Protocol of the Session on November 16, 2006

Meine Damen und Herren! Das neue Recht - ich will es noch einmal sagen - stellt keinen Zwang zur Öffnung dar, sondern bietet die Möglichkeit zur Öffnung.

(Herr Prof. Dr. Paqué, FDP: So ist das!)

Gerade weil das so ist, ist das auch ein vernünftiges Recht. Wir haben uns daher bemüht, dass das neue Recht zum 30. November 2006, also in wenigen Tagen, in Kraft treten kann. Damit haben wir erstmals neues Recht hinsichtlich der Öffnungszeiten im Einzelhandel geschaffen.

Ich sage abschließend auch an die Adresse der Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmervertreter sowie der Gewerkschaften gerichtet: Sie werden feststellen - davon bin ich fest überzeugt -, dass es nicht so kommen wird, wie Sie es befürchten - für Ihre Befürchtungen habe ich vollstes Verständnis; darüber haben wir in der CDU lange diskutiert - und wie es teilweise in Flugblättern dargestellt worden ist.

Man kann als Politiker oder als Arbeitgebervertreter gegen alles reden, aber man kann nicht gegen Adam Riese handeln und wirtschaften. Die Inhaber der Geschäfte müssen genau prüfen, welche Öffnungszeiten sich lohnen. Dazu gehören die Sicherheitsaspekte, der ÖPNV, die Kaufkraft und alles andere. Wir werden feststellen: Es wird von montags bis freitags auch dort, wo es möglich ist, keine 24-Stunden-Öffnung in der Fläche des Landes geben.

Deswegen werbe ich für die Annahme dieses Gesetzentwurfes in der Fassung der Beschlussempfehlung und des dazu gehörenden Änderungsantrags sowie für die Annahme des Entschließungsantrags der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Gürth. Es gibt den Wunsch, Fragen an Sie zu richten. Möchten Sie diese beantworten?

Dann bitte zuerst Herr Thiel und anschließend Herr Kosmehl.

Lieber Herr Kollege Gürth, Sie haben gesagt, die PDS sei für einen Sechsstundentag bei vollem Lohnausgleich. Ich weiß nicht, zu welchem MLPD-Zirkel oder DKP-Zirkel

Sie eingeladen waren, bei dem das diskutiert worden ist. Ich glaube, bei uns war das nicht.

Deswegen die Frage an Sie: Haben Sie die Position unserer Fraktion zur Kenntnis genommen, die wir schon vor längerer Zeit, als der Gesetzentwurf der Landesregierung in die Diskussion eingebracht worden ist, vertreten haben, nämlich dass wir diesem Gesetzentwurf durchaus zustimmen könnten, wenn die Arbeitnehmerrechte über die Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages Anwendung finden oder wenn eine Form gefunden wird, bei der die Arbeitnehmerrechte gesetzlich verankert sind? Haben Sie das zur Kenntnis genommen?

Ich will Ihnen mit einer Gegenfrage antworten.

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Er kann nicht ant- worten!)

- Doch, ich kann antworten. - Ich weiß nicht, ob Sie zur Kenntnis genommen haben - das haben der GBD und auch andere betont; der GBD steht nicht im Entferntesten in dem Verdacht, irgendeiner Partei nahezustehen; der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst ist ein politisch neutraler Dienst, und zwar ein sehr guter -, dass all das, was Sie an Arbeitnehmerrechten einfordern - das alles ist auch nicht unbegründet -, in der Bundesrepublik Deutschland so ausführlich und umfassend gesetzlich geregelt ist wie in keinem anderen Land der Erde?

(Frau Rogée, Linkspartei.PDS: Das stimmt nicht!)

Wir setzen mit dem neuen Landesrecht bezüglich der Ladenöffnungszeiten die Arbeitnehmerschutzrechte, die bundesgesetzlich geregelt sind, nicht außer Kraft. Dazu gehören das Arbeitszeitgesetz und zwei Dutzend weitere Gesetze, die das ebenfalls regeln. Diese gelten alle fort.

Wie lautete Ihre zweite Frage? - Das ist auch egal. Dann lassen wir es weg.

Die zweite Frage wollte Herr Kosmehl stellen. - Bitte, Herr Kosmehl.

Herr Kollege Gürth, ich habe zwei Fragen. Die erste Frage zur Samstagsöffnung bis 20 Uhr. Damit gehen Sie hinter den Entwurf Ihres Wirtschaftsministers zurück, der sich zumindest ein Stück weit eine Liberalisierung vorstellen konnte.

Können Sie mir erklären, warum Sie den Einzelhandel in Sachsen-Anhalt insbesondere im südlichen SachsenAnhalt gegenüber der sächsischen Regelung, die kommen wird, über das ganze Jahr gesehen schlechter stellen wollen und welche Argumente Sie dafür anführen?

Eine zweite Frage. Sie haben ausgeführt - das ist, glaube ich, vollkommen richtig -, dass das neue Ladenöffnungsgesetz keinen Zwang zur Ladenöffnung darstellt, sondern die Möglichkeit zur Ladenöffnung bietet.

Meine Frage ist: Warum wollen Sie es nicht dem Verbraucher auf der einen Seite und dem Unternehmer auf der anderen Seite gänzlich überlassen, darüber zu entscheiden, wann beide miteinander ins Geschäft kommen? Warum sind Sie der Auffassung, dass man in Bezug auf den Samstag und auf den Sonntag Reglementierungen einziehen muss?

Sehr geehrte Herr Kollege Kosmehl, gerade über diese Frage ist in der CDU sehr umfassend diskutiert worden. Wir hatten letztlich mehrere Güter abzuwägen. Das ist eine gute Politik. Man muss mehrere Güter abwägen. In Abwägung aller Güter sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es gar nicht so schlecht ist, wenn man - so haben Sie es formuliert - hinter den Wirtschaftsminister tritt. Man steht hinter seinem Rücken, damit stärkt man ihm den Rücken. Das kann einem Wirtschaftsminister nur nutzen. Das schadet ihm nicht. Wir werden es sehen.

Für uns in der CDU ist es auch wichtig. Wir bekommen zum 30. November 2006 in Sachsen-Anhalt ein neues Recht. Die Sachsen haben das noch vor sich. Sie haben die Eckpunkte vereinbart und erarbeiten jetzt eine Vorschaltregelung. Thüringen macht es so, wie wir es vorgesehen haben. In Niedersachsen müssen wir abwarten, bis die zweite Lesung durch ist.

Den größten Druck bekommen wir von dem von der PDS mitregierten Berlin - das ist von Stendal nicht so weit entfernt -, das total liberalisiert. Wir werden uns ansehen, ob diese Differenz von zwei Stunden am Samstag - das betrifft nur den Samstag - gegenüber Sachsen so viel ausmacht, dass der Einzelhandel in SachsenAnhalt nachhaltig Schaden nimmt und dadurch vielleicht auch die Beschäftigung im Einzelhandel gefährdet ist. Wenn das der Fall ist, dann werden wir uns darüber noch einmal unterhalten müssen. Das ist keine Frage. Aber es entscheiden Mehrheiten und nicht einzelne Personen.

Lassen Sie das neue, entbürokratisierte, liberalere Recht erst einmal wirken. Lassen Sie uns austesten, wie es funktioniert. Ich bin ziemlich sicher, es wird nicht zu Verwerfungen kommen.

Vielen Dank. - Es gibt noch eine Frage von Frau Rogée.

Gut. Noch eine.

Herr Gürth, ich wollte zu den Arbeitnehmerrechten nachfragen. Wir unterstellen dem GBD überhaupt nichts Parteipolitisches, weil wir genau wissen, dass er eine ordentliche Arbeit macht. Das ist keine Frage.

Es gibt eine Reihe von Ländern, die die Arbeitnehmerrechte aus dem alten Ladenschlussgesetz schon übernommen haben bzw. übernehmen werden. Warum ist das in den anderen Ländern möglich und in SachsenAnhalt nicht?

Es ist nicht so, dass all die Dinge, die darin standen, in anderen Gesetzen geregelt sind. Deswegen haben wir versucht, den betreffenden Paragrafen beizubehalten. Sie müssen mir nur die Frage beantworten: Warum ist das in anderen Ländern möglich und bei uns nicht?

Die Frage ist einfach zu beantworten, sehr geehrte Frau Kollegin Rogée. Das ist letztlich die Frage, ob man dem Prinzip „so viel Gesetz viel möglich“ oder dem Prinzip „so viel Gesetz wie nötig“ anhängt.

(Zuruf von Frau Rogée, Linkspartei.PDS)

Wir haben uns für Letzteres entschieden. Der große Unterschied zu den anderen Ländern, die teilweise den alten § 17 kopiert haben - das ist zum Beispiel Hamburg; ich habe alle Gesetzentwürfe vorliegen -, ist: Keines dieser Länder ist so weit gegangen wie das Land SachsenAnhalt. Wir haben gesagt, dass wir es nach dem Jahr 1998 - so lange ist das schon her - schaffen wollen, dass der Tarifvertrag für den Einzelhandel in SachsenAnhalt für allgemeinverbindlich erklärt wird.

Ich habe ein wenig die Sorge, dass mit den ganzen Anträgen, angefangen vom Mindestlohn bis sonst wohin, die Tarifautonomie unterhöhlt wird. Das betrifft auch die Rolle der Gewerkschaften in dieser Gesellschaft. Ich denke, es ist die Aufgabe der Tarifparteien, sich stark zu organisieren, einen vernünftigen Tarifvertrag auszuhandeln.

(Frau Rogée, Linkspartei.PDS: Ein bisschen ken- ne ich mich auch aus!)

Wir erklären uns in Sachsen-Anhalt sogar bereit, vorab - wir kennen noch nicht einmal die Bestandteile des Tarifvertrages - die Tarifautonomie so umzusetzen und den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären. Ich traue es den Gewerkschaften durchaus zu, dass sie kampfstark sind sowie die Interessen der Arbeitnehmerinnen und der Arbeitnehmer ordnungsgemäß durchsetzen. Wenn das so ist und den gesetzlichen Anforderungen entspricht, wird es allgemeinverbindlich. Das haben wir im Land Sachsen-Anhalt; andere Länder haben das nicht.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Gürth hatte gesagt, dass das die letzte Frage sei, die er beantworten möchte. Vielleicht macht er bei Ihnen, Herr Professor Paqué, eine Ausnahme. - Das ist nicht der Fall.

Damit ist die Debatte beendet. Wir kommen zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, dass ich über die sieben Änderungsanträge in der Reihenfolge, in der sie eingegangen sind, abstimmen lasse und sie nicht den einzelnen Paragrafen zuordne. Sind Sie damit einverstanden? - Dann verfahre ich so.

Erstens lasse ich über den Änderungsantrag der Linkspartei.PDS in der Drs. 5/348 abstimmen. Wer stimmt zu? - Die Fraktion der Linkspartei.PDS. Wer stimmt dagegen? - Alle anderen Fraktionen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden.

Zweitens lasse ich über den Änderungsantrag der Linkspartei.PDS in der Drs. 5/349 abstimmen. Wer stimmt zu? - Die Fraktion der Linkspartei.PDS. Wer stimmt dagegen? - Alle anderen Fraktionen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden.

Drittens lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 5/353 abstimmen. Wer stimmt zu? - Die Antragsteller. Wer stimmt dagegen? - Die FDP-Fraktion. Stimmenthaltungen? - Die Fraktion der Linkspartei.PDS. Damit ist das mehrheitlich so beschlossen worden.

Viertens lasse ich über den Änderungsantrag der FDPFraktion in der Drs. 5/356 abstimmen. Wer stimmt zu? - Der Antragsteller. Wer stimmt dagegen? - Alle anderen Fraktionen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden.

Fünftens lasse ich über den Änderungsantrag der FDPFraktion in der Drs. 5/357 abstimmen. Wer stimmt zu? - Die Antragsteller. Wer stimmt dagegen? - Alle anderen Fraktionen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden.

Sechstens lasse ich über den Änderungsantrag der FDP-Fraktion in der Drs. 5/358 abstimmen. Wer stimmt zu? - Der Antragsteller. Wer stimmt dagegen? - Alle anderen Fraktionen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden.

Siebtens lasse ich über den Änderungsantrag der FDPFraktion in der Drs. 5/359 abstimmen. Wer stimmt zu? - Der Antragsteller. Wer stimmt dagegen? - Alle anderen Fraktionen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden.

Wir stimmen nun über alle selbständigen Bestimmungen des Gesetzes ab. Wer stimmt zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Die Fraktion der Linkspartei.PDS. Wer enthält sich der Stimme? - Die FDP-Fraktion. Die selbständigen Bestimmungen sind angenommen worden.

Ich lasse nun über die Gesetzesüberschrift und das Gesetz in seiner Gesamtheit - ich fasse das zusammen - abstimmen. Wer stimmt zu? - Die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Die Fraktion der Linkspartei.PDS. Wer enthält sich der Stimme? - Die FDP-Fraktion. Damit ist das Gesetz beschlossen worden.