Genau hierzu passte auch die Diskussion darüber, ob Bademeister zukünftig nur noch im T-Shirt arbeiten sollen.
Zwar entpuppte sich diese Diskussion bei näherer Betrachtung als medientaugliche Vereinfachung zu einer geplanten EU-Richtlinie. Dabei ging es in Wirklichkeit darum, Berufsgruppen, die im Freien arbeiten, über die Gefahren von zu viel Sonne aufzuklären. Derartige Diskussionen machen im Kern aber eines deutlich: Ist es notwendig, alles europaweit einheitlich zu regeln? - Mitnichten. Deshalb muss sich Europa auf das konzentrieren, was durch die Mitgliedstaaten allein nicht machbar ist.
Damit bin ich bei dem von mir angesprochenen Schwerpunkt des Bürokratieabbaus sowie bei dem Stichwort Subsidiarität. Nicht nur dass Europa für den Bürger transparenter werden muss, die Aufgaben sollten auch immer nahe beim Bürger gelöst werden und Aufgaben sollten, wenn eine höhere Ebene gebraucht wird, nur insoweit auf eine höhere Ebene übertragen werden, als sie dort wirklich besser gelöst werden können.
in diesem Kontext werben wir als CDU für eine starke Rolle der Landesparlamente im europäischen Integrationsprozess und im europäischen Ausschuss der Regionen. Wir werben dafür, die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit stärker in den Mittelpunkt aller europäischen Bemühungen zu stellen.
Eine klare Kompetenzabgrenzung und Kompetenzverteilung zwischen nationaler und europäischer Ebene liegt im vitalen Interesse der europäischen Regionen und kann darüber hinaus verloren gegangenes Vertrauen in die Bürgernähe und Gestaltungskraft von Europa zurückgewinnen. Wir brauchen auch eine frühzeitige Einflussnahme auf europäische Gesetzesvorhaben, die für das Land Sachsen-Anhalt von Bedeutung sind.
Vor dem Hintergrund, dass Sachsen-Anhalt zu einem nicht unerheblichen Teil von EU-Fördermitteln profitiert, hat sich die CDU-Fraktion sehr früh dafür stark gemacht, dass diese Hilfe auch nach dem Beitritt zusätzlicher neuer Mitglieder nicht endet.
Im Zusammenhang mit dem jetzt vorliegenden Beschluss zu den operationellen Programmen zur nächsten EU-Förderperiode 2007 bis 2013 hat die Fraktion der CDU im Zusammenwirken mit der Landesregierung in Brüssel nachdrücklich auf die Notwendigkeit der Förderung durch EU-Strukturfondsmittel und deren zielgerichteten Einsatz in Sachsen-Anhalt hingewirkt.
Ein weiterer Schwerpunkt des Präsidentschaftsprogramms wird die Frage der Außengrenzen der Europäischen Union sein. Die Kanzlerin hat deutlich gemacht, dass ein Europa nur gemeinsam gelingen könne und ein gestaltetes Europa zu langfristigen Konsequenzen führen werde.
Europa beruht vor allem auf gemeinsamen Werten, die die Mitgliedstaaten der Europäischen Union teilen. Diese sind Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte. Diese grundlegenden Werte sind in Europa über Jahrhunderte gewachsen. Europäische Zusammenarbeit wird auch in Zukunft immer wertegebunden sein, wenn sie Bestand haben soll.
In diesem Kontext müssen wir auch die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sehen. In dem Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission zum Türkei-Beitritt ist zwar dokumentiert, dass die Türkei vorangekommen ist; dennoch werden erhebliche Defizite bei den politischen Reformen, insbesondere bei der Meinungs- und Religionsfreiheit, festgestellt. Die Türkei muss daher ihren Verpflichtungen nachkommen. Ansonsten wird die Europäische Union über angemessene Konsequenzen nachdenken und diese auch ziehen müssen. Ich teile diesbezügliche Einschätzungen der Bundeskanzlerin Angela Merkel ausdrücklich.
Die EU-Ratspräsidentschaft 2007 gibt Deutschland die Möglichkeit, Chancen der Erweiterung gerade für Deutschland und Sachsen-Anhalt deutlicher hervorzuheben. Das betrifft insbesondere den Aspekt, dass gerade Deutschland von der Europäischen Union und vom freien Handel im Binnenmarkt profitiert.
Im Hinblick auf die EU-Erweiterung um die Länder Mittel- und Osteuropas müssen wir aber auch die Ängste und Befürchtungen der Bürger ernster nehmen und verdeutlichen, dass wir in vielen Bereichen auch von der Erweiterung der Europäischen Union in Richtung Mittel- und Osteuropa profitieren. Wir sind in diesem Jahr zum vierten Mal in Folge Exportweltmeister.
Wichtig wird aber auch das Thema einer einheitlichen Energiepolitik sein. Damit bin ich bei einem weiteren Schwerpunkt, der eine zentrale Voraussetzung für unsere zukünftige wirtschaftliche Entwicklung in Europa sein wird. Darauf sind auch schon meine Vorredner eingegangen. Dieses wird die Entwicklung der Europäischen Union insgesamt sehr beeinflussen und auch prägen. Daher wird es eine große Herausforderung sein, eine einheitliche Energiepolitik zu gestalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin mir dessen vollkommen bewusst, dass während des begrenzten Zeitraumes der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die angesprochenen Probleme nicht umfänglich zu lösen sind. Aber lassen Sie mich am Ende meiner Ausführungen eine Äußerung des französischen Generals und Politikers Charles de Gaulle zitieren. Er hat einmal gesagt - ich zitiere -:
„Es ist besser, unvollkommene Entscheidungen durchzuführen, als beständig nach vollkommenen Entscheidungen zu suchen, die es niemals geben wird.“
Meine Damen und Herren! Wir werden die bevorstehende deutsche Ratspräsidentschaft in der Europäischen
Union in diesem Sinne und auf der Grundlage eines praxisnahen und transparenten Verständnisses europäischer Politikgestaltung aktiv begleiten. - Ich danke Ihnen.
Herzlichen Dank für Ihren Beitrag. - Das war der letzte Debattenredner. Mir liegen keine weiteren Wünsche, das Wort zu nehmen, vor. Oder möchte noch jemand das Wort ergreifen? - Das ist nicht der Fall.
Gemäß § 46 unserer Geschäftsordnung werden Beschlüsse zur Sache nicht gefasst. Damit ist die Aktuelle Debatte abgeschlossen und wir gehen zum nächsten Tagesordnungspunkt über.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag ist es den Koalitionsfraktionen gelungen, die Weichen für eines der wichtigsten Vorhaben dieser Legislaturperiode zu stellen. Ich würde sogar behaupten, dass die Einrichtung des Bildungskonvents die zentrale bildungspolitische Entscheidung für das Land Sachsen-Anhalt in den nächsten Jahrzehnten darstellt.
Mir ist bewusst, dass mit diesem Anspruch die Erwartungshaltung wächst. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Mitglieder des Konvents mit ihrer Arbeit jene Skeptiker überzeugen werden, die in dem Vorhaben nur ein Ausweichmanöver sehen.
Der Bildungskonvent ist keine Fortsetzung des Wahlkampfes mit anderen Mitteln. Er ist der Rahmen für eine bildungspolitische Diskussion mit vielen, die in diesem Land Verantwortung im Bildungsbereich tragen.
Am Ende dieser Diskussion soll das Konzept für ein leistungsfähiges Bildungssystem stehen, das internationalen Vergleichen standhält und das länger Bestand hat, als ein Schülerleben dauert.
Der permanente Wechsel als - man kann es fast so sagen - die bestimmende Konstante der Bildungspolitik in Sachsen-Anhalt muss und kann damit endlich ein Ende finden.
Warum bin ich so optimistisch, dass wir mit dem Bildungskonvent ein neues Kapitel in der Bildungspolitik in
Sachsen-Anhalt aufschlagen? - Der Konvent bietet die Möglichkeit, aus den Schützengräben der Vergangenheit herauszukommen.
Die bildungspolitische Auseinandersetzung in den letzten Jahren war oft fast ausschließlich vom Streit über dieses Thema geprägt. Das Schulsystem wurde in der Vergangenheit je nach politischer Konstellation und Gefechtslage innerhalb kürzester Zeit grundlegenden Veränderungen unterworfen. Jeder, der regiert hat, hat es nach seinen Vorstellungen umgebaut.
Dies hat in der Öffentlichkeit und an den Schulen zu Recht zu einer Distanz gegenüber bildungspolitischen Entscheidungen und der permanenten Veränderung geführt. Wir werden jedoch nicht zu einem leistungsfähigen Bildungssystem kommen, wenn diejenigen, die darin arbeiten und lernen, nicht von seiner Qualität überzeugt sind. Das müssen und das wollen wir ändern - mit dem Bildungskonvent, mit der Diskussion und mit einer breiten Mehrheit in der Gesellschaft.
Gleichzeitig stehen wir auch vor den Herausforderungen der demografischen Entwicklung, zu denen gehört, dass sich bereits jetzt ein Mangel an Fachkräften abzeichnet. Dieser sich abzeichnende Mangel an Fachkräften wird auch zu negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes führen; er wird die wirtschaftliche Entwicklung behindern, wenn wir daran nichts ändern.
Wir stehen außerdem vor den Herausforderungen einer globalisierten Welt. Internationale Vergleichsstudien haben ernüchternde Erkenntnisse über das deutsche Bildungssystem im Allgemeinen, aber auch über das sachsen-anhaltische im Speziellen offenbart.
Pisa war für uns alle ganz sicher ein Schock. Er hat uns jedoch nicht gelähmt; es hat Veränderungen in der Vergangenheit gegeben. Er war heilsam und er muss auch weiter heilsam sein.
Auch wenn sich die Testergebnisse der Schüler in Sachsen-Anhalt bei Pisa 2003 gegenüber dem Test im Jahr 2000 verbessert haben, ist das noch lange kein Grund, uns darauf auszuruhen. Es bestehen noch immer Probleme im Hinblick auf einzelne Bildungsleistungen und vor allem im Hinblick auf die Wahrnehmung gleicher Bildungschancen.
Ich möchte das an einigen Beispielen verdeutlichen: Sachsen-Anhalt hat sich im Hinblick auf die Lesekompetenz im Vergleich der Bundesländer am besten entwickelt und ist am weitesten vorangekommen. Die Kompetenzwerte liegen jedoch noch immer deutlich unter dem bundesdeutschen und unter dem OECD-Durchschnitt. Der Anteil der geprüften Schüler in SachsenAnhalt, die bei der Lesekompetenz nur die niedrigsten Stufen erreicht haben, beträgt 22,2 %, also fast ein Viertel aller geprüften Schüler. Dagegen beträgt der Anteil jener, die die höchste Kompetenzstufe erreicht haben, nur 7,4 %, also nicht einmal 10 % aller geprüften Schüler.
Absolut unbefriedigend ist auch jener Anteil an Schülern, die die Schule ohne Abschluss verlassen. Mit einem Anteil von mehr als 11 % befindet sich Sachsen-Anhalt hierbei trotz geringer Verbesserungen im Bundesvergleich am Ende der Rangfolge.
Meine Damen und Herren! Damit ist verbunden, dass diese jungen Menschen kaum eine Chance haben, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Wenn bei ihnen die
einfachsten Grundqualifikationen für den Erwerb eines Schulabschlusses fehlen, dann sind sie auch kaum in der Lage, berufliche Qualifikationen zu erlangen. Dies bestätigen auch alle Ergebnisse im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Kompetenzerwerb.