Protocol of the Session on November 17, 2006

(Heiterkeit und Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank für Ihre Beiträge. - Jetzt hat für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Herr Kosmehl das Wort. Bitte schön, Herr Kosmehl.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Scheurell, ich bin fast geneigt, das Taschentuch herauszuholen und Ihnen nachzuweinen, weil Sie nicht der Ansprechpartner der Koalition für diese Fragen sind;

(Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS und bei der FDP)

denn ich glaube, Sie sind sehr wohl in vielen Bereichen kompetent, die das Thema der Behördenumstrukturierung betreffen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister Daehre, eine Bemerkung zu Ihrem Beitrag zur positiven Entwicklung der Stadt Bitterfeld-Wolfen. Ich habe Ihnen spontan gesagt, dass Sie dafür verantwortlich sind. Ich bedauere es aber bis heute, dass Sie der Stadt Bitterfeld-Wolfen bei der Kreissitzentscheidung Ihre Zustimmung versagt haben. Auch das gehört dazu. Also positive Entwicklung ja; aber so ganz unterstützen tun Sie sie anscheinend leider nicht.

Aber kommen wir zum eigentlichen Thema. Herr Minister Daehre, da sind Sie natürlich der erste Ansprechpartner und der, der sich für die Landesregierung an das Pult gestellt und auf den Antrag der Linksfraktion entgegnet hat.

Ich will vorausschicken, Frau Dr. Paschke: Auch wenn wir viele der Punkte, die Sie zu Behördenumstrukturierungen angesprochen haben, durchaus teilen und auch darüber informiert werden wollen, werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten. Ich werde diese Entscheidung im zweiten Teil meiner Rede zu begründen versuchen.

Aber ich komme zunächst einmal zu der Behördenstrukturierung. Herr Dr. Daehre, je länger ich Ihnen bei Ihrem Beitrag zugehört habe, umso mehr bin ich aufgrund des von Ihnen gestern propagierten Satzes zu der Überzeugung gekommen, dass Sie zu spät kommen.

Ich muss das noch einmal vortragen: Herr Kollege Wolpert hat gesagt, aber im Moment machen alle Minister erst einmal, was sie für richtig halten. Sie haben ins Plenum entgegnet, und dann machen sie alle, was ich will. - Sie können das nicht mehr retten, was die Fachminister bereits auf den Weg gebracht haben.

(Beifall bei der FDP und bei der Linkspartei.PDS)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will vielleicht einmal an einem konkreten Beispiel deutlich machen, wo die Linkspartei mit ihrer gestrigen Pressemitteilung - - Ich konnte leider an der Pressekonferenz nicht teilnehmen. Ansonsten hätte ich vielleicht die eine oder andere Nachfrage gestellt. Ich bin in Bezug auf zwei Bereiche wirklich ins Grübeln gekommen, ob für das, was Sie aufgezeichnet haben, das Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz die richtige Grundlage ist, das in der Tat ein gutes Gesetz ist.

Wenn man jetzt aber einmal auf das eingeht, was die beiden Fachminister entgegnet haben, dann in die Annalen zurückschaut und das Gesetz über die Finanzverwal

tung, also das Finanzverwaltungsgesetz vom 3. September 1971, findet, dann stellt man fest, dass das viel früher als unser Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz erlassen worden ist und zudem noch ein Bundesgesetz ist, das einem Landesgesetz vorgehen muss. Wenn man dann in § 17 Abs. 1 liest: „Die für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde bestimmt den Bezirk und den Sitz der Finanzämter“, dann sind zwei Dinge klar:

Erstens. Die Entscheidung über den Sitz und den Bezirk, also den Zuständigkeitsbereich eines Finanzamtes bestimmt das Ministerium der Finanzen; denn das ist die für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde.

Das bedeutet aber auch, Herr Dr. Daehre, dass Sie dafür nicht zuständig sind

(Minister Herr Dr. Daehre: Das habe ich auch nicht gesagt!)

und dass Sie den Herrn Kollegen Finanzminister nicht mehr einholen können. Der ist mit seiner Struktur also durch.

Gleiches wird höchstwahrscheinlich für die Polizeistrukturreform gelten. Auch im Polizeigesetz haben wir eine klare Verordnungsermächtigung zugunsten des Ministeriums des Innern. Auch die ist früher als das Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz erlassen worden.

Frau Dr. Paschke, ich will gern zugeben, dass wir uns als FDP-Fraktion noch einmal zusammensetzen und mit der Frage auseinander setzen werden, ob die Auswirkungen des Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetzes auf anderes Landesrecht einer besonderen Klärung bedürfen und ob es da nicht vielleicht eine Lücke gibt. Aber - damit komme ich auf Herrn Dr. Daehre zurück - die angestoßenen Reformen in den Bereichen der Finanzen und der Polizei holen Sie nicht mehr ein. Die sind weg.

Damit können sie leider nicht bei der gesamten Raumplanung berücksichtigt werden, es sei denn, Sie sagen, das steht fest und danach richten wir die Raumplanung aus. Das halte ich aber, gelinde gesagt, für gefährlich; denn die Orte, die dort festgelegt wurden, werden garantiert nicht in allen Fällen der Raumplanung - -

(Minister Herr Dr. Daehre: Jetzt geben Sie Wol- fen leichtfertig auf!)

Machen Sie doch bitte keine Zwiegespräche. Herr Kosmehl, Ihre Redezeit läuft langsam ab.

Herr Präsident, ich habe die Zeit um 25 Sekunden überschritten. Da haben Sie sicherlich noch Verständnis für zwei Sätze.

Die gebe ich Ihnen auch noch.

Ich nehme auch Nachfragen noch sehr gern an.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nur noch eines sagen - Herr Minister Daehre, da sind wir doch gar nicht so weit auseinander -: Wir halten es für zwingend erforderlich, dass man bei der Raumordnungsplanung, bei der zentralörtlichen Funktion einiger Städte natürlich auch Fachbehörden berücksichtigt. Ich hätte mir gewünscht, auch wenn die Zuständigkeit höchstwahrscheinlich in allen Bereichen bei den Fachministern liegt, dass man trotzdem bereits am Anfang ein Konzept hat und dann alle Aspekte zusammenfasst, statt erst alle Konzepte einzeln zu haben und dann zu versuchen, ein Bild daraus zu stricken. Ich glaube, das wird Ihnen nicht gelingen, obwohl ich großes Zutrauen in Sie habe. Ich glaube, es wird auch dem Parlament nicht gelingen.

Deshalb ein letzter Satz, Herr Präsident. Für die FDP ist es sehr wichtig, dass alle Veränderungen im Bereich der Behörden dem Parlament zumindest rechtzeitig zur Kenntnis gegeben werden, und nicht durch die Presse, sondern in den Ausschüssen hier im Parlament.

(Beifall bei der FDP und bei der Linkspartei.PDS)

Hier gehört es hin. Wir als Abgeordnete lesen zwar alle die Zeitung. Wir bemühen uns zumindest, das an jedem Tag umfänglich zu machen. Aber dieses Parlament soll nicht nur die Zeitung lesen und daher die Informationen bekommen, sondern es ist die Pflicht der Landesregierung, das Parlament in den Ausschüssen zu informieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Kosmehl. Da das so wichtig war, habe ich Ihnen noch zwei Minuten Redezeit mehr gegeben.

Herzlichen Dank, Herr Präsident.

Als nächstem Debattenredner erteile ich Herrn Rothe für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte um Nachsicht, Frau Dr. Paschke, dass es mir nicht gelungen ist, mich dem Wunsch des Kollegen Scheurell zu entziehen, Ihren Antrag heute abzulehnen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Der Landtag hat erst am 19. Oktober 2006 auf der Grundlage eines Antrags der Linkspartei.PDS beschlossen, dass die Landesregierung aufgefordert ist, dem Innenausschuss regelmäßig über den Stand der Funktional-, Verwaltungs- und Gemeindestrukturreform zu berichten. Damit ist dem Innenausschuss eine gewisse Bündelungsfunktion zugewiesen worden, wie wir das dann auch in der Sitzung des Ausschusses am 8. November fraktionsübergreifend so gesehen haben.

Die ressortübergreifenden Kriterien bei der Behördenumstrukturierung, von denen unter Nr. 2 Punkt 3 des heutigen Antrags der Linkspartei.PDS-Fraktion die Rede ist, sind also fortlaufend im Innenausschuss zu erörtern. Es bedarf keines neuen Beschlusses, um das dort zu tun.

Ich habe, Frau Dr. Paschke, heute früh Herrn Minister Dr. Daehre gefragt, ob er bereit wäre, einer Einladung des Innenausschusses zu folgen und bei uns über die raumordnerischen Aspekte der Behördenumstrukturierung zu sprechen. Er hat das zugesagt.

Meine Damen und Herren! Abzulehnen ist der in Nr. 1 des vorliegenden Antrags unternommene Versuch, der Landesregierung hinsichtlich der Umsetzung bereits beschlossener Behördenumstrukturierungen die Hände zu binden. Ich beziehe mich diesbezüglich auf das, was Sie, Frau Dr. Paschke, heute in der „Volksstimme“ und auch in Ihrer Rede gesagt haben.

Es ist nicht richtig, den Finanzminister und den Innenminister aufzufordern, jetzt Schritte zur Einleitung eines Gesetzgebungsverfahrens vorzubereiten, sofern sie an ihrem Vorhaben festhalten. Es ist nicht richtig, dass eine Verpflichtung besteht, die sachliche und die räumliche Gliederung und die örtlichen Zuständigkeiten gesetzlich zu regeln.

Sie berufen sich auf das Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz aus dem Jahr 2003, in dem es heißt, die nach der Bildung des Landesverwaltungsamtes verbleibenden oberen und unteren Landesbehörden seien zu reduzieren und auf die unbedingt notwendige Zahl zu begrenzen. Weiter heißt es dort: „Das Nähere regelt ein Gesetz.“

Nun gibt es bekanntlich auch Artikel 86 Abs. 2 der Verfassung, in dem es heißt: „Der allgemeine Aufbau der öffentlichen Verwaltung und ihre räumliche Gliederung werden durch Gesetz geregelt.“

Beide Regelungen hindern nach meiner Überzeugung die Landesregierung nicht, im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Organisationskompetenz Behörden umzustrukturieren. Die Landesregierung ist ja nach Artikel 64 der Verfassung das oberste Organ der vollziehenden Gewalt. Sie ist nur gebunden, wenn und soweit der Gesetzgeber tatsächlich Regelungen trifft.

Herr Kosmehl hat schon die entsprechenden Rechtsquellen bezüglich der Polizeidirektionen und der Finanzämter genannt. Bezüglich der Direktionen der Polizei enthält das Sicherheits- und Ordnungsgesetz nur die Festlegung, dass es diese Behördenart gibt, und eine ausdrückliche Ermächtigung, wonach der Innenminister durch Verordnung Polizeidirektionen einrichten und ihren Bezirk festlegen kann.

Zu den Finanzämtern hat Herr Kosmehl bereits auf das Finanzverwaltungsgesetz des Bundes hingewiesen, wonach das Finanzministerium des Landes den Bezirk und den Sitz der Finanzämter bestimmt. Das sind spezialgesetzliche Regelungen, die aus meiner Sicht auch der allgemein gefassten Regelung im Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz vorgehen. Lediglich bei den Justizbehörden bedarf es gesetzlicher Änderungen, um die Behördenumstrukturierung zu vollziehen.

Meine Damen und Herren! Heftig diskutiert werden zurzeit einzelne Vorschläge des Finanzministers. Es gibt ja die offenen Punkte im Harz und Bitterfeld oder Köthen. Die Vorschläge des Finanzministers beruhen auf einem Organisationskonzept, das der Präsident der Oberfinanzdirektion Magdeburg, unser früherer Landtagskollege Erhard Stollberg, vorgelegt hat. Ich habe selten eine solch akribische Organisationsuntersuchung gesehen.

Der Finanzminister hat die von der OFD vorgeschlagenen Sparmaßnahmen noch verschärft, indem die jeweils

zwei Finanzämter in Halle und Magdeburg zusammengelegt werden sollen. Ich begrüße, dass die Landesregierung dem Vorschlag des Finanzministers schon so weit gefolgt ist, dass es künftig pro Gebietskörperschaft der Kreisebene nur noch ein Finanzamt geben soll.