2007 mindestens 60 % aller Speisebetriebe mindestens 40 % ihres Platzangebotes für Nichtraucher bereithalten.

Soweit ich weiß, ist diese Quote in Sachsen-Anhalt bereits erfüllt. Deshalb denke ich, der Staat kann nicht dazu da sein, für die Menschen alles zu regeln oder es ihnen sogar zu verbieten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Namens der CDUFraktion beantrage ich die Überweisung des Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Soziales und zur Mitberatung an die Ausschüsse für Bildung, Wissenschaft und Kultur, für Recht und Verfassung sowie für Inneres und für Wirtschaft. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke sehr, Herr Kurze. - Für die Fraktion der Linkspartei.PDS spricht die Abgeordnete Frau Penndorf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir reden heute über den Entwurf eines sehr heftig debattierten Gesetzes zur Wahrung des Nichtraucherschutzes in unserem Land. Die Bundesregierung hat es nicht geschafft, ein bundesweites Nichtraucherschutzgesetz auf den Weg zu bringen. Es ist beachtlich, dass das Ministerium für Gesundheit und Soziales unseres Landes diesen Gesetzentwurf jetzt einbringt.

Dieser Gesetzentwurf stärkt den Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern und insbesondere auch den Schutz gesundheitlich besonders gefährdeter Personengruppen wie Kranke, Kinder, Pflegebedürftige sowie Menschen mit Behinderungen und unterstützt in diesem Sinne gleichzeitig den Jugendschutz.

Angesichts der immensen Gesundheitsrisiken muss das Selbstbestimmungsrecht der Raucherinnen und Raucher an der Stelle seine Grenzen finden, an der andere Menschen durch das passive Mitrauchen gefährdet sind.

Es gibt das Recht auf Gesundheit und dies muss gewährleistet sein. Dies gilt für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in allen Bereichen, insbesondere am Arbeitsplatz, in öffentlichen Gebäuden, in Schulen, in Kinder- und Jugendeinrichtungen, in Krankenhäusern und in Pflegeeinrichtungen.

In Deutschland sterben jährlich etwa 3 000 Nichtraucher, weil sie als Passivraucher der schädlichen Wirkung des Tabakrauchens ausgesetzt waren. Es sterben in Deutschland jährlich etwa 60 Säuglinge an den Folgen des passiven Rauchens. Dem müssen wir entgegentreten.

Es gibt auch in unserer Fraktion eine zwiespältige Meinungslage bei diesem Problem. Einigen geht dieser Gesetzentwurf noch nicht weit genug. Sie sind dafür, dass wir der Bundesregierung empfehlen sollten, die Arbeitsstättenverordnung zu novellieren; denn § 5 Abs. 2 hebelt Abs. 1 wieder aus. Somit wird der Nichtraucherschutz erheblich eingeschränkt.

Einige Kolleginnen und Kollegen aus unserer Fraktion sagen, dass der Nichtraucherschutz nicht zur Diskriminierung und Ausgrenzung der Raucherinnen und Raucher führen darf. Um die Persönlichkeitseinschränkung zu begrenzen, sind wir für die Einrichtung von Raucherbereichen für Erwachsene und für den Einsatz von hochentwickelten Abluftsystemen für eine rauchfreie Innenluft.

Andere Kollegen aus unserer Fraktion meinen: Überzeugung ist besser als ein Verbot; wir sollten mit der Europäischen Kommission mitgehen, die im Mai 2006 eine Imagekampagne für das Nichtrauchen bei Jugendlichen

startete. Hierbei wird kein Verbot ausgesprochen oder mit dem erhobenen Zeigefinger hantiert. Vielmehr wird den Jugendlichen im Umgang mit Erwachsenen etwas erlaubt, das in der Regel nicht gestattet ist, nämlich nein zu sagen: nein zu Drogenmissbrauch und Abhängigkeit, nein zu Gruppenzwang und Uniformität, nein zu Zigaretten und Nikotin. Dazu sollten wir sie ermuntern.

(Herr Gürth, CDU: Nein zur PDS!)

Denn wirkliche Freiheit ist die Freiheit, nein zu sagen. Das, meine Damen und Herren, ist die Aussage dieser Kampagne. Dies ist eine Präventionsmaßnahme, die Kinder und Jugendliche anspricht und die wir auch unterstützen sollten.

Wir als Landtagsabgeordnete sollten unsere Entscheidung nicht davon abhängig machen, ob wir Raucher oder Nichtraucher sind; denn wir müssen unsere gemeinsame Entscheidung über diesen Gesetzentwurf für den Gesundheitsschutz treffen, weil nur so das Recht auf Gesundheit für die Teilhabe aller an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens gewährleistet werden kann.

(Herr Kosmehl, FDP: Oh!)

Dabei sollten wir jedoch berücksichtigen, dass Tabakerzeugnisse legale Drogen sind und dass Stoffe, die die Tabakindustrie den Erzeugnissen beimischt, süchtig machen.

(Herr Tullner, CDU: Ganz genau!)

Diese Tatsache ist wissenschaftlich belegt und bewiesen.

Ich bin in Überstimmung mit Frau Dr. Kuppe darüber, dass ein gesetzlicher Nichtraucherschutz mit einer zielgerichteten Präventionsarbeit in Schulen und Freizeiteinrichtungen verknüpft werden sollte. Wir sind für einen parallel zur Gesetzesberatung zu erarbeitenden Landesaktionsplan zur Suchtprävention.

Deshalb empfehlen wir die Überweisung des Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Soziales und zur Mitberatung an die Ausschüsse, die die Kollegen bereits genannt haben. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Es gibt eine Nachfrage von Herrn Gürth. Würden Sie sie beantworten? - Herr Gürth, bitte sehr.

Würden Sie sagen, dass bei Ihrer Argumentation der Nichtraucherschutz im Vordergrund steht, also mehr der Schutz der Nichtraucher und weniger der Umgang mit den Rauchern?

Die persönliche und individuelle Freiheit zu rauchen gestehen Sie durchaus zu? - Wenn das so ist, glauben Sie dann nicht, dass man eher den Rauch statt den Raucher bekämpfen muss, dass man also den Rauch und nicht den Raucher verbannen muss, um den Nichtraucher zu schützen?

Das kann man nicht unabhängig voneinander betrachten.

Doch, weil das die Frage ist, ob man mit der gesetzlichen Keule kommt oder mit einer technischen Lösung und einer freiwilligen Vereinbarung.

Nein, man kann das nicht aus dem Zusammenhang lösen. Oftmals steht in den Krankenhausberichten, die die Ärzte schreiben, dass auffällige Verhaltensweisen bei Rauchern aufgrund von Nikotinabusus bestehen. Abusus heißt: Missbrauch von Drogen jeglicher Art. Deshalb muss man das beides im Zusammenhang sehen. Fünf Minuten reichen hierfür nicht aus. Normalerweise ist es so, dass man das als Sucht anerkennen muss und den Rauchern und Raucherinnen auch Therapiemöglichkeiten anbieten muss.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Danke sehr, Frau Penndorf. - Die Debatte wird abgeschlossen durch den Redebeitrag der Abgeordneten Frau Grimm-Benne für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Vorhin bin ich von einem Kollegen darauf angesprochen worden, ob vorher abgeklärt worden ist, wer heute reden darf - ob nur Nichtraucher oder auch Raucher reden dürfen. Ich muss bekennen: Ich bin Nichtraucherin.

Meine Damen und Herren Kollegen! Es hat sich gezeigt, dass Appelle an die Verantwortung der Raucher und Raucherinnen sowie freiwillige Maßnahmen nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt haben.