Protocol of the Session on November 17, 2006

Wir hatten dazu in der vorletzten Legislaturperiode eine Diskussion mit Gesetzgebungsverfahren. Dann haben sich alle mehr oder weniger darauf eingestellt. Dann kam die Landtagswahl. Dann kam im Jahr 2002 auf einmal alles ganz anders, bis dann zum Ende der Legislaturperiode einige Dinge doch wieder auflebten, die, vorher schon einmal beschlossen, inzwischen wieder aufgehoben worden sind. Wir sehen jetzt, dass nach dem nächsten Regierungswechsel, den wir gehabt haben, bezüglich der kommunalen Struktur wieder eine völlig neue Situation eingetreten ist.

Die Kommunen sagen: Himmelherrgott, was passiert denn demnächst? Am besten, wir machen gar nichts, innerhalb von drei, vier Jahren haben sich die Dinge sowieso wieder erledigt. - Das ist allerdings eher noch die bessere Reaktion auf der kommunalen Ebene; manchmal bekommt man noch ganz andere Dinge gesagt.

Zurzeit haben wir aber eine völlig verwirrende Situation: Wir haben einen Koalitionsvertrag, der besagt: auf der gemeindlichen Verwaltungsebene ganz klar bis zum Ende der Legislaturperiode nur noch ein Modell, Einheitsgemeinde, eine politische Gemeinde mit einer eigenen Verwaltung, nichts anderes. - Wir haben gleichzeitig die Situation, dass reihenweise Landtagsabgeordnete der CDU, die, so sie denn Parteitagsdelegierte waren, dem Koalitionsvertrag zugestimmt haben, vor Ort die kom

munale Basis genau dagegen mobilisieren - mit inhaltlichen Argumenten, die wir zum großen Teil teilen.

(Herr Stadelmann, CDU: Wer denn?)

- Fragen Sie mal Herrn Madl. Wir hatten gemeinsame Auftritte zu diesen Dingen. Fragen Sie doch Herrn Harms und viele andere mehr. Fragen Sie Frau Rotzsch, die sich dazu in der Zeitung entsprechend artikuliert hat.

(Zuruf von Herrn Stadelmann, CDU)

Das müssen Sie einfach einmal lesen.

(Zurufe von der CDU)

Wenn Sie diese Widersprüche nicht sehen, dann tut es mir leid. Das muss ich Ihnen ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und bei der FDP)

Diese Situation haben wir also.

Vor diesen Hintergrund fragen uns die Menschen natürlich: Was ist hier los? - In Magdeburg werden Herr Böhmer und Herr Bullerjahn nicht müde zu sagen: Der Koalitionsvertrag gilt. - Gleichzeitig artikulieren die Landtagsabgeordneten der CDU, dass man die aktuelle Diskussion zum Leitbild dazu benutzen soll, neben der Einheitsgemeinde noch ein anderes Verwaltungsmodell, nämlich das der Verwaltungsgemeinschaft, weiter am Leben zu erhalten, was ganz klar dem Koalitionsvertrag widerspricht.

(Frau Feußner, CDU: Stimmt nicht! - Weitere Zu- rufe von der CDU)

- Oh, Frau Feußner, Sie meinen also, die weitere Existenz der Verwaltungsgemeinschaften nach dieser Legislaturperiode widerspricht nicht Ihrem Koalitionsvertrag?

(Frau Feußner, CDU, schüttelt den Kopf)

Dann brauchten wir vielleicht noch einmal ein kommunalpolitisches Bildungsseminar innerhalb der CDU-Fraktion.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Zustimmung bei der FDP)

Aber das hält draußen keine drei Wochen. Sie haben zumindest den Fraktionsvorstand mit dem Koalitionsvertrag offensichtlich nicht vollständig erreicht. Nun gut.

Diese Situation haben wir und dazu sagen wir - wir haben als Opposition eine Serviceleistung für diese Landesregierung zu erbringen -: Die Menschen im Land wollen wissen, was nun gehauen und gestochen ist. Was gilt nun? Das, was die Landtagsabgeordneten der CDU zum großen Teil vor Ort artikulieren, oder das, was man im Koalitionsvertrag liest? - Am Ende der heutigen Abstimmung werden wir es, glaube ich, wohl auch wissen.

Nun hat es natürlich eine erhebliche Auseinandersetzung innerhalb der Koalition zu dieser Frage gegeben - mehrere Sitzungen. Sogar der heilige Sonntag ist von der Christlich-Demokratischen Union dazu benutzt worden, Sondersitzungen durchzuführen. Ich meine, auch das kann man einmal lobend erwähnen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Heiterkeit und Beifall bei der FDP - Zurufe von Herrn Tullner, CDU, und von Herrn Stahlknecht, CDU)

Was ist nun passiert? - Passiert ist Folgendes: Man hat einen Kompromiss. Frau Dr. Paschke hat mir immer gesagt: Hast du eine Kümmernis, dann machst du schnell

einen Kompromiss. - Das Problem bei dieser ganzen Angelegenheit ist, dass der Kompromiss keiner ist.

Erstens. Was wollen Sie in Ihrem Alternativantrag? - Sie sagen: Wir bleiben bei der Einheitsgemeinde, aber - jetzt kommt das entscheidende Problem - wir wollen möglicherweise Ausnahmen machen. Aber nicht Ausnahmen von der Einheitsgemeinde, sondern wir wollen ausnahmsweise Einheitsgemeinden bilden, die kleiner sind, in regionalen Randlagen - das ist übrigens bei Kreisgrenzen fast jede - und darüber hinaus noch in dünn besiedelten Territorien. Klasse!

Was passiert jetzt bei einer Verwaltungsgemeinschaft mit 15 000 Einwohnern, die keine Einheitsgemeinde werden will und auf die diese Dinge zutreffen? - Diese Verwaltungsgemeinschaften können jetzt, je nachdem, wie viele Einwohner ich in eine Gemeinde hineinzwingen will, entweder nach der Vorstellung der SPD drei Gemeinden bilden oder - zumindest habe ich das in der Zeitung gelesen - nach der Vorstellung der CDU, wenn die 1 500-Einwohner-Grenze stimmt, bis zu zehn Gemeinden. Das heißt also, es bleiben Einheitsgemeinden, aber aus der alten Verwaltungsgemeinschaft, die jetzt eine gemeinsame Verwaltung hat, werden mindestens drei Einheitsgemeinden gebildet mit der Konsequenz, dass es drei Verwaltungen gibt, da, wo wir früher eine hatten.

Das ist nun allerdings wirklich aberwitzig. Ich mache eine Reform, an deren Ende die Zahl der gemeindlichen Verwaltungen vervielfacht wird,

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und bei der FDP)

natürlich auch mit dem Vielfachen an Personal. Liebe Kollegen der Koalition, mit dieser Position gehen selbst Sie nicht nach draußen.

(Herr Gürth, CDU: Das ist doch nichts zur Sache! Das ist doch Politklamauk!)

- Herr Gürth, wenn Sie wenigstens im Fraktionsvorstand den Koalitionsvortrag vorher erklärt hätten, hätte ich mir einiges sparen können. Aber das ist nicht passiert.

Das wird jetzt in diesen Alternativantrag hineingeschrieben - das kann man beim besten Willen niemandem mehr verklickern -: Diese kleinen Einheitsgemeinden sollen dann wiederum eine Konstruktion zur gemeindlichen Zusammenarbeit bilden. - Was sollen sie denn gemeinsam machen? Sie sollen gemeinsam verwalten. Wissen Sie noch, wie das Modell mehrerer politisch selbständiger Gemeinden mit einer gemeinsamen Verwaltung heißt? Dies ist nach § 78 unserer Gemeindeordnung eine Verwaltungsgemeinschaft.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und bei der FDP)

Das heißt, Sie schlagen in Ihrem Alternativantrag vor, eine Verwaltungsgemeinschaft zu bilden.

(Frau Feußner, CDU: Dann könnten Sie doch un- serem Alternativantrag zustimmen!)

Nun ist das natürlich eine komplizierte Situation. Das darf man nicht sagen. Der Staatssekretär aus dem Innenministerium war wenigstens noch so kreativ zu versuchen, einen anderen Begriff zu finden. Da hat er den Begriff „Arbeitsgemeinschaft“ gefunden.

(Heiterkeit bei der FDP)

Das war, als ob der Berg kreißte. Aber das Problem ist, dass auch der Begriff „Arbeitsgemeinschaft“ besetzt ist.

Von wem? Ausgerechnet von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Da kann man lesen, dass die Arbeitsgemeinschaft „ein loser kommunaler Zusammenschluss ohne die Möglichkeit, Verwaltungsaufgaben zu führen, ohne eine rechtliche Person darzustellen“ ist. Nun hat man sich schon solche Mühe gegeben und es ist völlig danebengegangen. Der Begriff „Arbeitsgemeinschaft“ funktioniert überhaupt nicht hierfür.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und bei der FDP)

Aber - ich will die Koalition loben - er steht auch nicht mehr im Alternativantrag. Offensichtlich hat man auch dort gemerkt, dass der Begriff der Arbeitsgemeinschaft nicht mehr funktioniert. Nun gut.

Im Grunde genommen ist eines klar: Das, was Sie in Ihrem Alternativantrag vorgelegt haben, kann möglicherweise die Koalition über die jetzige Abstimmung retten, möglicherweise auch noch den Ministerpräsidenten morgen auf seinem Parteitag.

(Herr Gürth, CDU: Das ist doch Unsinn!)

Ich sage Ihnen: Spätestens am Montag, wenn Sie den Menschen vor Ort erklären müssen, was das jetzt konkret bedeutet, werden Sie mit diesen Formulierungen Schiffbruch erleiden. Da kann die SPD herausziehen, was sie will, da kann die CDU herausziehen, was sie will. Sie müssen irgendwann wieder zusammenkommen.

(Frau Feußner, CDU: Machen Sie sich doch um uns nicht so viel Sorgen, Herr Gallert! - Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

An dieser Stelle sage ich Ihnen ganz deutlich: Diese Dinge werden natürlich von uns weiter thematisiert werden, diese Dinge werden von uns natürlich vor Ort auf die Spitze getrieben werden und wir werden Sie zu einer Entscheidung zwingen. Spätestens mit den Kommunalwahlen im April 2007 wird klar werden, was die Menschen wollen.

(Frau Feußner, CDU: Ja, Wahlkampf, nur Wahl- kampf! Das ist Populismus pur!)

Liebe Kollegen der CDU, Sie vertreten in der Öffentlichkeit vor Ort Positionen, die wir durchaus richtig finden. Heute haben Sie die Chance zu beweisen, ob Sie klar in Ihrer Aussage sind, ob Sie berechenbar sind, ob Sie ehrlich sind.

(Lachen bei der CDU)

Wenn das so ist, stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und bei der FDP)